Leitsatz
1. Der Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft ändert sich unmittelbar i.S.v. § 1 Abs. 2a GrEStG, wenn ein Mitgliedschaftsrecht einschließlich der anteiligen sachenrechtlichen Mitberechtigung am Gesellschaftervermögen auf ein neues Mitglied der Gesellschaft übergeht.
2. § 6 Abs. 3 GrEStG ist bei fingierten Erwerbsvorgängen nach § 1 Abs. 2a GrEStG jedenfalls bei einer unmittelbaren Änderung des Gesellschafterbestands entsprechend anwendbar. Erfolgt diese Änderung in mehreren Teilakten, kommt es dabei auf den Gesellschafterbestand vor dem ersten und nach dem letzten Teilakt an.
3. Befindet sich unter den neuen Gesellschaftern wiederum eine Personengesellschaft und ist an dieser einer der ausgeschiedenen Altgesellschafter beteiligt, ist bei der Anwendung des § 6 Abs. 3 und 4 GrEStG auf den Altgesellschafter abzustellen.
Normenkette
§ 1 Abs. 2aGrEStG , § 6 Abs. 3 GrEStG
Sachverhalt
An der Klägerin, einer grundbesitzenden GbR, waren zunächst A und B zu je 50 % beteiligt. Im Jahr 2000 veräußerte A seine Beteiligung dergestalt auf B und C, dass B danach zu 94 % und C zu 6 % an der Klägerin beteiligt waren. Im folgenden Jahr veräußerte B seine Beteiligung an eine Kommanditgesellschaft (KG), an der A als Kommanditist beteiligt war.
Während das FA meinte, mit den beiden Gesellschafterwechseln der Jahre 2000 und 2001 sei der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG in der auf Erwerbsvorgänge nach 1999 und vor 2002 anwendbaren Fassung erfüllt, war die Klägerin der Ansicht, A habe bei der gebotenen Zusammenschau beider Wechsel seine Stellung als Altgesellschafter nicht verloren, da er über die KG wieder mittelbar an ihr, der Klägerin, beteiligt sei.
Entscheidung
Der BFH teilte die Auffassung des FA, nahm aber an, die Beteiligung des A an der KG führe dazu, dass § 6 Abs. 3 GrEStG anzuwenden sei. Der zwischenzeitliche völlige Verlust seiner Beteiligung an der Klägerin sei unbeachtlich. Ebenso unbeachtlich sei, dass A nunmehr nur mittelbar über die KG an der Klägerin beteiligt sei. Da A seine ursprüngliche Beteiligung an der Klägerin schon vor 1990 erlangt hatte, greife § 6 Abs. 4 GrEStG nicht ein. Dabei könne auf sich beruhen, von welchem der beiden Teilschritte aus – dem des Jahrs 2000 oder dem des Jahrs 2001 – zur Bestimmung des Fünfjahreszeitraums zurückzurechnen sei.
Die Sache musste allerdings an das FG zurückverwiesen werden, da nicht festgestellt war, in welchem Umfang A an der KG beteiligt ist. Der BFH konnte nur sagen, dass die Klägerin die Vergünstigung des § 6 Abs. 3 GrEStG i.H.v. 94 % der Beteiligung des A an der KG, aber – entsprechend seiner ursprünglichen Beteiligung an der Klägerin – höchstens bis zur Hälfte der der Besteuerung zugrunde zu legenden Grundstückswerte beanspruchen kann.
Hinweis
Bei doppelstöckigen Gesamthandsgemeinschaften, bei denen eine Gesamthand unmittelbar an der grundbesitzenden Gesamthand beteiligt ist, ist nach dem Sinn und Zweck des § 6 Abs. 3 GrEStG bei Anwendung des § 1 Abs. 2a GrEStG ein Rückgriff auf die am Vermögen der beteiligten Gesamthand mitberechtigten Gesellschafter geboten. Dabei kommt den einzelnen Teilakten, die erst in ihrer Summe den durch § 1 Abs. 2a GrEStG fingierten Grundstückserwerb ergeben, keine Bedeutung zu. Zu vergleichen sind lediglich der Anfangs- und der Endzustand.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 27.4.2005, II R 61/03