Originäre Steuerakten, die den Beschuldigten selbst betreffen, werden regelmäßig als Akten zu einem Steuerstrafverfahren beigezogen und damit Bestandteil der Strafakte.
Beraterhinweis Besonders aufschlussreich können insb. auch Unterlagen aus einem bereits geführten Verfahren zur Aussetzung der Vollziehung eines Steuerbescheids sein. Falls nämlich AdV gewährt wurde, so setzt diese Entscheidung der Finanzbehörde voraus, dass diese Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids hat (§ 361 Abs. 2 S. 2 AO; dies gilt nach h.M. auch für den Fall der unbilligen Härte). Entsprechend dokumentierte Zweifel sind daher ein wichtiges Verteidigungsmittel im Strafverfahren.
Wird das gesamte Verfahren bereits von Beginn an von der Steuerfahndungsstelle geführt bzw. wird es im Verlauf einer Betriebsprüfung an diese abgegeben, ergeben sich wesentliche Erkenntnisse hinsichtlich des Tatverdachts aus der Steuerfahndungsakte. Die Steuerfahndungsakte ist Teil der Akte i.S.d. § 147 Abs. 1 StPO.
Sofern das Steuerstrafverfahren – wie häufig – aus einer Betriebsprüfung hervorgeht, erstreckt sich das Recht auf Akteneinsicht auch auf die Betriebsprüfungsakte. Diese wäre bei einer Anklageerhebung zusammen mit den Ermittlungsakten nach § 199 Abs. 2 S. 2 StPO dem Gericht vorzulegen. Die Betriebsprüfungsakte dokumentiert den – auch für das Strafverfahren – relevanten Ablauf der Prüfung. Aus der Betriebsprüfungsakte können sich wichtige Anknüpfungspunkte für die Verteidigung ergeben, wenn bspw. der nunmehr Beschuldigte bei einem Anfangsverdacht nicht ordnungsgemäß über die Nichterzwingbarkeit seiner Mitwirkung im Besteuerungsverfahren nach § 393 Abs. 1 S. 4 AO belehrt wurde.
Weiterhin ist die Kenntnis des sog. Rotberichts für den Strafverteidiger von besonderer Bedeutung. Hierbei handelt es sich um einen vom Betriebsprüfer gesonderten Bericht für die Bußgeld- und Strafsachenstelle, in dem strafrechtlich erhebliche Umstände aus der Sicht des Prüfers dokumentiert werden. Der Bericht soll der Bußgeld- und Strafsachenstelle die strafrechtliche Überprüfung der Sachverhalte ermöglichen. Der Rotbericht des Betriebsprüfers ist ebenfalls Bestandteil der Ermittlungsakte, der dem Akteneinsichtsrecht unterliegt. Ein Zurückhalten des Berichts aus der Ermittlungsakte ist mit dem Grundsatz eines fairen Verfahrens nicht vereinbar. Ohnehin ist dem Steuerpflichtigen der gesamte Bericht des Prüfers nach Abschluss der Betriebsprüfung nach § 202 AO bekannt zu geben.