Rz. 969
Solange der Unternehmer keiner gesetzlichen Buchführungspflicht (§ 238 HGB; §§ 140, 141 AO) unterliegt oder nicht freiwillig Bücher führt und Abschlüsse erstellt, kann er zwischen der Einnahmenüberschussrechnung und der Buchführung wählen und somit auch freiwillig Bücher führen.
Einzelheiten zur Wahl der Gewinnermittlungsart siehe → Tz 912 ff.
Rz. 970
Steuerpflichtige, die den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, müssen die ihrer Gewinnermittlung zugrunde liegenden Belege aufbewahren (§ 147 AO). § 4 Abs. 3 EStG enthält selbst keine Verpflichtung zur Aufzeichnung von Einnahmen und/oder Betriebsausgaben. Der Steuerpflichtige trägt, trotz fehlender Aufzeichnungspflicht, die Beweislast für die Richtigkeit seiner Angaben. Kommt er dieser nicht nach, können die Voraussetzungen für eine Schätzung nach § 162 Abs. 1 AO erfüllt sein (BFH, Beschluss v. 13.3.2013, X B 16/12, BFH/NV 2013 S. 902).
Darüber hinaus sind aber auch Unterlagen aufzubewahren, die auf den ersten Blick keinen direkten Bezug zur Besteuerung haben. So ist z. B. eine branchenspezifische Aufzeichnungspflicht (Fahrlehrer) nach § 140 AO zugleich auch eine steuerrechtliche Pflicht (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1.4.2014, 5 K 1227/13, EFG 2014 S. 1320). Rechnungsnummern müssen nicht zwingend fortlaufend vergeben werden (FG Köln, Urteil v. 7.12.2017, 15 K 1122/16, EFG 2018 S. 375).
Rz. 971
Einnahmen sind grundsätzlich einzeln aufzuzeichnen. Das gilt auch für Bareinnahmen. Dies kann z. B. durch Kassenberichte erfolgen. Diese sind aber nicht ordnungsgemäß, wenn sie regelmäßig durch den Steuerberater berichtigt und die Kassenbestände ersetzt werden (Niedersächsisches FG, Urteil v. 8.12.2011, 12 K 389/09, EFG 2013 S. 291).
Eine Verpflichtung zur Führung eines Kassenbuchs für die Überschussermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG besteht jedoch nicht (BFH, Beschluss v. 16.2.2006, X B 57/05, BFH/NV 2006 S. 940). Umstritten ist die Auffassung, dass ein Einnahmenüberschussrechner verpflichtet sein soll, monatlich die Summe seiner Ein- und Ausgangsrechnungen sowie Bank- und Kassenbelege zu ziehen (FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 29.11.2011, 5 K 5045/07, BFH, Urteil v. 12.12.2017, VIII R 5/14, BFH/NV 2018 S. 602, Zurückverweisung an das FG).
Folgen nicht ordnungsmäßiger Kassenführung
Bei nicht ordnungsmäßiger Kassenführung kann das Finanzamt die Einnahmen schätzen (BFH, Beschluss v. 28.4.2014, X B 12/14, BFH/NV 2014 S. 1383). Vermeiden lässt sich dies durch folgende alternative Maßnahmen:
- Einzelaufzeichnungen jeder Einnahme oder
- Aufzeichnungen von Tagessummen, dazu müssen zusätzlich z. B. Kassenstreifen aufbewahrt werden (BFH, Urteil v. 25.3.2015, X R 20/13, BFH/NV 2015 S. 1277). Außerdem muss der Kassenbestand laut Aufzeichnung mit dem tatsächlichen Bestand abgeglichen werden oder
- Fertigung täglicher Kassenberichte, bei denen die Bareinnahmen mit dem Anfangs- und Endbestand der Kasse abgestimmt werden und der Bargeld-Endbestand ausgezählt wird.
Die bloße handschriftliche Liste der täglichen Umsätze ohne Aufbewahrung weiterer Belege reicht nicht aus (BFH, Beschluss v. 13.3.2013, X B 16/12, BFH/NV 2013 S. 902; FG München, Beschluss v. 5.6.2012, 14 V 1400/12).
Die OFD Karlsruhe sowie das Landesamt für Steuern Niedersachsen haben Merkblätter zur Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung herausgegeben, die im Internet zum Download bereitstehen. Die Merkblätter informieren u. a. über die Einzelaufzeichnungspflicht und Ausnahmen, Einsatz offener Ladenkassen und elektronischer Registrierkassen, Verfahrensdokumentationen, Datenzugriffsrecht, Kassensicherungsverordnung sowie Folgen von Mängeln.
Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen
Das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen v. 22.12.2016 (BGBl 2016 I S. 3152) verschärft in den kommenden Jahren die Anforderungen an Unternehmen, die Bargeschäfte tätigen (s. a. FBeh Hamburg, Fachinformation v. 23.5.2017, S 0316 – 2016/005 – 51). Die Kernpunkte sind:
Einführung einer Kassen-Nachschau
Seit 2018 gibt es eine Kassen-Nachschau (§ 146b AO). Diese kann unangekündigt erfolgen und ist ein besonderes Verfahren zur zeitnahen Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Kassenaufzeichnungen und der ordnungsgemäßen Übernahme der Kassenaufzeichnungen in die Buchführung. Näheres zu Vorgehen und Befugnissen der Finanzverwaltung regelt das BMF-Schreiben v. 29.5.2018, IV A 4 – S 0316/13/10005:054, BStBl 2018 I S. 699.
Verpflichtender Einsatz einer technischen Sicherheitseinrichtung bei Nutzung eines elektronischen Aufzeichnungssystems (keine Registrierkassenpflicht)
Elektronische Aufzeichnungssysteme müssen ab dem 1.1.2020 über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen. Werden bisher Geräte eingesetzt, die die Voraussetzungen der Finanzverwaltung lt. BMF, Schreiben v. 26.11.2010, IV A 4 – S 0316/08/10004 – 07, BStBl 2010 I S. 1342, erfüllen, aber nicht aufrüstbar sind, gilt eine verlängerte Übergangsfrist bis zum 31.12.2022, während der die Geräte noch genutzt werden...