Rz. 1
Stand: EL 120 – ET: 12/2019
Ob Zusteller von Zeitungen und Zeitschriften von der Art ihrer Tätigkeit her Arbeitnehmer sind, bestimmt sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des Einzelfalls. Es kommt besonders auf die Gestaltung des Vertrags und seine tatsächliche Durchführung an (zu den Kriterien im Einzelnen > Arbeitnehmer Rz 9 ff). Die Rechtsprechung geht idR von einem Dienstverhältnis aus (BFH 94, 189 = BStBl 1969 II, 103), selbst wenn die Vergütung in Form von Provision gezahlt wird (RFH, RStBl 1926, 220; 1934, 1029). Ebenso EFG 1968, 305; das BSG (DB 1968 Beilage 22 für die Sozialversicherungspflicht) und BAG 69, 286 vom 29.01.1992 – 7 ABR 27/91, DB 1992, 1429 für die Wahlberechtigung bei Betriebsratswahlen. BAG 86, 170 vom 16.07.1997 – 5 AZR 312/96, BB 1997, 2377 mwN geht zwar idR von einer ArbN-Eigenschaft des Zustellers aus, bezweifelt diese aber, wenn dieser das übernommene Arbeitsvolumen nicht selbst bewältigen kann und deshalb weitere Mitarbeiter einsetzen muss. Auch Austräger eines wöchentlich erscheinenden Anzeigenblatts sind ArbN (BFH vom 24.01.1975 – VI R 89/72 nv, zitiert in BFH 169, 154 = BStBl 1993 II, 155); ebenso bei der Verteilung von Werbezetteln an Haushalte (BFH vom 21.11.1980 – VI S 4/80 nv; BGH vom 07.10.2009 – 1 StR 478/09, NStZ 2010, 337). Damit dürften die zur USt ergangenen älteren Entscheidungen (zB BFH 62, 322 = BStBl 1956 III, 119 sowie EFG 1962, 510; 1976, 387), die Zeitungsausträger als Unternehmer behandelten, überholt sein. Dies schließt jedoch nicht aus, dass in besonders gelagerten Fällen Zeitschriftenverteiler gewerblich tätig sind (vgl EFG 2001, 1200). Gegen ArbN-Eigenschaft von Werbezettelverteilern auch FG ST vom 11.02.2003 – 4 K 30742/99 (NZB erfolglos, BFH/NV 2004, 42).
Rz. 2
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Werbetätigkeit ist idR Teil der Haupttätigkeit als Zusteller, wenn eine schriftliche, mündliche oder stillschweigende Verpflichtung zur Werbung besteht. Werbeprämien gehören dann zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (DB 1973, 747; 1987, 2438; FR 1987, 588; ergänzend > Arbeitnehmer Rz 75 ff). Das gilt auch für Anzeigenprovisionen und das Inkasso von Anzeigenrechnungen. Das kann anders sein, wenn nicht im eigenen Zustellungsbezirk geworben wird. Kein Dienstverhältnis liegt hinsichtlich der Werbetätigkeit vor, soweit der Zeitungsausträger weder rechtlich noch faktisch zur Anwerbung neuer Abonnenten verpflichtet ist, selbst wenn ausschließlich innerhalb des eigenen Zustellbezirks geworben wird und die neuen Abonnenten die Einnahmen aus der nichtselbständigen Tätigkeit als Zeitungsausträger steigern (BFH 181,488 = BStBl 1997 II, 254); ergänzend > Arbeitnehmer Rz 52 sowie > Zeitschriften- und Anzeigenwerber. Wegen des Neujahrsgelds ("Neujährchen") > Trinkgelder und Hilbert, BBK 2018, 667. Der Nachtzuschlag nach Tarifvertrag ist gemäß § 3b EStG steuerfrei, wenn die Zeitungen bis spätestens 6 Uhr morgens zugestellt sein müssen (OFD Hannover vom 30.05.1996 – S-2343 – 94-St-212; > Lohnzuschläge Rz 58).
Rz. 3
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Fahrtkosten von Zeitungszustellern zwischen der Abholstelle und der jeweiligen Zustelladresse sind nach den für > Reisekosten geltenden Grundsätzen als > Werbungskosten abziehbar (Fahrten innerhalb eines weiträumigen Tätigkeitsgebiets iSv § 9 Abs 1 Satz 3 Nr 4a Satz 4 EStG); die Fahrtkosten werden mit den tatsächlichen Kosten oder den > Kilometer-Pauschalen Rz 5 angesetzt (vgl BMF vom 24.10.2014, Rz 36 und 40ff, BStBl 2014 I, 1412 = > Anh 2 Reisekosten ab 2014; H 9.5 LStH; > Reisekosten Rz 60 ff). Zu Mehraufwendungen für Verpflegung > Reisekosten Rz 80 ff (mehr als 8-stündige Abwesenheit). Lediglich für Fahrten zwischen der Wohnung und der ortsgebundenen Repräsentanz des ArbG (Abholstelle) schränkt die > Entfernungspauschale den Abzug von WK ein, da der Zustellbezirk weiträumiges Tätigkeitsgebiet iSv § 9 Abs 1 Satz 3 Nr 4a Satz 3 EStG ist (> Reisekosten Rz 79 ff).