Die im vorherigen Kapitel dargestellten Punkte können von einer zukünftigen Betriebsprüfung mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln, der verfügbaren Zeit für Prüfungshandlungen und den zwischenzeitlich erlangten Erkenntnissen naturgemäß gründlicher geprüft werden, als von Unternehmern und deren Mitarbeitern im Tagesgeschäft. Hier gilt es, im Unternehmen ein Bewusstsein für mögliche Problemfälle zu schaffen, damit Mitarbeiter bei Verdachtsanzeichen den Vorgang an andere Abteilungen im Unternehmen weiterleiten können, die eine genauere Untersuchung des neuen Geschäftspartners vornehmen können. Dies kann z.B. die interne Revision oder die Steuerabteilung sein. Da auch dort die Ressourcen in der Regel begrenzt sind, ist zu hoffen, dass die Betriebsprüfer mit Augenmaß vorgehen und die Gesamtumstände des Geschäfts des betroffenen Unternehmers im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses berücksichtigen.
Der Steuerpflichtige, dem ein besonders lukratives Geschäft angeboten wird oder der erstmalig in Geschäftsbeziehung mit einem neuen Großkunden oder Lieferanten tritt, steht vor dem Problem, wie genau er die Umstände des Geschäftes untersuchen soll. Konditionen, die im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses noch als marktüblich gelten, können durch die Betriebsprüfung in der Zukunft ganz anders beurteilt werden. Dabei hat die Betriebsprüfung den Vorteil, dass sie den Sachverhalt erst Jahre später prüft und dann über Erkenntnisse verfügt, die dem Unternehmer im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses noch nicht vorliegen konnten. Die Beurteilung, ob ein Geschäft im Zeitpunkt des Abschlusses zu Zweifeln hätte Anlass geben müssen, darf nur diejenigen Informationen berücksichtigen, die zu diesem Zeitpunkt vorlagen.
Sobald ein Unternehmer die handels- und branchenüblichen Überprüfungen seines Geschäftspartners vorgenommen und keine Hinweise auf ungewöhnliche Praktiken oder steuerliche Ungereimtheiten gefunden hat, soll er dies nachvollziehbar dokumentieren und die Dokumentation archivieren, damit sie bei einer zukünftigen Betriebsprüfung vorgelegt werden kann.
Ergeben sich bei der Prüfung Hinweise darauf, dass das Geschäft nur dann wirtschaftlich sinnvoll ist, wenn in der Lieferkette Umsatzsteuer hinterzogen wird oder ergeben sich Anhaltspunkte für die steuerliche Unzuverlässigkeit von Geschäftspartnern, so kann dem Unternehmer nur davon abgeraten werden, sich an diesem Geschäft zu beteiligen. Auch die Ablehnung von Geschäftsbeziehungen sollte dokumentiert werden, um gegenüber der Finanzverwaltung die Ernsthaftigkeit der Prüfungshandlungen nachweisen zu können.
In der Praxis werden oft Fälle auftreten, in denen es zwar einzelne Verdachtsmomente gibt, jedoch keine eindeutigen Belege für einen Steuerbetrug vorliegen. Dies stellt den Unternehmer vor die schwierige Entscheidung, auf ein gewinnbringendes Geschäft zu verzichten, das dann ggf. die Konkurrenz abschließt und das sich nachträglich als risikolos herausstellt. Schließt der Unternehmer Geschäfte auch mit teilweise verdächtigen Geschäftspartnern ab, setzt er sich den Vorwurf aus, dass er von den Unregelmäßigkeiten wusste oder bei weiteren Nachforschungen hätte wissen müssen, was dann die Versagung des Vorsteuerabzugs und der Steuerbefreiung nach sich zieht.
In einem solchen Umfeld ist es für Unternehmer, die früher Steuerhinterziehungen begangen haben und die danach versuchen, ein ehrliches Unternehmen aufzubauen, schwierig, ihren Geschäftspartnern ihren Sinneswandel glaubhaft zu machen. Der Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" wird nicht jeden Geschäftspartner oder Betriebsprüfer überzeugen.
Unternehmer werden gelegentlich Entscheidungen treffen, die sich nachträglich als falsch herausstellen. Die Finanzverwaltung ist aufgerufen, mit Augenmaß und unter Berücksichtigung der tatsächlichen Möglichkeiten im praktischen Alltag zu entscheiden. Andernfalls würde man unternehmerisches Handeln ausbremsen und den Verzicht auf Geschäftschancen fördern, was keine Grundlage für dauerhaft erfolgreiches Unternehmertum in einem ohnehin angespannten wirtschaftlichen Umfeld sein kann.
Empfehlung der Dokumentation und innerbetrieblichen Kontrolle: In jedem Fall ist den Unternehmern zu empfehlen, ihre Entscheidungen zu neuen Geschäftspartnern in nachvollziehbarer Weise zu begründen und zeitnah zu dokumentieren. Die Implementierung eines innerbetrieblichen Kontrollsystems (IKS) ist empfehlenswert, um nachzuweisen, dass der Unternehmer das unternimmt, was vernünftigerweise vom ihm verlangt werden kann. Das IKS USt sollte neben der Steuerabteilung oder Buchhaltung auch die operativen Bereiche einbeziehen, da der Unternehmer sich das Wissen seiner Mitarbeiter zurechnen lassen muss. Es empfiehlt sich, das IKS von einem externen Steuerberater mit Erfahrung in grenzüberschreitenden Umsätzen prüfen zu lassen und die zuständigen Mitarbeiter regelmäßig zu schulen. Die Schulungen können online, z.B. angereichert mit Quizfragen oder persönlich erfolgen, wobei die persönliche Präsenzschulung d...