2.3.1 Ansatz
Rückstellungen sind künftige Ausgaben, die abgelaufene Geschäftsjahre betreffen, aber der Höhe nach – ausnahmsweise auch dem Grunde nach (z.B. Garantierückstellung) – am Bilanzstichtag nicht sicher bekannt sind. Sie ergänzen die Verbindlichkeiten, die genau bestimmbare Schulden darstellen. Mit einer Inanspruchnahme der Rückstellungen muss zu rechnen sein, was mit einer ca. 50%-Eintrittswahrscheinlichkeit gleichgesetzt werden kann. Die Rückstellungen dienen einer treffenderen Erfolgsermittlung und Periodenabgrenzung. Ausgaben, die wahrscheinlich erst später erfolgen, wirtschaftlich aber das abgelaufene Geschäftsjahr betreffen, müssen im Interesse einer zutreffenden Aufwandsverteilung und als Folge des Imparitäts- und Vorsichtsprinzips aus § 252 Abs. 1 Nr. 4 und 5 HGB das abgelaufene Geschäftsjahr belasten. Erst 2018 hat der BFH noch einmal für den Ansatz von Verbindlichkeitsrückstellungen entschieden (BFH, Beschluss v. 28.8.2018, X B 48/18, BFH/NV 2019, S. 113):
Zum Bilanzstichtag muss aufgrund objektiver Kriterien stets ernsthaft mit einer Inanspruchnahme zu rechnen sein, um eine Rückstellung bilden zu dürfen.
Wichtig ist auch die Beachtung des Einzelbilanzierungsprinzips: Rückstellungen dürfen nur für ganz konkrete Sachverhalte gebildet werden und müssen bei Entfall des Grundes aufgelöst werden. Somit sind durch die Kriegs- und Sanktionsfolgen insb. Drohverlustrückstellungen denkbar. Dabei gilt, dass wenn sich der Drohverlust aus dem schwebenden Absatzgeschäft auf am Abschlussstichtag aktivierte Vermögensgegenstände bezieht, ist der drohende Verlust zunächst durch eine außerplanmäßige Abschreibung der unmittelbar betroffenen Vermögensgegenstände zu erfassen; nur für einen darüber hinausgehenden Verlust ist eine Drohverlustrückstellung zu bilden (vgl. im Einzelnen IDW RS HFA 4) (Fachlicher Hinweis, 4. Update, S. 21).
2.3.2 Bewertung
Nach § 253 Abs. 1 HGB sind Rückstellungen mit dem "nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrag" anzusetzen. Es ist somit der Betrag, der zur Erfüllung der Schuld aufgebracht werden muss; dies ist bei Geldleistungsverpflichtungen der Rückzahlungsbetrag und bei Sachleistungs- oder Sachwertverpflichtungen der im Erfüllungszeitpunkt voraussichtlich aufzuwendende Geldbetrag. Zudem wird mit der Verwendung des Begriffs "Erfüllungsbetrag" ausdrücklich klargestellt, dass bei der Rückstellungsbewertung in der Zukunft – unter Einschränkung des Stichtagsprinzips – künftige Preis- und Kostensteigerungen zu berücksichtigen sind. Schließlich hat eine Abzinsung des Erfüllungsbetrags zu erfolgen, wenn die Rückstellung eine Restlaufzeit von mindestens einem Jahr aufweist. Dabei gilt es den von der Deutschen Bundesbank errechneten laufzeitadäquaten Durchschnittszinssatz der letzten 7 (für Pensions- und ähnliche Verpflichtungen 10) Geschäftsjahre zu verwenden.
2.3.3 Verbindlichkeitsrückstellungen wegen etwaiger Verstöße gegen Sanktionsregelungen
Für Verstöße gegen Sanktionsregelungen vor dem Abschlussstichtag, müssen die gesetzlichen Vertreter bei der Prüfung der allgemeinen Kriterien für eine Rückstellung für eine drohende Strafe bzw. ein drohendes Ordnungs- oder Bußgeld insb. das Kriterium der sicher bestehenden oder hinreichend wahrscheinlich entstehenden Verpflichtung gegenüber einem Dritten besonders würdigen (Fachlicher Hinweis, 4. Update, S. 21).