OFD Düsseldorf, Verfügung v. 10.1.2003, S 2285 - 55 - St 232 - K/S 2288 - 13 - St 232 - K

1. Berücksichtigung besonderer Ausbildungskosten
2. a) Anrechnung von Ausbildungshilfen aus öffentlichen Kassen
  b) Verrechnung von Verlusten aus einer Einkunftsart mit Ausbildungshilfen

Nach § 33a Abs. 2 Satz 2 EStG vermindern sich die Ausbildungsfreibeträge bzw. ab Veranlagungszeitraum 2002 der Freibetrag zur Abgeltung des Sonderbedarfs eines nach § 33a Abs. 2 Satz 1 EStG definierten Kindes um die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes, soweit diese 3.600 DM bzw. 1.848 EUR im Kalenderjahr übersteigen, sowie um die von dem Kind als Ausbildungshilfe aus öffentlichen Mitteln oder von Förderungseinrichtungen, die hierfür öffentliche Mittel erhalten, bezogene Zuschüsse.

1. Hinsichtlich der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes wird ab dem Veranlagungszeitraum 2002 auf die Regelung in § 32 Abs. 4 Sätze 2 und 4 EStG verwiesen. Dies dient zur Verdeutlichung, dass in den Vorschriften § 32 und § 33a EStG grundsätzlich von den gleichen Einkünften und Bezügen ausgegangen werden kann. Bei der Ermittlung der auf den Freibetrag anzurechnenden Einkünfte und Bezüge des Kindes dürfen aufgrund des fehlenden Verweises im § 33a Abs. 2 S. 2 EStG auf § 32 Abs. 4 S. 5 EStG im Gegensatz hierzu besondere Ausbildungskosten (H 180e „besondere Ausbildungskosten” EStH 2001) jedoch nicht abgezogen werden. Anderenfalls käme es zu einer Doppelberücksichtigung des Ausbildungsmehrbedarfs, und zwar einerseits durch Berücksichtigung des Freibetrags und andererseits durch die Minderung der Einkünfte und Bezüge. Dies würde dem Gesetzeszweck jedoch zuwiderlaufen, da durch den Freibetrag eben diese besonderen Ausbildungskosten abgedeckt werden sollen. Dies gilt auch für Veranlagungszeiträume vor 2002.

2a. § 33a Abs. 2 EStG hat die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Belastungen, die durch die Berufsausbildung von Kindern erwachsen, zum Ziel und dient der Ermittlung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern (BFH, Urt. v. 17.10.2001, III R 3/01, BStBl 2002 II S. 793).

Nach § 1610 Abs. 1 und 2 BGB sind die Eltern im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verpflichtet, für alle Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Berufsausbildung anfallen, aufzukommen. Leistungen aus öffentlichen Mitteln, die einen ausbildungsbedingten Sonderbedarf des unterhaltsberechtigten Kindes abdecken, mindern die Unterhaltsverpflichtungen der Eltern und rechtfertigen daher die Vollanrechnung auf den Ausbildungsfreibetrag bzw. Freibetrag zur Abgeltung des Sonderbedarfs nach § 33a Abs. 2 EStG.

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass eine Anrechnung dann nicht gerechtfertigt ist,

  • wenn die Beihilfe für Maßnahmen gewährt wird, zu denen die Eltern gesetzlich nicht verpflichtet sind, da es in diesem Fall durch die Ausbildungshilfe zu keiner Entlastung von der bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsverpflichtung kommt,
  • wenn die Ausbildungshilfe eine besondere Leistung des Auszubildenden belohnt oder
  • wenn eine Anrechnung mit dem besonderen Förderungszweck unvereinbar ist (BFH, Urt. v. 7.3.2002, III R 22/01, BStBl 2002 II S. 802).

Das ist z.B. der Fall bei Stipendien aus dem Erasmus-/Sokrates-Programm der EU. Deren Zweck besteht darin, die Mobilität von Studenten innerhalb der EU zu fördern und ihnen einen Studienaufenthalt in einem anderen EU-Land zu ermöglichen. Nach den Förderrichtlinien sollen die Stipendien nicht die üblichen Unterhaltsaufwendungen, sondern allein die anfallenden Mehrkosten (zum Teil) abdecken. Würden die Stipendien auf den Ausbildungsfreibetrag angerechnet, könnte der Entzug dieser Mittel dazu führen, dass der Anreiz für Studien an Hochschulen anderer EU-Länder wegen der Nichtberücksichtigung der hierfür anfallenden Mehrkosten vereitelt würde (BFH-Urteil vom 17.10.2001, a.a.O.).

2b. Einkünfte und Bezüge einerseits und Ausbildungshilfen andererseits sollen aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts in unterschiedlicher Weise berücksichtigt werden, um eine mehrfache staatliche Ausbildungsförderung – über einen Ausbildungsfreibetrag und zusätzliche öffentliche Ausbildungszuschüsse – auszuschließen. Es ist daher sachlich gerechtfertigt, den insoweit geleisteten und als bedarfsgerecht angesehenen Zuschuss ungekürzt von der steuerlichen Förderung des Ausbildungsfreibetrages abzusetzen. Danach kommt auch keine Saldierung der Ausbildungshilfen mit negativen Einkünften des Kindes in Betracht (BFH-Urteil vom 7.3.2002, a.a.O.).

 

Normenkette

EStG § 33a Abs. 2

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