Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmerstatus beruflicher Rehabilitanden
Leitsatz (redaktionell)
Berufliche Rehabilitanden im Sinne des § 56 AFG können im Berufsbildungswerk zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des § 5 Abs 1 BetrVG sein.
Verfahrensgang
Gründe
A. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Rehabilitanden im Berufsbildungswerk des von der Antragstellerin, einer Stiftung bürgerlichen Rechts, getragenen Rehabilitationszentrums Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes sind.
Die Antragstellerin unterhält und betreibt Einrichtungen zur medizinischen, schulischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation Behinderter, darunter das Rehabilitationszentrum für Kinder und Jugendliche in N . In diesem Rehabilitationszentrum sind ein Berufsbildungswerk, eine Schule und Berufsschule für Körperbehinderte und eine Rehabilitationsklinik zusammengefaßt. Das Berufsbildungswerk umfaßt rund 400 Ausbildungsplätze zur beruflichen Rehabilitation behinderter Jugendlicher. Es werden dort nur solche Jugendliche ausgebildet, bei denen die nur medizinischen rehabilitativen Maßnahmen abgeschlossen sind. Körperbehinderten Jugendlichen, denen wegen der Art und Schwere ihrer Körperbehinderung und sekundärer Begleiterscheinungen eine betriebliche Ausbildung nicht zugänglich ist, wird eine qualifizierte Erstausbildung in einer Reihe staatlich anerkannter Berufe in den Berufsfeldern Wirtschaft und Verwaltung, Elektrotechnik/Elektronik sowie Metalltechnik/Konstruktion mit einem anerkannten Berufsabschluß angeboten. Die praktische Ausbildung erfolgt in Werkstätten, Labors und Übungsfirmen, die schulische Ausbildung in der angegliederten staatlich anerkannten Berufsschule.
Die Kosten der Rehabilitationsdurchführung trägt die Bundesanstalt für Arbeit. Die Zusammenarbeit zwischen den Arbeitsämtern und den Berufsbildungswerken ist in einer Rahmenvereinbarung zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und der Arbeitsgemeinschaft der Berufsbildungswerke vom 23. November 1979 in der Fassung vom 29. Mai 1984 (RV AÄ/BBW) geregelt. Die Antragstellerin ist dieser Rahmenvereinbarung nicht beigetreten; sie hält sich jedoch im wesentlichen an die darin aufgestellten Regeln. Dementsprechend meldet das sogenannte Maßnahmearbeitsamt den Rehabilitanden, dem es gemäß §§ 56 ff. AFG eine solche berufliche Rehabilitation zuerkannt hat, bei der Antragstellerin an. Wenn sich ein Rehabilitand zuvor unmittelbar nur an die Antragstellerin gewandt hat, verweist sie ihn an das Maßnahmearbeitsamt. Die vom Maßnahmearbeitsamt für eine Berufsausbildung angemeldeten Jugendlichen werden von der Antragstellerin mit einem Formularschreiben aufgefordert, bestimmte Unterlagen wie Zeugnisse, tabellarischen Lebenslauf und einen ausgefüllten Fragebogen vorzulegen, um über die Aufnahme entscheiden zu können. Gegebenenfalls hat sich der Behinderte auch persönlich beim Berufsbildungswerk vorzustellen. Dieses entscheidet sodann über die Aufnahme des Behinderten. Das Berufsbildungswerk nimmt keine Jugendlichen mit einer geistigen Behinderung, mit akuten Psychosen, Krankenhausbedürftige, Schwererziehbare, Drogenabhängige oder verwahrloste Jugendliche auf und auch nicht solche Jugendlichen, bei denen feststeht, daß sie das Ausbildungsziel nicht erreichen werden oder können. Soll der Behinderte aufgenommen werden, so erhält er eine schriftliche Zusage der Antragstellerin über die in Aussicht genommene Ausbildung. Ein schriftlicher Ausbildungsvertrag wird indessen mit dem Rehabilitanden nicht abgeschlossen.
Während der Durchführung der Berufsausbildung entscheidet das Berufsbildungswerk über Maßnahmen gegenüber dem Rehabilitanden bis hin zu seiner eventuellen Entlassung aus "pädagogischen oder disziplinarischen" Gründen. Hierzu muß es das zuständige Maßnahmearbeitsamt einschalten. Erhebt ein Auszubildender gegen seine Entlassung Klage, so ist dem Arbeitsamt nach der genannten Rahmenvereinbarung der Streit zu verkünden. Rehabilitanden, die die Abschlußprüfung nicht bestanden haben, werden auf ihr Verlangen für einen begrenzten Zeitraum nachgeschult. Aufgenommene Rehabilitanden werden bei einer gesetzlichen Krankenkasse, den Trägern der sozialen Rentenversicherung sowie der Berufsgenossenschaft angemeldet. Ein Teil der Auszubildenden erhält ein Ausbildungsgeld in Höhe von 145,-- DM im Monat zuzüglich Unterkunft und Verpflegung, 65 Rehabilitanden beziehen ein Übergangsgeld. Kostenträger der Maßnahme des einzelnen Rehabilitanden ist das jeweilige Maßnahmearbeitsamt, das auch das Ausbildungsgeld, das Übergangsgeld und die nötigen Sozialversicherungsbeiträge zahlt.
Am 9. und 10. Mai 1990 fanden im Rehabilitationszentrum N - der Antragstellerin Wahlen zum Betriebsrat und zur Jugend- und Auszubildendenvertretung statt. Der Wahlvorstand sah unter anderem alle 364 Rehabilitanden als wahlberechtigte Arbeitnehmer an. Die Antragstellerin hatte im vorliegenden Verfahren zunächst auch diese Wahlen angefochten. Insoweit ist das Verfahren jedoch nach übereinstimmender Erledigungserklärung aller Beteiligten in der Rechtsbeschwerdeinstanz eingestellt worden, nachdem es im November 1991 zu Neuwahlen des Betriebsrats und der Jugend- und Auszubildendenvertretung gekommen war.
Die Antragstellerin will jetzt nur noch festgestellt wissen, daß die Rehabilitanden ihres Berufsbildungswerkes keine Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes sind. Sie hat geltend gemacht, die Rehabilitanden erhielten keine Berufsausbildung, sondern berufsfördernde Leistungen gemäß § 11 Abs. 2 a des Rehabilitationsangleichungsgesetzes (RehaAnglG). Berufsausbildungsverträge würden mit den Rehabilitanden nicht abgeschlossen. Überhaupt bestünden keine direkten vertraglichen Verbindungen zwischen ihr und den Rehabilitanden. Allenfalls könnten die mit dem zuständigen Arbeitsamt getroffenen Vereinbarungen als Verträge zugunsten Dritter zu würdigen sein. Die den Rehabilitanden vermittelte Berufsausbildung dürfe auch nicht isoliert betrachtet werden, sondern sei Bestandteil der Gesamtrehabilitation mit den erforderlichen begleitenden therapeutischen Maßnahmen. Demzufolge seien die Rehabilitanden auch nicht zu ihrer Ausbildung "Beschäftigte", sondern ihre Aufnahme erfolge ausschließlich zu ihrer eigenen Rehabilitation. Der besondere Rechtsstatus der Rehabilitanden in Berufsbildungswerken schlage sich auch in § 1 SGB VI nieder, wonach zwischen Personen, die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind, und solchen, die in Berufsbildungswerken für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen, unterschieden werde.
Die Antragstellerin hat zuletzt beantragt
festzustellen, daß die im Berufsbildungswerk des
Rehabilitationszentrums für Kinder und Jugendli-
che N der Stiftung Rehabilitation zur
Ausbildung befindlichen Rehabilitanden keine Ar-
beitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgeset-
zes sind.
Der Betriebsrat und die Jugend- und Auszubildendenvertretung haben beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie haben entgegnet, bei den Rehabilitanden handele es sich um zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG. Das Berufsbildungswerk der Antragstellerin sei keine Einrichtung zur Rehabilitation behinderter Jugendlicher. Vielmehr erhielten jugendliche Behinderte dort eine Erstausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz. Die Auszubildenden würden auch unstreitig in die Ausbildungsrolle bei der Industrie- und Handelskammer eingetragen. In das Berufsbildungswerk der Antragstellerin würden ebenso unstreitig keine pflegeabhängigen Jugendlichen aufgenommen. Viele der jugendlichen Auszubildenden benötigten keinerlei ärztliche Betreuung oder irgendeine Versorgung. Die Antragstellerin gehe durch schlüssiges Handeln Berufsausbildungsverträge mit den als Rehabilitanden bezeichneten Auszubildenden ein.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben den Feststellungsantrag zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Verfahrensziel weiter, während der Betriebsrat und die Jugend- und Auszubildendenvertretung beantragen, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
B. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben den Antrag festzustellen, daß die Rehabilitanden im Berufsbildungswerk N der Antragstellerin keine Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes sind, mit Recht zurückgewiesen.
I. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG nur solche Personen sein können, mit denen der Ausbildende einen privatrechtlichen Vertrag geschlossen hat, der die Beschäftigung zur Berufsausbildung zum Inhalt hat. Auch unter dem Gesichtspunkt der Berufsausbildung setzt die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG voraus, daß der Auszubildende aufgrund eines zumindest auch hierauf gerichteten privatrechtlichen Vertrages mit dem ausbildenden Arbeitgeber im Betrieb eine berufliche Unterweisung erhält. Wer aufgrund eines privat-rechtlichen Vertrages in einem Betrieb Arbeit leistet, ist grundsätzlich betriebsverfassungsrechtlicher Arbeitnehmer, wer auf privatvertraglicher Grundlage in einem Betrieb ausgebildet wird, ist im Grundsatz betriebsverfassungsrechtlich Auszubildender. Hierfür ist unerheblich, wie die Vertragsparteien die Betätigung rechtlich einordnen oder wie sie ihren Vertrag bezeichnen. Entscheidend ist vielmehr, wie die Parteien ihr Rechtsverhältnis tatsächlich ausgestalten und durchführen (ständige Rechtsprechung: vgl. Senatsbeschluß, BAGE 63, 188, 196 = AP Nr. 40 zu § 5 BetrVG 1972, unter B I 2 der Gründe, m.w.N.).
Das Landesarbeitsgericht ist ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, daß die Rehabilitanden mit der Antragstellerin, wenn auch nicht ausdrücklich, so doch durch schlüssiges Handeln privatrechtliche Berufsausbildungsverträge geschlossen haben. Dabei hat das Landesarbeitsgericht auf die insoweit wesentlichen unmittelbaren Beziehungen zwischen dem einzelnen Rehabilitanden und dem Berufsbildungswerk der Antragstellerin abgestellt und angenommen, daß die rechtlichen Beziehungen zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und dem Rehabilitanden einerseits und zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und der Antragstellerin bzw. deren Berufsbildungswerk andererseits dem Abschluß von privatrechtlichen Berufsausbildungsverträgen zwischen der Antragstellerin und den bei ihr beschäftigten Rehabilitanden nicht entgegenstehen. Dieser Würdigung tritt der Senat bei.
1. Für die berufliche Rehabilitation behinderter Jugendlicher im Berufsbildungswerk der Antragstellerin ist die sozialversicherungsrechtliche Bewilligung einer solchen Maßnahme durch die Bundesanstalt für Arbeit als die dafür zuständige Leistungsträgerin zwar grundlegend. Der behinderte Jugendliche steht insoweit zur Bundesanstalt für Arbeit in einem öffentlich-rechtlichen, nämlich sozialversicherungsrechtlichen Rechtsverhältnis. Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit §§ 33 ff. AFG gewährt die Bundesanstalt für Arbeit "als berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation die Hilfen, die erforderlich sind, um die Erwerbsfähigkeit der körperlich, geistig oder seelisch Behinderten entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu bessern, herzustellen oder wiederherzustellen und die Behinderten möglichst auf Dauer beruflich einzugliedern". Ohne eine solche Bewilligung wird der jugendliche Behinderte bei der Antragstellerin nicht aufgenommen. Indessen bildet die Bewilligung keine Rechtsgrundlage für das Rechtsverhältnis des behinderten Jugendlichen zum Berufsbildungswerk der Antragstellerin.
a) Die Gewährung solcher Hilfen zur beruflichen Rehabilitation, hier in Form einer geordneten Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes, vollzieht die Bundesanstalt für Arbeit durch einen auf den §§ 56 ff. in Verbindung mit § 33 AFG beruhenden Verwaltungsakt im Sinne der §§ 31 ff. SGB I (AT), nämlich einen Bewilligungsbescheid des zuständigen Maßnahmearbeitsamtes gegenüber dem jugendlichen Behinderten. Der Behinderte wird durch den Leistungsbescheid nicht nur berechtigt, sondern er ist nach § 4 Abs. 1 Satz 2 RehaAnglG wie auch nach den §§ 60 ff. SGB I (AT) zur Mitwirkung verpflichtet. Allerdings können Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation nach § 4 Abs. 1 Satz 1 RehaAnglG nur mit Zustimmung des Behinderten durchgeführt werden. Verweigert der Behinderte die von ihm im Rahmen dieser Bestimmungen, insbesondere nach § 64 SGB I (AT) geschuldete Teilnahme "an berufsfördernden Maßnahmen", so kann ihm das zum Zweck der Durchführung der beruflichen Rehabilitation zuerkannte Ausbildungs- oder Übergangsgeld wieder entzogen werden (vgl. Naendrup, Außerbetriebliche berufliche Rehabilitation - Grundprobleme eines Rechtsstellungsgesetzes für Behinderte (1984), S. 42 sowie S. 117, unter 4.4.1.1; Unger, Der Rechtsschutz des Rehabilitanden in außerbetrieblichen beruflichen Rehabilitationsverhältnissen - Zugleich ein Beitrag zur Indienstnahme Privater bei der Erbringung öffentlicher Sozialleistungen -, Inauguraldissertation Bochum (1985), S. 62). Indessen wird der Rehabilitand durch einen Bewilligungsbescheid gegenüber der Antragstellerin weder berechtigt noch verpflichtet.
b) Daran ändert auch das für die Gewährung beruflicher Rehabilitation durch die Bundesanstalt für Arbeit weitgehend maßgebliche Sachleistungsprinzip nichts. Insbesondere ist die Antragstellerin nicht bereits wegen dieses Prinzips Erfüllungs- oder Verwaltungsgehilfin der Bundesanstalt für Arbeit, so daß schon deshalb kein (vertragliches) Rechtsverhältnis zwischen dem Rehabilitanden und der Antragstellerin anzunehmen wäre.
Zwar sieht das Arbeitsförderungsgesetz als Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit in großem Umfang nur Geldleistungen vor, z.B. Arbeitslosengeld (§§ 100 ff.), Arbeitslosenhilfe (§§ 134 ff.), Eingliederungsgeld (§§ 62 a ff.), Kurzarbeitergeld (§§ 63 ff.), Wintergeld (§§ 80 ff.), Schlechtwettergeld (§§ 83 ff.), Konkursausfallgeld (§§ 141 a ff.). In den §§ 56 ff. AFG ist dagegen nicht auf die bloße Leistung von Geld verwiesen worden. Vielmehr sind diese Bestimmungen derart zu verstehen, daß dem Anspruchsberechtigten primär eine Sachleistung, nämlich die Gewährung beruflicher Rehabilitation zuerkannt wird, er also nicht darauf verwiesen ist, zunächst vorzuleisten und einen zur Sachleistung bereiten und fähigen Leistungsanbieter zu finden. Regelmäßig könnten die anspruchsberechtigten jugendlichen Behinderten auch nicht mit eigenen Mitteln in Vorlage treten. Das Sachleistungsprinzip ist der Bundesanstalt für Arbeit bzw. deren Arbeitsämtern im Bereich der beruflichen Rehabilitation Behinderter, insbesondere jugendlicher Behinderter, auch in den Regelungen des § 11 RehaAnglG sowie nochmals ausdrücklich durch § 14 Abs. 2 der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter (A Reha) vorgegeben. § 14 Abs. 2 A Reha (i.d.F. vom 1. Oktober 1986 - ANBA 1986, 1650 ff., auch schon i.d.F. vom 16. März 1982 - ANBA 1982, 583 ff.) räumt der Sachleistung Vorrang vor der Bar(-geld)leistung ein, indem es dort heißt: "Die Förderung ... erfolgt durch Gewährung von Sach- und Barleistungen entsprechend dieser Anordnung. Barleistungen werden dem Behinderten nur insoweit gewährt, als Sachleistungen nicht erbracht werden". Barleistungen sind dabei vor allem die ergänzenden Leistungen zum Lebensunterhalt des Behinderten nach den §§ 59 ff. AFG bzw. 12 RehaAnglG, nämlich das Ausbildungsgeld bzw. das Übergangsgeld (vgl. § 24 A Reha 1986). Die eigentliche berufliche Rehabilitation wird dem jugendlichen Behinderten in Berufsbildungswerken nur als Sachleistung gewährt (vgl. Unger, aaO, S. 45; Naendrup, aaO, S. 119). Indessen hat das Sachleistungsprinzip weder zur Folge, daß die Antragstellerin Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfe der Bundesanstalt für Arbeit wäre, noch gleichsam umgekehrt, daß der Rehabilitand gegenüber der Antragstellerin einen Anspruch auf tatsächliche Gewährung beruflicher Rehabilitationsmaßnahmen hätte. Findet der Rehabilitand im Sinne der §§ 56 ff. AFG keine Einrichtung, die ihm tatsächliche berufliche Rehabilitation gewährt, so hat ihm vielmehr die Bundesanstalt nach dem Sachleistungsprinzip Gelegenheit hierzu zu verschaffen. In einem solchen Fall bedürfte es aber auch noch entsprechender rechtlicher Regelungen, aus denen folgt, daß die Einrichtung zur Erfüllung einer Schuld oder Pflicht der Bundesanstalt für Arbeit tätig wird.
2. Auf den rechtlichen Verhältnissen zwischen der Bundesanstalt für Arbeit bzw. deren jeweiligem Maßnahmearbeitsamt auf der einen Seite und der Antragstellerin als dem leistungserbringenden Berufsbildungswerk auf der anderen Seite beruht das Rechtsverhältnis des Rehabilitanden zur Antragstellerin ebenfalls nicht. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit festgestellt, die Antragstellerin sei zwar der Rahmenvereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen Arbeitsämtern und Berufsbildungswerken (RV AÄ/BBW vom 23. November 1979 i.d.F. vom 29. Mai 1984 - RdErl. BA 25/90 -) nicht beigetreten, sie halte sich jedoch im wesentlichen hieran. Aus den nach § 23 a Abs. 3 A Reha zu treffenden Regelungen zwischen dem Arbeitsamt und dem Berufsbildungswerk ergebe sich keinesfalls das Vorliegen eines Vertrages zugunsten Dritter, nämlich des Behinderten. Auch insoweit ist dem Landesarbeitsgericht zu folgen.
a) Bei der Prüfung der Rechtslage zwischen Berufsbildungswerken einerseits und der Arbeitsverwaltung andererseits ist zwischen den vom einzelnen Rehabilitationsfall losgelösten andauernden Rechtsbeziehungen einerseits und der Rechtsbeziehung andererseits zu unterscheiden, die sich aus dem Einzelkontakt bei der Übernahme und Durchführung des konkreten einzelnen Rehabilitationsfalls ergibt.
b) Die Dauerrechtsbeziehung, die unbeschadet des einzelnen Rehabilitationsfalles zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und einem Berufsbildungswerk besteht und die Grundlage der Errichtung, Ausrichtung und Finanzierung des Berufsbildungswerks sowie seiner institutionellen Förderung bildet, wird jedenfalls im Normalfall durch Verwaltungsakte (vgl. §§ 31 ff. SGB X) oder durch Verwaltungsverträge (vgl. §§ 53 ff. SGB X) unter Beachtung der Schriftformklausel des § 56 SGB X geregelt (vgl. Naendrup, aaO, S. 122). Aus ihr läßt sich für den betriebsverfassungsrechtlichen Status der Rehabilitanden nichts herleiten.
c) Hinsichtlich der rechtlichen Beziehungen zwischen dem einzelnen Berufsbildungswerk und dem jeweiligen Maßnahmearbeitsamt aus Anlaß des einzelnen Rehabilitationsfalles liegt zwar der Gedanke nahe, in dem Träger des Berufsbildungswerks einen öffentlich-rechtlichen Beliehenen (beliehenen Unternehmer) zu sehen, der seinerseits die sozialrechtliche Aufgabe der tatsächlichen Leistung beruflicher Rehabilitationsmaßnahmen gegenüber dem jugendlichen Behinderten erfüllt. Für eine solche Annahme fehlt es jedoch an einer Rechtsgrundlage (vgl. Naendrup, aaO, S. 54 ff.). Die Rechtsfigur des öffentlich-rechtlich Beliehenen ist zwar nicht eindeutig abgegrenzt. Bei aller dogmatischen Unsicherheit besteht indessen darin Einigkeit, daß es sich bei dem Beliehenen um eine private Person handelt, der staatliche Aufgaben zur selbständigen Wahrnehmung in eigener Zuständigkeit übertragen worden sind, wobei für die Übertragung der staatlichen Aufgabe eine normative Ermächtigung vorliegen muß (vgl. Ossenbühl, VVDStrL, Bd. 29 (1971), 137, 148 ff. sowie DVBl 1974, 541 ff., auch zu Haftungsfragen). Hieran fehlt es jedoch in Fällen der vorliegenden Art. Es gibt keine Norm, die es erlaubt, auch nur den Vollzug beruflicher Rehabilitationsmaßnahmen einem Privaten als hoheitliche (staatliche) Aufgabe zur selbständigen Wahrnehmung zu übertragen. Zudem bliebe entsprechend § 89 Abs. 2 SGB X die Verantwortlichkeit des Leistungsträgers, hier also der Bundesanstalt für Arbeit, erhalten, auch wenn sie die Durchführung der Rehabilitationsmaßnahme kraft öffentlichen Auftrags delegieren könnte (vgl. Naendrup, aaO).
Zwischen dem Berufsbildungswerk der Antragstellerin und der Bundesanstalt für Arbeit besteht auch kein öffentlich-rechtlicher Vertrag zugunsten des betroffenen behinderten Jugendlichen nach den §§ 53 ff. SGB X in Verbindung mit den §§ 328 ff. BGB. Nach § 53 Abs. 2 SGB X ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag nur zulässig, wenn die Bundesanstalt für Arbeit gegenüber dem Berufsbildungswerk einen entsprechenden Verwaltungsakt erlassen könnte. Daran fehlt es aber, weil insoweit kein Unterordnungsverhältnis vorliegt.
d) Gegen die Annahme, der Status des Rehabilitanden gegenüber dem Berufsbildungswerk beruhe allein auf den Rechtsbeziehungen zwischen dem Berufsbildungswerk und der Arbeitsverwaltung, spricht wesentlich auch die Rahmenvereinbarung zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und der Arbeitsgemeinschaft der Berufsbildungswerke (RV AÄ/BBW - vom 23. November 1979 i.d.F. vom 29. Mai 1984 - RdErl. der BA 25/90, S. 51 - 53). In deren Präambel wird unter Hinweis auf § 17 Abs. 3 Satz 2 SGB I (AT) die Selbständigkeit der Berufsbildungswerke und ihrer Träger in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben betont. Sie soll durch die Rahmenvereinbarung unberührt bleiben. § 17 Abs. 3 SGB I (AT) lautet auszugsweise: "In der Zusammenarbeit mit gemeinnützigen und freien Einrichtungen und Organisationen wirken die Leistungsträger darauf hin, daß sich ihre Tätigkeit und die der genannten Einrichtungen und Organisationen ... wirksam ergänzen. Sie haben dabei auf deren Selbständigkeit in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben zu achten. ... Im übrigen ergibt sich ihr Verhältnis zueinander aus dem besonderen Teil dieses Gesetzbuches; § 97 Abs. 2 des Zehnten Buches findet keine Anwendung."
§ 97 Abs. 2 SGB X, der seinerseits auch die entsprechende Anwendung der in § 92 SGB X normierten Regeln über das Auftragsverhältnis zwischen den verschiedenen Leistungsträgern anordnet (sog. Auftragsverwaltung), ist hiernach im Verhältnis zu den freien Einrichtungen gerade nicht anwendbar. Das Sozialgesetzbuch enthält in seinem besonderen Teil auch noch keine weiteren Regelungen über das Verhältnis der Leistungsträger zu den sogenannten freien Einrichtungen oder Organisationen hinsichtlich der einzelnen Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation. Für Gesamtvereinbarungen oder ähnliche Regelungen, wie sie für das Kassenarztrecht oder das Verhältnis der Krankenkassen zu den Krankenhäusern bestehen, sind vom Gesetzgeber für den vorliegenden Bereich der beruflichen Rehabilitation unter Heranziehung privatrechtlich organisierter Berufsbildungswerke bisher keine Grundlagen im Sozialgesetzbuch geschaffen worden. Lediglich in § 11 Abs. 2 a Unterabsatz 2 RehaAnglG ist vorgeschrieben, daß "die Kostensätze zwischen den Rehabilitationsträgern und den Trägern der Einrichtung zu vereinbaren" sind. Selbst diese Regelung ist bisher nicht in einen besonderen Teil des Sozialgesetzbuches übernommen worden.
3. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, zwischen dem einzelnen Rehabilitanden und der Antragstellerin sei ein privatrechtlicher Vertrag zustande gekommen, nach welchem der Rehabilitand im Berufsbildungswerk der Antragstellerin zu seiner Berufsausbildung beschäftigt wird.
a) Das Landesarbeitsgericht hat insoweit im wesentlichen ausgeführt: Zwar schlössen die Rehabilitanden mit der Antragstellerin keine förmlichen Ausbildungsverträge ab. Indessen seien derartige privatrechtliche Verträge durch schlüssiges Handeln der daran beteiligten Personen, nämlich des Rehabilitanden und der Antragstellerin, zustande gekommen. Soweit die Antragstellerin geltend mache, sie suche die Rehabilitanden nicht aus, vielmehr würden sie ihr von dem Leistungsträger zugewiesen, womit die Pflicht entfalle, einen Vertrag abzuschließen, stehe dies im Widerspruch zu dem übrigen tatsächlichen Vorbringen der Beteiligten. Entsprechend der Rahmenvereinbarung (RV AÄ/BBW) über die Zusammenarbeit zwischen Arbeitsämtern und Berufsbildungswerken, an die sich die Antragstellerin im wesentlichen halte, erfolge zwar die Anmeldung eines Behinderten durch das Maßnahmearbeitsamt. Die Antragstellerin habe aber nicht geltend gemacht, daß sie überhaupt und gegebenenfalls aus welchem rechtlichen Grund verpflichtet sei, einen vom Maßnahmearbeitsamt angemeldeten Rehabilitanden aufzunehmen. Vielmehr treffe die Antragstellerin selbst die Entscheidung über die Aufnahme des Behinderten, wie es auch in Ziff. 3 Abs. 2 RV AÄ/BBW vorgesehen sei. Dadurch, daß die Antragstellerin die vom Maßnahmearbeitsamt angemeldeten Behinderten mit deren Einverständnis in ihr Berufsbildungswerk aufnehme und ihnen dort die vorgesehene Ausbildung im Rahmen des dualen Systems vermittele, komme jeweils eine Vereinbarung über ein Berufsausbildungsverhältnis mit dem jeweiligen Rehabilitanden zustande. Für die Annahme eines privatrechtlichen Vertrages zur Berufsausbildung spreche auch, daß das Berufsbildungswerk allein über einen eventuellen Abbruch der Ausbildung bei pädagogischen oder disziplinarischen Veranlassungen entscheide. Auch die Rahmenvereinbarung gehe von einem privatrechtlichen Verhältnis zwischen dem Rehabilitanden und der Antragstellerin aus, denn ohne ein solches Rechtsverhältnis könne es nicht zu einem Rechtsstreit kommen, bei welchem die Antragstellerin dem Maßnahmearbeitsamt den Streit zu verkünden habe.
b) Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts lassen Rechtsfehler nicht erkennen. An die darin enthaltenen Tatsachenfeststellungen ist der Senat mangels durchgreifender Rügen gemäß § 561 ZPO gebunden.
aa) Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, ein Ausbildungsvertrag sei formlos durch schlüssiges Handeln zustande gekommen, scheitert nicht daran, daß das Handeln der Beteiligten einen derartigen Schluß auf einen beiderseitigen Verpflichtungswillen nicht zuließe. Die Annahme, vertragliche Beziehungen seien durch schlüssiges Handeln begründet worden, setzt voraus, daß andere denkbare rechtliche Beziehungen, denen das bloße Handeln ebenfalls rechtlich zugeordnet werden könnte, fehlen. Hier liegen keine derartigen anderen rechtlichen Beziehungen vor. Die Durchführung der beruflichen Rehabilitation erfolgt zwar mit Zustimmung des Behinderten. Diese Zustimmungserklärung ist jedoch öffentlich-rechtlicher Art und gegenüber dem Maßnahmearbeitsamt als Leistungsträger abzugeben (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 RehaAnglG). Sie ist damit nicht auf den Abschluß eines privatrechtlichen Ausbildungsvertrages gerichtet. Vielmehr gehört zum Inhalt der dem Behinderten nach § 4 Abs. 1 Satz 2 RehaAnglG obliegenden Mitwirkungspflicht seine Verpflichtung zur Eingehung eines Ausbildungsvertrages, weil die inhaltlich als Teil seiner beruflichen Rehabilitation durchzuführende berufliche Erstausbildung des Abschlusses eines entsprechenden Ausbildungsvertrages aus ausbildungsrechtlichen Gründen (noch) bedarf. Von der Alternative, Rehabilitanden gegebenenfalls auch auf anderer Grundlage als der eines privatrechtlichen Ausbildungsvertrages eine Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf einschließlich der Möglichkeit des förmlichen Berufsabschlusses zur Verfügung zu stellen, hat der Gesetzgeber weder anläßlich der Schaffung des Rehabilitations-Angleichungsgesetzes noch des Berufsbildungsgesetzes Gebrauch gemacht. Ebensowenig ist es zu einer anderen umfassenden Regelung über den Status von Rehabilitanden im Verhältnis zu den Rehabilitationseinrichtungen oder deren Trägern gekommen.
bb) Die Bundesanstalt für Arbeit selbst stellt darauf ab, daß der Berufsausbildung von Rehabilitanden im Sinne der §§ 56 ff. AFG förmliche Berufsausbildungsverträge zugrunde liegen sollen. So heißt es in der Durchführungsanordnung zu § 15 A Reha unter 15.12: "Überbetriebliche Ausbildung erfolgt in Berufsbildungswerken oder sonstigen Einrichtungen, die Ausbildungsmaßnahmen für Behinderte durchführen" und unter 15.14 Abs. 3: "Bei der überbetrieblichen Ausbildung in Einrichtungen im Sinne vom DA 15.12 ist zu beachten, daß künftig in die Vereinbarungen nach § 23 a die Verpflichtung aufgenommen wird, mit den behinderten Auszubildenden Berufsausbildungsverträge nach §§ 3 ff. BBiG abzuschließen (s. RdErl. 103/82, s. auch ibv Nr. 34/76 S. 953)". Nach § 23 a A Reha sind über die Durchführung berufsfördernder Bildungsmaßnahmen in Rehabilitationseinrichtungen mit den Einrichtungen Vereinbarungen abzuschließen, insbesondere über Qualitätsanforderungen, Zahl der Bildungsplätze, Kostenerfassung und -darstellung , Anerkennung der Grundsätze der Bundesanstalt für Arbeit zur Kostenangemessenheit und über die Höhe der Tageskostensätze je Maßnahmeteilnehmer. Ob und inwieweit die Bundesanstalt für Arbeit im vorliegenden Fall mit der Antragstellerin eine Vereinbarung auch mit dem Inhalt getroffen hat, daß die Antragstellerin sich zum Abschluß förmlicher Ausbildungsverträge verpflichtet hätte, ist vom Landesarbeitsgericht nicht festgestellt worden.
cc) Besonders die von der Antragstellerin praktizierten Regelungen in der Rahmenvereinbarung über die Anmeldung und Aufnahme des Behinderten sowie über pädagogische und disziplinarische Veranlassungen bis hin zur Entlassung des Behinderten durch das Berufsbildungswerk (Nr. 4 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und Abs. 4 RV AÄ/BBW) lassen vielmehr auf das Vorliegen eines privatvertraglichen Ausbildungsverhältnisses zwischen dem Rehabilitanden und dem Berufsbildungswerk der Antragstellerin schließen. Dabei ist mit dem Landesarbeitsgericht davon auszugehen, daß die Antragstellerin dieser Rahmenvereinbarung zwar nicht förmlich beigetreten ist, sie sich aber im wesentlichen an die darin enthaltenen Regelungen hält. Die in der RV AÄ/BBW dem Berufsbildungswerk eingeräumten Entscheidungsbefugnisse sind derart ausgestaltet, daß sich hieraus auf das Vorliegen privatvertraglicher Ausbildungsverhältnisse schließen läßt. Dieser Schluß wird auch durch eine Verfahrensregel nahegelegt. Nach Nr. 4 Abs. 4 Satz 3 RV AÄ/BBW ist dem Maßnahmearbeitsamt der Streit zu verkünden, wenn ein Auszubildender dagegen klagt, daß er vom Berufsbildungswerk aus pädagogischen oder disziplinarischen Gründen entlassen worden ist. Damit geht die Rahmenvereinbarung von für das Zivilrecht passenden Verfahrensregelungen der Zivilprozeßordnung aus, nämlich von den §§ 72 ff. ZPO. Streitverkündungen sind dagegen weder im sozialgerichtlichen noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgesehen. In diesen Verfahren gibt es nur die Möglichkeit der Beiladung kraft Amtes oder auf Antrag (vgl. § 75 SGG, § 65 VwGO).
dd) Der Annahme eines stillschweigend oder durch schlüssiges Handeln abgeschlossenen privatrechtlichen Berufsausbildungsvertrages zwischen dem einzelnen Rehabilitanden und dem von der Antragstellerin getragenen Berufsbildungswerk steht auch nicht entgegen, daß der Rehabilitand sich etwa nicht privatrechtlich gegenüber dem Berufsbildungswerk nach § 9 BBiG verpflichten wolle. Für den Rehabilitanden besteht eine Verpflichtung zur Eingehung eines Ausbildungsvertrags im Rahmen von § 4 Abs. 1 Satz 2 RehaAnglG. Hiernach hat er bei der Durchführung der Rehabilitationsmaßnahme nach Kräften mitzuwirken. Dazu zählt auch, sich im Rahmen der inhaltlich zur Rehabilitation zählenden Berufsausbildung wie ein Auszubildender zu verhalten.
ee) Andererseits steht der Würdigung, zwischen der Antragstellerin und dem Rehabilitanden sei es zum stillschweigenden Abschluß eines auf die Berufsausbildung gerichteten privatrechtlichen Vertrags gekommen, nicht entgegen, daß die Antragstellerin nach ihrer Einlassung keine Möglichkeit haben soll, einen zugewiesenen Rehabilitanden nach freiem Belieben abzulehnen. Abgesehen davon, daß die Antragstellerin hierzu nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine Tatsachen vorgebracht hat, gibt es auch keinen Rechtssatz, nach welchem die Annahme des Vertragsabschlusses durch schlüssiges Handels voraussetze, daß der Vertragspartner über die Annahme oder Ablehnung des Vertragsangebots nach freiem Belieben entscheiden könne.
ff) Die Annahme eines durch schlüssiges Handeln zustande gekommenen Berufsausbildungsvertrages ist aber auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Antragstellerin sich nicht mit der Folge eines Vergütungsanspruchs für den Rehabilitanden nach § 10 Abs. 1 BBiG hat verpflichten wollen oder dürfen. Das Landesarbeitsgericht hat zwar angenommen, zur Erfüllung eines solchen Anspruchs bediene sich das Berufsbildungswerk der Leistungen des Arbeitsamtes. Abgesehen davon, daß es für die Möglichkeit einer solchen Inanspruchnahme des Arbeitsamtes durch das Berufsbildungswerk keine Anzeichen gibt, ist eine solche Annahme schon deshalb rechtlich ausgeschlossen, weil zu den ergänzenden Leistungen bei der beruflichen Rehabilitation auch das Übergangsgeld bzw. das an seine Stelle tretende Ausbildungsgeld (nebst Unterkunft und Verpflegung) als Leistungen zum Lebensunterhalt zählen (vgl. § 12 RehaAnglG, § 24 A Reha). Die Geldleistungen erhält der Rehabilitand unmittelbar vom Rehabilitationsträger, hier von der Bundesanstalt für Arbeit. Das Ausbildungsgeld, das neben Unterkunft und Verpflegung gewährt wird, bzw. das Übergangsgeld als Leistungen nach § 24 A Reha beinhalten eine Vergütung. Zur Aufnahme des Rehabilitanden kommt es auch nur, wenn ihm eine Rehabilitation und damit auch Leistungen nach § 24 A Reha in Verbindung mit § 11 RehaAnglG zuerkannt sind. Insoweit unterscheidet sich ein solches Ausbildungsverhältnis grundlegend von anderen, nicht zum Zweck der Rehabilitation begründeten Berufsausbildungsverhältnissen (vgl. BAG Urteil vom 6. September 1989 - 5 AZR 611/88 - AP Nr. 1 zu § 56 AFG, unter II 2 der Gründe, mit zust. Anm. Natzel). Letztlich kann die Vergütungsfrage jedoch dahingestellt bleiben. Denn ein Berufsausbildungsverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG setzt nicht voraus, daß dem Auszubildenden vom Ausbildenden für die Teilnahme an der Ausbildung eine Ausbildungsvergütung gezahlt wird (vgl. BAGE 63, 188 = AP Nr. 40 zu § 5 BetrVG 1972).
4. Der Ansicht, die Rehabilitanden im Berufsbildungswerk der Antragstellerin seien zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne von § 5 Abs. 1 BetrVG, steht, wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat, auch die Regelung in § 1 SGB VI nicht entgegen. In § 1 SGB VI unterscheidet der Gesetzgeber hinsichtlich der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht zwischen Personen, die "gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind" (Nr. 1) und Personen, die "in Einrichtungen der Jugendhilfe oder in Berufsbildungswerken oder ähnlichen Einrichtungen für Behinderte für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen" (Nr. 3). Aus dieser Norm läßt sich nicht schließen, der Gesetzgeber habe unter allen rechtlichen Gesichtspunkten, insbesondere auch unter arbeitsrechtlichen oder gar betriebsverfassungsrechtlichen Gesichtspunkten einheitlich zwischen nicht behinderten Auszubildenden einerseits und Rehabilitanden andererseits mit der Maßgabe unterschieden oder auch nur unterscheiden wollen, daß die letzteren nicht zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG seien. Es fehlt an einer einen solchen Schluß ermöglichenden Verknüpfung der Regelung in § 1 SGB VI mit arbeits- und betriebsverfassungsrechtlichen Bestimmungen. Darüber hinaus ist aus § 1 SGB VI auch nicht zwingend zu schließen, dort in Nr. 3 aufgeführte Personen könnten nicht auch - je nach Sach- und Rechtslage - zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne der Nr. 1 dieser Bestimmung sein.
II. Ebenso zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, daß zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG auch solche Auszubildenden sind, die mit einem Träger einer überbetrieblichen Berufsausbildungseinrichtung einen auf ihre Berufsausbildung gerichteten Vertrag geschlossen haben, jedoch nicht für den Eigenbedarf des Ausbildungsträgers ausgebildet werden. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAGE 52, 182 = AP Nr. 33 zu § 5 BetrVG 1972 (Vorlagebeschluß) sowie BAGE 56, 366 = AP Nr. 36, aaO).
III. Der Annahme, die im Berufsbildungswerk der Antragstellerin zur Ausbildung befindlichen Rehabilitanden seien zur ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG, steht auch die Ausnahmeregelung des § 5 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG nicht entgegen. Nach dieser Bestimmung gelten nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes solche Personen, "deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer ... Wiedereingewöhnung ... beschäftigt werden".
1. Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG lägen nicht vor. Eine Beschäftigung zur Wiedereingewöhnung könne nur angenommen werden, wenn die Beschäftigung vorwiegend als Mittel zur Behebung eines gestörten Verhältnisses der beschäftigten Person zu geregelter Erwerbsarbeit eingesetzt werde. Die Rehabilitanden würden jedoch beschäftigt, um ihnen berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln.
2. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts trifft zu. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG sind nicht erfüllt. Die Beschäftigung der Rehabilitanden dient zwar nicht in erster Linie ihrem Erwerb. Die Rehabilitanden werden aber nicht zu ihrer Wiedereingewöhnung beschäftigt. § 5 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG erfaßt nach seiner Zielsetzung Personen, bei denen die Beschäftigung vorrangig als Mittel zur Behebung physischer, psychischer oder sonstiger in der Person des Beschäftigten liegender Mängel eingesetzt wird. Die Beschäftigung muß vorwiegend der Rehabilitation oder Resozialisierung dieser Personen dienen. Dies gilt auch für das Ziel der Wiedereingewöhnung. Es geht hierbei um die Wiederherstellung eines normalen Verhältnisses dieser Personen zum allgemeinen Erwerbsleben. Die Wiedereingewöhnung ist darauf gerichtet, Personen, die jedweder geregelten Arbeiten entwöhnt sind oder sich nie an solche Arbeit gewöhnt haben oder haben gewöhnen können, an geregelte Arbeit heranzuführen (BAGE 63, 188, 199 = AP Nr. 40 zu § 5 BetrVG 1972, unter B II 1 der Gründe, m. zust. Anm. Natzel). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Rehabilitanden sollen vielmehr erstmals befähigt werden, trotz ihrer Behinderung als Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt teilzunehmen. Um die Beseitigung eines gestörten Verhältnisses zu geregelter Arbeit geht es dabei nicht.
IV. Insgesamt war daher der Rechtsbeschwerde der Erfolg zu versagen.
Dr. Seidensticker Kremhelmer Schliemann
Dr. Sponer Straub
Fundstellen
BAGE 70, 215-231 (LT1) |
BAGE, 215 |
AiB 1993, 568-569 (LT1) |
BetrVG, (7) (LT1) |
EzB BetrVG § 5, Nr 28 (LT1) |
NZA 1993, 762 |
NZA 1993, 762-765 (LT1) |
AP § 5 BetrVG 1972 Ausbildung (LT1), Nr 4 |
AR-Blattei, ES 530.5 Nr 23 (LT1) |
ArbuR 1993, 340-342 (LT1) |
EzA § 5 BetrVG 1972, Nr 54 (LT1) |
RdLH 1993, Nr 2, 37 (T) |
RsDE 1994, 59 |
RsDE Nr 25, 59-70 (1994) (ST) |