Leitsatz
1. Eine (sonstige) Leistung i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein kann und das eine Gegenleistung auslöst.
2. Erhält jemand im wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer von ihm erbrachten Tätigkeit eine Provision und nimmt er sie als Gegenleistung an, so ist das Entgelt nach § 22 Nr. 3 EStG steuerbar.
Normenkette
§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG , § 22 Nr. 3 EStG
Sachverhalt
Der verstorbene Ehemann der Klägerin erhielt im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Firma einen als Provision bezeichneten Betrag von 200.000 DM, den er nicht zur Einkommensteuer erklärte. Nachdem das FA davon aufgrund einer Kontrollmitteilung der Groß-BP erfahren hatte, berücksichtigte es diesen Betrag durch Einkommensteueränderungsbescheide.
Mit der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage trug die Klägerin vor, Hintergrund der Zahlung sei es gewesen, dass ihr Ehemann seinem Freund bei dem Verkauf von dessen Anteilen an der Firma für ca. 95 Mio. DM behilflich gewesen sei. Bei der Mitwirkung habe es sich um einen reinen Freundschaftsdienst gehandelt. Von einer Honorierung sei nie die Rede gewesen. Das FG wies die Klage ab; dagegen richtet sich die Revision der Klägerin.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH ist die streitige Zahlung der 200.000 DM als Einkünfte aus Leistungen gem. § 22 Nr. 3 EStG der Besteuerung unterworfen, da der Ehemann der Klägerin die Zahlung im Hinblick auf seine Mithilfe und Bemühungen entsprechend akzeptiert und hierdurch zu erkennen gegeben habe, dass er die Zahlung für angemessen halte. Es komme entgegen der Revision nicht darauf an, dass keine schriftliche Empfangsbestätigung erstellt worden sei. Entscheidend sei vielmehr die tatsächliche Annahme der Provision als Gegenleistung für die erbrachte Leistung, auch wenn diese zunächst auf freundschaftlichen Erwägungen beruht habe.
Hinweis
Nach bisheriger BFH-Rechtsprechung liegt eine (sonstige) Leistung i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG u.a. nur vor, wenn sie "um des Entgelts willen erbracht" wurde. Diese Formulierung setzt allerdings nicht einen gegenseitigen Vertrag voraus; denn auch bei nachträglicher Zahlung eines Entgelts und dessen Annahme als angemessene Gegenleistung für eine erbrachte Tätigkeit ist der Tatbestand des § 22 Nr. 3 EStG bejaht worden (so BFH, Urteil vom 21.9.1982, VIII R 73/79, BStBl 1983 II, 201). Danach ist allein entscheidend, ob die Gegenleistung (das Entgelt) durch das Verhalten des Steuerpflichtigen veranlasst ist, mithin die Gegenleistung durch das Verhalten "ausgelöst" wird.
Dies ist nach Auffassung des BFH schon dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige eine im wirtschaftlichen Zusammenhang mit seinem Tun, Dulden oder Unterlassen gewährte Gegenleistung als solche annimmt. Auf diese Weise ordnet er sein Verhalten der erwerbswirtschaftlich und damit auch steuerrechtlich bedeutsamen Sphäre zu; wann das Entgelt erbracht wird, ob vor der Darbietung der Leistung oder nachträglich, ist danach ohne Bedeutung.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 21.9.2004, IX R 13/02