Leitsatz
1. Die Minderung der Bemessungsgrundlage setzt einen unmittelbaren Zusammenhang einer Zahlung mit der erbrachten Leistung voraus.
2. Hat der Verkäufer einer vermieteten Gewerbeimmobilie dem Käufer im Kaufvertrag aus den bereits abgeschlossenen Mietverträgen Mieterträge garantiert, deren Höhe durch die tatsächlich erzielten Mieten nicht erreicht werden, und zahlt er hierfür an den Käufer einen Ausgleich, steht diese Zahlung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Lieferung der Immobilie und mindert deren Bemessungsgrundlage.
Normenkette
§ 10, § 17 UStG, Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL
Sachverhalt
Die Klägerin verkaufte das von ihr fast fertiggestellte und schon vermietete Einkaufszentrum und garantierte im Kaufvertrag ohne gesondert berechnetes Entgelt hierfür "... das Mietaufkommen aus den abgeschlossenen Mietverträgen". Die Erwerberin erstritt Schadenersatz, nachdem die Miete den garantierten Betrag nicht erreicht hatte. Die Klägerin machte insoweit – erfolglos – eine Minderung des Kaufpreises geltend.
Auch das FG war der Ansicht, einer Minderung i.S.d. § 17 UStG stehe entgegen, dass die Zahlung der Klägerin an den Erwerber auf einem anderen Rechtsgrund beruhe (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 26.11.2008, 4 K 38/07, Haufe-Index 2099973, EFG 2009, 443).
Entscheidung
Die Revision hatte aus den in den Praxis-Hinweisen genannten Gründen Erfolg. Das FA berief sich ohne Erfolg auf ein früheres Urteil des BFH vom 10.02.1988, X R 16/82 (Haufe-Index 62156, BStBl II 1988, 640), das – anders als im Streitfall – eine entgeltlich vereinbarte Mietgarantie betraf.
Hinweis
1. Eine Änderung der Bemessungsgrundlage berechtigt den Leistenden und verpflichtet den Leistungsempfänger zur Berichtigung der Bemessungsgrundlage für die USt. Bemessungsgrundlage i.S.d. § 17 Abs. 1 S. 1 UStG ist bei Lieferungen und sonstigen Leistungen gem. § 10 Abs. 1 S. 1 UStG das Entgelt. § 17 UStG stellt in Übereinstimmung mit Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL sicher, dass die Leistung des Unternehmers "letztendlich"nur mit der Bemessungsgrundlage besteuert wird, die sich aufgrund der von ihm wirklich vereinnahmten Gegenleistung ergibt.
2. Keine Minderung der Bemessungsgrundlage liegt vor, wenn eine Zahlung des Leistenden an den Leistungsempfänger zwar im Zusammenhang mit der Leistung steht, wenn die Zahlung aber nicht unmittelbar das Leistungsaustauschverhältnis betrifft. Das ist z.B. der Fall, wenn durch oder aufgrund der Leistung andere Rechtsgüter des Leistungsempfängers verletzt werden (z.B. ein Materialfehler führt zur Verletzung des Benutzers beim Gebrauch der Kaufsache).
3. Für die Frage, ob ein unmittelbarer Zusammenhang der Zahlung mit einer konkreten Leistung besteht, ist es unerheblich, ob die Zahlung auf einem Vergleich (§ 779 BGB) beruht. Ein Vergleich ist nur eine Modalität der Beendigung eines Rechtsstreits über Grund und Höhe eines Anspruchs. Umsatzsteuerrechtlich ist nur entscheidend, ob ein unmittelbarer Zusammenhang der Zahlung mit der Leistung besteht. Ob zivilrechtlich die Zahlung als Schadenersatz beurteilt wird – wie z.B. ein zu Schadenersatz berechtigender "Mangel" der Leistung i.S.d. BGB – ist dagegen ohne Bedeutung.
4. Zivilrechtlich war – vor der Änderung des BGB durch die Schuldrechtsreform – die Abweichung von der Sollmiete kein Mangel i.S.d. § 459 BGB a.F. Gleichwohl: Ebenso wie der Rechtsverkehr den Unternehmenswert im Wesentlichen nach seinem finanziellen Zukunftsertrag beurteilt, bestimmt sich der Wert für Gewerbeimmobilien insbesondere anhand der nachhaltig erzielbaren Mieteinkünfte. Es wäre daher von vornherein ein niedrigerer Kaufpreis erzielt worden, wenn die Beteiligten eine niedrigere Jahresmiete zugrunde gelegt hätten. Dient eine Zahlung somit zum Ausgleich eines überhöhten Kaufpreises, liegt darin eine Änderung der Bemessungsgrundlage.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 11.02.2010 – V R 2/09