Dr. Björn-Axel Dißars, Dr. Ulf-Christian Dißars
Leitsatz
Die Antragsfrist bei der Tonnagesteuer beginnt zu laufen, wenn der Steuerpflichtige mit der Erzielung gewerblicher Einkünfte beginnt.
Sachverhalt
Strittig war, ob der Antrag zur Gewinnermittlung nach der Tonnage des Seeschiffs wirksam gestellt wurde. Klägerin war eine im April 2001 gegründete GmbH & Co. KG, die nach ihrem Gesellschaftsvertrag den Betrieb eines Seeschiffs sowie alle damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte zum Gegenstand hatte. Im August 2001 übernahm die Gesellschaft einen Schiffsbauvertrag von einer ihr nahestehenden Reederei. Ein Chartervertrag über das Seeschiff wurde Anfang 2004 abgeschlossen, ein Bereederungsvertrag im Oktober 2004. Ende Oktober 2004 wurde das Schiff von der Klägerin übernommen und fuhr in Zeitcharter im internationalen Verkehr. Im September 2005 verkaufte die Gesellschaft das Schiff wieder. Im Dezember 2004 stellte die Klägerin einen Antrag auf Gewinnermittlung nach § 5a EStG mit Wirkung ab 1.1.2004. Das Finanzamt verneinte die Voraussetzungen der Gewinnermittlung nach § 5a EStG, da die Antragsfrist nicht eingehalten worden sei.
Entscheidung
Die Klage wurde als unbegründet abgewiesen. Voraussetzung für die Tonnagesteuer sei neben weiteren Voraussetzungen die rechtzeitige Stellung eines Antrags auf Anwendung der Bestimmung des § 5a EStG. Nach der im maßgeblichen Jahr geltenden Gesetzesfassung habe der Antrag auf Anwendung des § 5a EStG bis zum Ende des zweiten Wirtschaftsjahres gestellt werden können, dass auf das Wirtschaftsjahr folgt, in dem der Steuerpflichtige durch den Gewerbebetrieb erstmals Einkünfte aus dem Betrieb eines Handelsschiffes erzielt. Der Antrag sei hier nicht rechtzeitig gestellt worden, da die Frist bereits Ende 2003 abgelaufen sei. Erstjahr sei das Jahr, in dem der Steuerpflichtige mit seiner auf die Erzielung derartiger gewerblicher Einkünfte gerichteten Tätigkeit begonnen hat. Alle Voraussetzungen für die Gewinnermittlung nach § 5a EStG müssten noch nicht erfüllt sein. Hier habe die Klägerin bereits in 2001 negative Einkünfte aus einem Hilfsgeschäft im Sinne des § 5a EStG erzielt, nämlich den Schiffsbauvertrag übernommen und aufgrund der Finanzierung Zinsen gezahlt, so dass ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Betrieb des Seeschiffs bestanden habe. Eine hiervon abweichende engere Auslegung der Bestimmung sei nicht möglich.
Hinweis
Das Urteil hat eine der derzeit strittigsten Fragen aus dem Bereich der Anwendung des § 5a EStG in der Fassung des Gesetzes bis Ende 2005 zum Gegenstand, nämlich die Frage, wie sich die seinerzeit bestehende Antragsfrist berechnet. Das Urteil des FG Hamburg kommt schon insofern überraschend, als der gleiche Senat mit Urteil aus 2012 (FG Hamburg, Urteil v. 27.2.2012, 6 K 131/10) bei einem nahezu gleichen Sachverhalt gegenteilig entschieden hat. Im Kern geht es um die Frage, ob ein Hilfsgeschäft vor der Erfüllung aller Voraussetzungen für die Anwendung des § 5a EStG ausreicht, um die Antragsfrist in Gang zu setzen. Dies wird man entgegen der Ansicht des FG Hamburg verneinen müssen, denn nach dem Wortlaut des § 5a Abs. 3 Satz 1 a. F. kann ein Hilfsgeschäfts im Vorfeld des späteres Schiffsbetriebes die Frist nicht auslösen. Erstjahr im Sinne der Bestimmung ist nämlich das Jahr, in dem erstmalig die Voraussetzungen des § 5a Abs. 2 Satz 1 EStG erfüllt sind, mithin das Jahr in dem das Schiff überwiegend in einem inländischen Seeschiffsregister eingetragen ist und zur Beförderung im internationalen Verkehr eingesetzt wird. Die bloße Absicht, ein Schiff möglicher Weise später einmal in ein inländisches Register eintragen zu lassen und es im internationalen Verkehr einzusetzen, reicht nicht aus, sondern es ist auf die tatsächliche Verwendung des Schiffes abzustellen (so noch FG Hamburg, Urteil v. 27.2.2012, 6 K 131/10). Insbesondere reicht deshalb auch entgegen der jetzt vom FG Hamburg vertreten Ansicht das angebliche Hilfsgeschäft "Erwerb eines Schiffsbauvertrages" noch nicht aus. Ansonsten wären nämlich die Erwerber von Schiffsbauverträgen stets gehalten gewesen, umgehend nach dem Erwerb den Antrag zu stellen, obwohl noch gar nicht absehbar war, wann denn mit dem Betrieb des Handelsschiffes begonnen werden kann. Insofern bleibt zu hoffen, dass der BFH das Urteil des FG Hamburg aufhebt.
Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt. Das Aktenzeichen des BFH ist IV R 15/13.
Link zur Entscheidung
FG Hamburg, Urteil vom 18.02.2013, 6 K 8/11