vorläufig nicht rechtskräftig
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [X R 33/20)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Realsplitting bei unentgeltlicher Wohnungsgestellung als Unterhaltsleistung
Leitsatz (redaktionell)
Haben dauernd getrennt lebende Ehegatten einen Barunterhalt vereinbart, auf den eine unentgeltliche Wohnungsgestellung Anrechnung findet, so kommt ein Sonderausgabenabzug im Wege des Realsplitting nur in Höhe dieser Anrechnung nicht aber in Höhe des Mietwerts der Wohnung in Betracht.
Normenkette
AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; BewG 1991 § 15 Abs. 2; BGB § 1585 Abs. 2, §§ 1612, 1585 Abs. 1; EStG 2009 § 10 Abs. 1a, § 21 Abs. 2; FGO § 135 Abs. 1, § 139 Abs. 4
Streitjahr(e)
2015
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob ein bestandskräftiger Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2015 zu ändern ist, um bisher nicht berücksichtigte Unterhaltsaufwendungen des Klägers an seine inzwischen von ihm geschiedene Ehefrau (EF) im Wege des sog. Realsplitting als Sonderausgaben abzuziehen.
Der Kläger war im Streitjahr nichtselbstständig tätig. Er lebte seit dem Jahr 2013 von EF, der Beigeladenen, dauernd getrennt und zog aus der gemeinsamen Familienwohnung aus. Er traf mit EF durch notariellen Vertrag vom November 2015 eine Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung. Danach sollte EF mit den beiden gemeinsamen Kindern noch bis Dezember 2015 die bisherige Familienwohnung bewohnen. Bei dieser Wohnung handelte es sich um eine Doppelhaushälfte mit einer Wohnfläche von über 235,62 qm, deren Eigentümer der Kläger und EF je zur ideellen Hälfte waren.
Die Doppelhaushälfte wurde im August 2015 an fremde Dritte veräußert und nach Auszug von EF und den Kindern im Dezember 2015 übergeben. Nach der Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung war eine Zahlung des Klägers an EF in Höhe von 600 €/Monat für die Zeit ab dem 1. August 2015 bis zur Rechtskraft der Scheidung vereinbart. Zudem waren folgende Vereinbarungen getroffen:
“Solange die Ehefrau noch im Haus in X lebt, wird ein Anteil von 400 € als Wohnvorteil der Ehefrau bewertet und mithin nur ein Betrag in Höhe von 200 € an die Ehefrau vom Ehemann ausgezahlt. (…) Für den Monat Dezember 2015 zahlt der Ehemann zusätzlich einen Unterhaltsbetrag von 200 €.“
“Die Ehefrau verpflichtet sich, für den Ehemann die Anlage U zur Einkommensteuererklärung zu unterzeichnen. Im Gegenzug verpflichtet sich der Ehemann, die Ehefrau von allen hieraus erwachsenen steuerlichen Nachteilen freizuhalten.“
Der Kläger gab seine Einkommensteuererklärung für das Streitjahr im Folgejahr 2016 ab. Darin machte er Unterhaltsleistungen an EF in Höhe von 9.450 € als Sonderausgaben geltend.
EF hatte eine Anlage U unterschrieben, in der sie erklärte, im Streitjahr Geldleistungen in Höhe von 2.250 € und Sachleistungen in Höhe von 4.800 € vom Kläger erhalten zu haben, mithin insgesamt einen Betrag in Höhe von 7.050 €. In dieser Höhe stimmte sie dem Abzug von Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben beim Kläger zu.
Der Beklagte berücksichtigte mit Hinweis auf die ihm vorliegende Anlage U im Einkommensteuerbescheid Unterhaltsleistungen Höhe von 7.050 € als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Wegen der Auswertung eines Grundlagenbescheids über Beteiligungseinkünfte erging ein Einkommensteueränderungsbescheid. Dieser Bescheid wurde ebenfalls bestandskräftig.
Im Juli 2018 beantragte der Kläger beim Beklagten die Änderung der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr mit dem Begehren, nunmehr einen höheren Betrag an Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben abzuziehen als bisher. Grund für diesen Antrag war eine Vereinbarung des Klägers und EF vor dem Amtsgerichts Y – Familiengericht – aus dem Mai 2018. In dieser Sitzung erklärte EF:
“Ich stimme für die Veranlagungszeiträume 2015, 2016, 2017 und 2018 dem begrenzten Realsplitting zu – unter Berücksichtigung der BGH-Entscheidung vom 29.04.1998 (Aktenzeichen: XII ZR 266-96).“
Im Gegenzug verpflichtete sich der Kläger, EF alle daraus für den Veranlagungszeitraum entstehenden weiteren steuerlichen Nachteile zu ersetzen.
Der Kläger war der Auffassung, neben dem unstreitigen Barunterhalt in Höhe von 2.250 € sei durch Sachleistung gewährter Unterhalt in Höhe von 9.816,84 € steuerlich zu berücksichtigen, mithin insgesamt ein Betrag in Höhe von 12.066,84 €. Der Sachunterhalt ergebe sich aus dem Ansatz des Mietwerts für seinen Miteigentumsanteil an der Doppelhaushälfte, die EF im Streitjahr bewohnt habe. Die ortsübliche Miete betrage 8,68 €/qm. Bei einer Größe von 235,62 qm ergäbe sich ein monatlicher Mietwert in Höhe von 2.045,18 €. Berücksichtige man darauf einen Abzug von 20 %, weil die lineare Fortschreibung der flächenbezogenen Nettokaltmiete bei großen Objekten ggf. eine Überschätzung darstelle, errechne sich immer noch ein Mietwert in Höhe von 1.636,14 €/Monat. Davon seien nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. April 2000 XI R 127/96 (BFHE 192, 75, BStBl II 2002, ...