vorläufig nicht rechtskräftig
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [V R 32/14)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Schätzung von Lebensmittelentnahmen grundsätzlich anhand der Richtsatzsammlung?
Leitsatz (redaktionell)
- Werden Entnahmen aus dem Unternehmen für außerunternehmerische Zwecke getätigt und diesbezügliche Aufzeichnungen entgegen § 22 Abs. 2 Nr. 3 UStG nicht gemacht, so besteht dem Grunde nach die Schätzungsbefugnis der Finanzbehörde nach § 162 AO.
- Die unbesehene Übernahme der Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben nach der sog. Richtsatzsammlung kann nicht erfolgen ohne gegen § 162 Abs. 1 AO zu verstoßen, wenn der Stpfl. dargelegt hat, dass die Wertabgaben zum Regelsteuersatz niedriger gewesen sein müssen, als sich dies aus der Richtsatzsammlung ergibt.
Normenkette
UStG 2005 § 3 Abs. 1b Nr. 3; AO § 162 Abs. 1
Streitjahr(e)
2007, 2008, 2009, 2010
Nachgehend
Tatbestand
An der Klägerin sind die Herren O. und R. je zur Hälfte beteiligt. Sie sind die Geschäftsführer der Klägerin. Diese betreibt eine Landschlachterei und setzt ihre Produkte insbesondere in ihrer Filiale in J. ab. Daneben betreibt sie Stände auf Wochenmärkten, einen Catering-Service, einen Mittagstisch und bietet zubereitete Speisen auf verschiedenen regionalen Veranstaltungen an.
Der Beklagte führte eine Außenprüfung durch, die sich auf die Streitjahre bezog. Der Außenprüfer stellte dabei fest, dass hinsichtlich der unentgeltlichen Wertabgaben für die beiden Gesellschafter/Geschäftsführer und ihre Familien seitens der Klägerin keinerlei Aufzeichnungen geführt waren. Der Prüfer sah sich deshalb veranlasst, die Warenentnahmen mit den in der amtlichen Richtsatzsammlung für eine Fleischerei vorgesehenen Pauschbeträgen gewinnerhöhend anzusetzen und dabei auch die in der Richtsatzsammlung vorgesehene Aufteilung in dem ermäßigten Umsatzsteuersatz sowie dem Regelsteuersatz unterliegend anzuwenden. Entsprechend der Anzahl der Familienmitglieder und dem Alter der zugehörigen Kinder ermittelte der Außenprüfer die unentgeltlichen Wertabgaben. Wegen der Höhe der Bemessungsgrundlagen wird auf den Außenprüfungsbericht verwiesen.
Der Beklagte setzte die Ergebnisse der Außenprüfung durch geänderte Steuerbescheide um. Dabei berücksichtigte er auch Änderungen, die hier nicht mehr streitgegenständlich sind. Im sich anschließenden Einspruchsverfahren kam es ebenfalls aus hier nicht streitigen Gründen zu geringfügigen Herabsetzungen bezüglich der Umsatzsteuer für die Jahre 2008 – 2010. Schließlich korrigierte der Beklagte mit weiterem Änderungsbescheid vom 12. August 2013 einen Rechenfehler bei der Steuerfestsetzung für das Jahr 2010.
Mit der Klage macht die Klägerin – wie schon im Einspruchsverfahren – geltend, dass die Werte der Richtsatzsammlung im Streitfall nicht ohne Korrektur angewendet werden dürften. Zu berücksichtigen sei, dass die durch die Außenprüfung angesetzten Werte der unentgeltlichen Wertabgaben zum Regelsteuersatz höher seien, als die gesamten Leistungsbezüge der Klägerin zum Regelsteuersatz. Deshalb müsse eine Deckelung erfolgen, wie sie entsprechend auch ertragsteuerlich bei der privaten Kraftfahrzeugnutzung vorgesehen sei. Soweit aber eine Deckelung derartiger Leistungsentnahmen in Betracht komme, gebe es keine rechtliche Veranlassung, die Leistungsentnahmen zum begünstigten Steuersatz um den entsprechenden Betrag zu erhöhen.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuer auf x EUR festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Grundsätzlich seien die Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben nach der vom Bundesministerium der Finanzen herausgegebenen Richtsatzsammlung anzusetzen. Dies gelte ungeachtet der individuellen Verhältnisse im Einzelfall, wenn der Steuerpflichtige keine Aufzeichnungen führe. Die Werte lt. Richtsatzsammlung differenzierten nicht danach, ob Fleischereien beispielweise Speisen und Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle anböten und damit Leistungen erbrächten, die dem allgemeinen Steuersatz unterlägen. Abschläge seien nach den Richtsatzsammlungen ausdrücklich nicht vorgesehen. Auch auf den Umfang der Wareneinkäufe zum vollen Steuersatz komme es insoweit nicht an.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte. Dem Gericht haben die für die Klägerin beim Beklagten geführten Steuerakten vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist teilweise begründet.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass in den Steuererklärungen, die die Klägerin für die Streitjahre einreichte, zunächst keinerlei Umsätze aus Lebensmittelentnahmen aus dem Unternehmen der Klägerin für die Gesellschafter und deren Familien enthalten waren. Der Steuertatbestand des § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG war hingegen dem Grunde nach erfüllt. Auch dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Werden aber Entnahmen aus dem Unternehmen für außerunternehmerische Zwecke getätigt und diesbezügliche Aufzeichnungen en...