Rz. 130
Stand: EL 139 – ET: 09/2024
Eine Übertragung der Vermögensbeteiligung, die zur Nachholung der Besteuerung führt, liegt stets dann vor, wenn der Stpfl das wirtschaftliche Eigentum daran aufgibt. Unerheblich ist, ob dies entgeltlich (zB bei einem Verkauf) oder unentgeltlich (bei einer Schenkung) geschieht. Nach § 19 Abs 4 Satz 1 Nr 1 EStG ist eine Besteuerung vorzunehmen, wenn die Vermögensbeteiligung "ganz oder teilweise" übertragen wird. Diese Formulierung ist missverständlich, weil damit nicht gemeint ist, dass bei einer teilweisen Übertragung der Vorteil aus der Übertragung sämtlicher Vermögensbeteiligungen zu versteuern ist. Besteuert wird in diesem Fall nur der Vorteil, der aus der übertragenen Vermögensbeteiligung resultiert.
Rz. 131
Stand: EL 139 – ET: 09/2024
Als Übertragung idS sind auch die in § 17 Abs 4 und § 20 Abs 2 Satz 2 EStG genannten Fälle sowie die Einlage in ein Betriebsvermögen anzusehen (vgl § 19a Abs 4 Satz 1 Nr 1 EStG). Hierbei handelt es sich insbesondere um die Auflösung einer KapGes, eine Kapitalherabsetzung mit Ausschüttung an den Gesellschafter oder die Abtretung der Vermögensbeteiligung.
Rz. 132
Stand: EL 139 – ET: 09/2024
Werden nicht alle Vermögensbeteiligungen am Unternehmen des ArbG übertragen, kann der ArbN bestimmen, welche er übertragen will bzw übertragen hat. Es gibt keine dem § 256 HGB vergleichbare Regelung, wonach die zuerst oder die zuletzt erworbenen Güter zuerst verbraucht bzw verkauft werden. Das muss insbesondere dann gelten, wenn der ArbN auch Vermögensbeteiligungen besitzt, die er nicht vom ArbG erworben hat.
Beispiel 11:
A ist ArbN der Y-AG. Bereits vor Eintritt in das Dienstverhältnis hatte er 100 Aktien der Y-AG erworben. Am 01.12.2021 überträgt ihm der ArbG unentgeltlich weitere 50 Aktien im Wert von 2 000 EUR, die in das Depot des A gebucht werden. Der stpfl geldwerte Vorteil iHv (2 000 EUR – 1 440 EUR =) 560 EUR wurde nach § 19a EStG zunächst nicht besteuert.
Am 01.08.2024 veräußert A aus seinem Depot 60 Aktien der Y-AG. Er kann selbst entscheiden, welche Aktien er verkauft hat. Entscheidet er sich dafür, die vor Eintritt des Dienstverhältnisses erworbenen Aktien zu verkaufen, ergeben sich keine lohnsteuerlichen Folgen. Entscheidet er sich jedoch dafür, (auch) Aktien zu verkaufen, die er vom ArbG unentgeltlich (aber stpfl) erhalten hat, ist insoweit die Besteuerung nach § 19a EStG nachzuholen.
Auch wenn der ArbN alle Vermögensbeteiligungen vom ArbG erworben hat, kann er entscheiden, welche er verkauft und ob dadurch die Besteuerung nachgeholt werden muss. Dabei ist die Steuerbefreiung nach § 3 Nr 39 EStG uE auf die einzelne Vermögensbeteiligung anzuwenden und nicht auf die Summe der überlassenen Vermögensbeteiligungen.
Beispiel 12:
Ein ArbN erhält am 01.12.2021 von seinem ArbG unentgeltlich 20 Aktien im Wert von insgesamt 2 880 EUR. Dies sind die einzigen Aktien, von denen er am 01.08.2024 die Hälfte, dh 10 Aktien, verkauft. Im Zeitpunkt des Zuflusses war der geldwerte Vorteil iHv 1 440 EUR steuerfrei. Für die Steuerbefreiung ist es unerheblich, ob von den 20 Aktien die ersten 10 Aktien steuerfrei und die übrigen stpfl überlassen worden sind oder ob alle 20 Aktien zur Hälfte steuerfrei und zur Hälfte stpfl überlassen wurden. Von Bedeutung wird dies bei der nachträglichen Besteuerung. Im ersten Fall können die 10 Aktien veräußert werden, die steuerfrei erworben wurden, ohne dass eine Besteuerung nachgeholt werden muss. Im zweiten Fall sind die 10 Aktien nur zur Hälfte steuerfrei erworben und der Vorteil ist zu 50 % im Zeitpunkt der Veräußerung zu versteuern. UE ist die erste Variante zutreffend.
Deutlich wird dies, wenn die Übertragung der Vermögensbeteiligungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattfindet.
Beispiel 13:
Wie im Beispiel 12 erhält der ArbN im Jahr 2021 von seinem ArbG unentgeltlich 20 Aktien im Wert von 2 880 EUR, davon jedoch 10 Aktien bereits am 01.09.2021 und weitere 10 Aktien am 01.12.2021. Der Vorteil aus der unentgeltlichen Überlassung der Aktien am 01.09.2021 iHv 1 440 EUR ist steuerfrei gemäß § 3 Nr 39 EStG, während der Vorteil aus der Überlassung am 01.12.2021 in vollem Umfang stpfl ist. Bei einer Veräußerung kann der ArbN entscheiden, ob er Aktien verkauft, die am 01.09.2021 oder am 01.12.2021 erworben wurden.
Rz. 133
Stand: EL 139 – ET: 09/2024
Die FinVerw geht davon aus, dass bei einem Teilverkauf von Vermögensbeteiligungen die zuerst übertragenen Vermögensbeteiligungen zuerst veräußert werden, sofern kein anderer Nachweis geführt wird (vgl BMF vom 01.12.2021, Rz 45, aaO). Ein Nachweis wird jedoch nur ausnahmsweise geführt werden können. Deshalb kommt es uE nicht auf einen Nachweis, sondern auf die Erklärung des ArbN an. Außerdem wendet die FinVerw die Steuerbefreiung nicht auf die einzelne Vermögensbeteiligung, sondern auf die Summe der in einem Jahr überlassenen Vermögensbeteiligungen an (vgl BMF vom 01.12.2021, Rz 46, aa0).
Rz. 134
Stand: EL 139 – ET: 09/2024
Randziffer einstweilen frei.