Leitsatz
Ob der Unterhaltsempfänger über kein oder nur geringes Vermögen i.S.d. § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG verfügt, ist unabhängig von der Anlageart nach dem Verkehrswert zu entscheiden (gegen R 190 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 EStR).
Normenkette
§ 33a Abs. 1 Satz 3 EStG
Sachverhalt
Der Kläger hat im Streitjahr 1997 an seine Mutter monatlich 800 DM in bar gezahlt (insgesamt 9.600 DM). Darüber hinaus hat er weitere Aufwendungen für seine Mutter in Höhe von 14.508,87 DM beglichen.
Die Mutter hatte im Streitjahr 1997 kein eigenes Einkommen, sie war jedoch Eigentümerin eines bebauten Grundstücks von 1.409 qm Grundfläche. In dem Gebäude (Baujahr 1926) befanden sich 3 Wohnungen (Erdgeschoss 72 qm, Obergeschoss 72 qm, Dachgeschoss 42 qm). Das Erdgeschoss wurde von der Mutter selbst bewohnt. Im Obergeschoss wohnte der Kläger, das Dachgeschoss wurde nicht vermietet. Das Grundstück war im Jahr 1988 im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge von der Großmutter auf die Mutter des Klägers übertragen worden. Der Verkehrswert war damals mit 300.000 DM angenommen worden.
Im Jahr 1997 erteilte die Mutter des Klägers an einen Makler einen Verkaufsauftrag für das Grundstück. Der Makler schätzte den Verkehrswert des Grundstücks auf 625.000 DM, bot es jedoch zunächst für 730.000 DM an. Letztlich wurde es im Oktober 1999 zu einem Preis von 570.000 DM verkauft.
Im Einkommensteuerbescheid 1997 berücksichtigte das FA die Unterhaltsaufwendungen des Klägers an seine Mutter nicht. Klage und Revision blieben erfolglos.
Entscheidung
Zu Recht habe das FG die Unterhaltszahlungen an die Mutter nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt. Denn die Mutter habe über ein Dreifamilienhaus mit einem Verkehrswert von 570.000 DM verfügt, das lediglich mit Schulden in Höhe von 38.000 DM belastet gewesen sei. Dies sei – unabhängig davon, ob die Mutter das Haus selbst nutze oder nicht – kein geringes Vermögen i.S.d. § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG. Ohnehin sei fraglich, ob die Zahlungen an die Mutter nicht zum Teil ein Nutzungsentgelt für die überlassene Wohnung darstellten.
Hinweis
1. Aufwendungen für den Unterhalt einer dem Steuerpflichtigen gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person können nur dann nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG abgezogen werden, wenn die unterhaltene Person nicht über ausreichend eigene Einkünfte verfügt und kein oder nur geringes Vermögen besitzt. Das Gesetz geht typisierend davon aus, dass bei eigenen Einkünften jenseits des Existenzminimums und nicht nur geringfügigem Vermögen eine Unterhaltsbedürftigkeit nicht gegeben ist und die Unterhaltsaufwendungen daher nicht zwangsläufig anfallen. Die Finanzverwaltung hält ein Vermögen bis zu 15.500 Euro (30.000 DM) für gering. Diese Grenze hat der BFH in früheren Urteilen jedenfalls bis einschließlich VZ 1993 gebilligt.
2. Nach Auffassung der Finanzverwaltung soll allerdings ein dem Unterhaltsempfänger gehörendes angemessenes Hausgrundstück außer Betracht bleiben, das ihm oder ihm zusammen mit Angehörigen als Wohnung dient. Dieser Auslegung hat sich der BFH nicht angeschlossen. Er geht vielmehr davon aus, dass die Frage, ob ein geringes Vermögen vorliegt, unabhängig von der Anlageform allein nach dem Verkehrswert zu entscheiden ist.
Es sei nicht einsichtig, Unterhaltsempfänger, deren Vermögen 30.000 DM zwar übersteigt, die sich aber die Anschaffung eines Eigenheims nicht leisten konnten, zu verpflichten, ihr Vermögen für ihren Lebensunterhalt einzusetzen, dagegen Eigentümer von Eigenheimen, deren Verkehrswert in Ballungsgebieten auch bei einer durchschnittlichen Ausstattung leicht mehrere Hunderttausend DM erreichen kann, hiervon zu verschonen. Eine Privilegierung von Unterhaltszahlungen gegenüber diesem Personenkreis ist nicht gerechtfertigt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 12.12.2002, III R 41/01