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Dipl.-Finw. Karl-Heinz Günther, StB
Die Besteuerung privater Grundstücksveräußerungen nach § 23 EStG greift nur dann, wenn die Grundstücksveräußerung innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren nach Anschaffung erfolgt. Allerdings gilt es im Gesetz geregelte Ausnahmetatbestände und Besonderheiten zu beachten, die einer Besteuerung entgegenstehen bzw. eine Besteuerung auslösen können.
Die Vorschrift ist nach wie vor nicht nur praxisrelevant, sondern auch unverändert streitanfällig, wie ein Blick in die aktuelle Rspr. des BFH und der FG zeigt. Zumeist geht es auch um ein nicht unerhebliches steuerliches Streitpotential, da Immobilienverkäufe auch bei einem aktuell sinkenden Preisniveau weiterhin zu nicht unerheblichen Gewinnen führen können. Der nachfolgende Beitrag informiert über aktuelle Entwicklungen in der Rspr.
1. Anschaffung von Grundstücken
Anschaffung eines Grundstücks bedeutet entgeltlicher Erwerb des Grundstücks als (rechtlicher oder wirtschaftlicher) Eigentümer von einem Dritten. Erfolgt die Anschaffung unentgeltlich oder teilentgeltlich, ist dem Einzelrechtsnachfolger die Anschaffung des Rechtsvorgängers (insoweit) zuzurechnen (§ 23 Abs. 1 Satz 3 EStG).
Ist der Grundstückskaufvertrag mit einem befristeten Benennungsrecht ausgestattet und benennt sich der Steuerpflichtige (Stpfl.) vor Ablauf der Benennungsfrist selbst als Käufer, kommt es nach Auffassung des BFH zur Anschaffung i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG im Zeitpunkt der Selbstbenennung (Selbsteintritt), selbst wenn der Benennungsberechtigte das Grundstück mit dem späteren Fristablauf ohnehin "automatisch" (Annahmefiktion) erworben hätte (BFH v. 26.10.2021 – IX R 12/20, BStBl. II 2022, 400 = EStB 2022, 45 [Günther]).
Zur Anschaffung führt auch die Anwachsung eines Gesellschaftsanteils bei den restlichen Gesellschaftern (BFH v. 19.11.2019 – IX R 24/18, BStBl. II 2020, 225 = ErbStB 2020, 100 [Günther]). Nachträgliche Anschaffungskosten entstehen dagegen nicht, wenn der Erwerber eines Grundstücks zwecks Löschung eines Grundpfandrechts Schulden tilgt, die er zunächst nicht vom Übergeber übernommen hat (BFH v. 3.9.2019 – IX R 8/18, BStBl. II 2020, 122 = EStB 2020, 49 [Formel]).
Der entgeltliche Erwerb eines Anteils an einer Erbengemeinschaft führt nicht zur anteiligen Anschaffung eines zum Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft gehörenden Grundstücks i.S.v. § 23 EStG. Der BFH entschied, dass im Grundsatz der entgeltliche Erwerb eines Anteils an einer gesamthänderischen Beteiligung nicht zur (anteiligen) Anschaffung der Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens führt (so aber die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben v. 14.3.2006 – IV B 2 - S 2242 - 7/06, Rz. 43, BStBl. I 2006, 253 = ErbStB 2006, 120), denn eine gesamthänderische Beteiligung ist kein Grundstück und auch kein Recht, das den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegt (BFH v. 26.9.2023 – IX R 13/22, ErbStB 2024, 69 [Kamps/Gravenhorst]). Das gilt selbst dann, wenn sich im Gesamthandsvermögen nur Grundstücke befinden.
Der Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a EStG ist zivilrechtlich zu verstehen. Eine gesamthänderische Beteiligung vermittelt aber keinen sachenrechtlich fassbaren Anteil und infolgedessen auch kein Verfügungsrecht des Einzelnen an den Gegenständen des Gesamthandsvermögens. Sie kann deshalb einem Grundstück oder einem grundstücksgleichen Recht nicht gleichgestellt werden. Daran ändert § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO nichts. Denn nach dieser Vorschrift wird eine anteilige Zurechnung i.S.d. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO i.R.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG nur erforderlich, wenn die Gesamthand selbst, die nicht Schuldnerin der Einkommensteuer ist, den Besteuerungstatbestand erfüllt. Bei Anschaffungs- oder Veräußerungsvorgängen, die – wie im Streitfall – von einzelnen Gesellschaftern oder Gemeinschaftern verwirklicht werden, ist dagegen eine Zurechnung nach Bruchteilen nicht erforderlich. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO ist daher nicht anzuwenden, wenn der Tatbestand eines privaten Veräußerungsgeschäfts deshalb nicht erfüllt ist, weil kein Grundstück, sondern ein Gesellschafts- oder Gemeinschaftsanteil angeschafft worden ist. Soweit der BFH mit Urteil vom 20.4.2004 eine hiervon abweichende Auffassung vertreten hat, hält er hieran nicht länger fest (BFH v. 20.4.2004 – IX R 5/02, BStBl. II 2004, 987 = ErbStB 2004, 244 [Kussmann]).
Auch aus § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG ergibt sich nichts anderes. Nach dieser Vorschrift gilt die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter. Die Vorschrift erfasst nach ihrem klaren und eindeutigen Wortlaut nur Beteiligungen an Personengesellschaften. Dies schließt eine Anwendung der Regelung auf Erbengemeinschaften aus, da diese nicht zu den Personengesellschaften zählen. Für eine Anwendung von § 23 Abs. 1 Satz 4...