Ein falscher Schritt in die richtige Richtung?

[Ohne Titel]

Dipl.-Fw. (FH) Ass. jur. Leon Schlebrügge[*]

Der Regierungsentwurf zum JStG 2024 sieht eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der elektronischen Datenübermittlung durch Dritte nach Maßgabe des § 93c AO vor. Die ausschließlich für Notare geschaffene Möglichkeit zur elektronischen Übermittlung der Anzeige über grunderwerbsteuerlichen Veräußerungsvorgänge ist grds. zu begrüßen, wird jedoch in der derzeitigen Entwurfsfassung keinen Mehrwert bieten und ist zugleich mit der Systematik und dem Zweck des § 93c AO nicht zu vereinbaren.

[*] Der Autor ist Diplom-Finanzwirt und Assessor iuris und arbeitet bei der Kanzlei HLB Schumacher Hallermann GmbH in Münster.

1. Einleitung

Am 5.6.2024 veröffentlichte das Bundesministerium der Finanzen den Regierungsentwurf der Bundesregierung zum Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024)[1], der u.a. eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der elektronischen Datenübermittlung durch Dritte nach Maßgabe des § 93c AO – soweit ersichtlich – nun erstmalig im Anwendungsbereich einer Verkehrsteuer[2] vorsieht. Während die bisher vorzufindenden einzelgesetzlichen Anordnungen zur elektronischen Datenübermittlung durch Dritte nach Maßgabe des § 93c AO hauptsächlich zur zutreffenden Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für Veranlagungssteuern herangezogen werden[3], betritt der Regierungsentwurf mit der Einfügung des § 18 Abs. 1 S. 2 – neu – GrEStG und der einhergehenden Anwendung des § 93c AO für verkehrsteuerliche Zwecke somit Neuland.

Im Falle der Umsetzung des Regierungsentwurfs sähe § 18 Abs. 1 S. 2 – neu – GrEStG-E nunmehr vor, dass Notare[4] dem zuständigen FA nicht mehr zwingend schriftlich Anzeige nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck über grunderwerbsteuerpflichtige Vorgänge i.S.d. § 18 Abs. 1 S. 1 Nr. 14 u. Abs. 2 GrEStG zu erstatten haben, sondern zugleich die Wahlmöglichkeit eröffnet wird, alternativ den Vorgang elektronisch nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmte Schnittstelle nach Maßgabe des § 93c AO dem zuständigen FA mitzuteilen.

Der folgende Beitrag soll aufzeigen, dass die angestrebte Möglichkeit zur elektronischen Übermittlung der Anzeige über grunderwerbsteuerlichen Veräußerungsvorgänge zwar grds. zu begrüßen ist, jedoch in der derzeitigen Fassung des Regierungsentwurfs zum JStG 2024 keinen Mehrwert bieten wird und zugleich nicht mit der Systematik und dem Zweck des § 93c AO zu vereinbaren ist.

[1] Abrufbar unter https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/20_Legislaturperiode/2024-06-05-JStG-2024/0-Gesetz.html (zuletzt abgerufen am 8.6.2024).
[2] Schnitter in Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, § 1 GrEStG Rz. 24 (April 2022).
[3] Eine (nicht abschließende) Auflistung bisher bestehender Pflichten zur elektronischen Datenübermittlung durch Dritte findet sich u.a. bei Schuster in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 93c AO Rz. 6 (September 2017) u. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 93c AO Rz. 3 (Juni 2018) mit Verweis auf Baum, NWB 2016, 2852 (2853).
[4] Im Vergleich dazu sah der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen (ebenfalls abrufbar unter https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/20_Legislaturperiode/2024-06-05-JStG-2024/0-Gesetz.html; zuletzt abgerufen am 8.6.2024) noch vor, dass die Möglichkeit zur elektronischen Übermittlung der Veräußerungsanzeige nicht nur den Notaren, sondern auch den weiteren Anzeigeverpflichteten (Gerichte und Behörden) eröffnet wird (Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen – Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2024, S. 68, 215). Neben dem Hinweis, dass die Notare die überwiegende Anzahl an Veräußerungsanzeigen übermitteln (Gesetzentwurf der Bundesregierung – Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2024, S. 219), lassen sich jedoch aus dem Regierungsentwurf keine Rückschlüsse ziehen, wieso nun der personelle Anwendungsbereich beschränkt worden ist.

2. Status quo: Schriftliche Anzeige des grunderwerbsteuerlichen Veräußerungsvorgangs

In seiner jetzigen Fassung sieht § 18 Abs. 1 S. 1 GrEStG vor, dass Gerichte, Behörden und Notare[5] dem zuständigen FA die grunderwerbsteuerlichen Vorgänge i.S.d. § 18 Abs. 1 S. 1 Nr. 14 u. Abs. 2 GrEStG ausschließlich schriftlich nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu erstatten haben[6]. Bis zum Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 1.11.2011[7] sah § 18 Abs. 1 S. 3 GrEStG ausdrücklich vor, dass eine elektronische Übermittlung der Veräußerungsanzeige ausgeschlossen ist. Mit der Aufhebung des § 18 Abs. 1 S. 3 GrEStG und der zeitgleichen Einführung der Ermächtigungsvorschrift des § 22a GrEStG durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 1.11.2011[8] wurde der Ausschluss der elektronischen Übermittlung der Veräußerungsanzeige dergestalt modifiziert, dass der Ausschluss der elektronischen Übermittlung weiterhin bestehen bleibt, jedoch nur solange, bis das Bundesministerium der Finanzen im Benehmen mit dem Bundesministerium des Innern und mit der Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung ei...

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