Rz. 140
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Bedürftig ist nicht, wer sein > Existenzminimum aus eigenem Vermögen decken kann (> Rz 105). Der Empfänger von Unterhalt muss deshalb zunächst sein Vermögen verwerten (§ 33a Abs 1 Satz 4 EStG; > R 33a.1 Abs 2 Satz 1 EStR).
Rz. 141
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Das gilt in allen Fällen des § 33a Abs 1 EStG, also auch für Personen in nichtehelicher Lebensgemeinschaft, selbst wenn sie gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen nur gleichgestellt sind (BFH/NV 2008, 1481; > Rz 94 ff). ‚Vermögen’ ist der nach Abzug von Schulden verbleibende Wert (BFH 201, 192 = BStBl 2003 II, 655). Lebt die unterstützte Person im > Inland, wird ein Schonvermögen unter 15 500 EUR Verkehrswert nicht berücksichtigt (> R 33a.1 Abs 2 EStR); dieser Höchstbetrag ist realitätsgerecht (BFH 228, 421 = BStBl 2010 II, 628 mwN; ergänzend EFG 2015, 1534 für VZ 2012; EFG 2021, 1829 für den VZ 2019, Rev, BFH VI R 21/21). Deshalb ist der Miteigentümer eines nicht selbst genutzten Mietwohngrundstücks (EFG 1998, 663) oder von Bauland (BFH 228, 421 aaO) nicht bedürftig. Anders kann es sein, wenn ein Nießbrauchsvorbehalt oder ein dinglich gesichertes Veräußerungs- und Belastungsverbot den Verkehrswert eines Mietwohngrundstücks mindert (BFH 221, 221 = BStBl 2009 II, 361). Gleiches kann gelten, wenn das Grundstück mit Schulden belastet ist (vgl BFH 201, 192 = BStBl 2003 II, 655). Zur Bewertung von Grundvermögen vgl BFH 228, 421 aaO.
Rz. 142
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Es macht keinen Unterschied, wie ein Unterhaltsempfänger sein Vermögen angelegt hat; deshalb ist grundsätzlich auch ein selbstgenutztes Eigenheim mit dem Verkehrswert anzusetzen (BFH 201, 192 = BStBl 2003 II, 655; einschränkend die FinVerw > Rz 143). Erst recht ist dem Unterstützten zuzumuten, von zwei Häusern eines zu veräußern (vgl EFG 2001, 1134 – bestätigt durch BFH 201, 188 = BStBl 2003 II, 299 [zu § 33 EStG]), selbst wenn das zweite Haus von einem seiner Kinder unentgeltlich genutzt wird (BFH 230, 538 = BStBl 2011 II, 267).
Rz. 143
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Nicht für die Anrechnung auf den Höchstbetrag erfasst werden aber Vermögensgegenstände, deren Veräußerung offensichtlich eine Verschleuderung (also eine unwirtschaftliche Verwertung) bedeuten würde oder die für die unterstützte Person einen besonderen Erinnerungswert haben oder zu seinem Hausrat gehören (> R 33a.1 Abs 2 Satz 4 Nr 2 EStR). Ein vom Berechtigten (mit)bewohntes Hausgrundstück, das für die > Sozialhilfe nicht verwertet werden muss (§ 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII), lässt die FinVerw als "Schonvermögen" unberücksichtigt (§ 33a Abs 1 Satz 4 EStG und > R 33a.1 Abs 2 Satz 4 Nr 2 EStR). Ein Schwerbehinderter muss ein zur Altersvorsorge gebildetes maßvolles Vermögen – hier ein Mehrfamilienhaus – nicht vor der Inanspruchnahme elterlichen Unterhalts verwerten (BFH 228, 350 = BStBl 2010 II, 621).
Rz. 144
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Hat der Unterhaltene dem Stpfl sein Vermögen unentgeltlich übertragen, und ist er als Folge dessen unterhaltsbedürftig geworden, beruhen Zahlungen des Stpfl in Höhe des Werts des übernommenen Vermögens nicht auf der gesetzlichen Unterhaltspflicht. Nach § 528 BGB hat der Schenker gegenüber dem Beschenkten einen Anspruch auf Herausgabe des geschenkten Vermögens, wenn er nach der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten. Die Herausgabe kann durch Zahlung des für den Unterhalt erforderlichen Betrags abgewendet werden. Das gilt selbst dann noch, wenn der Schenker erstmals vor Ablauf von zehn Jahren nach der Vermögensübertragung bedürftig wird. Die Zahlungen beruhen in diesem Fall auf der Entscheidung des Stpfl, das übernommene Vermögen zu behalten (vgl BFH 182, 64 = BStBl 1997 II, 387; BFH/NV 1997, 392: Übertragung des Vermögens nach Eintritt ins Rentenalter).
Lebt die unterstützte Person im Ausland, sind die dortigen Verhältnisse ggf zu berücksichtigen (> Rz 175).