Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die IFRS-Rechnungslegung: Fachlicher Hinweis des IDW
Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) geht in seinen Fachlichen Hinweis zu den Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Rechnungslegung und deren Prüfung vom 8.3.2022 auf erste Fragen dazu ein. Das IDW konzentriert sich zunächst auf Fragen hinsichtlich des Abschlussstichtags 31.12.2021; weitere relevante Fragen und Antworten sollen später ergänzt werden.
Im nachfolgenden werden überblickartig die Hinweise zur IFRS-Rechnungslegung dargestellt. Die Hinweise für die handelsrechtliche Rechnungslegung kommentiert Herr Prof. Müller hier.
Ukraine-Konflikt als nicht (werterhellend) zu berücksichtigendes Ereignis nach dem Abschlussstichtag
Der Krieg stellt für Abschlüsse auf Stichtage vor dem 24.2.2022, also bspw. dem 31.12.2021, analog der handelsrechtlichen Sichtweise, ein nicht in der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung zu berücksichtigendes Ereignis dar (non-adjusting events).
Abzustellen ist nach Auffassung des IDW für die Beurteilung auf den widerrechtlichen Übertritt der Grenzen des ukrainischen Staatsgebiets durch das russische Militär. Für die Qualifizierung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen des Kriegsausbruchs als nicht werterhellend zu berücksichtigendes Ereignis in IFRS-Einzel- oder Konzernabschlüssen, die auf einen vor dem 24.2.2022 liegenden Stichtag aufzustellen sind, gelten die Ausführungen des IDW zum Handelsrecht entsprechend. Allerdings kann eine Verschlechterung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage nach dem Abschlussstichtag ein Hinweis darauf sein, dass überprüft werden muss, ob die Aufstellung des Abschlusses unter der Annahme der Unternehmensfortführung noch angemessen ist (IAS 10.15).
Angaben in den Ereignissen nach dem Bilanzstichtag
Sofern ein nicht werterhellend zu berücksichtigendes Ereignis wesentlich ist, muss über die Art des Ereignisses berichtet werden (IAS 10.21(a)). Gemäß IAS 10.21(b)) ist zusätzlich eine Schätzung der finanziellen Auswirkungen oder die Tatsache, dass eine solche Schätzung nicht möglich ist, im Anhang anzugeben.
Angabepflichten bei wesentlichen Unsicherheiten bei der Beurteilung der Going-Concern-Annahme
Über bestehende wesentliche Unsicherheiten (material uncertainties), die sich auf Ereignisse oder Gegebenheiten beziehen, die erhebliche Zweifel an der Fähigkeit zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit aufwerfen, ist nach IAS 1.25 zwingend zu berichten hat. Das IDW verweist hier auf das educational material der IFRS-Foundation vom 13.1.2021.
Auswirkungen auf die Abgrenzung des Konsolidierungskreises
Durch die diversen Sanktionen kann die Einbeziehung ukrainischer, russischer oder belarussischer Tochterunternehmen in den Konzernabschluss fraglich sein. Das IDW merkt hierzu zwar zutreffend, aber auch nur kurz, an, dass es im Rahmen der IFRS-Rechnungslegung kein ausdrückliches, den Regelungen des § 296 Abs. 1 Nr. 2 HGB vergleichbares Konsolidierungswahlrecht gibt.
Hier ist nach unserer Auffassung im Einzelfall zu würdigen, ob sich die staatlichen Maßnahmen nicht nur auf den Finanzmitteltransfer, sondern auf die Stimmrechtsausübung, die Geschäftsführerbestellung oder andere Mechanismen der Bestimmung der relevanten Aktivitäten richten, so dass die Mutter-Tochter-Beziehung nach IFRS 10 wegfällt (Verlust des Tochter-Status).
Praxistipp: Fachlichen Hinweis beachten
Zahlreiche Unternehmen unterhalten Geschäftsbeziehungen in die Ukraine oder nach Russland. Aus dem Einmarsch der russischen Streitkräfte in die Ukraine am 24.2.2022 wie auch aus den gegen Russland verhängten Sanktionen (nebst Gegensanktionen von russischer Seite) ergeben sich Sachverhalte, die sich in der Rechnungslegung eines Unternehmens auswirken können. Der Fachliche Hinweis ist sowohl für den Anwender als auch für den Prüfer eine zusätzliche Leitlinie und daher zu beachten und zu begrüßen.
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