Rz. 45

Stand: EL 127 – ET: 08/2021

Festgesetzte Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (zum Anwendungsbereich im Einzelnen > Rz 2) erlöschen durch Zahlungsverjährung (§ 232 AO). Die Frist beträgt fünf Jahre, im Falle einer Steuerhinterziehung zehn Jahre (§ 228 AO). Sie beginnt grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Ansprüche erstmals fällig geworden sind (§ 229 Abs 1 Satz 1AO; vgl jedoch > Rz 47).

 

Rz. 46

Stand: EL 127 – ET: 08/2021

Die Fälligkeit der Ansprüche (§ 220 AO) ergibt sich im Allgemeinen aus dem Bescheid, durch den sie festgesetzt werden. Die festgesetzte Steuer wird aber nur in dem Umfang erstmals fällig, in dem in der Anrechnungsverfügung eine Abschlusszahlung ausgewiesen ist (BFH 192, 405 = BStBl 2001 II, 133). Bei LSt-Anmeldungen beginnt die Zahlungsfrist erst mit deren Abgabe, weil erst danach die Fälligkeit eintritt. Steuererstattungsansprüche werden mit Bekanntgabe des Bescheids fällig, durch den sie festgestellt werden (§ 220 Abs 2 Satz 2 AO).

Enthält ein Haftungsbescheid keine Zahlungsaufforderung, so beginnt die Verjährung mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Haftungsbescheid wirksam wird (§ 229 Abs 2 AO). Der Eintritt der Zahlungsverjährung für den Steueranspruch gegenüber dem ArbN berührt jedoch nicht die Rechtmäßigkeit eines bereits vor Ablauf der Zahlungsverjährung erlassenen Haftungsbescheids gegen den ArbG (BFH 195, 510 = BStBl 2002 II, 267).

 

Beispiel 1:

Nach einer LSt-Außenprüfung beabsichtigt das FA, in einigen Fällen zunächst die nachzufordernde LSt im Wege der Änderung der ESt-Festsetzungen der betroffenen ArbN zu realisieren. Für den Fall, dass dies fehlschlägt, erlässt das FA – bevor es den > Vorbehalt der Nachprüfung für die geprüften Lohnzahlungszeiträume aufhebt (zu den Rechtsfolgen > Außenprüfung Rz 90 ff) – in 2015 einen Haftungsbescheid ohne > Leistungsgebot. Eine Inanspruchnahme des ArbG ist ggf nur bis zum 31.12.2020 zulässig, weil der Lauf der fünfjährigen Verjährungsfrist mit Ablauf des 31.12.2015 beginnt.

 

Rz. 47

Stand: EL 127 – ET: 08/2021

Die Frist für die Zahlungsverjährung beginnt jedoch nicht vor Ablauf des Kalenderjahres (Anlaufhemmung), in dem die Festsetzung, ihre Aufhebung, Änderung oder Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit wirksam geworden ist (§ 229 Abs 1 Satz 2 AO). Dabei steht eine LSt-Anmeldung einer Steuerfestsetzung gleich (§ 168 AO).

 

Beispiel 2:

Der ArbG hat die LSt-Anmeldung für Oktober 2015 erst im Februar 2016 abgegeben. Die im Oktober einbehaltene oder übernommene LSt ist nach § 41a Abs 1 Nr 2 EStG mit Ablauf des 10.11.2015 fällig gewesen, sodass die Zahlungsverjährung für diese Ansprüche grundsätzlich mit Ablauf des 31.12.2015 begonnen hat. Da die Steuerfestsetzung, hier die Festsetzung der angemeldeten LSt, erst mit dem Eingang beim FA im Februar 2016 wirksam geworden ist, hat die Frist von fünf Jahren für die Zahlungsverjährung erst mit Ablauf des 31.12.2016 begonnen.

Entsprechendes gilt, wenn das FA wegen Nichtabgabe der LSt-Anmeldung die Steuer nach § 167 Abs 1 AO festsetzt (> Lohnsteuer-Anmeldung Rz 10 ff, 21).

 

Rz. 48

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Durch die in § 231 AO bezeichneten Handlungen wird die Frist unterbrochen, allerdings nur in Höhe des Betrags, auf den sich die Unterbrechung bezieht (§ 231 Abs 4 AO). Zu den Unterbrechungshandlungen gehören ua Zahlungsaufforderung (BFH 216, 4 = BStBl 2009 II, 575), > Stundung von Lohnsteuer, > Aussetzung der Vollziehung – auch durch das FG (BFH/NV 2003, 138) –, Vollstreckungsaufschub, Vollstreckungsmaßnahmen, Ermittlungen des FA nach dem > Wohnsitz (BFH 169, 493 = BStBl 1993 II, 220) oder dem Aufenthaltsort (> Aufenthalt) des Zahlungspflichtigen und Anmeldung im > Insolvenzverfahren.

Mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Unterbrechungshandlung (zB Stundung) endet, beginnt eine neue Verjährungsfrist, die wiederum fünf Jahre beträgt (§ 231 Abs 3 AO). Die Unterbrechungshandlungen müssen sich stets gegen die Person richten, die in Anspruch genommen werden soll (BFH 134, 532 = BStBl 1982 II, 226). Zu den Unterbrechungstatbeständen gehört auch die schriftliche oder elektronische Geltendmachung eines Zahlungsanspruchs durch den Stpfl (vgl AEAO zu § 231).

 

Rz. 48/1

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Eine dem Stpfl bekannt gegebene Maßnahme zur Unterbrechung der Zahlungsverjährung unterbricht diese auch dann, wenn es sich dabei um einen > Verwaltungsakt handelt, der nichtig, rechtswidrig oder rückwirkend aufgehoben worden ist (BFH 229, 492 = BStBl 2011 II, 331).

 

Rz. 49

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Können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist wegen höherer Gewalt (> Rz 22/1) nicht verfolgt werden, so ist die Verjährung gehemmt (Ablaufhemmung, § 230 AO). Dieses hat zur Folge, dass die Verjährungsfrist um den Zeitraum, während die Hemmung bestand, verlängert wird.

 

Rz. 50

Stand: EL 127 – ET: 08/2021

Bei der Zahlungsverjährung gibt es keine Wechselwirkung zwischen der Verjährung gegenüber dem ArbG oder dem ArbN. Unterbrechungshandlungen gegen de...

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