Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. Ausgliederung von Gaststätten
Orientierungssatz
Parallelsache zu BAG Urteil vom 01.04.1987 - 4 AZR 77/86.
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger, der der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) als Mitglied angehört, war ab 1. April 1970 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Firma Ka, die Mitglied des Einzelhandelsverbands ist, im Restaurant der Filiale K als Konditor beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 31. März 1970 heißt es hierzu:
"Der Lohn beträgt DM 990,-- brutto pro Monat.
Darin ist enthalten Tariflohn nach Tarifgruppe
II/c = DM 853,66, übertarifliche Zulage =
DM 46,34, Verpflegung im Werte von DM 88,50.
.....
Mit dieser Regelung sind sämtliche aus dem
jeweiligen Tarifvertrag sich ergebenden Ansprüche
einschließlich Sozialzulagen abgegolten,
soweit der vereinbarte Lohn die tariflichen
Ansprüche nicht unterschreitet."
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten wandte auf das Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmer der Filiale K die Tarifverträge des Einzelhandels für Hessen an. Seit mindestens 1981 sind die Lohn- und Gehaltstarifverträge für den hessischen Einzelhandel allgemeinverbindlich.
Im Jahre 1982 gründete die Rechtsvorgängerin der Beklagten als 100 %ige Tochtergesellschaft die Beklagte, die seit 1. Januar 1982 Mitglied des Landesverbandes Hotel- und Gaststättengewerbe in Hessen ist. Nach Gründung der Beklagten wurden die bisherigen Betriebsabteilungen der Rechtsvorgängerin der Beklagten zur Bewirtung von Kaufhausbesuchern aus dem Unternehmen der Rechtsvorgängerin der Beklagten ausgegliedert und auf die Beklagte übertragen. Hierzu gehörte auch das Restaurant der Filiale der Rechtsvorgängerin der Beklagten in K, in dem der Kläger arbeitete. Dieses Restaurant ging am 1. Januar 1983 auf die Beklagte über und wird seitdem von einem Restaurant-Manager der Beklagten geleitet. Die Beklagte übernahm darüber hinaus 56 Betriebsstätten von der Firma Kau. Sie betreibt ferner "M"-Restaurants in O und Wi sowie je eine Betriebsstätte im G-Markt in L und im O-Markt in B.
Im Hinblick auf die geplante Übernahme der Restaurants in den Kaufhäusern der Rechtsvorgängerin der Beklagten durch die Beklagte schlossen die Rechtsvorgängerin der Beklagten und deren Gesamtbetriebsrat am 29. Januar 1982 eine Gesamtbetriebsvereinbarung ab, in der es u.a. heißt:
"Im Zusammenhang mit der Übertragung der Arbeitsverhältnisse
von Mitarbeitern der Ka
auf die K Gesellschaft
mbH (K ) werden als Ausgleich
und zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile
sowie zur Klärung aller offenen Rechtsfragen
- u.a. auch bezüglich § 613 a BGB - folgende
Regelungen getroffen:
.....
2. Die zum Zeitpunkt des Übergangs der Arbeitsverhältnisse
auf die K vereinbarten
effektiven Bruttogehälter und
-löhne werden unbefristet garantiert.
3. Alle Ansprüche von Mitarbeitern aus den
zum Zeitpunkt des Übergangs der Arbeitsverhältnisse
bestehenden Gesamtbetriebsvereinbarungen
in ihrer jeweils geltenden
Fassung bleiben erhalten.
Die insoweit geltenden Gesamtbetriebsvereinbarungen
sind in einer Anlage dieser
Vereinbarung verzeichnet.
.....
5. Die in den Tarifverträgen des Einzelhandels
geregelten Leistungen werden in ihrer
zum Zeitpunkt des Übergangs der Arbeitsverhältnisse
bestehenden Höhe Bestandteil
der Arbeitsverhältnisse der betreffenden
Mitarbeiter. Dies gilt insbesondere
für die zu diesem Zeitpunkt bestehenden
Ansprüche auf Urlaub, Urlaubsgeld
und vermögenswirksame Leistungen.
Darüber hinaus gilt dies für die tarifvertraglich
geregelte 40-Stunden-Woche
sowie die 5-Tage-Woche im Rahmen des roulierenden
Arbeitszeitsystems.
Die im Jahre 1982 im Bereich des Einzelhandels
wirksam werdenden tariflichen Veränderungen
werden bei der Feststellung
der Leistungshöhe gem. Satz 1 zugunsten
der Arbeitnehmer angewandt.
6. Die Gehalts/Lohnentwicklung der von der
K übernommenen Mitarbeiter wird für
die Jahre 1983 und 1984 nach folgender
Maßgabe garantiert:
Die auf der Basis des jeweiligen Gehalts-/
Lohntarifvertrags im Hotel- und Gaststättengewerbe
für die ausgeübten Tätigkeiten
auf Grund der Tariferhöhung im Hotel- und
Gaststättengewerbe sich ergebenden Steigerungsbeträge
werden dem gem. Ziffer 5
ermittelten Tarifgehalt/-lohn zugeschlagen.
.....
9. Auf die gesetzliche Möglichkeit (§ 613 a
BGB), nach Ablauf eines Jahres vom Zeitpunkt
des Betriebsübergangs an gerechnet
die nach Tarifvertrag oder Gesamtbetriebsvereinbarung
geltenden Bedingungen zu kündigen,
wird verzichtet.
.....
13. Diese Gesamtbetriebsvereinbarung ist unkündbar;
Änderungen erfolgen nur im Einvernehmen
beider Vertragspartner."
Am 5. März 1982 schlossen die Rechtsvorgängerin der Beklagten und die Beklagte einen Kooperations-, Miet- und Dienstleistungsvertrag ab, in dem es u.a. heißt:
".....
4. Betriebsführung durch die K
------------------------------
Die K führt die von Ka überlassenen
Betriebsstätten in eigener Verantwortung.
Sie hat daher für die gewerbe- und
wettbewerbsrechtlich einwandfreie Abwicklung
der von ihr ausgeübten Tätigkeiten allein
einzustehen. Die Geschäftsführung der
K wird durch ein abgestuftes hierarchisches
Organisationssystem sicherstellen,
daß die betrieblichen und rechtlichen Verantwortlichkeiten
klar abgrenzbar sind. Sie
wird jeweils am Eingang der Betriebsstätten
in angemessener Weise und an gut sichtbarer
Stelle auf ihre Betriebsführungseigenschaft
unmißverständlich hinweisen.
Sie wird insbesondere die für die Führung
der übernommenen Betriebsstätten erforderlichen
bau- und gewerberechtlichen Genehmigungen
rechtzeitig einholen, um Schwierigkeiten
bei der Haftungsabgrenzung zwischen
ihr und Ka zu vermeiden.
Sie tritt zunächst in alle von Ka für
den Gastronomiebereich abgeschlossenen Verträge
als Rechtsnachfolgerin innerhalb von
deren Laufzeit ein. Es bleibt ihr jedoch
unbenommen, diese Verträge innerhalb der
vorgegebenen Kündigungszeiten aufzulösen
oder umzugestalten.
Zwischen Ka und K wird eine Gewinn- und
Verlustausschließung vereinbart (Organschaft).
Die K wird die Öffnungszeiten
ihrer Betriebsstätten grundsätzlich denen
der Ka Betriebe anpassen. Sofern Abweichungen
hiervon erforderlich werden
sollten, sind diese zwischen der Geschäftsführung
der K und dem zuständigen Vorstandsmitglied
für das Ressort Verkauf abzustimmen]
5. Übernahme des Ka -Personals, organisatorische
Einordnung des Personals
------------------------------------------
Die K übernimmt das gesamte im bisherigen
Gastronomiebereich des Ka tätige
und seine Tätigkeit fortsetzen wollende Personal.
Die Übernahmebedingungen sind in der
aus Anlaß der Gründung der K zwischen
Ka und dessen Gesamtbetriebsrat abgeschlossenen
Betriebsvereinbarung festgelegt.
Diese Betriebsvereinbarung ist Gegenstand
und Anlage dieses Vertrages (Anlage III).
Die Einzelheiten werden in individuellen Anstellungs-
bzw. Arbeitsverträgen geregelt.
Die Einstellung neuen Personals obliegt dem
alleinigen Verantwortungsbereich der K .
6. Verfügbarkeit von Stabs- und Serviceleistungen
der Hauptverwaltung und der Filialen
bzw. Ka Betriebsstätten
------------------------------------------
a. Dienstleistungen der Ka Hauptverwaltung
--------------------------------------
.....
b. Dienstleistungen bei Zweigniederlassungen
---------------------------------------
aa. Abwicklung der Personalverwaltung, insbesondere
Lohn- und Gehaltszahlungen,
Führung und getrennte Aufbewahrung der
Personalakten, Fragen in der Personalverwaltung,
Unterstützung bei Personalinseraten,
Schreibarbeiten aller Art
sowie Erledigung von statistischen Arbeiten
im bisherigen Umfang. Ausgenommen
sind demnach alle Einflußnahmen,
die zusammenhängen mit Personaleinsatz,
Einstellung, Entlassung, Gehaltszumessung
sowie Einflußnahmen auf das Kostenbudget
der K . Insoweit besteht
Alleinverantwortlichkeit der K .
....."
Im Jahre 1983 hat die Beklagte die Lohnerhöhungen nach den Tarifverträgen für den hessischen Einzelhandel an den Kläger nicht weitergegeben. Mit der Klage macht der Kläger für die Zeit von März bis August 1983 den Differenzbetrag zwischen dem tatsächlich von der Beklagten gezahlten Monatslohn von DM 2.246,-- und dem tariflichen Monatslohn nach dem Tarifvertrag für den hessischen Einzelhandel in Höhe von DM 2.276,-- geltend sowie den Differenzbetrag zwischen dem von der Beklagten für 1983 gezahlten Urlaubsgeld von DM 915,-- und dem tariflichen Urlaubsgeld nach dem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag über die Sonderzahlung für die Arbeitnehmer im hessischen Einzelhandel in Höhe von DM 955,--. Mit Wirkung vom 1. Januar 1984 ist der Manteltarifvertrag für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Hessen vom 23. Februar 1984 allgemeinverbindlich.
Der Kläger hat vorgetragen, auf das Arbeitsverhältnis der Parteien seien nach wie vor die Tarifverträge für den Einzelhandel in Hessen anwendbar. Die Restaurants der Beklagten und die Kaufhausfilialen der Rechtsvorgängerin der Beklagten bildeten jeweils einen gemeinsamen Betrieb, dessen Schwerpunkt im Einzelhandel liege. Zwischen der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin bestehe ferner eine BGB-Gesellschaft, die als Unternehmen des Einzelhandels im Sinne der Tarifverträge für den Einzelhandel Hessen anzusehen sei. Die Beklagte und ihre Rechtsvorgängerin hätten sich zur Verfolgung gemeinsamer wirtschaftlicher Zwecke auf der Grundlage des Kooperations-, Miet- und Dienstleistungsvertrags derart miteinander verbunden, daß wechselseitig das Verkaufsgeschäft des jeweils anderen im Rahmen einer räumlich-funktionalen Einheit unterstützt werde. Jedenfalls sei die Betriebsstätte der Beklagten in K als Hilfs- und Nebenbetrieb der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu betrachten. Es sei davon auszugehen, daß faktisch zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der Beklagten ein einheitlicher Leitungsapparat geschaffen und dadurch gemeinsame arbeitstechnische Organisationseinheiten begründet worden seien. Zwischen der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin bestünden vielfältige Verknüpfungen und Verbindungen hinsichtlich der Nutzung der Betriebsmittel, der Personalverwaltung, Hausverwaltung und allgemeinen Verwaltung. Im übrigen gälten die tariflichen Regelungen für den Einzelhandel in Hessen für das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Bezugnahme im Arbeitsvertrag. Darüber hinaus erhielten die Beschäftigten in den Betriebsstätten der Rechtsvorgängerin der Beklagten nach einer jahrzehntealten betrieblichen Übung die in den Tarifverträgen des Einzelhandels geregelten Leistungen unabhängig davon, ob sie tarifgebunden gewesen seien oder nicht. Die Beklagte als Rechtsnachfolgerin ihrer Rechtsvorgängerin sei deshalb daran gemäß § 613 a BGB gebunden. Nach der Allgemeinverbindlicherklärung des Manteltarifvertrags für das Hotel- und Gaststättengewerbe des Landes Hessen ab 1. Januar 1984 liege eine Tarifkollision zwischen den tariflichen Regelungen für den Einzelhandel und für das Hotel- und Gaststättengewerbe vor. Diese sei nach dem Günstigkeitsprinzip zugunsten der bisherigen vertraglichen Geltung des Tarifvertrags des Einzelhandels aufzulösen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger
DM 220,-- brutto zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, sie betreibe keine Einzelhandelstätigkeit. Sie führe vielmehr eigenständige Restaurantbetriebe. Deshalb fielen ihre Betriebe unter den Geltungsbereich des Manteltarifvertrags für das Hotel- und Gaststättengewerbe des Landes Hessen. Ihre Betriebsstätten seien auch keine Hilfs- oder Nebenbetriebe der Warenhäuser ihrer Rechtsvorgängerin und nicht deshalb dem Einzelhandel zuzuordnen. Die Geschäftsführung der Beklagten habe eine eigenständige Organisationsstruktur. Alle personellen Maßnahmen treffe die Beklagte in eigener Verantwortung. In den einzelnen Betriebsstätten der Beklagten seien Betriebsräte gewählt worden, die ihrerseits im Juni 1983 einen Gesamtbetriebsrat gebildet hätten. Die im Kooperations-, Miet- und Dienstleistungsvertrag mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten geregelte Zusammenarbeit betreffe Dienstleistungen, die die Beklagte auch mit anderen Fremdfirmen, z. B. einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, hätte vereinbaren können und die im übrigen von der Beklagten bezahlt würden. Die Arbeitnehmer der Beklagten seien vor der Übernahme der Betriebsstätten der Rechtsvorgängerin der Beklagten darüber unterrichtet worden, daß die Beklagte künftig die tariflichen Vorschriften für das Hotel- und Gaststättengewerbe auf die Arbeitsverhältnisse anwenden wolle. Auch die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 29. Januar 1982 lasse erkennen, daß von einer Anwendung der Tarifverträge für das Hotel- und Gaststättengewerbe auszugehen sei. Zumindest seit der Allgemeinverbindlicherklärung des Manteltarifvertrags für das Hotel- und Gaststättengewerbe des Landes Hessen ab 1. Januar 1984 sei dieser Tarifvertrag für das Arbeitsverhältnis der Parteien maßgebend.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. In der Berufungsinstanz hat die Beklagte unter Aufrechterhaltung ihres Klageabweisungsantrags widerklagend beantragt
festzustellen, daß der Manteltarifvertrag
für den hessischen Einzelhandel auf das
Arbeitsverhältnis der Parteien nicht anwendbar
ist.
Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage für die Zeit ab 1. Januar 1984 stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils und die Abweisung der Widerklage in vollem Umfang. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zum Teil begründet, im übrigen unbegründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit das Landesarbeitsgericht der Widerklage stattgegeben hat, und zur Abweisung der Widerklage in vollem Umfang. Denn die Widerklage ist wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig. Hingegen hat das Landesarbeitsgericht die Klage mit Recht abgewiesen. Der Kläger kann von der Beklagten nicht die Zahlung von DM 220,-- brutto verlangen. Denn ihm steht für die Zeit von März bis August 1983 kein Anspruch auf den Tariflohn für den hessischen Einzelhandel zu. Ebensowenig kann er für 1983 das tarifliche Urlaubsgeld für den hessischen Einzelhandel beanspruchen.
Der im Klagezeitraum geltende Lohntarifvertrag für den hessischen Einzelhandel vom 16. März 1983 ist auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit anwendbar, da die Beklagte - anders als ihre Rechtsvorgängerin - nicht Mitglied eines tarifschließenden Arbeitgeberverbands des Einzelhandels ist. Der Lohntarifvertrag für den hessischen Einzelhandel vom 16. März 1983 ist jedoch mit Wirkung vom 1. März 1983 für allgemeinverbindlich erklärt worden (Bundesanzeiger Nr. 212 vom 11. November 1983). Damit könnte er mit unmittelbarer und zwingender Wirkung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finden (§ 5 Abs. 4, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG), wenn das Arbeitsverhältnis der Parteien unter den Geltungsbereich des LTV 1983 fiele. Dies trifft aber nicht zu.
Nach § 1 Ziff. 2 LTV 1983 gilt der fachliche Geltungsbereich des LTV 1983
"für alle Betriebe, Zweigniederlassungen und
Filialen des Einzelhandels, einschließlich
deren Hilfs- und Nebenbetriebe, und des Versandhandels."
Der Betrieb der Beklagten in K ist weder ein Betrieb, eine Zweigniederlassung oder Filiale des Einzelhandels noch ein Hilfs- oder Nebenbetrieb des Einzelhandels. Was die Tarifvertragsparteien unter einem Betrieb im tariflichen Sinne verstehen, haben sie nicht näher erläutert. Mangels anderweiter Anhaltspunkte im Tarifvertrag ist daher von dem Begriff des Betriebs im allgemeinen Rechtssinne auszugehen. Danach ist unter einem Betrieb die organisatorische Einheit zu verstehen, innerhalb derer der Unternehmer allein oder in Gemeinschaft mit seinen Mitarbeitern mit Hilfe von sächlichen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt (BAG Beschluß vom 7. August 1986 - 6 ABR 57/85 -, DB 1987, 176 mit weiteren Nachweisen, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt). Die Beklagte betreibt in ihrer Betriebsstätte in K ein Restaurant und verkauft dort auch selbsthergestellten Kuchen an einem besonderen Kuchenstand in einem Kaufhausraum ihrer Rechtsvorgängerin. Dies kennzeichnet ihren Betrieb in K als Betrieb des Gaststättengewerbes und - soweit sie selbsthergestellten Kuchen verkauft - des Bäckereihandwerks. Handel mit Waren, wie es für den Einzelhandel erforderlich ist, betreibt sie in ihrer Betriebsstätte in K nicht. Daher kann die Betriebsstätte der Beklagten in K auch nicht als Zweigniederlassung oder Filiale des Einzelhandels angesehen werden.
Entgegen der Auffassung des Klägers bilden der Betrieb der Beklagten in K und der Betrieb der Rechtsvorgängerin der Beklagten in K auch nicht zusammen einen gemeinsamen Betrieb des Einzelhandels im Sinne von § 1 Ziff. 2 LTV 1983. Mit zutreffenden Gründen hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß es insoweit an einem für einen Betrieb im Sinne des LTV 1983 erforderlichen einheitlichen Leitungsapparat fehlt. Zwischen dem Betrieb der Beklagten und dem ihrer Rechtsvorgängerin in K besteht keine organisatorische Einheit. Die beiden Betriebe werden von nicht identischen Personen geleitet und vertreten. Auch nach dem Kooperations-, Miet- und Dienstleistungsvertrag vom 5. März 1982, den die Beklagte mit ihrer Rechtsvorgängerin abgeschlossen hat, werden die personellen, sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin nicht durch einen einheitlichen Leitungsapparat wahrgenommen. Vielmehr führt nach diesem Vertrag die Beklagte die vom Ka überlassenen Betriebsstätten in eigener Verantwortung (Ziff. 4 Abs. 1) und ist alleinverantwortlich für Personaleinsatz, Einstellung, Entlassung, Gehaltszumessung und Kostenbudget (Ziff. 6 Buchst. b, aa). Insoweit ist unerheblich, daß es sich bei der Beklagten um eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Rechtsvorgängerin der Beklagten handelt. Denn die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse und Beteiligungen lassen die selbständige Betriebsführung durch die Beklagte, vertreten durch ihren örtlichen Restaurant-Manager, unberührt.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten erbringt zwar für die Beklagte bestimmte Dienstleistungen gegen Entgelt, z. B. im Bereich der Personalverwaltung und des Rechnungswesens. Daraus ergibt sich jedoch noch kein Zusammenschluß der Betriebsstätte der Beklagten in K und der ihrer Rechtsvorgängerin zu einem Betrieb, weil es an einem einheitlichen Leitungsapparat fehlt. Bindungen, wie sie die Beklagte gegenüber ihrer Rechtsvorgängerin eingegangen ist, hätte sie vertraglich mit jedem anderen Unternehmen vereinbaren können. Die personelle, soziale und wirtschaftliche Führung des Betriebs durch die Beklagte wird dadurch nicht in Frage gestellt. Die Behauptung des Klägers, die Beklagte und ihre Restaurants würden in Wirklichkeit von den Konzernstabsstellen ihrer Rechtsvorgängerin beherrscht, hat das Landesarbeitsgericht als nicht bewiesen angesehen. Hiergegen wendet sich die Revision nicht.
Entgegen der Auffassung des Klägers kann in den Vereinbarungen zwischen der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin auch nicht der Zusammenschluß zu einer BGB-Gesellschaft gesehen werden, die sowohl die Betriebe der Rechtsvorgängerin der Beklagten als auch in deren Betriebsstätten die Betriebe der Beklagten führt, so daß auch das Arbeitsverhältnis der Parteien unter den Geltungsbereich der Tarifverträge für den hessischen Einzelhandel fallen könnte. Insoweit hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt, daß auch für die Unternehmensführung durch eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts ein einheitlicher Leitungsapparat vorhanden sein muß, der vorliegend zwischen der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin gerade nicht besteht. Darüber hinaus fehlt es an dem für eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts erforderlichen Merkmal der Verfolgung gemeinsamer Zwecke (§ 705 BGB). Selbst wenn man mit dem Kläger aus den Vereinbarungen der Beklagten mit ihrer Rechtsvorgängerin schließen wollte, daß die Vertragsparteien mit ihrer Vereinbarung bezwecken wollten, wechselseitig das Verkaufsgeschäft des jeweils anderen zu unterstützen, liegt darin nicht die Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes, sondern nur die Verfolgung zweier gleichartiger Zwecke, nämlich Unterstützung der Beklagten durch ihre Rechtsvorgängerin und Unterstützung der Rechtsvorgängerin der Beklagten durch die Beklagte.
Die Beklagte ist auch kein Hilfs- oder Nebenbetrieb eines Einzelhandelsunternehmens. Was unter einem Hilfs- oder Nebenbetrieb eines Einzelhandelsunternehmens zu verstehen ist, haben die Tarifvertragsparteien im MTV 1980 nicht näher erläutert. Deshalb ist der Begriff im allgemeinen Rechtssinne auszulegen (vgl. BAG Urteil vom 12. März 1986 - 4 AZR 547/84 -, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, mit weiteren Nachweisen). Der Hilfs- oder Nebenbetrieb eines Einzelhandelsunternehmens setzt zunächst voraus, daß der Hilfs- oder Nebenbetrieb und das Einzelhandelsunternehmen von demselben Unternehmer zu demselben Unternehmenszweck betrieben werden (vgl. Neumann/Duesberg, AR- Blattei, Betrieb I unter B III). Unternehmen, die selbständig betrieben werden, können mit einzelnen Betrieben nicht Hilfs- oder Nebenbetrieb eines anderen Unternehmens sein, weil das selbständige Unternehmen durch seinen eigenen Unternehmenszweck gekennzeichnet ist. Zumindest läßt sich dem § 1 Abs. 2 MTV kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, daß mit den dort genannten Hilfs- und Nebenbetrieben auch branchenfremde Unternehmen erfaßt werden sollen. Da die Beklagte ein selbständiges Unternehmen darstellt, kann ihre Betriebsstätte schon deshalb nicht Hilfs- oder Nebenbetrieb ihrer Rechtsvorgängerin sein.
Für einen Nebenbetrieb ist es ferner kennzeichnend, daß der mit ihm verfolgte arbeitstechnische Zweck die Aufgabe hat, für den arbeitstechnischen Zweck des Hauptbetriebs eine Hilfeleistung zu erbringen (vgl. Neumann/Duesberg, aaO, unter B III 1). Die Hilfeleistung ist auch für den Hilfsbetrieb entscheidend. Daraus folgt zugleich, daß "Hilfsbetrieb" und "Nebenbetrieb" identische Begriffe sind. Vorliegend besteht der arbeitstechnische Zweck der Betriebsstätte der Beklagten in K in der Bewirtung ihrer Besucher. Der arbeitstechnische Zweck der Rechtsvorgängerin der Beklagten in der Filiale K besteht hingegen im Verkauf von Konsumgütern an Kunden. Der arbeitstechnische Zweck der Bewirtung stellt keine Hilfeleistung für den arbeitstechnischen Zweck des Verkaufs von Konsumgütern dar. Die Bewirtung ist nicht nur für Kunden des Ka vorgesehen. Ob sie für die Geschäfte des Ka verkaufsfördernd ist, ist insoweit unerheblich. Damit fehlt ein weiteres Merkmal für einen Hilfs- oder Nebenbetrieb des Einzelhandels.
Entgegen der Auffassung des Klägers gebieten es weder das Prinzip der Tarifeinheit noch die Ordnungsfunktion des Tarifvertrages, dem Betriebsbegriff im tariflichen Sinne einen anderen Inhalt zu geben. Das Prinzip der Tarifeinheit hat nichts mit der Frage zu tun, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitgeber seinen Betrieb in mehrere Betriebe aufteilen oder rechtlich selbständige Unternehmen für bisherige Betriebsteile bilden kann*Die Organisation seiner Betriebe und Unternehmen gehört zur unternehmerischen Freiheit des Arbeitgebers, der hierbei nur die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach §§ 111 ff. BetrVG zu beachten hat. Das Prinzip der Tarifeinheit greift erst ein, wenn der Arbeitgeber seine organisatorischen Maßnahmen getroffen hat. Dieses Prinzip will sicherstellen, daß innerhalb der vom Arbeitgeber frei geschaffenen betrieblichen Organisationseinheit ein Tarifvertrag im Zweifel für alle Arbeitsverhältnisse gilt (vgl. Wiedemann/Stumpf, Tarifvertragsgesetz, 5. Aufl. 1977, § 4 Rz 162, 164 m.w.N.). Dieses Prinzip wird nicht verletzt, sondern gewahrt, wenn in dem neu geschaffenen Betrieb der Beklagten in der Betriebsstätte K nur Tarifverträge einer Branche Anwendung finden. Hingegen erfordert das Prinzip der Tarifeinheit nicht, daß es sich hierbei um die Tarifverträge für den Einzelhandel handelt. Auch die Ordnungsfunktion von Tarifverträgen, die in aller Regel betriebsbezogen sind, geht nicht weiter.
Auch aus § 613 a Abs. 1 BGB kann die Anwendung des LTV 1983 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht hergeleitet werden. Nach dieser Vorschrift werden bei einem Betriebsübergang Rechtsnormen eines Tarifvertrags, die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Betriebsinhaber regeln, Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer (§ 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB). Dies gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags geregelt werden (§ 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB).
Unstreitig ist die Betriebsstätte der Beklagten in K am 1. Januar 1983 als Betriebsteil der Rechtsvorgängerin der Beklagten durch Rechtsgeschäft auf die Beklagte übergegangen. Die Arbeitsverhältnisse mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten waren durch die allgemeinverbindlichen Tarifverträge für den hessischen Einzelhandel geregelt und konnten deshalb Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien werden. Jedoch betrifft dies nur die zur Zeit des Betriebsübergangs geltenden Tarifnormen. Tariflohnerhöhungen, die nach dem Betriebsübergang zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbart werden, kommen den Arbeitnehmern zugute, wenn die Parteien des Arbeitsvertrags, d. h. Arbeitnehmer und Betriebserwerber, tarifgebunden sind. In den Arbeitsvertrag gehen die tariflichen Normen aber nur mit ihren beim Betriebsübergang bestehenden Inhalt ein. Dies hat der Senat durch Urteil vom 13. November 1985 (- 4 AZR 309/84 -, AP Nr. 46 zu § 613 a BGB, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen) mit näherer Begründung entschieden. Daran ist festzuhalten.
Im vorliegenden Fall besteht keine Tarifbindung der Parteien an den LTV 1983. Die im LTV 1983 vereinbarte Tariflohnerhöhung kommt dem Kläger schon deshalb nicht zugute, weil der Tarifvertrag nach dem Betriebsübergang abgeschlossen wurde. Daher kann offenbleiben, ob bereits beim Betriebsübergang die damals geltenden Tarifnormen für den Einzelhandel in das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB deshalb keinen Eingang fanden, weil die Beklagte an die Tarifverträge für das Gaststättengewerbe gebunden war, oder ob die Tarifnormen für den Einzelhandel für die Parteien einzelvertraglich weitergalten, weil für den Kläger keine Tarifbindung an die Tarifverträge für das Gaststättengewerbe bestand.
Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts treten die Rechtswirkungen des Betriebsübergangs nach § 613 a BGB auch dann ein, wenn der Arbeitnehmer hierüber vor Vollzug des Übergangs nicht unterrichtet wurde. Dem Art. 6 des Absatzes 1 der Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaft vom 14. Februar 1977, der eine Pflicht zur vorherigen Unterrichtung vorsieht, wird dadurch Rechnung getragen, daß der Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei einer verspäteten und nachträglichen Unterrichtung über den Betriebsübergang dem Übergang noch wirksam widersprechen kann (vgl. BAG Urteil vom 15. Februar 1984 - 5 AZR 123/82 -, AP Nr. 37 zu § 613 a BGB). Der Kläger hat vorliegend dem Betriebsübergang nicht widersprochen. Darüber hinaus sind nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die Arbeitnehmer der Beklagten rechtzeitig vor dem Betriebsübergang über den Betriebsübergang und seine Rechtsfolgen unterrichtet worden.
Aus der zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und deren Gesamtbetriebsrat getroffenen Gesamtbetriebsvereinbarung kann der Kläger keine Rechte herleiten. Diese Gesamtbetriebsvereinbarung ist unwirksam. Der Rechtsvorgängerin der Beklagten und ihrem Gesamtbetriebsrat fehlte die Kompetenz, die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer der Beklagten nach dem Betriebsübergang zu regeln. Die Betriebspartner konnten zwar Arbeitsbedingungen der bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer regeln; daraus entstehende Rechte und Pflichten werden nach dem Betriebsübergang Inhalt des Arbeitsverhältnisses (§ 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB). Den Betriebspartnern ist es jedoch verwehrt, Arbeitsbedingungen für die Zeit nach Betriebsübergang unmittelbar zu regeln. Nach dem Betriebsübergang war der bisherige Gesamtbetriebsrat der Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht mehr für die Arbeitnehmer der Beklagten zuständig. In der Betriebsstätte K hat die Beklagte einen eigenen selbständigen Betrieb, für den auch im Jahre 1983 ein eigener Betriebsrat gewählt wurde. Für Arbeitnehmer eines anderen Betriebs konnten weder die Rechtsvorgängerin der Beklagten noch deren Gesamtbetriebsrat Arbeitsbedingungen regeln. Das gilt auch, wenn die Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Regelung noch in den Zuständigkeitsbereich des Gesamtbetriebsrats fielen. Entscheidend ist insoweit allein, daß die Regelung selbst Arbeitsbedingungen trifft, für die der Betriebsrat weder ein Mitbestimmungsrecht beanspruchen kann noch insoweit zuständiger Repräsentant der Arbeitnehmer ist.
Auch aus § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB ergibt sich eine solche Befugnis der Betriebspartner nicht. Wenn dort bestimmt ist, daß die durch Betriebsvereinbarung geregelten Rechte und Pflichten bei einem Betriebsübergang Inhalt des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebserwerber werden, so sind damit die Rechte und Pflichten gemeint, die gegenüber dem bisherigen Betriebsinhaber bestanden.
Darüber hinaus ist die zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und ihrem Gesamtbetriebsrat abgeschlossene Betriebsvereinbarung auch deshalb unwirksam, weil sie Arbeitsbedingungen regelt, die durch Tarifvertrag geregelt sind und deshalb nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein können (§ 77 Abs. 3 BetrVG und § 87 Abs. 1 BetrVG). Die Gesamtbetriebsvereinbarung legt die den Arbeitnehmern nach dem Betriebsübergang zustehenden Leistungen (Vergütung, Urlaub, Arbeitszeit) bis einschließlich 1984 fest. Es handelt sich damit um materielle Arbeitsbedingungen, die von der Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG erfaßt werden (vgl. Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, Betriebsverfassungsgesetz, 15. Aufl. 1987, § 77 Rz 51, 52). Für den Betrieb der Beklagten in K sind die den Arbeitnehmern zustehenden Leistungen (Vergütung, Urlaub, Arbeitszeit) durch Tarifvertrag geregelt. "Geregelt" sind die Arbeitsbedingungen im Sinne von § 77 Abs. 3 BetrVG durch Tarifvertrag, wenn der Betrieb unter den räumlichen, betrieblichen und fachlichen Geltungsbereich eines Tarifvertrags fällt (vgl. Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, aaO, § 77 Rz 54). Gleichgültig, ob man den Betrieb der Beklagten in K dem Einzelhandel oder dem Gaststättengewerbe zuordnet: Für beide Branchen sind in Hessen Vergütung, Urlaub und Arbeitszeit durch Tarifvertrag geregelt (§ 87 Abs. 1 BetrVG). Damit ist die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 29. Januar 1982 unwirksam.
Die unwirksame Gesamtbetriebsvereinbarung kann auch nicht in eine Gesamtzusage der Rechtsvorgängerin der Beklagten umgedeutet werden. Mit einer solchen Gesamtzusage konnte die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Beklagte nicht binden. Dies wäre ein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter.
Auch eine einzelvertragliche Vereinbarung der Lohntarifverträge für den Einzelhandel zwischen dem Kläger und der Rechtsvorgängerin der Beklagten, die gemäß § 613 a Abs. 1 BGB die Beklagte nach dem Betriebsübergang verpflichten könnte, ist nicht zustande gekommen. Der Kläger und die Rechtsvorgängerin der Beklagten haben einen formularmäßigen Arbeitsvertrag abgeschlossen. Danach ist Lohn in Höhe von DM 990,-- brutto pro Monat vereinbart. Ferner heißt es in dem Arbeitsvertrag: "Darin ist enthalten Tariflohn nach Tarifgruppe II/c = DM 853,66, übertarifliche Zulage = DM 46,34, Verpflegung im Werte von DM 88,50". Darin liegt noch keine Vereinbarung, daß dem Kläger der jeweilige Tariflohn der Tarifgruppe II/c des Einzelhandels in Hessen zustehen solle. Vielmehr ist nur der Lohnbetrag von DM 990,-- brutto pro Monat vereinbart. Der nachfolgende Satz enthält lediglich eine Aufschlüsselung, wie sich dieser Lohn zusammensetzt. Eine Zusage, daß dem Kläger der jeweilige Tariflohn gezahlt werden solle, enthält der Arbeitsvertrag nicht. Die Anwendung irgendwelcher tariflicher Vorschriften ist nicht vereinbart. Aus der Abgeltungsklausel, nach der mit dem vereinbarten Lohn sämtliche aus dem jeweiligen Tarifvertrag sich ergebenden Ansprüche abgegolten sind, läßt sich nicht herleiten, daß damit die jeweiligen Tarifverträge vereinbart sind. Vielmehr gehen die Parteien hierbei davon aus, daß dem Kläger unabhängig vom Arbeitsvertrag tarifliche Ansprüche, also kraft Tarifgebundenheit, zustehen. Damit kann der Kläger die Klageforderung nicht auf eine einzelvertragliche Vereinbarung des LTV 1983 stützen.
Auch eine betriebliche Übung, nach der die Rechtsvorgängerin der Beklagten vertraglich verpflichtet war, dem Kläger den jeweiligen Tariflohn des Einzelhandels zu zahlen und die auf die Beklagte gemäß § 613 a Abs. 1 BGB übergegangen sein könnte, bestand nicht. Eine betriebliche Übung liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor, wenn bestimmte Verhaltensweisen regelmäßig wiederholt werden, die bei den Betriebsangehörigen den Eindruck einer Gesetzmäßigkeit oder eines Brauches erwecken, d. h. ein Vertrauen darauf begründen, daß ihnen eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt wird. Dabei ist entscheidend darauf abzustellen, wie das stetige Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben aus der Sicht der begünstigten Arbeitnehmer zu bewerten ist; es genügt, daß der Arbeitgeber den objektiven Tatbestand der betrieblichen Übung wissentlich herbeigeführt hat (vgl. BAGE 40, 126, 133 = AP Nr. 1 zu § 3 TV Arb Bundespost; BAG Urteil vom 4. September 1985 - 7 AZR 262/83 -, AP Nr. 22 zu § 242 BGB Betriebliche Übung, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt, jeweils mit weiteren Nachweisen). Ein solcher Verpflichtungswille konnte dem Verhalten der Rechtsvorgängerin der Beklagten bei der Zahlung der jeweiligen Tariflöhne nicht entnommen werden. Denn die Tarifverträge für den hessischen Einzelhandel sind seit vielen Jahren allgemeinverbindlich. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten leistete daher die Lohnzahlungen an alle Arbeitnehmer in Erfüllung einer tariflichen Verpflichtung. Damit ist für Erwägungen, ihr Verhalten lasse auf einen vertraglichen Bindungswillen für die Zukunft schließen, mangels anderweitiger Anhaltspunkte kein Raum.
Der Anspruch auf zusätzliches Urlaubsgeld für 1983 läßt sich nicht aus dem Tarifvertrag über Sonderzahlung (Urlaubsgeld und Sonderzuwendung) für die Arbeitnehmer im hessischen Einzelhandel vom 10. April 1980 (TV Sonderzahlung) herleiten. Dieser Tarifvertrag war zwar im Zeitpunkt des Betriebsübergangs auf die Beklagte am 1. Januar 1983 allgemeinverbindlich. Gleichwohl findet er auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung. Denn das Arbeitsverhältnis der Parteien wird vom Geltungsbereich des TV Sonderzahlung nicht erfaßt. Der Geltungsbereich des TV Sonderzahlung entspricht dem Geltungsbereich des LTV 1983. Darunter fällt das Arbeitsverhältnis der Parteien aus den dargelegten Gründen nicht.
Die Anwendung des TV Sonderzahlung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien in der im Jahre 1983 geltenden Fassung kann auch nicht aus § 613 a Abs. 1 BGB hergeleitet werden. Sind danach bei einem rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang die Rechte und Pflichten aus den auf den Betriebserwerber übergehenden Arbeitsverhältnissen durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags geregelt, werden diese Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden (§ 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB). Dies gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags geregelt werden (§ 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB).
Unstreitig ist die Betriebsstätte der Beklagten in K am 1. Januar 1983 als Betriebsteil der Rechtsvorgängerin der Beklagten durch Rechtsgeschäft auf die Beklagte übergegangen. Der für das Arbeitsverhältnis mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten geltende allgemeinverbindliche TV Sonderzahlung konnte deshalb Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien werden. Jedoch betrifft dies nur die zur Zeit des Betriebsübergangs geltenden Tarifnormen (vgl. BAG Urteil vom 13. November 1985 - 4 AZR 309/84 -, AP Nr. 46 zu § 613 a BGB, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt). Nach den im Zeitpunkt des Betriebsübergangs geltenden Tarifnormen des TV Sonderzahlung stand dem Kläger als Urlaubsgeld 50 % des Endgehalts der Gehaltsgruppe B I (Verkäufer/innen) (Ortsklasse 1) des Gehaltstarifvertrags des hessischen Einzelhandels zu. Wenn der TV Sonderzahlung Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien geworden ist, steht dem Kläger danach für 1983 Anspruch auf Urlaubsgeld in Höhe von 50 % des am 1. Januar 1983 bestehenden Endgehalts der Gehaltsgruppe B I (Ortsklasse 1) des Gehaltstarifvertrags zu. Das Endgehalt der Gehaltsgruppe B I (Ortsklasse 1) ist für den Kläger nach den im Zeitpunkt des Betriebsübergangs geltenden Tarifnormen zu beurteilen. Nur insoweit kann dem Kläger gemäß § 613 a BGB ein Anspruch auf tarifliches Entgelt und Urlaubsgeld zustehen. Der Kläger hatte nach dem Betriebsübergang gegen die Beklagte keinen tariflichen Anspruch auf Urlaubsgeld nach den jeweils geltenden einschlägigen Tarifverträgen für den hessischen Einzelhandel, da sein Arbeitsverhältnis nicht mehr vom Geltungsbereich des TV Sonderzahlung erfaßt war.
Die Bemessung des Urlaubsgeldes nach der im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Höhe entspricht dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Danach sollen Arbeitnehmer bei fehlender Tarifgebundenheit von solchen Leistungen ausgeschlossen bleiben, die durch tarifliche Vereinbarung nach dem Betriebsübergang begründet werden. Den Arbeitnehmern sind nur die Ansprüche garantiert, die sich aus den im Zeitpunkt des Betriebsübergangs geltenden Tarifverträgen ergeben. Wollte man daher im vorliegenden Fall das Urlaubsgeld nach dem im Jahre 1983 tariflich erhöhten Endgehalt der Gehaltsgruppe B I bemessen, würde damit eine nach dem Betriebsübergang vereinbarte Tarifnorm für das Arbeitsverhältnis maßgebend sein. Damit käme dem Kläger die nach dem Betriebsübergang tariflich vereinbarte Gehaltserhöhung zugute. Das ist mit dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar.
Die Widerklage, mit der die Beklagte die Feststellung begehrt, daß der Manteltarifvertrag für den hessischen Einzelhandel auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mehr anwendbar ist, ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts unzulässig. Denn insoweit ist ein rechtliches Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung zu verneinen. Feststellungsklagen sind nur zulässig, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, daß das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird (§ 256 Abs. 1 ZPO). Die begehrte Feststellung muß geeignet sein, die bisherige Rechtsunsicherheit über die Rechtsstellung der klagenden Partei zu beseitigen. Das Rechtsschutzinteresse ist demnach zu verneinen, wenn nach Lage des Falles durch ein Feststellungsurteil des begehrten Inhalts eine sachgemäße oder erschöpfende Lösung des Streits nicht erzielt würde (vgl. Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 20. Aufl. 1987, § 256 Rz 73 f.). Denn damit bleibt Rechtsunsicherheit weiterhin bestehen. So liegt der Fall hier.
Der Senat hat zwar für Feststellungsanträge, die darauf gerichtet sind, daß auf das Arbeitsverhältnis der Parteien bestimmte Tarifverträge Anwendung finden, ein rechtliches Interesse ausdrücklich bejaht, weil ein solcher Feststellungsantrag zu einer grundsätzlichen Klärung der tariflichen Rechte und Pflichten der Parteien führe, wenn sie hierüber streiten (BAGE 35, 239, 244 = AP Nr. 24 zu § 59 HGB). Vorliegend handelt es sich bei dem Feststellungsantrag der Beklagten aber um eine negative Feststellungsklage. Die Beklagte will festgestellt wissen, daß ein bestimmter Tarifvertrag (hier: Manteltarifvertrag für den hessischen Einzelhandel) auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung findet. Mit der Entscheidung über diesen Antrag wird unter Berücksichtigung des beiderseitigen Klagevorbringens die Rechtsunsicherheit darüber, welche Tarifnormen auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finden, nicht beseitigt. Wird nach dem Begehren der Beklagten erkannt, steht damit nur fest, daß der Manteltarifvertrag für den hessischen Einzelhandel auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung findet. Hingegen steht damit noch nicht fest, ob die Tarifverträge des Gaststättengewerbes auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finden. Auch wäre damit noch nicht rechtskräftig entschieden, ob der Lohntarifvertrag für den hessischen Einzelhandel, nach dem sich der vom Kläger geltend gemachte Tariflohn richtet, und der TV Sonderzahlung, der das vom Kläger begehrte Urlaubsgeld regelt, auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar sind. Die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Beklagten würde damit auf die Erstattung eines Rechtsgutachtens durch den Senat hinauslaufen, ohne daß die Rechtsunsicherheit über die auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren Tarifverträge beseitigt wäre. Dies führt zur Unzulässigkeit des Feststellungsantrags der Beklagten.
Da beide Parteien teils obsiegt haben, teils unterlegen sind, waren die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 92 ZPO zu teilen.
Dr. Neumann Dr. Feller Dr. Etzel
Dr. Koffka Prieschl
Fundstellen