Entscheidungsstichwort (Thema)
Zumutbarkeit von Benennungsverlangen
Leitsatz (redaktionell)
- Ein Benennungsverlangen gegenüber Schrotthändlern, das sich nach § 160 AO auf die Benennung von Hintermännern bezieht, die nach Mutmaßungen des FA und der Steuerfahndung hinter den Anlieferern der Schrotthändler gestanden haben, ist unzumutbar.
- Zur Ermessensausübung auf der ersten Stufe eines Benennungsverlangens.
- § 160 AO ist nicht so weit zu verstehen, dass ein Stpfl. in jedem Falle erschöpfende Ermittlungsaufgaben für das FA wahrzunehmen hat, um den eigenen Betriebsausgabenabzug nicht zu gefährden.
- Hat der Stpfl. die Empfänger der Betriebsausgaben konkret benannt, hat er das seinerseits Erforderliche getan. Es ist nicht erforderlich, dass der Zahlungsempfänger gegenüber den Ermittlungsbehörden später auch tatsächlich einräumt, die entsprechenden Einnahmen (erhaltene BA) erzielt und evtl. nicht versteuert zu haben. Das weiter aufzuklären, obliegt allein den Finanzbehörden.
Normenkette
AO § 160
Streitjahr(e)
2003, 2004, 2005, 2006
Tatbestand
Streitig ist, ob das FA unter Berufung auf § 160 AO den Betriebsausgabenabzug teilweise kürzen durfte.
Der Kläger betreibt als Großhändler einen Schrotthandel. Er erzielt daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er kauft von privaten und gewerblichen Anlieferern Schrott in unterschiedlichen Mengen und Qualitäten an. Teilweise stellt er bei metallverarbeitenden Betrieben im weiteren Umfeld Metallcontainer auf und kauft den Betrieben die dort gesammelten Metalle ab. Die abgeholten oder angelieferten Schrottmengen werden sortiert, gewogen und jeweils vom Kläger bzw. seinen Mitarbeitern in Abrechnungen erfasst. Die Klägerin arbeitet im Büro des Betriebes. Bei Anlieferungen erfolgt die Auszahlung regelmäßig in bar. Der Kläger wandte in den Streitjahren für den Ankauf von Schrott und anderen Metallen zwischen 2,5 Mio. und rund 6 Mio. Euro auf.
Nach einer Außenprüfung gelangte das FA zu der Ansicht, der Kläger habe bei einem Teil der Anlieferer nicht die zutreffenden Daten der Zahlungsempfänger in der Buchführung erfasst. Hinter einem großen Anteil an Anlieferungen, so vermutete die Steuerfahndung, stehe eine kriminelle Organisation. Der Markt sei aufgeteilt. Die Hintermänner dieser Organisation seien nicht bekannt. Einzelne in der Buchführung der betroffenen Schrottbetriebe aufgelistete Zahlungsempfänger seien lediglich als sogenannte „Schreiber” tätig gewesen. Dabei handele es sich regelmäßig um branchenfremde Personen, die zeitweise - quasi solange es gut gehe - von der Organisation als Strohmänner benutzt worden seien. Die „Schreiber” sollen auf eigenen Namen für andere im Schrotthandel gewerblich tätige Personen Anlieferungen vorgenommen haben. Diese „Schreiber” seien bei den Marktverhältnissen als Neu- oder Quereinsteiger im Schrotthandel gar nicht in der Lage, die angelieferten erheblichen Mengen vor allem auch hochwertigen Schrotts in kurzer Zeit selbst einzusammeln. Es sei eine große Zahl an „Schreibern” eingesetzt worden. Die Hintermänner seien die wahren Geschäftsinhaber. Diese Hintermänner seien in der Buchführung der Betriebe nicht erfasst worden und den Steuerbehörden nicht bekannt. Hinsichtlich zweier „Schreiber” habe der Kläger zudem unleserliche Unterschriften oder (ohne eine nachweisliche Bevollmächtigung) Unterschriften mit dem Zusatz „i.A.” bei Ankäufen auf den Namen dieser „Schreiber” zugelassen, die nicht einmal den „Schreibern” beweiskräftig zugeordnet werden könnten.
Der Kläger habe diese Hintermänner auf die Aufforderung der Finanzbehörden gemäß § 160 der Abgabenordnung (AO) nicht benannt. Daher sei insoweit der Betriebsausgabenabzug um 50 % zu kürzen. Dabei handelt es sich hinsichtlich der Großlieferanten um folgende Wareneingänge und die nachstehend aufgelisteten Kürzungen der Betriebsausgaben:
|
2003 |
2004 |
2005 |
2006 |
A |
|
|
|
552.316 € |
B |
|
|
|
347.791 € |
C |
|
|
|
92.446 € |
D |
72.337 € |
284.235 € |
|
|
Jahressummen |
72.337 € |
284.235 € |
|
992.553 € |
davon 50% |
36.169 € |
142.118 € |
|
496.276 € |
Kürzung (abgerundet) |
36.000 € |
142.000 € |
|
485.750 € |
Bei anderen Anlieferern (Kleinlieferanten) seien die Zahlungsempfänger entweder nicht ermittelbar oder durch die Ermittlungen bekannt geworden, dass diese die abgerechneten Schrottmengen weder eingesammelt noch bei dem Betrieb des Klägers angeliefert haben.
Der Kläger habe auch insoweit die tatsächlichen Anlieferer auf die Aufforderung gemäß § 160 der Abgabenordnung (AO) nicht benannt. Daher sei der Betriebsausgabenabzug in diesen Fällen um 30 % zu kürzen. Dabei handelt es sich um folgende Wareneingänge und die nachstehend aufgelisteten Kürzungen der Betriebsausgaben:
|
2003 |
2004 |
2005 |
2006 |
E |
|
|
17.309 € |
|
F |
|
|
|
52.096 € |
G |
|
17.672 € |
|
|
H |
|
13.675 € |
|
|
I |
|
|
7.128 € |
|
J |
|
50.559 € |
|
|
Jahressummen |
|
81.907 € |
24.437 € |
52.096 € |
davon 30% |
|
24.572 € |
7.331 € |
15.629 € |
Kürzung (abgerundet) |
|
24.000 € |
7.000 € |
15.000 € |
Dagegen richten sich nach überwiegend erfolglosen Einspruchsverfahren die Klagen (3 K 155/14 und 3 K 157/14).
Die Kläger behaupten, sie hätten nicht feststellen können, ob die jeweiligen Anlieferer nicht se...