Für elektronisch geführte Akten ist zum Jahr 2018 mit § 32f StPO eine Sondervorschrift geschaffen worden. Die Vorschrift regelt lediglich das Verfahren der Akteneinsicht in elektronisch geführte Akten, nicht aber das Recht auf Akteneinsicht selbst. Die Einsicht in die elektronische Akte setzt also voraus, dass aufgrund von anderweit geregelten Anspruchsgrundlagen ein solcher Anspruch gegeben ist. Die hier beschriebenen Problemkreise spiegeln sich daher in den Überlegungen zur Umsetzung der elektronischen Strafakte wider. Nach § 32f StPO kann Einsicht in elektronische Akten durch Bereitstellen des Inhalts der Akte zum Abruf gewährt werden. In besonderen Fällen kann auch die Herausgabe eines Aktenausdrucks oder eines Datenträgers mit dem Inhalt der elektronischen Akten beantragt werden. Die elektronischen Systeme bieten über eine Schaltfläche die Möglichkeit eine elektronische Paginierung zu fixieren. Dies stellt sicher, dass sich Seiten nicht mehr ohne die automatische Erzeugung eines Fehlblatts verschieben oder löschen lassen.
In der Literatur wird zu Recht darauf hingewiesen, dass auch Dateien selbst Aktenbestandteile sein können. Zu denken sei hier in umfangreichen Wirtschafts- und Steuerstrafverfahren an im Rahmen der Ermittlungen erstellte tabellarische Zusammenstellungen. Hinterlegte Formeln in Exceldateien sind beispielsweise in Ausdrucken nicht erkennbar und die Berechnungen mithin oft nicht nachvollziehbar. Im Besteuerungsverfahren geht der BFH davon aus, dass der Steuerpflichtige grds. einen Anspruch auf Mitteilung der Schätzungsgrundlagen in elektronischer Form hat. Eine Schätzung kann nur dann ordnungsgemäß sein, wenn der Prüfer das vorhandene Zahlenmaterial technisch korrekt erfasst hat, was der Steuerpflichtige überprüfen können muss; also muss er auch die entsprechenden Daten erhalten. Der Steuerpflichtige muss zudem etwaige Alternativberechnungen bzw. Kontrollrechnungen des Prüfers überprüfen können. Seit dem 25.5.2018 kann sich der Steuerpflichtige – nach nicht unumstrittener Ansicht – insoweit auch auf Art. 15 Abs. 3 DSGVO berufen, wonach der Auskunftsanspruch in einem gängigen elektronischen Format zu erfüllen ist.
Beraterhinweis Verteidiger haben durch technische und organisatorische Maßnahmen zu gewährleisten, dass Dritte im Rahmen der Akteneinsicht keine Kenntnis vom Akteninhalt nehmen können. Eingescannte Akten sollten daher nur verschlüsselt und passwortgeschützt an den Mandanten verschickt werden.
Sichtung umfangreichen Aktenmaterials: Infolge der Digitalisierung hat sich auch die Art der Kommunikation verändert, was zu einem Anstieg der für die Fahnder relevanten Dokumente geführt hat. Die Tendenz mehr und auf verschiedenen Wegen zu kommunizieren, führt dazu, dass E-Mails und diverse Messenger-Korrespondenzen – teilweise ausgedruckt – zu den Akten genommen werden. Die Notwendigkeit, eine solche Menge an Aktenseiten bewältigen zu können, hat in Steuerstrafverfahren – jedenfalls bei Umfangsverfahren – auch zu einer Veränderung des praktischen Umgangs bei der Sichtung des Aktenmaterials geführt.
Beraterhinweis Mittels Tools zur eDiscovery können für einen bestimmten Sachverhalt relevante Daten analysiert, sortiert und ausgewertet werden. Neben der Verwendung u.a. durch die Bundeszollverwaltung, das LKA Nordrhein-Westfalen, das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) aber auch das International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) bei den Recherchen zu den Panama-Papers werden eDiscovery-Tools auch in Kanzleien immer relevanter.