Zuordnungsentscheidung treffen und Vorsteuerabzug sichern

Die Fristen für die Abgabe von Steuererklärungen für die Jahre ab 2018 wurden auf den 31.7. des Folgejahres verlängert. Diese Verlängerung greift auch für die Zuordnungsentscheidung der Unternehmer. 

Bei Kauf eines Gegenstandes oder wenn eine Leistung bezogen wird, muss der Unternehmer entscheiden: Dem Unternehmen voll zuordnen, teilweise oder nicht

Ein Unternehmer muss bei Leistungsbezug entscheiden, ob er die Leistung seinem Unternehmen zuordnet. Dies ist nur möglich, wenn die Leistung auch für die wirtschaftlichen Zwecke des Unternehmens genutzt werden soll. Sofern Zuordnungswahlrechte bestehen, müssen diese zeitnah ausgeübt werden. Bei der Zuordnungsentscheidung stellt sich zudem die Frage, ob und in welcher Höhe ein Vorsteuerabzug möglich ist. 

Umsatzsteuervoranmeldung als wichtigstes Indiz für die Zuordnung zum Unternehmen

Als wohl wichtigstes Indiz für die Entscheidung, ob ein Gegenstand dem Unternehmen zugeordnet wurde, ist die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs aus seinem Erwerb im Rahmen der monatlichen oder vierteljährlichen Umsatzsteuervoranmeldung.

Entsprechend ist das Unterlassen eines Vorsteuerabzugs ein gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen. Das Fehlen des Vorsteuerabzugs in der Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum, in dem der Gegenstand angeschafft wurde, lässt für sich genommen aber noch nicht den Schluss zu, dass der betreffende Gegenstand nicht dem Unternehmensvermögen zugeordnet wurde.

Die Frist für die Zuordnung von unternehmerisch genutzten Wirtschaftsgütern/Vermögensgegenständen endet grundsätzlich mit Ablauf des 31.7. des Folgejahres. Der Unternehmer muss bis zu diesem Zeitpunkt eine Zuordnungsentscheidung gegenüber dem Finanzamt dokumentieren und hierbei darlegen, ob der Gegenstand (auch Grundstücke) dem Unternehmensvermögen

  • in vollem Umfang (= Zuordnungsgebot), 
  • teilweise (= Zuordnungswahlrecht) oder 
  • überhaupt nicht (= Zuordnungsverbot)

zugeordnet wird. Die Zuordnungsentscheidung ist im Zeitpunkt des Leistungsbezuges vorzunehmen und betrifft alle Gegenstände, die im vorhergehenden Kalenderjahr/Wirtschaftsjahr angeschafft wurden.

Gibt der Unternehmer monatliche oder vierteljährliche Umsatzsteuervoranmeldungen ab, sollte die Zuordnungsentscheidung bereits im Rahmen der Voranmeldungen erfolgen (im Monat oder Quartal des Leistungsbezugs). Sollte dies nicht erfolgt sein oder handelt es sich bei dem Unternehmer um einen Jahreszahler (Voranmeldungszeitraum = Kalenderjahr) sollte die Zuordnungsentscheidung in einem separaten Schreiben gegenüber dem Finanzamt dokumentiert werden, damit der Vorsteuerabzug nicht verloren geht.

Keine Fristverlängerung möglich

Die Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung erfolgt gesetzlich zum 31.7. des Folgejahres. Durch das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz wurden die Abgabefristen verlängert, sodass

  • die Abgabefrist für die Einreichung der Umsatzsteuerjahreserklärung 2022 am 2.10.2023 endete und
  • die Abgabefrist für die Umsatzsteuerjahreserklärung 2023 am 2.9.2024 endet.

Erst die Einreichungsfrist für die Umsatzsteuerjahreserklärung 2024 zum 31.7.2025 endet wieder parallel mit der Dokumentationsfrist.

Die Fristverlängerungen aufgrund von Corona haben keine Auswirkung auf die Dokumentationsfrist. Auch haben Fristverlängerungen, die vom Finanzamt für die Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung gewährt wurden keinen Einfluss auf die Frist. Als Ausschlussfrist ist diese nicht verlängerbar.

Neue Rechtsprechung zur Zuordnungsentscheidung

Der BFH hat in seinem Urteil vom 4.5.2022 (BFH, Urteil v. 4.5.2022, XI R 28/21) entschieden, dass für die Dokumentation der Zuordnung keine fristgebundene Mitteilung an die Finanzbehörde erforderlich ist.

Soweit die erkennbaren Beweisanzeichen für eine Zuordnung nach außen hin objektiv erkennbar innerhalb der Dokumentationsfrist vorliegen, können diese Anhaltspunkte der Finanzbehörde auch noch nach Ablauf der Frist mitgeteilt werden. Die Zuordnungsentscheidung ist und bleibt eine innere Tatsache des Unternehmers, die erst durch äußere Beweisanzeichen erkennbar wird. Die Entscheidung kann jedoch auch konkludent erfolgen.

In folgenden Fällen akzeptiert der BFH die Zuordnungsentscheidung, ohne dass eine gesonderte Mitteilung innerhalb der Dokumentationsfrist an die Finanzbehörde erfolgen muss:

  • Kauf oder Verkauf eines Gegenstandes unter dem Firmennamen,
  • betriebliche Versicherung eines Gegenstandes,
  • bilanzielle und ertragsteuerliche Behandlung des Gegenstandes,
  • Abschluss von Verträgen, um mit dem Gegenstand Ausgangsumsätze zu erzielen,
  • Ersatzbeschaffung für vergleichbarer, bislang dem Unternehmen zugeordneter Gegenstände,
  • Angaben in Finanzierungs- oder Bankunterlagen oder auch
  • Angaben in Bauantragsunterlagen oder Bauplänen, die auf eine zukünftige unternehmerische Nutzung schließen lassen (wenn weitere Beweisanzeichen hinzukommen).

Beispiel: Zuordnung eines Gebäudeteils zum Unternehmensvermögen

Für die Zuordnung eines Gebäudeteils zum Unternehmensvermögen kann die Bezeichnung eines Zimmers als Arbeitszimmer sprechen, wenn im Rahmen des Neubaus eines Einfamilienhauses das Zimmer in den Bauunterlagen so angesprochen oder als solches ausgewiesen wird. Insbesondere kann von einer solchen Zuordnung ausgegangen werden, wenn der Unternehmer für seinen Gewerbebetrieb ein Büro benötigt und in der Vergangenheit kein extern angemietetes Büro vorhanden war, sondern ein Raum in der vorherigen Privatwohnung. Die Absicht dieses Büro im Einfamilienhaus beizubehalten, ist laut Rechtsprechung ausreichend, um die Zuordnungsentscheidung ohne gesonderte Mitteilung an die Finanzbehörde auszuüben.

In folgenden Fällen akzeptiert der BFH die Zuordnungsentscheidung ohne Mitteilung innerhalb der Dokumentationsfrist an die Finanzbehörde nicht:

  • Zeugenbeweis,
  • Parteivernehmung und
  • fehlende objektiv erkennbare Anhaltspunkte.

Es empfiehlt sich trotz der neuen Rechtsprechung – zur Rechtssicherheit und bis zur Änderung des Umsatzsteueranwendungserlasses – die Zuordnungsentscheidung schriftlich gegenüber dem Finanzamt innerhalb der Frist zu dokumentieren.

Zuordnungsentscheidung gilt nicht für einkommensteuerliches Betriebsvermögen

Die umsatzsteuerliche Zuordnung zum Unternehmensvermögen gegenüber dem Finanzamt gilt nicht auch für das einkommensteuerliche Betriebsvermögen. Es handelt sich um 2 voneinander unabhängige Zuordnungsentscheidungen.

Zuordnungsentscheidung: Praxis-Beispiele zum Zeitpunkt der Erklärung

Praxis-Beispiele zum Zeitpunkt der Erklärung der Zuordnungsentscheidung

Beispiel 1: Der Unternehmer U erwirbt in 2022 einen Pkw, den er sowohl für berufliche als auch private Zwecke nutzt. U ist nicht dazu verpflichtet, unterjährig Umsatzsteuervoranmeldungen einzureichen. Um den Vorsteuerabzug in vollem Umfang in Anspruch nehmen zu können, muss U seinem Finanzamt gegenüber schriftlich bis zum 31.7.2023 erklärt haben, dass er den Pkw seinem Unternehmensvermögen zuordnet. Diese Erklärung sollte außerdem Angaben zum Umfang der unternehmerischen Nutzung enthalten.

Beispiel 2: Unternehmer V hat Aufwendungen für die Herstellung eines Gebäudes getragen, das er sowohl fremdvermieten (50 %) als auch privat (50 %) nutzen will. Aus den Eingangsrechnungen des Bauunternehmens zieht er 50 % Vorsteuer (entsprechend der Absicht das Gebäude nach Fertigstellung zu 50 % an andere Unternehmer umsatzsteuerpflichtig zu vermieten). Verändert sich nach einem Jahr die Situation derart, dass V nicht mehr 50 % sondern nur noch 20 % des Gebäudes privat nutzen möchte, kann der anteilige Vorsteuerabzug von 30 % nur geltend gemacht werden, wenn das Gebäude in vollem Umfang (ab Beginn des Herstellungsprozesses) dem Unternehmensvermögen des V zugeordnet worden ist. Die Korrektur des Vorsteuerabzugs ist nach § 15a Abs. 1 S. 2 UStG auf 10 Jahre beschränkt. Eine Nutzungsänderung ab dem 11. Jahr nach Herstellung hat keine Auswirkungen mehr auf die Geltendmachung von Vorsteuerbeträgen aus den Rechnungen für die Herstellung des Gebäudes.