Dipl.-Finanzwirt (FH) Andreas Willner
Die wohl tiefgreifendste und "innovativste" Änderung zur Modernisierung der Außenprüfung ist die Einführung eines sog. "qualifizierten Mitwirkungsverlangens". Wird dieses nicht erfüllt, zieht es ein sog. "Mitwirkungsverzögerungsgeld" nach sich.
Voraussetzungen
Zunächst soll hier näher beleuchtet werden, was der Gesetzgeber unter einem qualifizierten Mitwirkungsverlangen versteht. Die Definition findet sich in § 200a Abs. 1 AO.
Demnach ist zunächst Voraussetzung, dass bereits eine Prüfungsanordnung für eine Außenprüfung an den Steuerpflichtigen bekanntgegeben wurde. D. h. der Unternehmer muss bereits ein Schreiben erhalten haben, das ihm mitteilt, dass eine Außenprüfung bei ihm durchgeführt wird.
Weiterhin muss seit der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung ein Zeitraum von mindestens 6 Monaten vergangen sein.
Sind diese beiden Voraussetzungen erfüllt, hat das Finanzamt ein Ermessen, ob es zum Instrument des qualifizierten Mitwirkungsverlangens greift. Je schlechter die Mitarbeit in den ersten 6 Monaten einer Außenprüfung ist, umso wahrscheinlicher ist natürlich, dass das Finanzamt vom qualifizierten Mitwirkungsverlangen Gebrauch macht.
Zuverlässige Mitarbeit reduziert Risiko
Arbeiten Sie von Beginn an zuverlässig bei der Außenprüfung mit und erteilen Sie die vom Prüfer geforderten Informationen. So wird das Risiko für ein qualifiziertes Mitwirkungsverlangen reduziert.
Wenn der Außenprüfer zum qualifizierten Mitwirkungsverlangen greift, muss er den geprüften Steuerpflichten schriftlich oder elektronisch, z. B. per E-Mail, zur Mitwirkung auffordern, also z. B. Auskünfte oder die Vorlage von Unterlagen einfordern.
Seine Aufforderung muss er mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Hierdurch wird dem zur Mitwirkung aufgeforderten Unternehmer auch verdeutlicht, dass es sich bei dem qualifizierten Mitwirkungsverlangen um einen Verwaltungsakt handelt und er hiergegen innerhalb eines Monats den Rechtsbehelf des Einspruchs erheben kann.
Falls der Steuerpflichtige seiner Mitwirkungspflicht im Vorfeld des qualifizierten Mitwirkungsverlangens nicht nachgekommen ist und bereits auf die Möglichkeit eines qualifizierten Mitwirkungsverlangens hingewiesen wurde, muss der Außenprüfer keine weitere Begründung dafür liefern, dass er zum qualifizierten Mitwirkungsverlangen gegriffen hat, wenn der Steuerpflichtige seiner Mitwirkungspflicht weiterhin nicht oder nicht ausreichend nachkommt. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Finanzverwaltung dafür sorgen wird, dass regelmäßig bereits bei den "normalen" Mitwirkungsverlangen auf die Möglichkeit des qualifizierten Mitwirkungsverlangens hingewiesen wird, um das Verfahren zu beschleunigen.
Der Steuerpflichtige kommt seiner Mitwirkungspflicht dann nicht oder nicht ausreichend nach, wenn er weiterhin keine der angeforderten Unterlagen vorlegt oder die erbetenen Auskünfte erteilt oder nur einen Teil der Unterlagen vorlegt und/oder nur einen Teil der Auskünfte erteilt.
Stellt der Außenprüfer dann ein qualifiziertes Mitwirkungsverlangen an den Steuerpflichtigen, muss der Steuerpflichtige dieses besondere Mitwirkungsverlangen innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe erfüllen.
In begründeten Einzelfällen hat das Finanzamt die Möglichkeit, die Monatsfrist zu verlängern. Das kann z. B. in Frage kommen, wenn der Steuerpflichtige innerhalb der Frist zur Erfüllung unerwartet ins Krankenhaus eingeliefert wird und sich somit nicht um das Mitwirkungsverlangen kümmern kann. Nachdem das qualifizierte Mitwirkungsverlangen erst nach einem halben Jahr nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung zulässig ist und der Außenprüfer regelmäßig im Vorfeld "normale" Mitwirkungsverlangen an den Steuerpflichtigen gestellt haben wird, die nicht erfüllt wurden, wird angesichts dieser Zeitspanne eine Arbeitsüberlastung keine taugliche Begründung sein, die Monatsfrist für die Erfüllung des qualifizierten Mitwirkungsverlangens zu verlängern.
Hinweis auf qualifiziertes Mitwirkungsverlangen
Das Finanzamt hat eine Prüfungsanordnung am 10.1.2025 mit einfachem Brief zur Post an den Steuerpflichtigen gegeben. Am 30.1.2025 stellt der Außenprüfer ein ("normales") Mitwirkungsverlangen an den geprüften steuerpflichtigen Unternehmer auf Vorlage von Belegen zu mehreren, näher bezeichneten Buchungen des Prüfungszeitraums bis zum 27.2.2025. In der Anforderung hat der Außenprüfer bereits auf die Möglichkeit eines qualifizierten Mitwirkungsverlangens hingewiesen.
Nach Ablauf der Frist liegen dem Außenprüfer keinerlei der angeforderten Belege vor.
Am 15.7.2025 richtet der Außenprüfer ein qualifiziertes Mitwirkungsverlangen an den Steuerpflichtigen.
Lösung:
Bei Aufgabe mit einfachem Brief zur Post am 10.1.2025 gilt die Prüfungsanordnung als am 13.1.2025 bekanntgegeben. Mit dem ("normalen") Mitwirkungsverlangen wurde bereits auf die Möglichkeit eines qualifizierten Mitwirkungsverlangens hingewiesen. Der Außenprüfer kann daher mit Ablauf des 13.7.2025 erstmals zum Mittel des qualifizierten Mitwirkung...