Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemischt-genutztes Grundstück - Zeitpunkt der Zuordnung
Leitsatz (redaktionell)
- Verwendet ein Unternehmer einen Gegenstand - hier eine Immobilie - für unternehmerische und unternehmensfremde Zwecke, muss er grds. bereits bei Bezug der Gegenstände festlegen, ob er ein ihm zustehendes Wahlrecht ausüben will (Zuordnung des Gegenstandes zu seinem Unternehmen). Die Entscheidung darüber ist dem FA zeitnah zu übermitteln.
- Der Begriff „zeitnah” bedeutet, dass die Zuordnungsentscheidung grds. bei Leistungsbezug, spätestens aber bis zur gesetzlichen Abgabe der Steuererklärungen erfolgen soll, d. h. bis zum 31.5. des jeweiligen Folgejahres.
- Wird die gesetzliche Abgabefrist um fast zwei Jahre überschritten, liegt eine zeitnahe Übermittlung der Zuordnungsentscheidung nicht vor.
Normenkette
UStG § 15
Streitjahr(e)
2009
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Klägerin ein gemischt unternehmerisch und nichtunternehmerisch genutztes Gebäude insgesamt ihrem Unternehmen zuordnen konnte.
Die Klägerin hat in den Jahren 2008 und 2009 zwei Einfamilienhäuser in B, F-Weg 4 A und 4 B errichtet. Diese Gebäude wurden am 01.12.2009 (F-Weg 4 A) und 01.01.2010 (F-Weg 4 B) fertiggestellt.
Am 30.04.2010 zeigte die Klägerin dem Beklagten (Finanzamt – FA -) die Eröffnung eines Gewerbes mit der Bezeichnung „Fitness- und Gesundheitscoaching” an. Als Beginn der Tätigkeit wurde der 01.06.2010 angegeben. Die Klägerin gab an, dass sie die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehme.
Die Klägerin gab für das Streitjahr eine Umsatzsteuererklärung am 30.11.2011 ab. Darin erklärte die Klägerin für ein Vermietungsunternehmen „F-Weg 4 B” Umsätze i. H. v. 0,00 EUR und Vorsteuerbeträge anteilig aus den Herstellungskosten (Baukosten) des Gebäudes von 11.972,12 EUR. Das Objekt F-Weg 4 B wurde im Streitjahr von der Klägerin und ihrer Familie selbst genutzt. Lediglich ein Büroraum nebst Flur und Bad sollte ab 01.01.2010 umsatzsteuerpflichtig an die Firma X- GmbH vermietet werden.
Am 05.04.2012 fand im FA eine Besprechung mit dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin und dem zuständigen Bearbeiter im FA statt. Gegenstand dieser Unterredung war die ertragsteuerliche Berücksichtigung der Werbungskostenüberschüsse aus den Objekten F-Weg 4 A und 4B. Man kam überein, die Einkommensteuerveranlagung 2009 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung vorzunehmen und die Werbungskostenüberschüsse aus den Objekten mit 14.613 EUR (4 A) bzw. 14.613 EUR (4 B) anzusetzen.
Im Rahmen der Umsatzsteuerveranlagung 2009 lehnte das FA am 13.09.2012 den Abzug der geltend gemachten Vorsteuerbeträge ab. Es verwies dazu auf die BFH-Entscheidung vom 07.07.2011 – V R 21/10. Danach – so das FA – könne der Vorsteuerüberhang nicht (mehr) geltend gemacht werden, da nach der BFH-Rechtsprechung die Zuordnungsentscheidung spätestens bis zum Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist für Steuererklärungen – also bis zu 31.05. des Folgejahres – erfolgen müsse. Im Streitfall hätte dies bis zu 31.05.2010 erfolgen müssen. Die Umsatzsteuererklärung 2009 sei aber erst am 30.11.2011 beim FA eingegangen. Das FA erließ demgemäß am 13.09.2013 einen Umsatzsteuerbescheid für 2009, der am 12.12.2013 zur Post ging. Hierin setzte es die Umsatzsteuer auf 0 EUR fest.
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, den sie im Wesentlichen damit begründete, dass sie vorher keine Möglichkeit gehabt habe, die Umsatzsteuererklärung abzugeben. Im Übrigen sei das BFH-Urteil, das die Frist zum 31.05. entwickelt habe (V R 42/09) zwar vor Abgabe der Umsatzsteuererklärung 2009 veröffentlicht worden (am 12.10.2011), gleichwohl sei der Klägerin in diesem Fall Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 1 AO zu gewähren. Im Übrigen handele es sich bei den Entscheidungen des BFH zu diesen Fragen immer um Fälle, in denen die Steuerpflichtigen eine vollständige Zuordnung zu ihrem Unternehmen erstrebten. Die Klägerin begehre jedoch lediglich die Zuordnung zum Unternehmen entsprechend der unternehmerischen Nutzung des Objekts F-WegF-Weg 4 B. Das FA wies den Einspruch der Klägerin mit Einspruchsbescheid vom 22.10.2014 als unbegründet zurück. Es führte darin aus, die Klägerin habe eine zeitnahe Dokumentation der Zuordnungsentscheidung nicht vorgenommen. Zum einen sei die vom BFH entwickelte Frist (31.05. des Folgejahres) verstrichen gewesen, zum anderen ergebe sich auch nach der Rechtslage, die vor der BFH – Rechtsprechung gegolten habe, nichts anderes. Seinerzeit habe der Steuerpflichtige die Zuordnungsentscheidung zeitnah erfolgen müssen. Im Streitfall habe die Klägerin die Umsatzsteuererklärung 2009 erst am 30.11.2011, also mit erheblicher Verspätung beim FA abgegeben.
Hiergegen richtet sich die Klage. Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass es nicht darauf ankomme, die Zuordnungsentscheidung bis zum 31.05. des Folgejahres zu übermitteln. Nach alter Rechtslage habe man nach Auffassung der Finanzverwaltung spätestens in der Umsatzsteuerjahreserkläru...