Leitsatz
Obwohl § 70 Abs. 4 EStG erst am 1. 1. 2002 in Kraft getreten ist, ist eine Änderung einer bestandskräftigen Kindergeldfestsetzung auch für das Jahr 2001 möglich.
Sachverhalt
Der Antrag des Klägers vom 7. 6. 2001 auf Gewährung von Kindergeld wurde von der Familienkasse am 20. 6. 2001 abgelehnt, da die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Jahresgrenzbetrag in Höhe von 14.040 DM überschreiten würden. Die Ablehnung wurde nicht angefochten und daher bestandskräftig. Mit Antrag vom 1. 8. 2005 beantragte der Kläger unter Hinweis auf das im Mai veröffentlichte Urteil des BVerfG vom 11. 1. 2005 2 BvR 167/02 erneut Kindergeld für das Jahr 2001, weil der Jahresgrenzbetrag unter Berücksichtigung der Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung nicht überschritten sei. Für die Monate Januar bis Juni 2001 wurde die Kindergeldfestsetzung mit dem Hinweis auf die bestandskräftige Erstablehnung vom 20.6.2001 erneut abgelehnt. Im Klageverfahren beantragt der Kläger erneut die Gewährung des Kindergeldes für die Monate Januar bis Juni 2001.
Entscheidung
Nach Auffassung des Finanzgerichtes war die Familienkasse auch durch die Bestandskraft des Ablehnungsbescheides vom 20. 6. 2001 nicht gehindert, das Kindergeld für die Monate Januar bis Juni 2001 zu gewähren. Durch die Einführung des § 70 Abs. 4 EStG sollte sichergestellt werden, dass die Festsetzung von Kindergeld für ein volljähriges Kind nach Ablauf des Kalenderjahres korrigiert werden kann, wenn die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Jahresgrenzbetrag entgegen einer früheren Prognose überschreiten oder entgegen der Prognose nicht überschreiten. Danach war im Streitfall die Gewährung des Kindergeldes auch für die Monate Januar bis Juni 2001 geboten, da sich nach Ablauf des Jahres 2001 herausgestellt hat, dass die Einkünfte und Bezüge des Kindes entgegen der früheren Prognoseentscheidung den Jahresgrenzbetrag unterschreiten. Der Änderung der Erstablehnung vom 20.6.2001 nach § 70 Abs. 4 EStG steht auch nicht das BFH Urteil vom 30.11.2004 VIII R 6/03 (BFH/NV 2005, 890) entgegen. Denn in diesem Fall ging es um die rückwirkende Aufhebung einer bestandskräftigen Kindergeldfestsetzung für das Jahr 2000 im Jahr 2001. Im Streitfall wird zwar um das Kindergeld für die Monate vor dem 1. 1. 2002 gestritten, es geht aber um die Frage, ob § 70 Abs. 4 EStG heute eine Befugnis zur Änderung der bestandskräftigen Erstablehnung vom 20. 6. 2001 gibt. Diese Frage wird von dem Finanzgericht ausdrücklich bejaht.
Hinweis
Die wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassene Revision wurde in zwischen eingelegt und ist unter dem Az. III R 58/06 anhängig. In den Fällen, in denen die Änderung einer bestandskräftigen Kindergeldablehnung aus dem Jahr 2001 mit dem Hinweis, dass § 70 Abs. 4 EStG erst ab dem 1. 1. 2002 anzuwenden sei, abgelehnt wird sollte Einspruch eingelegt, und das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO beantragt werden.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 07.06.2006, 10 K 4621/05