Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Berufsbildungsmaßnahme
Leitsatz (redaktionell)
Der Arbeitgeber ist Träger einer Berufsbildungsmaßnahme, wenn er diese zwar von einem anderen Unternehmen durchführen läßt, aber auf Inhalt und Gestaltung den beherrschenden Einfluß hat (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 4. Dezember 1990 - 1 ABR 10/90 = EzA § 98 BetrVG 1972 Nr 6 = SAE 1991, 261 BetrVG 1972 § 98).
Orientierungssatz
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Gesamtbetriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei Fortbildungsmaßnahmen für die beim Arbeitgeber im hauswirtschaftlichen Bereich beschäftigten Arbeitnehmer zusteht.
Verfahrensgang
Gründe
A. Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Gesamtbetriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei Fortbildungsmaßnahmen für die beim Arbeitgeber im hauswirtschaftlichen Bereich beschäftigten Arbeitnehmer zusteht.
Der antragstellende Arbeitgeber ist als eingetragener Verein auf bezirklicher Ebene in Kreisverbände unterteilt, deren Einrichtung als selbständige Betriebe geführt werden. Ein mit der Gewerkschaft ÖTV geschlossener "Tarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen im hauswirtschaftlichen Bereich der Arbeiterwohlfahrt der Stadt Berlin e.V. ab 1. März 1988" (TV Hauswirtschaft) enthält in § 7 folgende Regelung:
"1. Der/die Arbeitnehmer/in ist berechtigt und
auf Verlangen des Arbeitgebers verpflich-
tet, an berufsspezifischen Fortbildungsmaß-
nahmen teilzunehmen, die in Trägerschaft
der Arbeiterwohlfahrt oder des S
Institutes (S ) veranstaltet
werden.
2. Die Arbeiterwohlfahrt verpflichtet sich,
Fortbildungsveranstaltungen im erforderli-
chen Umfang anzubieten.
3. Die Kosten der Bildungsmaßnahmen trägt der
Arbeitgeber."
Das S ist eine vom Arbeitgeber im Jahre 1981 errichtete Stiftung bürgerlichen Rechts, die laut Satzung "den Grundsätzen der Arbeiterwohlfahrt verpflichtet" ist und in folgenden Bereichen tätig wird:
"- berufliche Aus- und Weiterbildung;
- Fortbildung sozialpädagogischer Praktiker, eh-
renamtlich Tätiger, interessierter Laien;
- Gutachten, Stellungnahmen, Dokumentationen,
Öffentlichkeitsarbeit;
- Kontakt- und Anlaufstelle für Initiativen und
Selbsthilfegruppen im sozialpädagogischen
Feld;
- Förderung neuer sozialpädagogischer Modelle;
- praxisnahe Forschung, Begleitforschung von so-
zialpädagogischen Modellen."
Soweit die Ausgaben des S nicht aus dem Ertrag des Stiftungsvermögens oder Zuwendungen Dritter gedeckt werden können, ist der Arbeitgeber verpflichtet, ihm die erforderlichen Beträge zur Verfügung zu stellen. Verwaltet wird das S vom Vorstand nach Maßgabe der Satzung und in eigener Verantwortung. Der Vorstand wird gewählt und abberufen von einem siebenköpfigen Kuratorium. Alle sieben Mitglieder dieses Kuratoriums werden vom Landesvorstand der Arbeiterwohlfahrt Landesverband Berlin für die Dauer von drei Jahren bestellt. Dem Kuratorium gehören nach der Satzung an der Landesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt Landesverband Berlin e.V., drei weitere Mitglieder des Landesausschusses der Arbeiterwohlfahrt Landesverband Berlin e.V. und drei Persönlichkeiten aus den Bereichen Gesundheitswesen bzw. Jugendwesen bzw. Sozialwesen bzw. Bildung bzw. Forschung. Das S ist auf der Grundlage eines Mietvertrages im Haus der sozialen Arbeit untergebracht, einem Gebäude des Arbeitgebers, in dem sich auch die Geschäftsstelle des Landesverbandes befindet. Die Leistungen des SPI wurden im Bereich der Aus- und Fortbildung in den letzten Jahren zu weniger als 10 % von Beschäftigten des Arbeitgebers in Anspruch genommen.
Anfang 1990 wandte sich die Koordinatorin für Ambulante soziale Dienste des Arbeitgebers an das S , um ein Angebot für die Fortbildung der im hauswirtschaftlichen Bereich Beschäftigten einzuholen. Das vom S vorgelegte Konzept wurde von ihr akzeptiert, nachdem man auf Geschäftsführerebene übereingekommen war, die im Kostenplan in Ansatz gebrachte Raummiete in Höhe von 2.000,-- DM nicht in Rechnung zu stellen.
Mit Schreiben vom 1. Februar 1990 trat der Gesamtbetriebsrat wegen des Abschlusses einer Betriebsvereinbarung "Fortbildung Hauspflege" an den Arbeitgeber heran. Dieser lehnte die Verhandlung über eine Betriebsvereinbarung mit dem Hinweis ab, das SPI sei mit der Durchführung der Fortbildungsveranstaltungen beauftragt worden, der Gesamtbetriebsrat habe daher kein Mitbestimmungsrecht. Daraufhin erwirkte der Gesamtbetriebsrat einen Beschluß über die Einsetzung des Vorsitzenden einer Einigungsstelle zur Regelung der Durchführung der Fortbildung der Beschäftigten im hauswirtschaftlichen Bereich nach § 7 des einschlägigen Tarifvertrages, der am 19. September 1990 rechtskräftig geworden ist.
In dem vorliegenden Verfahren begehrt der Arbeitgeber die Feststellung, daß der Gesamtbetriebsrat nicht mitzubestimmen habe. Er ist der Auffassung, hier handele es sich nicht um eine betriebliche Berufsbildungsmaßnahme, außerdem berühme sich der Gesamtbetriebsrat eines Initiativrechts für die Einführung von Schulungsmaßnahmen, das aber stehe diesem nicht zu. In der ersten Instanz hat der Arbeitgeber beantragt
festzustellen, daß mangels Mitbestimmungsrechts
des Betriebsrats die Einigungsstelle nicht befugt
sei, Regelungen bezüglich der Schaffung oder Ein-
richtung von Fortbildungsmaßnahmen für die Ar-
beitnehmer im hauswirtschaftlichen Bereich zu
treffen,
hilfsweise,
festzustellen, daß die Einigungsstelle nicht zu-
ständig sei zur Regelung des Abschlusses einer
Gesamtbetriebsvereinbarung bezüglich der Fortbil-
dung der Arbeitnehmer im hauswirtschaftlichen Be-
reich gemäß dem "1. Entwurf einer Betriebsverein-
barung Fortbildung" des Betriebsrats vom 22. März
1990.
Diese Anträge hat das Arbeitsgericht abgewiesen. In der Beschwerdeinstanz hat der Arbeitgeber im Termin zur mündlichen Anhörung nur noch die Feststellung begehrt, daß dem Gesamtbetriebsrat kein Mitbestimmungsrecht bei der Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen für die Arbeitnehmer im hauswirtschaftlichen Bereich durch das S zustehe und dies damit begründet, er habe die Durchführung der Berufsbildungsmaßnahmen auf das eigenständige S Institut übertragen und nehme auf Art und Weise der Durchführung, insbesondere die inhaltliche Gestaltung, keinen Einfluß.
Der Arbeitgeber hat zuletzt beantragt,
den Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin vom
19. September 1990 - 34 BV 10/90 - abzuändern und
festzustellen, daß dem Gesamtbetriebsrat hin-
sichtlich der Durchführung von Fortbildungsmaß-
nahmen für die Arbeitnehmer im hauswirtschaftli-
chen Bereich durch das S kein Mitbestimmungs-
recht zustehe.
Der Gesamtbetriebsrat hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Zur Begründung hat er vorgetragen, vorliegend handele es sich um betriebliche Berufsbildungsmaßnahmen. Der Arbeitgeber führe die Berufsbildung allein für seine Arbeitnehmer durch. Er habe damit zwar das S beauftragt. Er habe aber durch die Koordinatorin E. H. auf Inhalt und Ausgestaltung der Berufsbildungsmaßnahme Einfluß genommen, soweit er dies für erforderlich halte. Die Koordinatorin sei verantwortlich für die Fortbildungsmaßnahmen der ambulanten sozialen Dienste. Der Arbeitgeber sei auch in der Lage, jederzeit entscheidenden Einfluß auf den Inhalt und die Ausgestaltung der Berufsbildungsmaßnahme zu nehmen. Nicht entscheidend sei, in welchem Ausmaß er von dieser Möglichkeit Gebrauch mache. Daß der Arbeitgeber maßgeblichen Einfluß auf die Ausgestaltung der Berufsbildungsmaßnahmen nehmen könne, ergebe sich u.a. auch aus der engen Verflechtung von Arbeiterwohlfahrt und S Institut, das verpflichtet sei, nach den Grundsätzen der Arbeiterwohlfahrt tätig zu werden und auf dessen Geschäftsführung der Arbeitgeber einen beherrschenden Einfluß habe.
Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Arbeitgebers zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Arbeitgeber seinen Antrag weiter, während der Gesamtbetriebsrat bittet, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
B. Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers ist nicht begründet. I. Der zuletzt in der Tatsacheninstanz gestellte Antrag des Arbeitgebers ist auf das Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet (§ 256 Abs. 1 ZPO). Das hierfür erforderliche Rechtsschutzinteresse besteht, weil der Gesamtbetriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Durchführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung, die der Arbeitgeber dem S Institut übertragen hat, für sich in Anspruch nimmt.
Unerheblich ist für das Rechtsschutzinteresse des Arbeitgebers, ob der Gesamtbetriebsrat mit seinem Entwurf einer Gesamtbetriebsvereinbarung sich eines Mitbestimmungsrechts berühmt, das durch § 98 Abs. 1 BetrVG selbst dann nicht gedeckt ist, wenn es sich vorliegend um eine betriebliche Berufsbildungsmaßnahme handelt. Insofern sind die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur Zulässigkeit mißverständlich. Der Arbeitgeber will geklärt wissen, ob dem Gesamtbetriebsrat das von diesem in Anspruch genommene Mitbestimmungsrecht nach § 98 Abs. 1 BetrVG bei der Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen für die Arbeitnehmer im hauswirtschaftlichen Bereich durch das S Institut zusteht.
II. Der Antrag des Arbeitgebers ist nicht begründet, weil es sich vorliegend um eine betriebliche Berufsbildungsmaßnahme handelt und nach § 98 Abs. 1 BetrVG der Betriebsrat bei der Durchführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung mitzubestimmen hat.
1. Zur Frage, wann eine betriebliche Berufsbildungsmaßnahme vorliegt, hat der Senat in der Entscheidung vom 4. Dezember 1990 (- 1 ABR 10/90 - EzA § 98 BetrVG 1972 Nr. 6, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt) ausgeführt, der Begriff der betrieblichen Berufsbildungsmaßnahme sei funktional zu verstehen, es komme also nicht darauf an, an welchem Ort die Maßnahme durchgeführt werde. Eine betriebliche Berufsbildungsmaßnahme liege vor, wenn der Arbeitgeber Träger bzw. Veranstalter der Maßnahme sei und die Berufsbildungsmaßnahme für seine Arbeitnehmer durchführe. Entsprechend dem funktionalen Verständnis der betrieblichen Berufsbildungsmaßnahme hat der Senat entschieden, es reiche für die Trägerschaft aus, wenn der Arbeitgeber auf Inhalt und Organisation der Berufsbildung rechtlich oder tatsächlich einen beherrschenden Einfluß habe. Zur Trägerschaft hinzukommen müsse immer, daß die Berufsbildungsmaßnahme für die eigenen Arbeitnehmer durchgeführt werde. Hierbei sei unschädlich, wenn bei einer begrenzten Teilnehmerzahl die Arbeitnehmer des Arbeitgebers den Vorrang haben und andere Personen nur zur Lückenfüllung berücksichtigt würden.
2. Vorliegend gehen beide Beteiligte davon aus, daß das S Institut eine Berufsbildungsmaßnahme durchführen soll. Unstreitig ist auch, daß sich diese Berufsbildungsmaßnahme ausschließlich an Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt wendet. Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat streiten nur darüber, ob der Arbeitgeber Träger der Berufsbildungsmaßnahme ist.
Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler eine betriebliche Berufsbildungsmaßnahme angenommen. Es ist mit dem Senat davon ausgegangen, daß bei einer betrieblichen Berufsbildungsmaßnahme grundsätzlich der Arbeitgeber der Träger der Maßnahme sein muß. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht den Besonderheiten der vorliegenden Fallkonstellation entnommen, daß der Arbeitgeber Träger der Berufsbildungsmaßnahme ist. Der Arbeitgeber hat alle Berufsbildungsmaßnahmen auf das S übertragen, das ursprünglich eine Betriebsabteilung des Arbeitgebers gewesen ist und erst im Jahre 1981 eine eigene juristische Person wurde. Diese blieb aber nach ihrer Satzung den Grundsätzen der Arbeiterwohlfahrt verpflichtet. Darüber hinaus behielt die Arbeiterwohlfahrt, der Arbeitgeber, seinen beherrschenden Einfluß auf das S . Er sicherte sich auf das Kuratorium des S institutionell einen beherrschenden Einfluß, indem er in der Satzung des S verankerte, daß die Kuratoriumsmitglieder, die ihrerseits den Vorstand bestimmen, kontrollieren und abberufen, vom Landesvorstand der Arbeiterwohlfahrt bestimmt werden. Außerdem sicherte er sich durch die Satzung eine Mehrheit im Kuratorium. Daß der Arbeitgeber und das S bezüglich der Berufsbildungsmaßnahmen funktional als eine Einheit zu sehen sind, ergibt sich auch mittelbar aus § 7 des Tarifvertrages Hauswirtschaft, in dem geregelt ist, daß der Arbeitnehmer berechtigt und auf Verlangen des Arbeitgebers verpflichtet ist, an berufsspezifischen Fortbildungsmaßnahmen teilzunehmen, die in Trägerschaft der Arbeiterwohlfahrt oder des S Instituts veranstaltet werden. Die Tarifvertragsparteien einigten sich also nicht über die Verpflichtung und Berechtigung zur Teilnahme an berufsspezifischen Fortbildungsmaßnahmen von irgendwelchen Instituten, sondern von Fortbildungsmaßnahmen des Arbeitgebers und gleichberechtigt des S Instituts. Diese Gleichstellung ist nur dadurch zu erklären, daß der Arbeitgeber auf das S Institut einen beherrschenden Einfluß hat und dieses zu entsprechenden Fortbildungsmaßnahmen veranlassen kann, wenn er dies will. Daß der Arbeitgeber auf Inhalt und Ausgestaltung der Berufsbildungsmaßnahmen Einfluß nehmen kann, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Der Arbeitgeber meint nur, seine theoretische Einflußmöglichkeit sei nicht entscheidend, während der Verfahrensbevollmächtigte des Gesamtbetriebsrats der Auffassung ist, ob eine betriebliche Berufsbildungsmaßnahme bestehe, könne nicht davon abhängig sein, in welchem Maße der Arbeitgeber von der Möglichkeit, Einfluß zu nehmen, Gebrauch macht.
Entscheidend für die Annahme, daß es sich vorliegend um eine betriebliche Berufsbildungsmaßnahme handelt, ist Sinn und Zweck der Regelung der §§ 96 bis 98 BetrVG: Der Gesetzgeber hat das Beteiligungsrecht bei betrieblichen und außerbetrieblichen Bildungsmaßnahmen unterschiedlich ausgestaltet, weil ein echtes Mitbestimmungsrecht nur denkbar ist bei Maßnahmen des eigenen Arbeitgebers bzw. Maßnahmen, auf die er einen beherrschenden Einfluß hat. Dagegen würde die Gewährung eines Mitbestimmungsrechts bei außerbetrieblichen Maßnahmen schon daran scheitern, daß der Arbeitgeber Inhalt und Ausgestaltung dieser von einem Dritten durchgeführten Maßnahmen nicht beeinflussen kann. Hat sich der Arbeitgeber - wie im vorliegenden Falle - den beherrschenden Einfluß auf das Institut gesichert, das er mit den Schulungsmaßnahmen beauftragt, bleibt er Träger der Maßnahme. Entscheidend ist, daß er seine Vorstellungen für die Ausgestaltung der Berufsbildungsmaßnahmen, die er durch ein anderes Unternehmen durchführen läßt, durchsetzen kann. Hier ist unstreitig, daß der Arbeitgeber dem S Vorgaben für Inhalt und Ausgestaltung der Berufsbildungsmaßnahme gegeben hat. Über den Inhalt dieser Berufsbildungsmaßnahme hat die Koordinatorin E. H. des Arbeitgebers mit dem S verhandelt und mit dem S eine Korrespondenz geführt, die sich nicht in der Auftragserteilung beschränkte. Die Einflußnahme wird auch darin deutlich, daß der Arbeitgeber durchsetzte, daß aus dem Kostenplan 2.000,-- DM an Raummiete gestrichen wurden. Das entspricht 18 % der Gesamtkosten.
Die Annahme einer betrieblichen Berufsbildungsmaßnahme und damit eines Mitbestimmungsrechts nach § 98 Abs. 1 BetrVG folgt also aus der Tatsache, daß der Arbeitgeber die Berufsbildungsmaßnahme dem Veranstalter erst überträgt, nachdem er sich mit Inhalt und Ausgestaltung des Angebots einverstanden erklärt hat.
3. Der Tarifvertrag für die Arbeiter im hauswirtschaftlichen Bereich der Arbeiterwohlfahrt der Stadt Berlin schließt das Mitbestimmungsrecht nach § 98 Abs. 1 BetrVG nicht aus. § 7 TV enthält keine abschließende Regelung über Berufsbildungsmaßnahmen, sondern nur eine Verpflichtung der Arbeiterwohlfahrt, Fortbildungsveranstaltungen im erforderlichen Umfang anzubieten. Inwiefern § 13 TV dem Mitbestimmungsrecht entgegenstehen soll, ist nicht erkennbar. Nach § 13 TV wird zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung des Tarifvertrages eine Schiedsstelle gebildet. Bei der Frage, ob es sich um eine betriebliche Berufsbildungsmaßnahme handelt und der Betriebsrat deshalb nach § 98 Abs. 1 BetrVG mitzubestimmen hat, geht es gerade nicht um die Auslegung des Tarifvertrages.
4. Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht auch unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts davon ausgegangen, der Gesamtbetriebsrat sei nach § 50 Abs. 1 BetrVG für das hier geltend gemachte Mitbestimmungsrecht zuständig.
Nach § 50 Abs. 1 BetrVG ist der Gesamtbetriebsrat zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können. Danach ist der Gesamtbetriebsrat überhaupt nur zuständig, wenn eine Angelegenheit das Gesamtunternehmen oder zumindest mehrere Betriebe betrifft. Dies ist vorliegend der Fall, weil der Arbeitgeber für die Arbeitnehmer im hauswirtschaftlichen Bereich sämtlicher Betriebe des Landesverbandes Berlin Berufsbildungsmaßnahmen regeln will. Auch in diesen Fällen ist der Gesamtbetriebsrat aber nur zuständig, wenn eine Beteiligungsangelegenheit nicht durch die Einzelbetriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden kann. Damit sind nicht nur Angelegenheiten gemeint, deren Regelung den Einzelbetriebsräten objektiv unmöglich ist. Vielmehr erfaßt § 50 Abs. 1 BetrVG auch die subjektive Unmöglichkeit (Senatsbeschluß vom 6. Dezember, BAGE 60, 244 = AP Nr. 37 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung; Fabricius/Kreutz, GK-BetrVG, 4. Aufl. 1987, § 50 Rz 28).
Vorliegend kann das Mitbestimmungsrecht sinnvoll nicht von den Betriebsräten der Einzelbetriebe wahrgenommen werden. Da die Berufsbildungsmaßnahme für alle Arbeitnehmer im hauswirtschaftlichen Bereich der Arbeiterwohlfahrt geplant ist und sowohl die Interessen der einzelnen Arbeitnehmer wie der Belegschaften als auch die Aufrechterhaltung der Dienstleistungsaufgaben durch die Hauspflegerinnen beachtet und koordiniert werden müssen, ist eine Regelung für den gesamten Landesverband der Arbeiterwohlfahrt erforderlich, die nur mit dem Gesamtbetriebsrat getroffen werden kann.
5. Erstmals in der Rechtsbeschwerdeinstanz nimmt der Arbeitgeber für sich den Tendenzschutz nach § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG in Anspruch. Insoweit setzt er sich aber nicht mit dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts auseinander, das zu dem Ergebnis gekommen ist, vorliegend handele es sich nicht um tendenzbezogene Maßnahmen. Da der Arbeitgeber in den Vorinstanzen weder Tatsachen vorgetragen hat, aus denen sich entnehmen ließe, bei den Hauspflegerinnen handele es sich um Tendenzträgerinnen und bei den Schulungsmaßnahmen um tendenzbezogene Maßnahmen, ist schon aus diesem Grunde nicht ersichtlich, inwiefern dem Landesarbeitsgericht bei seiner Annahme ein Rechtsfehler unterlaufen sein soll. Im übrigen befindet sich das Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit dem Senat, der in der Entscheidung vom 4. Dezember 1990 (- 1 ABR 10/90 - EzA § 98 BetrVG 1972 Nr. 6) ausgeführt hat, das Mitbestimmungsrecht nach § 98 Abs. 1 BetrVG könne nur entfallen, soweit von der betrieblichen Berufsbildung Tendenzträger betroffen wären; das auf den Lehrgängen über die Weiterbildung zur Lei tung einer Pflegestation fortzubildende Pflegepersonal gehöre jedoch nicht zu den Tendenzträgern (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. April 1989, BAGE 61, 305 = AP Nr. 34 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit und vom 6. November 1990 - 1 ABR 88/89 - EzA § 87 BetrVG 1972 Nr. 15), weil die Altenpfleger nicht prägend auf die Tendenz des Arbeitgebers einwirkten, sie bei ihrer Tätigkeit keinen Spielraum hätten, innerhalb dessen sie tatsächlich die Tendenz beeinflussen könnten. Mangels eines entsprechenden Vortrages des Arbeitgebers ist nicht erkennbar, weshalb die Hauspflegerinnen des Arbeitgebers im Gegensatz zu anderen Pflegern Tendenzträger sein sollten.
Steht damit fest, daß es sich vorliegend um eine betriebliche Berufsbildungsmaßnahme handelt, der Gesamtbetriebsrat Träger des Mitbestimmungsrechts nach § 98 Abs. 1 BetrVG ist und das Mitbestimmungsrecht nicht durch § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG ausgeschlossen wird, war die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Dr. Kissel Matthes Dr. Weller
Muhr Dr. Schmidt
Fundstellen
DB 1992, 741 (LT1) |
BuW 1992, 272 (K) |
AiB 1992, 354-355 (LT1) |
BetrVG, (1) (LT1) |
EzB, (LT1) |
NZA 1992, 657 |
NZA 1992, 657-659 (LT1) |
RdA 1992, 158 |
AP § 98 BetrVG (LT1), Nr 8 |
ArbuR 1992, 352 (LT1) |
EzA § 98 BetrVG 1972, Nr 8 (LT1) |