Rz. 1
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Wird eine durch > Steuerbescheid festgesetzte Steuerschuld durch eine gerichtliche Entscheidung herabgesetzt oder eine Steuervergütung gewährt (> Rz 3), so hat das FA Prozesszinsen zu zahlen (§ 236 Abs 1 AO), es sei denn, dem Beteiligten sind nach § 137 Satz 1 FGO die Kosten der > Rechtsbehelfe auferlegt worden, was dann geschehen kann, wenn die Entscheidung auf Tatsachen beruht, die er früher hätte geltend machen oder beweisen können und sollen. In Betracht kommen Fälle, in denen der Rechtsstreit um die Erstattung durch die Herabsetzung oder Aufhebung einer Festsetzung beendet und deshalb Steuern vom FA zurückgezahlt werden. Ebenso, wenn ein nicht streitiger Erstattungsbetrag als Folge des Rechtsstreits erhöht wird (AEAO zu § 236). Voraussetzung ist jedoch, dass der konkrete Fall selbst Gegenstand eines Rechtsstreits war. Nicht ausreichend ist die Herabsetzung des Steueranspruchs nach einer gerichtlichen Entscheidung in einem gleichgelagerten Fall, wenn die streitige Steuerfestsetzung nur Gegenstand eines ruhenden Einspruchsverfahrens war (BFH/NV 2020, 81 = HFR 2020, 208). Zu verzinsen ist ua der Erstattungsanspruch, der sich ergibt, wenn das FA die in der > Veranlagung von Arbeitnehmern festgesetzte ESt als Folge des Rechtsstreits herabsetzt. Zu verzinsen ist dabei nicht nur die ESt, sondern auch die zu erstattend > Kirchensteuer sowie ggf ein > Solidaritätszuschlag (BFH 216, 396 = BStBl 2007 II, 506). Nicht zu verzinsen sind jedoch steuerliche Nebenleistungen iSv § 3 Abs 4 AO, dh zB ein > Verspätungszuschlag, ein > Säumniszuschlag, ein > Zwangsgeld sowie > Zinsen Rz 5. Ebenso wie die ESt wird der Erstattungsbetrag verzinst, wenn die im Rahmen der > Lohnsteuer-Anmeldung oder als Folge einer > Außenprüfung durch > Steuerbescheid festgesetzte LSt herabgesetzt und an den ArbG erstattet wird, allerdings nur, soweit er als Steuerschuldner in Anspruch genommen wird wie zB bei > Pauschalierung der Lohnsteuer (EFG 1984, 196; zur Haftung > Rz 2).
Rz. 2
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
§ 236 AO gilt aber nicht, wenn um die Erstattung von Steuern gestritten wird, denen eine Zahlung ohne rechtlichen Grund zugrunde liegt wie zB bei Doppelzahlung, Überzahlung oder die ohne Herabsetzung einer festgesetzten Steuer erst aufgrund der Entscheidung des FG über einen > Abrechnungsbescheid entstehen (BFH 150, 298 = BStBl 1987 II, 702; T/K/Loose, § 236 AO Rz 6), es sei denn, das durch die Klage verfolgte Ziel kann ausnahmsweise nur durch die Anfechtung eines Abrechnungsbescheides erreicht werden (vgl BFH/NV 2020, 1244 = HFR 2021, 8). Entsprechendes gilt im Rechtsstreit um die Feststellung eines höheren Freibetrags oder um andere > Lohnsteuerabzugsmerkmale; die darauf beruhende Herabsetzung der vom ArbG einzubehaltenden LSt steht der Herabsetzung einer "festgesetzten Steuer" nicht gleich. Ebenso ist § 236 AO im Haftungsverfahren gegen den ArbG nicht anwendbar (BFH 157, 322 = BStBl 1989 II, 821; BFH 182, 480 = BStBl 1998 II, 2) und auch nicht für eine Erstattung aus Gründen der > Billigkeit Rz 7 ff (vgl BFH 103, 28 = BStBl 1971 II, 740); ebenso nicht für steuerliche Nebenleistungen.
Rz. 3
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
§ 236 AO gilt auch für verspätet ausgezahlte Steuervergütungen, zB das vor dem FG erstrittene > Kindergeld (vgl § 31 Satz 3 EStG; BFH 216, 405 = BStBl 2007 II, 598). Wie Steuervergütungen werden verzinst Wohnungsbauprämien (vgl § 8 Abs 1 Satz 1 WoPG), Altersvorsorgezulage (vgl §§ 83, 96 Abs 1 EStG; > Private Altersvorsorge Rz 30 ff und ArbN-Sparzulage (vgl § 14 Abs 2 5. VermBG, > Anh 5.1; > Vermögensbildung der Arbeitnehmer).
Rz. 4
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Erstattungszinsen hat das FA von Amts wegen zu zahlen; ein Antrag des Stpfl ist nicht erforderlich; zu weiteren Einzelheiten vgl AEAO zu § 236.
Rz. 5
Stand: EL 132 – ET: 12/2022
Prozesszinsen auf erstattete Steuern sind nach bisheriger Rechtsprechung > Einnahmen aus Kapitalvermögen (BFH 146, 408 = BStBl 1986 II, 557; > Zinsen). Allerdings hat der BFH seine Rechtsprechung hinsichtlich der Erstattungszinsen nach § 233a AO (> Verzinsung von Nachforderungen und Erstattungen) zwischenzeitlich geändert (BFH 230, 109 = BStBl 2011 II, 503), was für Zinsen iSv § 233a AO zu einer Gesetzesänderung in § 20 Abs 1 Nr 7 Satz 3 EStG geführt hat; die Steuerpflicht der Prozesszinsen iSv § 236 AO ist davon nicht betroffen und uE zweifelhaft.