Die Grundkonzeption des § 4 Abs. 5 EStG ist, dem Spesenunwesen zu begegnen, indem Betriebsausgaben (BA), die Berührung zum privaten Bereich aufweisen, nicht oder nur teilweise zum Abzug zugelassen werden. Allerdings hält der Gesetzgeber diese Grundkonzeption nicht konsequent durch. Insofern sei z.B. auf § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG verwiesen, der nicht dem Spesenunwesen begegnen soll, sondern der Korruptionsbekämpfung dient[1].

Beachten Sie: Allerdings wird auch vertreten, dass § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG nicht nur eine Abzugsbeschränkung darstelle, sondern auch gleichzeitig konstitutiv erst die Abziehbarkeit von Bewirtungsaufwendungen als BA begründe, da dies ansonsten wegen ihres Bezugs zur privaten Lebensführungsebene erst gar nicht gegeben sei[2].

70 %-Grenze: Nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG sind Bewirtungsaufwendungen mit geschäftlichem Bezug, sofern sie angemessen sind, nur zu 70 % steuerlich abziehbar[3]. Der Gesetzgeber begründete dies folgendermaßen: "Mit der (...) Begrenzung des Betriebsausgabenabzugs von Bewirtungskosten (...) wird dem Umstand Rechnung getragen, dass durch die Bewirtung die Lebensführung der daran teilnehmenden Personen berührt ist"[4].

Angemessenheit ...: Des Weiteren dürfen solche Aufwendungen nicht den angemessenen Bereich verlassen. Tun sie dies, sind sie – im Unterschied zur Regelung des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG[5] – insgesamt vom Abzug ausgeschlossen[6].

Beraterhinweis Allerdings kann sich die Unangemessenheit auch nur auf Teile der Bewirtung beziehen, so dass dann eine Separierung dieser Aufwendungen von den übrigen Aufwendungen erfolgt[7].

... bestimmt sich nach der Verkehrsanschauung: Was angemessen ist, bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls – mithin nach

  • der jeweiligen Bewirtungsveranstaltung und
  • den Branchenverhältnissen[8].

Insbesondere ist somit zu fragen, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer angesichts des aus der Bewirtung erwarteten Vorteils diese Aufwendung auf sich genommen hätte, wobei auch der längerfristige Gewinn und Umsatz des Unternehmens zu berücksichtigen sind[9]. Für einen Arbeitnehmer, der Arbeitskollegen einlädt, vertritt das FG Münster die Rechtsauffassung, dass Kosten pro Gast von 50 EUR nicht unangemessen sind[10]. Ansonsten hat der BFH es aber abgelehnt, feste Grenzen vorzugeben[11].

 

Beispiel 1

A ist Rechtsanwalt in eigener Kanzlei sowie Feinschmecker, Liebhaber alter Weine und Freund exklusiver Zigarren. Sein Umsatz beträgt in den letzten zehn Jahren jeweils ca. 60.000 EUR bei einem Gewinn von 30.000 EUR. Da er B als neuen Mandanten gewinnen will, lädt er ihn in ein exklusives Speiselokal zum Essen ein. Aus dem Mandat verspricht er sich ein Honorar von 2.000 EUR. Für die Einladung fallen bei A inklusive einer Flasche Wein für 400 EUR und zwei kubanischen Zigarren zu je 120 EUR für die Speisen je 300 EUR – mithin insgesamt 1.240 EUR – an.

Lösung: Diese Aufwendungen sind auch jeweils für sich betrachtet angesichts

  • der sowieso nicht sicheren Betriebseinnahmen aus dem Mandat und
  • des geringen Umsatzes bzw. Gewinns von A’s Kanzlei und
  • unter Berücksichtigung der Tatsache, dass solch kostspielige Bewirtungen von Mandanten bei einem erwartet überschaubaren Honorar branchenunüblich sind,

nicht angemessen. Ein ordentlicher Unternehmer hätte diese Ausgaben nicht getätigt; vielmehr entspringen diese der privaten Neigung des A, gerne exklusiv zu speisen, zu trinken und zu rauchen. Insofern findet auch keine Reduzierung bei der steuerlichen Geltendmachung auf einen angemessenen Teil statt. Mithin sind die Aufwendungen insgesamt nicht abziehbar.

Beraterhinweis Bei Bewirtungsaufwendungen muss darauf geachtet werden, dass diese nicht unüblich hoch ausfallen, ansonsten ist der Abzug insgesamt ausgeschlossen.

Kein Austauschverhältnis: Weiterhin ist zu beachten, dass § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG insgesamt nicht zur Anwendung gelangt, wenn die Bewirtung Gegenstand eines Austauschverhältnisses im Sinne eines Leistungsaustauschs ist. So greift die Regelung z.B. nicht bei Aufwendungen eines Raststättenbetreibers für die Bewirtung eines Busfahrers im Hinblick auf die Zuführung potentieller Kunden[12].

Bei der bewirteten Person wird von einer steuerlichen Berücksichtigung der Bewirtung als Betriebseinnahme seitens der Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen abgesehen[13].

[1] BT-Drucks. 7/1470, 221, 249; Jauch, NWB Beilage zu 2021/13, 32 (33); Frotscher/Watrin in Frotscher/Geurts, EStG, § 4 Rz. 685 (6.8.2019); BFH v. 6.6.2013 – I B 53/12, BFH/NV 2013, 1561 = EStB 2013, 338 (Günther); R 4.10 (1) EStR.
[4] BT-Drucks. 11/2157, 139; vgl. auch Tetzlaff, NWB OAAAG-53901, Rz. 67.
[5] Vgl. insofern Hallerbach in Kanzler/Kraft/Bäuml, EStG, § 4 Rz. 809 (1.1.2021): es erfolgt eine Reduzierung auf die angemessene Höhe.
[7...

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