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Auf einen Blick: Im Verfahren der Veranlagung ermittelt das FA aufgrund der Steuererklärung die Besteuerungsgrundlagen des vergangenen Kalenderjahres und setzt die Einkommensteuer mit Steuerbescheid förmlich fest. Überall dort, wo vom Arbeitslohn Lohnsteuer einzubehalten war, ist nicht § 25 EStG, sondern der hier im Einzelnen erläuterte § 46 EStG anzuwenden. Veranlagt wird aber nur, wenn der Abzug vom Arbeitslohn voraussichtlich nicht zu einem abschließenden Ergebnis führt. Das ruft eine kaum vermeidbare Kasuistik hervor. |
A. Allgemeines
I. Grundsätzliches
Rz. 1
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
Die Einkommensteuer (ESt) wird nach Ablauf des > Veranlagungszeitraum (VZ) – das ist idR das Kalenderjahr (> Rz 163, 164) – veranlagt (§ 25 EStG). Die Veranlagung ist ein Verfahren, in dem das FA regelmäßig aufgrund einer > Steuererklärung (vgl § 25 Abs 3 EStG, §§ 56, 60 EStDV) die Besteuerungsgrundlagen ermittelt und die ESt förmlich mit einem > Steuerbescheid festsetzt; zu Einzelheiten der Durchführung des Verfahrens > Rz 160 ff. Der Steuerbescheid ist Grundlage für die Steuererhebung. Zur Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen > Rz 190 ff.
Rz. 2
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
Unter welchen Voraussetzungen unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer veranlagt werden, bestimmt grundsätzlich § 46 EStG; die einzelnen Veranlagungstatbestände werden in den > Rz 35–144 beschrieben. Die Vorschrift engt insoweit § 25 EStG ein: Nach § 25 EStG wird nur veranlagt, soweit nicht § 46 EStG diese Veranlagung ausschließt und keine besonderen Veranlagungstatbestände wie § 50 Abs 2 Satz 2 Nr 2 und 4 EStG gegeben sind (> Rz 143, 144). Zu einer weiteren Ausnahme > Rz 126.
Rz. 3
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
§ 46 EStG behandelt nur Fälle, in denen das Einkommen zumindest teilweise aus > Arbeitslohn besteht, von dem ein Steuerabzug vorgenommen worden ist (> Rz 25). Ist der LSt-Abzug zu Recht unterblieben oder sind > Einkünfte fälschlich als > Arbeitslohn behandelt und LSt abgezogen worden, ist § 46 EStG nicht anwendbar; dann ist nach § 25 EStG zu veranlagen (> Rz 28, 29). Beschränkt steuerpflichtige ArbN, die ihre Einkünfte im Wesentlichen in Deutschland erwirtschaften, können unter bestimmten Voraussetzungen eine Veranlagung als unbeschränkt Stpfl beantragen (> Rz 139 ff, Rz 180–189), wenn sie nicht bereits nach Eintragung eines Freibetrags auf der > Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug von Amts wegen veranlagt werden müssen (> Rz 80 ff und > Rz 142).
Rz. 4
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
Ist kein Veranlagungsgrund gegeben, gilt die Einkommensteuer auf die Lohneinkünfte durch den LSt-Abzug als abgegolten (§ 46 Abs 4 EStG). Diese Abgeltung gilt aber nicht für die vom ArbG etwa zu Unrecht nicht einbehaltene Lohnsteuer. Diese kann das FA unter bestimmten Voraussetzungen nacherheben. Zu Einzelheiten > Rz 215–219. Entsprechendes gilt für beschränkt steuerpflichtige ArbN; auch nach § 50 Abs 2 Satz 1 EStG ist nur die "Einkommensteuer" abgegolten (zu Besonderheiten > Rz 139 ff und > Rz 180 ff).
Rz. 5
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
Die Veranlagung von ArbN nach § 46 EStG soll beim Steuerabzug vom Arbeitslohn unvermeidbare, rechtstechnisch bedingte Unterschiede in der Besteuerung zu anderen Stpfl beseitigen (vgl dazu BVerfG 23, 1 vom 13.12.1967 – 1 BvR 679/64 = BStBl 1968 II, 70). Sie kann zur Erstattung von LSt führen, wenn dem ArbN ein höherer Betrag vom Arbeitslohn abgezogen worden ist, als er aufgrund seines Jahreseinkommens an ESt schuldet. Sie kann aber auch zu Nachzahlungen führen. Das kommt zB in Betracht, wenn neben den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch > Einkünfte aus anderen Einkunftsarten in die Veranlagung einbezogen werden. Zudem kann sie dazu dienen, Besonderheiten (zB > Steuerermäßigungen) zu berücksichtigen, die sich beim LSt-Abzug noch nicht ausgewirkt haben; zu Einzelheiten > Rz 162–179.
Rz. 6
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
Angesichts der Vielzahl der Veranlagungstatbestände liegt es scheinbar nahe, de lege ferenda eine Vereinfachung durch eine allgemeine Pflichtveranlagung auch für ArbN anzustreben (vgl Bergan/Martin, DStR 2006, 2203). Dem steht aber entgegen, dass die meisten ArbN-Veranlagungen auf Antrag vorgenommen werden und die FÄ bei Wegfall dieses Antrags zusätzlich den Eingang der jährlichen Steuererklärung für eine Vielzahl von Stpfl überwachen müssten.
Rz. 7
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
Ehegatten, die beide unbeschränkt steuerpflichtig sind (> Unbeschränkte Steuerpflicht) und nicht dauernd getrennt leben (> Dauernd getrennt lebende Ehegatten) und bei denen diese Voraussetzungen zu Beginn des VZ vorgelegen haben oder im Laufe des VZ eingetreten sind, können seit dem VZ 2013 (nur noch) zwischen einer Einzel- und einer Zusammenveranlagung wählen (§ 26 Abs 2 EStG). Wählt ein Ehegatte die Einzelveranlagung, führt das FA für den anderen ebenfalls eine Einzelveranlagung durch (> Rz 126). Bei einer Veranlagung von Ehegatten, die die Voraussetzungen für eine Ehegattenbesteuerung erfüllen, kommt es grundsätzlich nicht darauf an, welcher Ehegatte die > Einkünfte aus nichtselbständiger A...