Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld, Gary Rüsch
Rz. 1
I. Jahressteuergesetz 2007 (JStG 2007) v. 13.12.2006 (BGBl. I 2006, 2878 [2885])
Rz. 2
1. Referentenentwurf v. 10.7.2006 [nicht dauerhaft veröffentlicht]
Änderung – Auszug (S. 12)
§ 50d wird wie folgt geändert:
b) Nach Absatz 8 wird folgender Absatz 9 angefügt:
„(9) Sind Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, so entfällt die Freistellung der Einkünfte, soweit der andere Staat
- 1. die Einkünfte einer anderen Abkommensbestimmung zuordnet und dadurch die Einkünfte nicht oder nur nach einem niedrigeren Steuersatz besteuern kann, oder
- 2. die Einkünfte nicht besteuert, weil sie von einer Person bezogen werden, die dort nicht auf Grund ihres Wohnsitzes, ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung, des Sitzes oder eines ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist.
Absatz 8 und § 20 Abs. 2 des Außensteuergesetzes bleiben unberührt.”
Begründung – Auszug (S. 81 f.)
Im Rahmen von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vermeidet Deutschland als Wohnsitz- bzw. Sitzstaat traditionell die Doppelbesteuerung durch Freistellung der Einkünfte, wenn sie aus einer aktiven Tätigkeit im anderen Staat stammen (gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit, nichtselbständige Tätigkeit). Besteuert der andere Vertragsstaat die Einkünfte nicht, kann es nicht zu einer Doppelbesteuerung kommen. Es besteht daher kein Anlass, diese Einkünfte von der deutschen Einkommen- oder Körperschaftsteuer zu befreien.
Zu einer dem Sinn und Zweck der Freistellungsmethode widersprechenden Nichtbesteuerung oder auch niedrigeren Besteuerung kann es vor allem kommen, wenn die Vertragsstaaten Einkünfte unterschiedlichen Abkommensbestimmungen zuordnen, weil sie
- 1. von unterschiedlichen Sachverhalten ausgehen,
- 2. die Abkommensbestimmungen unterschiedlich auslegen oder
- 3. auf Grund von Vorschriften, die Artikel 3 Abs. 2 des OECD-Musterabkommens entsprechen, Abkommensbegriffe nach ihrem nationalen Recht auslegen. In diesen Fällen läuft die Grundfunktion der Freistellungsmethode – die Vermeidung der Doppelbesteuerung – ins Leere. Damit besteht insoweit, so der Kommentar zum OECD-Musterabkommen (Tz. 32.6 zu Artikel 23), für den Wohnsitzstaat keine Verpflichtung, die Einkünfte freizustellen. Dies gilt nach Auffassung des Kommentars bei der Anwendung der Freistellungsmethode ganz allgemein, d.h. unabhängig davon, ob die Freistellung in einem DBA Artikel 23A des OECD-Musterabkommens 2000 entspricht (Tz. 33–36.1 der Einleitung zum Kommentar).
Zu einer Nichtbesteuerung kann es außerdem kommen, wenn das DBA dem anderen Vertragsstaat zwar ein Besteuerungsrecht zuweist, diesem Staat die Besteuerung der Einkünfte jedoch auf Grund seines nationalen Rechts verwehrt ist.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht nur gerechtfertigt, sondern auch geboten, zur Verhinderung von Steuerausfällen die Freistellung der aus dem anderen Vertragsstaat stammenden Einkünfte auszuschließen, wenn es sonst zu einer "doppelten" Nichtbesteuerung, oder einer Besteuerung zu einem niedrigeren Steuersatz (z.B. durch Anwendung von DBA-Bestimmungen, die Artikel 10 Abs. 2 oder 11 Abs. 2 des OECD-Musterabkommens entsprechen) käme, weil das jeweilige DBA keine Bestimmungen enthält, die "doppelte" Nichtbesteuerungen oder die Besteuerung zu einem niedrigeren Steuersatz verhindern. Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ergibt sich vor allem, weil die Freistellungsmethode durch entsprechende Gestaltungen gezielt eingesetzt wird, um "doppelte" Nichtbesteuerungen zu erreichen. Ein Beispiel ist der Einsatz gewerblich geprägter Personengesellschaften, deren Einkünfte der Ansässigkeitsstaat als gewerblich, der Quellenstaat dagegen als solche aus Vermögensverwaltung betrachtet. Damit sind im Quellenstaat keine Unternehmenseinkünfte gegeben, die dort als Betriebsstätteneinkünfte besteuert werden könnten. Gleichzeitig nimmt der Ansässigkeitsstaat die Einkünfte von der Besteuerung aus, weil es sich aus seiner Sicht um Betriebsstätteneinkünfte handelt. Absatz 9 Nr. 1 hebt bei einem derartigen Qualifikationskonflikt die nach dem Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehene Freistellungsmethode auf. Wird die Freistellung auf Grund eines Qualifikationskonflikts ausgeschlossen, folgt daraus, dass im Fall von Verlusten die allgemeinen Vorschriften des deutschen Steuerrechts gelten. Nichtbesteuerung im Sinne der Nummer 2 bedeutet, dass Einkünfte nicht steuerpflichtig sind. Werden im anderen Staat deshalb keine Steuern gezahlt, weil Verluste erzielt wurden, ist kein Anwendungsfall der Nummer 2 gegeben.
Durch Absatz 9 bleiben die Regelungen in Absatz 8 und in § 20 Abs. 2 AStG, die ebenfalls die Freistellung unter bestimmten Voraussetzungen ausschließen, unberührt.
Die vorgesehene Regelung greift weder in die dem jeweiligen Staat zugewiesenen Besteuerungsrechte ein, noch können sich dadurch Doppelbesteuerungen ergeben. Ziel der Regelung ist daher lediglich, die DBA-Freistellungsmethode mit ihrem Si...