Leitsatz

1. Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für ein häusliches Arbeitszimmer sind nicht deshalb bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in voller Höhe abzuziehen, weil der Steuerpflichtige Anlageentscheidungen ausschließlich im Arbeitszimmer trifft.

2. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG in der bis zum Veranlagungszeitraum 2006 geltenden Fassung ist gem. § 9 Abs. 5 EStG auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass bei der Bestimmung des Mittelpunkts der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit auf die gesamte der Erzielung von Einkünften dienende Tätigkeit des Steuerpflichtigen abzustellen ist.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b, § 3 Nr. 9, § 9 Abs. 1 S. 1, § 9 Abs. 5, § 34 Abs. 1, § 52 Abs. 4a EStG, § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO

 

Sachverhalt

Der Kläger bezog Einkünfte aus Kapitalvermögen, für deren Verwaltung er Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers als Werbungskosten geltend machte. Außerdem war er als Steuerberater in anderweitigen Räumlichkeiten tätig. Er vertrat die Auffassung, dass die Beschränkung des Werbungskostenabzugs nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG nicht eingreife, weil die Vorschrift ihrem Wortlaut nach auf den Mittelpunkt der gesamten "betrieblichen und beruflichen Tätigkeit" abstelle, bei den Einkünften aus Kapitalvermögen aber nicht die Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sondern die "Nutzenziehung" im Vordergrund stehe.

 

Entscheidung

Die Klage vor dem FG (FG Nürnberg, Urteil vom 14.08.2008, 4 K 875/2008) und die Nichtzulassungsbeschwerde zum BFH blieben erfolglos.

 

Hinweis

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer waren nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStGbis einschließlich 2006 grundsätzlich nur beschränkt abziehbar. Nur wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet, konnten die Aufwendungen in vollem Umfang abgezogen werden. Diese Regelung galt nach § 9 Abs. 5 EStG sinngemäß für alle Überschusseinkunftsarten.

Die Verweisung in § 9 Abs. 5 EStG ("gilt sinngemäß") bedeutet, dass § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG auch bei den Einkünften aus Kapitalvermögen anzuwenden ist, obwohl § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG seinem Wortlaut nach auf den Mittelpunkt der gesamten "betrieblichen und beruflichen Tätigkeit" abstellt.

Im natürlichen Sprachgebrauch wird durchaus zwischen einer Berufstätigkeit und der Verwaltung des privaten Vermögens unterschieden. Jedoch ist eine je nach den Einkunftsarten unterschiedliche steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach dem Gesetzeszweck nicht zu rechtfertigen. Vielmehr ist § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG bei den Einkünften aus Kapitalvermögen – ebenso wie bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung – mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass nicht im Wortsinn auf die betriebliche oder berufliche Tätigkeit, sondern in einem umfassenden Sinn auf die gesamte Einkünfteerzielung des Steuerpflichtigen abzustellen ist.

Die gleiche Frage stellt sich auch für die ab 2007 geltende Fassung der Vorschrift, allerdings unter einem anderen Blickwinkel: Es geht nicht mehr um eine Beschränkung des Werbungskostenabzugs der Höhe nach, sondern schon um den Abzug dem Grund nach. Die Grundsätze des hier besprochenen Beschlusses gelten dafür entsprechend: Auch insoweit bedeutet die unveränderte Verweisung in § 9 Abs. 5 EStG, dass es sich bei dem häuslichen Arbeitszimmer um den Mittelpunkt der gesamten Einkünfteerzielung aus allen Einkunftsarten handeln muss.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 27.03.2009 – VIII B 184/08

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