Dr. Björn-Axel Dißars, Dr. Ulf-Christian Dißars
Leitsatz
Die konkrete Aufforderung zur Erfüllung von Mitwirkungspflichten kann einen Verwaltungsakt darstellen.
Sachverhalt
Klägerin war eine GmbH, die eine Schankwirtschaft betreibt. Bei dieser wurde eine Außenprüfung durchgeführt. Zu dessen Beginn übergab der Prüfer dem Mitarbeiter der GmbH einen nicht ausgefüllten Bogen über die Niederschrift über die Betriebsbesichtigung. Diesen sollte der Geschäftsführer ausfüllen. Im weiteren Verlauf der Prüfung bat der Prüfer den Steuerberater der GmbH um weitere genauer bezeichnete Unterlagen. Um diese schriftliche Art der Anfrage habe der Steuerberater gebeten. Wiederum bat er um den ausgefüllten Bogen über die Niederschrift. Hiergegen legte die GmbH Einspruch ein und nahm zu einzelnen Fragen Stellung. Andere Fragen beantwortete er nicht, sondern bat um eine Begründung für die Fragen. Hierauf forderte das Finanzamt die Kläger auf, bestimmte Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. Vorsorglich wies der Prüfer auf die Möglichkeit der Festsetzung eines Verzögerungsgeldes hin. Gegen dieses Schreiben legte die Klägerin erneut Einspruch ein. Die Einsprüche wurden als unzulässig verworfen, da die Schreiben keine Verwaltungsakte seien. Hierauf erhob die Klägerin Klage.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das erste Schreiben des Finanzamts sei kein Verwaltungsakt, sondern eine reine Bitte des Finanzamts, da es keine rechtlich verbindliche Regelung beinhalte. Hingegen sei das zweite Anforderungsschreiben des Finanzamts ein Verwaltungsakt, da es die Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen konkretisiere. Die Klägerin werde aufgefordert, etwas vorzulegen und Fragen zu beantworten. Dies sei als Verwaltungsakt anzusehen. Dieser Verwaltungsakt sei auch rechtmäßig gewesen, da er ermessensfehlerfrei ergangen sei.
Hinweis
Auf den ersten Blick mag die Entscheidung des Finanzgerichts etwas haarspalterisch erscheinen. Auf den zweiten Blick werden aber sehr schön die Aspekte dargestellt, die für das Vorliegen eines Verwaltungsakts maßgeblich sind. Zentraler Punkt ist dabei die Frage, ob mit der Verwaltungsäußerung bereits eine rechtlich verbindliche Regelung bezweckt ist. Dies ist bei einer als Bitte formulierten Äußerung noch nicht der Fall, auch wenn die Abgrenzung im Einzelfall natürlich schwer fallen kann. Hingegen war das detaillierte zweite Anforderungsschreiben als eine rechtsverbindliche Anordnung zu verstehen, so dass ein Verwaltungsakt vorlag, gegen den sich die Klägerin mit einem Einspruch sowie der Klage zur Wehr setzen konnte. Geholfen hat dies nichts, da der Verwaltungsakt rechtmäßig war, was auch wohl nicht zu beanstanden ist. Interessant ist der Hinweis auf den Beschluss des FG Rheinland-Pfalz v. 29.7.2011, 1 V 1151/11, EFG 2011, S. 1942, das entschieden hat, dass die Androhung eines Verzögerungsgeldes kein Verwaltungsakt sei. Zutreffend hat das FG Niedersachsen in Abgrenzung zu diesem Beschluss dargelegt, dass es über die Androhung gar nicht zu entscheiden hatte, auch wenn das beklagte Finanzamt auf die Möglichkeit des Verzögerungsgeldes hingewiesen hat. Von Bedeutung waren hier allein die Anforderung der Unterlagen und deren Rechtsqualität.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 10.05.2012, 6 K 27/12