Leitsatz
Einem Schulleiter mit Unterrichtsverpflichtung wird das Dienstzimmer in der Schule grundsätzlich nur für die Verwaltungstätigkeit, nicht aber für die Lehrtätigkeit (Vor- und Nachbereitung des Unterrichts) zur Verfügung gestellt, so dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 2.400 DM (jetzt: 1.250 Euro) regelmäßig zu berücksichtigen sind.
Normenkette
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG , § 9 Abs. 5 EStG
Sachverhalt
Der Kläger ist Lehrer und Leiter eines Gymnasiums. Sein Unterrichtspensum beträgt acht Stunden pro Woche. Als Schulleiter steht ihm in der Schule ein Dienstzimmer zur Verfügung. Er machte in der ESt-Erklärung für 1997 Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 2.400 DM geltend.
Das FA lehnte dies ab. Das FG entschied, der dem Kläger zur Verfügung stehende Raum im Gymnasium sei für die Erfüllung der gesamten dienstlichen Aufgaben geeignet.
Entscheidung
Die Revision des Klägers war erfolgreich. Nach Auffassung des BFH steht dem Kläger das Schul-Dienstzimmer nur für die übertragenen Verwaltungsaufgaben zur Verfügung, nicht jedoch für die Unterrichtstätigkeit.
Hinweis
1. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 Alternative 2 EStG können Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer (in begrenzter Höhe – siehe Satz 3) berücksichtigt werden, wenn dem Steuerpflichtigen für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In der Grundsatzentscheidung vom 7.8.2003, VI R 17/01, BFH-PR 2003, 447 hat der BFH dargelegt, wie diese äußerst problembehaftete Teilregelung auszulegen ist. Er ist dabei in zwei Schritten vorgegangen.
2. Der BFH hat zunächst geprüft, ob es sich bei dem Arbeitsplatz des betreffenden Steuerpflichtigen überhaupt um einen anderen Arbeitsplatz i.S.d. Abzugsbeschränkung handelt. Den Begriff des anderen Arbeitsplatzes legt der BFH hierbei einschränkend aus. Hierunter ist nur ein büromäßig ausgestatteter Arbeitsplatz zu verstehen. Begründet wird dies mit Sinn und Zweck der Vorschrift; ihr liegt der Gedanke der Erforderlichkeit von Aufwendungen zugrunde. Nur dann, wenn der Steuerpflichtige über einen anderen Arbeitsplatz verfügt, ist er auf die Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers nicht angewiesen, so dass es dann gerechtfertigt ist, entsprechende Erwerbsaufwendungen nicht zum Abzug zuzulassen. Allerdings darf der Gedanke der "Erforderlichkeit" nicht als (zusätzliches) Tatbestandsmerkmal verstanden werden; dieser Grundgedanke fließt lediglich in die Auslegung der einzelnen gesetzlichen Tatbestandsmerkmale mit ein.
3. In einem zweiten Schritt prüft der BFH die Verfügbarkeit des anderen Arbeitsplatzes. Insoweit hat der BFH formuliert, dass der Arbeitsplatz dem Steuerpflichtigen nur dann für die betriebliche/berufliche Tätigkeit zur Verfügung steht, wenn ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann. Dies heißt in zeitlicher Hinsicht aber auch, dass der andere Arbeitsplatz dann zur Verfügung stehen muss, wenn der Steuerpflichtige darauf angewiesen ist.
4. Bei Lehrern können nach den Vorstellungen des Gesetzgebers die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer regelmäßig – in begrenzter Höhe – als Werbungskosten berücksichtigt werden (vgl. BFH, Urteile vom 7.8.2003, VI R 118/00, BFH-PR 2003, 450 und VI R 16/01, BFH-PR 2003, 451). Umstritten war indessen, ob dies auch für Schulleiter gilt, wenn ihnen in der Schule ein Dienstzimmer zur Verfügung steht. Die Finanzverwaltung ging insoweit zu Lasten der Schulleiter davon aus, dass das Dienstzimmer einen "anderen Arbeitsplatz" darstelle, und zwar auch dann, wenn das Dienstzimmer etwa mit anderen Personen (Schulsekretärin, Konrektor usw.) geteilt werden musste. Dieser Auffassung ist der BFH bei Schulleitern mit Unterrichtsverpflichtung bereits in den beiden vorgenannten Urteilen entgegengetreten.
5. Das Besprechungsurteil liegt auf der Linie dieser Rechtsprechung. Zwar hatte der BFH schon erkannt, dass die betreffenden Dienstzimmer grundsätzlich nur für die Verwaltungstätigkeiten der Schulleiter bestimmt sind. Der BFH hatte indes (auch) noch die konkreten (ggf. beengten) Verhältnisse vor Ort angeführt und die diesbezüglichen Feststellungen der FG in revisionsrechtlicher Hinsicht nicht beanstandet.
Im Besprechungsurteil hat der BFH nur noch auf den erstgenannten Gesichtspunkt abgestellt. Es ist davon auszugehen, dass der BFH in einschlägigen Fällen auf die zahllosen (ggf. begründeten) Einwände der betreffenden unterrichtsverpflichteten Schulleiter (Unmöglichkeit/Unzumutbarkeit der Nutzung des Dienstzimmers in den Ferien, in den Abendstunden, an Wochenenden, aufgrund Temperaturabsenkung, wegen aktivierter Alarmanlage bzw. wegen fehlender Erlaubnis/Gestattung, private Unterlagen und Materialien in die Schule zu verbringen und dort zu belassen usw.) mangels Erheblichkeit nicht mehr eingehen wird.
6. Ob Fragen der Zumutbarkeit bei der Auslegung der bezeichneten Vorschrift eine Rolle spielen, hat der BFH nicht thematis...