Leitsatz
Die 6. EG-RL in ihrer ursprünglichen Fassung und in der Fassung der Richtlinie 91/680/EWG des Rats vom 16.12.1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Sechsten Richtlinie im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen ist wie folgt auszulegen:
- Jemand, der ein Wohnhaus erwirbt oder errichtet, um es mit seiner Familie zu bewohnen, handelt als Steuerpflichtiger und ist damit gem. Art. 17 der 6. EG-RL zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn er einen Raum des Gebäudes als Arbeitszimmer für eine sei es auch nur nebenberuflich ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit im Sinn der Art. 2 und 4 dieser Richtlinie verwendet und soweit er diesen Teil des Gebäudes dem Unternehmensvermögen zuordnet;
- im Fall der Bestellung eines Investitionsguts durch eine Ehegattengemeinschaft, die keine Rechtspersönlichkeit besitzt und selbst keine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinn der 6. EG-RL ausübt, sind die Miteigentümer, die diese Gemeinschaft bilden, für die Zwecke der Anwendung dieser Richtlinie als Leistungsempfänger anzusehen;
- bei Erwerb eines Investitionsguts durch zwei eine Gemeinschaft bildende Ehegatten, von denen einer einen Teil des Gegenstands ausschließlich für unternehmerische Zwecke verwendet, steht diesem Ehegatten und Miteigentümer das Recht auf Vorsteuerabzug für die gesamte Mehrwertsteuerbelastung des von ihm für unternehmerische Zwecke verwendeten Teils des Gegenstands zu, sofern der Abzugsbetrag nicht über den Miteigentumsanteil des Steuerpflichtigen an dem Gegenstand hinausgeht;
- der Steuerpflichtige muss nach den Art. 18 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 22 Abs. 3 der 6. EG-RL zur Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug unter Umständen wie den im Ausgangsverfahren gegebenen, nicht über eine auf seinen Namen ausgestellte Rechnung verfügen, in der die auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Teilbeträge des Preises und der Mehrwertsteuer ausgewiesen sind. Eine Rechnung, die ohne Unterscheidung an die Ehegatten, die die Gemeinschaft bilden, ausgestellt ist und in der keine solche Teilbeträge ausgewiesen sind, reicht zu diesem Zweck aus.
Normenkette
Art. 4 der 6. EG-RL (? 2, ? 14, ? 15 UStG) , Art. 17 der 6. EG-RL (? 2, ? 14, ? 15 UStG) , Art. 18 der 6. EG-RL (? 2, ? 14, ? 15 UStG)
Sachverhalt
HE und seine Frau errichteten ein Wohnhaus; beteiligt an der Miteigentümergemeinschaft waren HE zu 1/4 und die Ehefrau zu 3/4. Alle Rechnungen lauteten auf die Miteigentümergemeinschaft. HE benutzte einen Raum für seine nebenberufliche schriftstellerische Tätigkeit und machte – nach dem Flächenschlüssel berechnet – 12 % der Vorsteuerbeträge geltend; das FG hielt – trotz der nicht auf ihn lautenden Rechnungen – 1/4 von 12 % für abziehbar. FA und HE legten Revision ein.
Entscheidung
Der EuGH entschied wie in den Leitsätzen wiedergegeben; die wird der BFH umsetzen.
Hinweis
Es geht um den Vorsteuerabzug bei Errichtung eines Wohnhauses durch eine Ehegattengemeinschaft, die als solche selbst nicht unternehmerisch tätig ist, wenn ein Raum des Gebäudes durch einen der Ehegatten für unternehmerische Zwecke verwendet wird. Es handelt sich um die Entscheidung auf das Vorabentscheidungsersuchen des BFH vom 29.8.2002, V R 40/01 (BFH-PR 2003, 145).
1.Zweifelhaft war, ob jemand, der ein Wohnhaus erwirbt oder errichtet, um es mit seiner Familie zu bewohnen, als Steuerpflichtiger (Unternehmer) handelt und damit gem. Art. 17 der 6. EG-RL zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, wenn er einen Raum des Gebäudes als Arbeitszimmer für eine nebenberuflich ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit verwendet. Die österreichische Umsatzsteuerregelung verneint das; danach gelten Leistungen für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer nur dann als für das Unternehmen bezogen, wenn der Raum den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen darstellt.
Der EuGH sieht das schnörkellos: Der Anwendungsbereich der 6. EG-RL ist weit; auch eine nebenberufliche Tätigkeit ist eine wirtschaftliche Tätigkeit. Weiter genügt es, dass der so wirtschaftlich tätige Miteigentümer das Haus miterrichten ließ und danach tatsächlich für sein Unternehmen (teilweise) nutzt.
Die Zweifel, ob man bei Errichtung eines privaten Wohnhauses möglicherweise nicht Steuerpflichtiger sei, beantwortet der EuGH kurz damit, dass Einschränkungen bis zu einer Entscheidung des Rats nach Art. 17 Abs. 6 der 6. EG-RL einer Ermächtigung bedürfen.
2. Die zweite Frage, ob denn für das Unternehmen bezogen ist, wenn Leistungsempfänger (und Rechnungsadressat) eine Gemeinschaft ist, wenn aber nur ein Miteigentümer unternehmerisch tätig wird, beantwortet der EuGH wie der BFH in seinem – von der Finanzverwaltung bis jetzt nicht zur Kenntnis genommenen – "Mähdrescher"-Urteil vom 1.10.1998, V R 31/98 (BFHE 187, 78): Ist die Gemeinschaft selbst nicht unternehmerisch tätig, kann auch der einzelne Bruchteilseigentümer die anteilige Vorsteuer geltend machen.
3. Spannender ist die 3. Frage: In welchem Umfang kann der Miteigentümer, der einen T...