Rz. 23
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Bei außergewöhnlich gehbehinderten Menschen – (Merkzeichen "aG" im Ausweis nach § 152 SGB IX –) – waren in den Grenzen der Angemessenheit (> Rz 24 f) grundsätzlich alle Kfz-Kosten, soweit nicht beruflich oder betrieblich veranlasst (> Rz 5), nach § 33 EStG aF zu berücksichtigen. Ein Stpfl ist außergewöhnlich gehbehindert, wenn er sich wegen der Schwere seines Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb seines Kfz bewegen kann (zB Querschnittgelähmte). Gleiches gilt für Blinde (Merkzeichen "Bl") und Hilflose (Merkzeichen "H").
Begünstigt waren sowohl die unvermeidbaren Aufwendungen zur Erledigung privater Angelegenheiten als auch (in angemessenem Rahmen) für Erholungs-, Freizeit- und Besuchsfahrten einschließlich etwaiger Unfallkosten (BFH 182, 44 = BStBl 1997 II, 384 mwN). Unfallkosten sind außergewöhnlich und zwangsläufig iSd § 33 EStG, wenn die Aufwendungen für die Fahrt insgesamt AgB sind (BFH 166, 159 = BStBl 1992 II, 179). Zu Einzelheiten > Kraftfahrzeugunfall Rz 31. Kosten für die Reparatur von Alltagsgegenständen werden nicht als AgB anerkannt (BFH/NV 2017, 571 zum Motorschaden eines Kfz; EFG 2009, 1299 zum KfZ-Getriebe).
Rz. 24
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Angemessen war idR eine Jahresfahrstrecke bis zu höchstens 15 000 km (BFH 169, 427 = BStBl 1993 II, 286; BFH/NV 2000, 425). Die 15 000-km-Grenze konnte um bis zu 5 000 km überschritten werden, wenn die Fahrleistung durch eine berufsqualifizierende Ausbildung bedingt war, die nach der Art und Schwere der Behinderung(en) nur mit Hilfe des PKW bewältigt werden kann (BFH 197, 455 = BStBl 2002 II, 198). Darüber hinaus konnten nach § 33 Abs 2 EStG aF nur noch Aufwendungen für die Fahrt zum Arzt geltend gemacht werden (BFH/NV 2010, 1631).
Rz. 25
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Angemessen war nur der Km-Satz von 0,30 EUR (BFH 206, 525 = BStBl 2005 II, 23). Nur in krassen Ausnahmefällen – überdurchschnittlich teures behindertengerechtes Spezialfahrzeug – zog der BFH den Ansatz der tatsächlichen Aufwendungen in Betracht (vgl BFH 205, 74 = BStBl 2004 II, 453 mwN; bestätigt durch BFH/NV 2019, 265). Neben dem Km-Satz waren die von den Rehabilitationsträgern nicht übernommenen Aufwendungen für die behindertengerechte Umrüstung eines PKW – zB Rechtslenkung, automatische Kupplung, Hebebühne, spezielle Gangschaltung – neben den Fahrtkosten als AgB abziehbar (EFG 1992, 341); die Kosten waren im VZ ihrer Entstehung abziehbar (die Verteilung auf die Restnutzungsdauer des Kfz ist überholt; vgl BYLfSt vom 28.05.2010 – S-2284.1.1 – 2/6-St32, DStR 2010, 1741). Diese Kosten erhöhten also nicht die laufenden Fahrtkosten; sie bewirkten auch keinen Gegenwert (> Außergewöhnliche Belastungen Rz 21) und keine Steuerminderung über den Ansatz einer höheren AfA. Nicht zu berücksichtigen waren aber die Anschaffungskosten eines Fahrzeugs an sich, gleiches gilt für Leasing (EFG 2014, 759; auch bereits > Rz 22 aE).
Abziehbar waren außerdem – neben dem > Behinderten-Pauschbetrag – Führerscheinkosten, die Eltern für den Erwerb der Fahrerlaubnis ihres schwer steh- und gehbehinderten Kindes tragen, das sich außerhalb des Hauses nur mithilfe eines Fahrzeugs fortbewegen kann (BFH 171, 428 = BStBl 1993 II, 749); da es sich nicht um Fahrt- bzw direkte Kfz-Kosten handelt, könnte dies uE weiterhin gelten (siehe aber > Rz 12). Abgesehen von diesem Sonderfall wurden die Aufwendungen für den Erwerb eines Kfz-Führerscheins grundsätzlich nicht nach § 33 EStG berücksichtigt (EFG 2013, 2010 = DStRE 2014, 1114 ablehnend bei GdB 60).
Rz. 26
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Die tatsächliche Fahrleistung des Stpfl mit Behinderungen war nachzuweisen oder glaubhaft zu machen (H 33.1–33.4 EStH; allgemein > Beweislast, > Glaubhaftmachung). Bis zu der als noch angemessen geltenden Jahresfahrstrecke von 15 000 km musste der Stpfl neben der im VZ tatsächlich gefahrenen Strecke nur glaubhaft machen, dass er Halter des Kfz ist; im Übrigen konnte das FA ohne Fahrtenbuch oder eine Aufstellung über Grund und Umfang der durchgeführten Fahrten bis zu 15 000 km als behinderungsbedingte Fahrten anerkennen.
Rz. 27
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Die in > Rz 23 genannten Stpfl konnten darüber hinaus nachgewiesene oder glaubhaft gemachte Aufwendungen für andere Verkehrsmittel, zB Taxifahrten, in angemessenem Umfang als AgB neben dem > Behinderten-Pauschbetrag geltend machen. Auch die Kosten der Eigenbeteiligung für die Beförderung im öffentlichen Personenverkehr bei einem GdB von mindestens 80 sind neben dem Pauschbetrag des § 33b Abs 1 bis 3 EStG aF als AgB iSv § 33 EStG zu berücksichtigen. Das galt auch bei Menschen mit Behinderungen mit einem GdB von weniger als 80, aber mindestens 70, die über das Merkzeichen "G" oder "aG" im Schwerbehindertenausweis verfügen. Beantragte der Stpfl daneben den Abzug der behinderungsbedingten Kfz-Kosten, so war die für die Kfz-Kosten idR als angemessen anzusehende jährliche Fahrleistung von 3 000 km (> Rz 17) bzw 15 000 km (> Rz 24) entsprechend...