Rz. 22
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Solange eine Lohnforderung noch nicht entstanden ist, kann der Zeitpunkt der Fälligkeit noch verändert werden. Aber auch, wenn die Forderung bereits entstanden ist, können ArbN und ArbG die Fälligkeit vor deren Eintritt hinausschieben, ohne dass dies ein Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO; > Steuerumgehung) ist (BFH 227, 93 = BStBl 2010 II, 746, dazu zB Lucas, NWB 2010, 883; > Verlagerung von Lohnzahlungen). Ein Anwendungsfall ist die Umwandlung von Bar- in Versorgungslohn; > Rz 25 ff. Von einem Gestaltungsmissbrauch geht EFG 1999, 964 nicht aus, wenn der Zufluss von > Einnahmen ausschließlich wegen einer günstigeren Besteuerung von dem einen in ein anderes Kalenderjahr ‚gesteuert’ wird. Auch EFG 2004, 1596 – bestätigt durch erfolglose NZB in BFH/NV 2006, 520 – nahm keinen Zufluss an, weil eine im November fällige Abfindung zum Vorteil des ArbN im folgenden Januar ausgezahlt worden ist (ähnlich entschied BFH 227, 93 aaO). Ebenso darf der ArbG auch bei einer Direktversicherung gegen Einmalbetrag die Zahlung der Versicherungsbeiträge und damit den Zufluss des Arbeitslohns so steuern, dass die Pauschalierungsgrenze des § 40b Abs 2 Satz 1 EStG in mehreren Kalenderjahren ausgeschöpft wird (BFH/NV 1988, 499).
Rz. 22/1
Stand: EL 135 – ET: 08/2023
Ist die Fälligkeit bereits eingetreten, wird das "Hinausschieben" der Leistung auf Betreiben des ArbN idR als Verfügung über die Forderung (Novation) behandelt, die den Zufluss zur Folge hat. Novation ist eine Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner, dass der Betrag fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet werden soll (BFH 184, 21 = BStBl 1997 II, 755). So kann eine Gutschrift des Lohnanspruchs in der Buchführung des ArbG zum Zufluss führen, wenn die Gutschrift nicht nur den buchmäßigen Ausweis einer Verbindlichkeit darstellt, sondern darüber hinaus zum Ausdruck bringt, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verfügung steht (zB BFH/NV 2010, 1094; BFH 232, 501 = BStBl 2014 II, 493). Das setzt aber voraus, dass der ArbN Kenntnis von der Gutschrift hat. Es kommt im Übrigen darauf an, in wessen Interesse die Gutschrift geschieht (BFH 57, 436 = BStBl 1953 III, 170; BFH 135, 542 = BStBl 1982 II, 469). Auch BFH 140, 542 = BStBl 1984 II, 480 stellt darauf ab, ob die Verfügung über die (Lohn-)Forderung im Interesse des Gläubigers (ArbN) liegt. Bleibt die Verbindlichkeit im Interesse des Schuldners (ArbG) bestehen, fließt trotz Umwandlung der ursprünglichen Lohnforderung in eine Darlehensforderung (Novation) beim ArbN nichts zu (BFH/NV 1988, 224). Gutschrift bei fehlender Liquidität ist demgemäß kein Zufluss (BFH 171, 191 = BStBl 1993 II, 499; BFH 197, 126 = BStBl 2002 II, 138); vgl auch > Gutschrift und > Tantiemen Rz 3. Verzichtet der ArbN auf Eintreibung der Lohnforderung, führt das nicht zum Zufluss (EFG 2011, 1156 = DStRE 2012, 16).