Entscheidungsstichwort (Thema)
Jugendvertreter. Übernahme in befristetes Arbeitsverhältnis
Leitsatz (amtlich)
- Durch das Übernahmeverlangen eines gemäß § 78a BetrVG geschützten Auszubildenden kann kraft Gesetzes nur ein unbefristetes Arbeitsverhälnis entstehen. Die Begründung eines befristeten Arbeitsverhältnisses bedarf stets einer dahin gehenden vertraglichen Vereinbarung.
- Die Weiterbeschäftigung des Auszubildenden in einem nach § 78a Abs. 2 bzw. Abs. 3 BetrVG entstehenden unbefristeten Arbeitsverhältnis ist dem Arbeitgeber unzumutbar im Sinne des § 78a Abs. 4 BetrVG, wenn dem Arbeitgeber kein auf Dauer angelegter Arbeitsplatz zur Verfügung steht (im Anschluß an BVerwG Beschluß vom 31. Mai 1990 – 6 P 16.88 – AP Nr. 7 zu § 9 BPersVG).
Normenkette
BetrVG § 78a Abs. 2, 4
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2) bis 5) gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 23. August 1990 – 6 TaBV 11/90 – wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten darüber, ob zwischen dem antragstellenden Arbeitgeber und den beteiligten ehemaligen Auszubildenden Nils R… und Ilja D… (Beteiligte zu 2 und 3) ein Arbeitsverhältnis gemäß § 78a BetrVG besteht.
Der antragstellende Arbeitgeber betreibt ein Forschungsinstitut mit angegliederter Klinik. Für den Institutsbereich sind nach dem Haushaltsplan 177 Planstellen, im Klinikbereich zusätzlich etwa 170 Vollzeitarbeitsplätze vorhanden. Die Zahl der Auszubildenden liegt derzeit bei knapp unter 30. Das Institut bildet weit über den eigenen Bedarf aus.
Die Beteiligten Nils R… und Ilja D… wurden bei dem Arbeitgeber zu Biologielaboranten ausgebildet. Sie waren Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung (Beteiligte zu 4). Am 30. Januar 1990 bestanden sie die Abschlußprüfung zum Biologielaboranten. Mit Schreiben vom 6. November 1989 verlangten sie unter Hinweis auf § 78a Abs. 2 BetrVG die Übernahme in ein Arbeitsverhältnis. Mit Schreiben vom 10. November 1989 teilte ihnen der Arbeitgeber mit, daß er das vorliegende Verfahren einleiten werde.
Im Institutsbereich sind Laborgruppen gebildet, die aus einem Laborgruppenleiter und weiteren Mitarbeitern mit fester Planstelle bestehen. Durch Forschungsaufträge werden über Drittmittelgeber zusätzliche Mittel beschafft, die zur befristeten Einstellung weiterer Mitarbeiter zur technischen Assistenz verwendet werden. Die Beantragung von Drittmittelprojekten obliegt dem Laborgruppenleiter. Dieser setzt, sofern Drittmittel bewilligt werden, die Anforderungen an die technischen Mitarbeiter fest. Nach betriebsinterner Ausschreibung wählt der Laborgruppenleiter diese aus. Die befristeten Arbeitsverträge werden zwischen den Bewerbern und dem Arbeitgeber abgeschlossen. Die Drittmittel stehen in der Regel für zwei oder drei Jahre zur Verfügung. Vielfach werden Forschungsaufträge auch verlängert. Derzeit liegt die Anzahl der Drittmittelprojekte bei über 20.
In der Zeit vom 1. November 1989 bis 15. Januar 1990 bat der Arbeitgeber den Betriebsrat (Beteiligten zu 5) um Zustimmung zur befristeten Einstellung von insgesamt fünf Biologielaborantinnen. Die Einstellung von vier der fünf Biologielaborantinnen stand unter der Voraussetzung, daß sie die Abschlußprüfung im Januar 1990 bestehen. Die Befristungen erfolgten wegen Aufgaben von begrenzter Dauer für drittmittelfinanzierte Projekte sowie in zwei Fällen wegen § 21 Bundeserziehungsgeldgesetz bzw. wegen Mutterschaftsurlaubs einer anderen Arbeitnehmerin. Eingruppiert wurden die Biologielaborantinnen in die Vergütungsgruppen VII oder VIII BAT. Der Betriebsrat stimmte den Einstellungen zu. Zum 1. Februar 1990 besetzte der Arbeitgeber zwei unbefristete Vollzeitarbeitsplätze. Eine Stelle wurde mit dem ehemaligen Auszubildenen Thomas S… besetzt, der ebenfalls Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung war und am 8. November 1989 einen Antrag auf Übernahme gestellt hatte. Die zweite Stelle wurde mit dem medizinisch-technischen Assistenten Henning Z… als technischer Assistent für die Bakteriengenetik besetzt. Dessen Vergütung richtet sich nach der Vergütungsgruppe Vb BAT Fallgruppe 12.
Alle genannten Stellen wurden innerbetrieblich ausgeschrieben. Die Beteiligten R… und D… bewarben sich auch um die befristeten Stellen unter Aufrechterhaltung ihrer Rechte aus § 78a BetrVG. Sie waren bereit, in ein befristetes Arbeitsverhältnis übernommen zu werden. Ihre Qualifikation hinsichtlich Ausbildung und Prüfungsergebnis entsprach der der eingestellten Biologielaborantinnen. Die eingestellten Biologielaborantinnen waren im letzten halben Jahr ihrer Ausbildung in den Laborgruppen tätig, für die die befristete Einstellung erfolgte.
Mit dem bei Gericht am 23. Januar 1990 eingegangenen Antrag hat der Arbeitgeber im Beschlußverfahren die Feststellung begehrt, daß zwischen ihm und den Beteiligten R… und D… ein Arbeitsverhältnis nach § 78a BetrVG nicht begründet wird. Er hat vorgetragen, das Forschungsinstitut diene unmittelbar und überwiegend wissenschaftlichen Bestimmungen, es genieße somit Tendenzschutz gemäß § 118 BetrVG. § 78a BetrVG finde daher keine Anwendung. Die im Bereich der wissenschaftlichen Forschung eingesetzten Mitarbeiter seien Tendenzträger. Die verantwortlichen Wissenschaftler könnten für solche Projekte das Grundrecht der Forschungsfreiheit in Anspruch nehmen. Dazu gehöre auch, daß sie maßgeblichen Einfluß auf die für das Forschungsprojekt einzusetzenden Mitarbeiter nehmen könnten. Die Beteiligten R… und D… hätten die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis verlangt. Es stünden aber keine unbefristeten Stellen zur Verfügung. Das Aufgabengebiet des unbefristet eingestellten medizinisch-technischen Assistenten Z… hätten sie nicht erfüllen können. Diesem würden Tätigkeiten übertragen, die weit über den Qualifikationen der Beteiligten R… und D… lägen. Ihr Begehren könne auch nicht durch die Weiterbeschäftigung auf einer befristeten Stelle erfüllt werden. Darüber hinaus genügten sie den Anforderungen an die vorhandenen befristeten Stellen nicht. Für diese Projekte könnten nur solche Mitarbeiter eingestellt werden, die mit den Arbeitsmethoden des jeweiligen Projektes bereits vertraut seien. Dies sei bei den befristet eingestellten Biologielaborantinnen der Fall.
Der Arbeitgeber hat beantragt,
festzustellen, daß ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und den Beteiligten Nils R… und Ilja D… gemäß § 78a Abs. 2 oder Abs. 3 BetrVG aufgrund des Übernahmeverlangens der Beteiligten R… und D… vom 6. November 1989 nicht begründet wird.
Die Beteiligten Nils R… und Ilja D…, die Jugend- und Auszubildendenvertretung und der Betriebsrat haben beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie haben vorgetragen, der Betrieb des Arbeitgebers sei kein Tendenzbetrieb, da dieser neben dem Forschungsbetrieb auch ein Krankenhaus umfasse, das auch der Regelversorgung diene. Jedenfalls seien die Biologielaboranten und technischen Assistenten keine Tendenzträger. Dem Arbeitgeber sei es nicht unzumutbar gewesen, die Beteiligten R… und D… auf dem Arbeitsplatz des Herrn Z… einzusetzen. Zwar lägen die verlangten Tätigkeitsmerkmale über den Tätigkeitsmerkmalen, die ein Biologielaborant unmittelbar nach seiner Prüfung an Fertigkeiten und Erfahrungen erfüllen könne. Allen Auszubildenden, die nach § 78a Abs. 2 BetrVG ihre Weiterbeschäftigung verlangen könnten, fehle es naturgemäß an Berufserfahrung. Nach dem Schutzzweck des § 78a BetrVG müsse aber eine eventuell längere Einarbeitungszeit des Auszubildenden in Kauf genommen werden. Jedenfalls hätten sie in befristete Arbeitsverhältnisse übernommen werden müssen, womit sie einverstanden gewesen seien. Die Bevorzugung der in befristete Arbeitsverhältnisse übernommenen Biologielaborantinnen sei lediglich deshalb erfolgt, weil diese während der Ausbildung zufälligerweise bereits in den betreffenden Laborgruppen eingesetzt gewesen seien. Daß nur befristete Stellen zur Verfügung gestanden hätten, sei auch deshalb unerheblich, weil es in der Vergangenheit eine ganze Reihe von Übernahmen zunächst befristet eingestellter Mitarbeiter auf sogenannte Planstellen gegeben habe. Diese Möglichkeit und die Möglichkeit, die Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung in weiteren Drittmittelprojekten zu beschäftigen, müsse der Arbeitgeber, um § 78a BetrVG gerecht zu werden, ausschöpfen.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Arbeitgebers hat das Landesarbeitsgericht den Beschluß des Arbeitsgerichts abgeändert und festgestellt, daß ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Antragsteller und den Beteiligten R… und D… gemäß § 78a Abs. 2 oder 3 BetrVG aufgrund des Übernahmeantrages vom 6. November 1989 nicht begründet worden ist. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten R… und D…, die Jugend- und Auszubildendenvertretung und der Betriebsrat ihren Abweisungsantrag weiter. Der Arbeitgeber beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem Antrag des Arbeitgebers zu Recht stattgegeben. Bei diesem Antrag handelte es sich seit dem 30. Januar 1990 (Tag der Beendigung der Berufsausbildungsverhältnisse) der Sache nach um den Antrag, die gemäß § 78a Abs. 2 BetrVG begründeten Arbeitsverhältnisse der Beteiligten R… und D… durch gerichtliche Entscheidung aufzulösen. Daß die für eine derartige Auflösungsentscheidung in § 78a Abs. 4 BetrVG aufgestellten Voraussetzungen hier erfüllt sind, hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt. Die Arbeitsverhältnisse der Beteiligten R… und D… enden daher mit Rechtskraft des vorliegenden Beschlusses.
I. Zwischen dem Arbeitgeber und den Beteiligten R… und D… sind im Anschluß an ihre Berufsausbildungsverhältnisse kraft Gesetzes (§ 78a Abs. 2 BetrVG) unbefristete Arbeitsverhältnisse begründet worden.
1. Die Beteiligten haben unstreitig als Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung ihres jeweiligen Berufsausbildungsverhältnisses schriftlich vom Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung verlangt. Damit sind die Voraussetzungen für die gesetzliche Rechtsfolge des § 78a Abs. 2 BetrVG erfüllt. Ob man diese Rechtsfolge in der Begründung eines Arbeitsverhältnisses oder lediglich in der Fiktion eines Arbeitsverhältnisses sieht, mag dahinstehen, da dieser Unterscheidung jedenfalls für die hier erheblichen Rechtsfragen keine Bedeutung zukommt.
2. Dem Entstehen der Arbeitsverhältnisse aufgrund des § 78a Abs. 2 BetrVG steht nicht entgegen, daß der Arbeitgeber bereits vor Beendigung der Berufsausbildungsverhältnisse einen Antrag nach § 78a Abs. 4 BetrVG gestellt hatte und sich dieser Antrag letztlich als erfolgreich erweist. Wie der erkennende Senat im Beschluß vom 29. November 1989 (BAGE 63, 319, 323 ff. = AP Nr. 20 zu § 78a BetrVG 1972, zu B II 1a der Gründe) unter Aufgabe der früheren abweichenden Rechtsprechung (vgl. insbesondere BAGE 55, 284 = AP Nr. 4 zu § 9 BPersVG) entschieden und näher begründet hat, hindert auch ein Feststellungsantrag nach § 78a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BetrVG, den der Arbeitgeber bis zur Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses stellen kann, das Entstehen eines Arbeitsverhältnisses nach § 78a Abs. 2 bzw. Abs. 3 BetrVG nicht, wenn diesem Antrag im Zeitpunkt der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses noch nicht rechtskräftig stattgegeben worden ist. Ein derartiger Feststellungsantrag wandelt sich vielmehr in einem solchen Falle im Zeitpunkt der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses in einen Antrag nach Nr. 2 dieser Vorschrift auf Auflösung des nunmehr begründeten Arbeitsverhältnisses um, ohne daß es einer förmlichen Antragsänderung bedarf.
3. Die an dem angeführten Senatsbeschluß vom 29. November 1989 (aaO) im Schrifttum geäußerte Kritik (vgl. Berger-Delhey, Anm. zu AP Nr. 20 zu § 78a BetrVG 1972; Bengelsdorf, NZA 1991, 537) gibt dem Senat keinen Anlaß, seine Rechtsprechung zu ändern. Diese Kritik befaßt sich nur ansatzweise mit den durch die Vorschrift des § 78a BetrVG selbst aufgeworfenen Auslegungsproblemen, sondern meint im wesentlichen, die neue Rechtsprechung des Senats halte sich nicht im Rahmen der den Gerichten zustehenden Gesetzesauslegung. Dabei geht die Kritik von der unzutreffenden Prämisse aus, das Gesetz habe gerade den Inhalt, den die frühere Rechtsprechung aufgrund ihrer Auslegung der Vorschrift angenommen hatte, ohne auf die vom Senat aufgezeigten Unzulänglichkeiten dieser Auslegung einzugehen. Insoweit übergeht sie vor allem die tragende Begründung der neueren Senatsrechtsprechung, nach der eine Auslegung des § 78a Abs. 4 Satz 1 BetrVG, die zu einer unterschiedlichen Behandlung der Rechtsfolgen der Nummern 1 und 2 dieser Vorschrift führt, durch keinen einsichtigen Grund erklärbar wäre und daher einen Wertungswiderspruch darstellen würde. Es mag sein, daß ein derartiger Wertungswiderspruch bis zu einer Gesetzesänderung hingenommen werden müßte, wenn er das Ergebnis einer eindeutigen gesetzlichen Regelung wäre. Hier folgt er indessen erst aus der Interpretation des Gesetzes durch die bisherige Rechtsprechung, so daß er durch Änderung dieser Rechtsprechung zu beseitigen war. Die mithin gebotene einheitliche Behandlung der Rechtsfolgen beider Antragsformen des § 78a Abs. 4 Satz 1 BetrVG aber läßt sich nicht auf dem Wege verwirklichen, daß beide Anträge im Falle ihrer Begründetheit das Entstehen eines Arbeitsverhältnisses von Anfang an verhindern; dies verbietet sich schon aufgrund des klaren Wortlauts der Nummer 2 des § 78a Abs. 4 Satz 1 BetrVG und der insbesondere aus der Entstehungsgeschichte erkennbaren Zweckbestimmung des Gesetzes, die Kontinuität der Amtsführung des Betriebsrats bzw. der Jugend- und Auszubildendenvertretung abzusichern. Nach Ansicht des Senats ist deshalb eine sowohl den Gleichheitssatz des Art. 3 GG als auch den Gesetzeszweck beachtende Auslegung nur in der Weise möglich, daß beide Anträge des § 78a Abs. 4 Satz 1 BetrVG erst ab Rechtskraft einer dem Antrag stattgebenden gerichtlichen Entscheidung das Entstehen bzw. Fortbestehen eines Arbeitsverhältnisses verhindern. Im übrigen befindet sich der Senat, wie bereits im Beschluß vom 29. November 1989 (aaO) ausgeführt, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur insoweit gleichgelagerten Vorschrift des § 9 Abs. 4 BPersVG. Inzwischen hat das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung durch Beschluß vom 31. Mai 1990 (– 6 P 16.88 – AP Nr. 7 zu § 9 BPersVG) nochmals ausdrücklich bestätigt.
II. Die zwischen dem Arbeitgeber und den Beteiligten R… und D… entstandenen Arbeitsverhältnisse enden jedoch mit Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung. Denn das Auflösungsbegehren des Arbeitgebers ist gemäß § 78a Abs. 4 Satz 1 BetrVG begründet. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dem Arbeitgeber könne die Weiterbeschäftigung der Beteligten R… und D… in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis nicht zugemutet werden, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Sie wird auch von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen. Soweit die Rechtsbeschwerde meint, der Arbeitgeber hätte die Beteiligten R… und D… in befristete Arbeitsverhältnisse übernehmen müssen, kann ihr nicht gefolgt werden.
1. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Dem Antrag des Arbeitgebers sei stattzugeben, ohne daß es darauf ankäme, ob die Rechtsfolge des § 78a Abs. 2 BetrVG bereits aus Gründen des Tendenzschutzes entfalle. Denn es lägen Tatsachen vor, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung der Beteiligten R… und D… nicht zugemutet werden könne. Der Arbeitgeber habe bei Beendigung der Berufsausbildung der Beteiligten R… und D… nur über zwei unbefristete Arbeitsplätze verfügt. Einer sei mit einem Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung besetzt worden und scheide deshalb aus. Die Beteiligten R… und D… hätten auch nicht auf dem unbefristeten Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden können, für den der technische Assistent Z… eingestellt worden sei, weil ihnen die hierfür erforderliche Qualifikation fehle. Sie könnten auch nicht verlangen, auf den im Rahmen von Drittmittelprojekten befristeten Stellen auf unbestimmte Zeit weiterbeschäftigt zu werden. Aus § 78a Abs. 2 BetrVG ergebe sich, daß die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis möglich sein müsse. Das setze voraus, daß ein unbefristeter Arbeitsplatz vorhanden sei. Der Arbeitgeber werde durch § 78a Abs. 2 BetrVG nicht verpflichtet, einen neuen, unbefristeten Arbeitsplatz einzurichten. Auch sei es gemäß § 49 Abs. 1 Landeshaushaltsordnung Schleswig-Holstein, an die der beteiligte Arbeitgeber gebunden sei, dem Arbeitgeber verwehrt, Arbeitnehmer auf befristeten Stellen unbefristet einzustellen.
2. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, ob dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung im Sinne des § 78a Abs. 4 BetrVG nicht zugemutet werden kann, unterliegt im Rechtsbeschwerdeverfahren nur einer eingeschränkten Nachprüfung. Das Rechtsbeschwerdegericht kann nur prüfen, ob das Beschwerdegericht den unbestimmten Rechtsbegriff der Unzumutbarkeit verkannt hat, ob die Unterordnung des festgestellten Sachverhaltes unter diesen Rechtsbegriff Denkgesetzen oder Erfahrungssätzen widerspricht und ob alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände berücksichtigt und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen worden sind (BAGE 44, 355, 361 = AP Nr. 12 zu § 78a BetrVG 1972. zu II 3 der Gründe, m.w.N.; BAGE 63, 319, 338 = AP Nr. 20 zu § 78a BetrVG 1972, zu B II 3b der Gründe).
Derartige Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts sind weder von der Rechtsbeschwerde aufgezeigt worden noch sonst ersichtlich.
a) Zum Begriff der Unzumutbarkeit im Sinne des § 78a Abs. 4 BetrVG hat das Landesarbeitsgericht zutreffend die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. insbesondere Urteile vom 16. Januar 1979 – 6 AZR 153/77 – AP Nr. 5 zu § 78a BetrVG 1972 und vom 15. Januar 1980, BAGE 32, 285, 289 = AP Nr. 9 zu § 78a BetrVG 1972, zu II 2b der Gründe; Beschluß vom 29. November 1989, BAGE 63, 319, 339 = AP Nr. 20 zu § 78a BetrVG 1972, zu B II 3b der Gründe) zugrunde gelegt. Danach ist dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung eines Auszubildenden gemäß § 78a BetrVG aus betrieblichen Gründen unzumutbar, wenn zum Zeitpunkt der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses kein freier Arbeitsplatz vorhanden ist. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, durch organisatorische Maßnahmen Arbeitsplätze neu zu schaffen, um die Weiterbeschäftigung zu gewährleisten.
b) Das Landesarbeitsgericht hat, ohne daß die Revision dies angegriffen hätte, rechtsfehlerfrei festgestellt, daß dem Arbeitgeber keiner der beiden unbefristeten Arbeitsplätze für eine Weiterbeschäftigung der Beteiligten R… und D… zur Verfügung stand. Aber auch eine unbefristete Weiterbeschäftigung der Beteiligten auf den jeweils nur befristet zur Verfügung stehenden drittmittelfinanzierten Arbeitsplätzen hat das Landesarbeitsgericht zu Recht als für den Arbeitgeber unzumutbar angesehen. Da durch § 78a Abs. 2 bzw. Abs. 3 BetrVG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet wird, kommt es für die Frage, ob dieses Arbeitsverhältnis gemäß § 78a Abs. 4 BetrVG aufzulösen ist, darauf an, ob dem Arbeitgeber im Zeitpunkt der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses ein auf Dauer angelegter Arbeitsplatz zur Verfügung stand, auf dem er den Auszubildenden unbefristet weiterbeschäftigen konnte (so auch BVerwG Beschlüsse vom 13. März 1989 – 6 P 22.85 – und vom 31. Mai 1990 – 6 P 16.88 – AP Nr. 5 und 7 zu § 9 BPersVG, jeweils m.w.N.). Um derartige auf Dauer angelegte Arbeitsplätze handelte es sich nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bei den drittmittelfinanzierten Arbeitsplätzen nicht. Ihre Finanzierung war jeweils nur für einen begrenzten Zeitraum gesichert; ohne Verstoß gegen die auf den beteiligten Arbeitgeber anwendbaren haushaltsrechtlichen Vorschriften durfte er auf ihnen Arbeitnehmer nicht unbefristet einstellen.
3. Gegen die mithin rechtsfehlerfreie Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Übernahme der Beteiligten R… und D… in unbefristete Arbeitsverhältnisse sei dem Arbeitgeber unzumutbar gewesen, wendet sich auch die Rechtsbeschwerde nicht. Sie macht vielmehr sinngemäß nur geltend, die Beteiligten R… und D… hätten entsprechend dem von ihnen erklärten Einverständnis in befristete Arbeitsverhältnisse übernommen werden können. Indessen hat das Landesarbeitsgericht zu Recht nicht geprüft, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung der Beteiligten im Rahmen befristeter Arbeitsverhältnisse zumutbar gewesen wäre. Denn diese Frage stellt sich im vorliegenden Verfahren nach § 78a Abs. 4 BetrVG nicht.
Ist dem Arbeitgeber die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nicht zumutbar, weil ihm ein entsprechender Arbeitsplatz nicht zur Verfügung steht, so kann der Arbeitgeber zwar bei Einverständnis des ehemaligen Auszubildenden einen befristeten Arbeitsvertrag schließen. Gegen den Willen des Arbeitgebers kann jedoch der ehemalige Auszubildende die Übernahme in ein befristetes Arbeitsverhältnis nicht auf dem Wege des § 78a Abs. 2 bzw. Abs. 3 BetrVG durchsetzen. Nach diesen Vorschriften kommt auf das Verlangen des Auszubildenden hin ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande. Nur um dessen Nichtentstehen bzw. dessen Auflösung und damit allein um die Unzumutbarkeit eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses geht es im Verfahren nach § 78a Abs. 4 BetrVG.
Der erkennende Senat hat bereits zum Teilzeitarbeitsverhältnis ausgeführt, ein solches könne nicht kraft Gesetzes gemäß § 78a Abs. 2 bzw. Abs. 3 BetrVG, sondern nur nach Maßgabe des Konsensprinzips entstehen (Urteil vom 13. November 1987, BAGE 57, 21 = AP Nr. 18 zu § 78a BetrVG 1972). Ein gemäß § 78a Abs. 2 bzw. Abs. 3 BetrVG entstandenes Vollzeitarbeitsverhaltnis ist, wenn dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung nur im Rahmen eines Teilzeitarbeitsverhältnisses zumutbar ist, selbst dann gemäß § 78a Abs. 4 BetrVG aufzulösen, wenn der Auszubildende, nicht aber der Arbeitgeber sein Einverständnis mit der Begründung eines Teilzeitarbeitsverhältnisses erklärt hat. Entsprechendes muß erst recht für die Begründung eines befristeten Arbeitsverhältnisses gelten, da § 78a Abs. 2 bzw. Abs. 3 BetrVG als Rechtsfolge ausdrücklich nur die Begründung eines Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit vorsehen.
Im Entscheidungsfalle kommt es deshalb auch nicht darauf an, ob die Beteiligten R… und D… ihr Einverständnis auch mit einer befristeten Beschäftigung bereits im Zeitpunkt ihres Übernahmeverlangens nach § 78a Abs. 2 BetrVG hinreichend deutlich erklärt haben bzw. ob – wie die Rechtsbeschwerde meint – das Verlangen nach befristeter Weiterbeschäftigung stets als ein “Weniger” in dem Verlangen nach Weiterbeschäftigung enthalten ist. Denn im Rahmen des § 78a BetrVG kommt einem Verlangen nach befristeter Weiterbeschäftigung keine rechtliche Bedeutung zu.
Unterschriften
Dr. Seidensticker, Schliemann, Dr. Steckhan
Die ehrenamtlichen Richter Dr. Scholz und Neuroth sind wegen Ablaufs ihrer Amtszeit verhindert zu unterschreiben.
Dr. Seidensticker
Fundstellen
BAGE, 187 |
BB 1992, 352 |
NZA 1992, 174 |
RdA 1992, 60 |