Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Feiertagsvergütung im Freischichtenmodell
Orientierungssatz
Parallelsache zu BAG Urteil vom 2.12.1987, 5 AZR 471/86.
Verfahrensgang
LAG Köln (Entscheidung vom 31.07.1986; Aktenzeichen 10 Sa 477/86) |
ArbG Köln (Entscheidung vom 04.04.1986; Aktenzeichen 14/11 Ca 10187/85) |
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, in welcher Höhe die Beklagte nach Herabsetzung der tariflichen Wochenarbeitszeit auf 38,5 Stunden Feiertagsvergütung schuldet.
Der Kläger ist als gewerblicher Arbeitnehmer bei der Beklagten tätig. Die Parteien sind an den am 1. April 1985 in Kraft getretenen Tarifvertrag vom 3. Juli 1984 zur Änderung des Manteltarifvertrages für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens vom 30. April 1980 gebunden (MTV). In § 2 Nr. 1 MTV ist über die Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit folgendes bestimmt:
"Die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit ohne
Pausen beträgt 38 1/2 Stunden.
Die individuelle regelmäßige wöchentliche
Arbeitszeit kann zwischen 37 und 40 Stunden
betragen (Vollzeitbeschäftigte).
Die Spanne zwischen 37 und 40 Stunden soll
angemessen ausgefüllt werden. Dabei sind die
betrieblichen Bedürfnisse zu berücksichtigen
(§ 3).
..."
Hierzu haben die Tarifvertragsparteien in § 3 MTV über die Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit folgendes festgelegt:
"1. Die Arbeitszeit im Betrieb wird im Rahmen
des Volumens, das sich aus der für den
Betrieb nach § 2 Nr. 1 Abs. 1 festgelegten
Arbeitszeit ergibt, durch Betriebsvereinbarung
näher geregelt. Dabei können für
Teile des Betriebes, für einzelne Arbeitnehmer
oder für Gruppen von Arbeitnehmern
unterschiedliche wöchentliche Arbeitszeiten
zwischen 37 und 40 Stunden festgelegt
werden. ...
2. Die individuelle regelmäßige wöchentliche
Arbeitszeit kann gleichmäßig oder ungleichmäßig
auf fünf Werktage in der Woche
verteilt werden. Sie muß im Durchschnitt
von zwei Monaten erreicht werden. ...
6. Aus Anlaß der Neufestlegung der Arbeitszeit
wird die Auslastung der betrieblichen
Anlagen und Einrichtungen nicht vermindert.
Bei einer Differenz zwischen Betriebsnutzungszeit
und der Arbeitszeit für die einzelnen
Arbeitnehmer kann der Zeitausgleich auch
in Form von freien Tagen erfolgen. Dabei muß
zur Vermeidung von Störungen im Betriebsablauf
eine möglichst gleichmäßige Anwesenheit
der Arbeitnehmer gewährleistet sein. Bei der
Festlegung der freien Tage sind die Wünsche
der Arbeitnehmer zu berücksichtigen."
Die Beklagte hat am 25. Februar 1985 mit dem Betriebsrat folgendes vereinbart:
"...
2. Festlegung individueller wöchentlicher
Arbeitszeit
- Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit
ohne Pausen im Betrieb beträgt ab 1. April
1985 im Durchschnitt 38,5 Std.
Die individuelle regelmäßige wöchentliche
Arbeitszeit kann für bestimmte Funktionen
zwischen 37 und 40 Stunden betragen. Die
Zuordnung der individuellen regelmäßigen
Arbeitszeit zu den Funktionen wird mit
dem Betriebsrat vereinbart und ist aus der
beigefügten Anlage 1 ersichtlich. Im Einzelfall
können im Einvernehmen mit dem Betriebsrat
hiervon abweichende Regelungen
getroffen werden.
...
3. Folgende Arbeitszeitmodelle kommen zur
Anwendung:
3.1 Wechselschichtmodell (IRWAZ 38,5 Std.)
Die zur Zeit gültige Regelung (40 Std.
pro Woche) bleibt bestehen, der Ausgleich
erfolgt durch Freischichten, d.h. rollierende,
individuelle, einzelne freie Tage
nach Schicht-Plan.
3.2 Normal-Schicht-Modell (IRWAZ 38,5 Std.)
Die zur Zeit gültige Regelung (40 Std.
pro Woche) bleibt bestehen. Der Ausgleich
erfolgt durch Freischichten, d.h. rollierende,
individuelle, einzelne Tage nach
Schicht-Plan.
..."
Der Kläger hat an drei Feiertagen im Jahre 1985 (1. Mai, 16. Mai, 27. Mai 1985) nicht gearbeitet. Die Beklagte hat dem Kläger für diese Tage den Verdienst für je 7,7 Stunden gewährt. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ihm stehe die Vergütung für acht Stunden zu, weil in diesem Umfang die Arbeitszeit an den Feiertagen ausgefallen sei. Er hat für die Zeitdifferenz von 0,3 Stunden je Tag eine Klageforderung von 19,41 DM errechnet und beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn
19,41 DM brutto nebst 4 % Zinsen
seit dem 29. November 1985 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat ausgeführt, der Kläger könne für jeden Feiertag nur einen Verdienstausfall für 7,7 Arbeitsstunden beanspruchen, weil die darüber hinaus an Arbeitstagen geleisteten und von der Beklagten bezahlten 0,3 Stunden als Vorholzeit für einen noch festzusetzenden und dann nicht zu vergütenden freien Tag nach Schichtplan dienten. Da am Feiertag keine Vorholzeit zu leisten sei, brauche die Beklagte sie auch nicht zu bezahlen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Beklagte will mit ihrer Revision weiterhin die Abweisung der Klage erreichen.
Entscheidungsgründe
Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, daß dem Kläger für die an drei Feiertagen ausgefallene Arbeitszeit das Entgelt für jeweils acht Stunden täglich zusteht. Das ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Satz 1 FeiertagslohnzahlungsG.
I. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 FeiertagslohnzahlungsG ist für die Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertages ausfällt, vom Arbeitgeber den Arbeitnehmern der Arbeitsverdienst zu zahlen, den sie ohne den Arbeitsausfall erhalten hätten. Zweck dieser gesetzlichen Regelung ist sicherzustellen, daß der Arbeitnehmer bei einem durch einen Feiertag bedingten Arbeitsausfall keinen Lohnausfall erleidet. Er wird lohnmäßig so gestellt, als ob kein Feiertag gewesen wäre. Das bedeutet, daß der Arbeitnehmer in einer Woche mit einem Feiertag bei gleichbleibender Entlohnung einen Tag weniger arbeitet als in einer Woche ohne Feiertag (BAGE 18, 213, 215 = AP Nr. 20 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG, zu 1 der Gründe). Dabei ist entscheidend allein die für das einzelne Arbeitsverhältnis maßgebende Arbeitszeitregelung, die für den Feiertag gegolten hätte, wenn dieser ein Arbeitstag gewesen wäre. Auf die Möglichkeit, einen Verdienstausfall dadurch zu vermeiden, daß am Feiertag ausgefallene Arbeitszeit vor- oder nachgearbeitet wird, darf der Arbeitnehmer nicht verwiesen werden (BAGE 19, 92, 95 = AP Nr. 21 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG, zu 3 b der Gründe; BAGE 42, 324, 327 = AP Nr. 39 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG, zu I 2 der Gründe m.w.N.). Andererseits ist erforderlich, daß der Feiertag die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall gewesen ist (BAGE 38, 255, 257 = AP Nr. 36 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG, zu 2 der Gründe). Jedoch kann der Arbeitgeber sich der gesetzlichen Verpflichtung aus § 1 FeiertagslohnzahlungsG nicht dadurch entziehen, daß er für den Feiertag von vornherein keine Arbeit einplant (BAG Urteil vom 26. März 1985 - 3 AZR 239/83 - AP Nr. 47 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG, zu I 1 der Gründe).
II. Auf der Grundlage der vorstehend wiedergegebenen Rechtsprechung zur Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 1 FeiertagslohnzahlungsG steht dem Kläger für die an den drei Feiertagen (1. Mai, Himmelfahrt, 16. Mai und Pfingstmontag, 27. Mai 1985) ausgefallene Arbeitszeit die Bezahlung für je acht Stunden zu. Dies ergibt sich im einzelnen aus folgenden Erwägungen:
1. Die Dauer der vom Kläger einzuhaltenden Arbeitszeit ergibt sich aus der Betriebsvereinbarung vom 25. Februar 1985. Danach gilt eine individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden. Zugleich ist sowohl für ein Wechselschichtmodell wie für ein Normal-Schicht-Modell festgelegt worden, daß die zur Zeit gültige Regelung (40 Stunden pro Woche) bestehen bleibt. Zum Ausgleich für die 38,5 Stunden überschreitende Arbeitszeit sind Freischichten vorgesehen, d.h. rollierende, individuelle, einzelne freie Tage nach Schicht-Plan.
a) Diese Regelung über die Arbeitszeit ist wirksam geschehen. Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat durch seinen Beschluß vom 18. August 1987 - 1 ABR 30/86 - (AP Nr. 23 zu § 77 BetrVG 1972 = NZA 1987, 779 = DB 1987, 2257, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt) erkannt, daß im Bereich der niedersächsischen Metallindustrie die Dauer der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit für Betriebe, Gruppen von Arbeitnehmern oder einzelne Arbeitnehmer durch Betriebsvereinbarung geregelt werden kann, weil die Tarifvertragsparteien in § 2 Nr. 1 Abs. 2 des dort anzuwendenden Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer in der niedersächsischen Metallindustrie vom 18. Juli 1984 ergänzende Betriebsvereinbarungen mit diesem Gegenstand ausdrücklich zugelassen haben. Nach dem vorgenannten Beschluß konnte durch Tarifvertrag auch bestimmt werden, daß der Spruch einer Einigungsstelle oder einer an ihre Stelle tretenden tariflichen Schlichtungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über die Dauer der Arbeitszeit ersetzen kann.
Der erkennende Senat schließt sich der in dem vorgenannten Beschluß des Ersten Senats vertretenen Rechtsauffassung an. Für den hier anzuwendenden Manteltarifvertrag vom 3. Juli 1984, dessen § 2 Nr. 1 und § 3 Nr. 1, 2 und 6 gleichlauten mit § 2 Nr. 1 Abs. 1 und 2, Nr. 2 Abs. 2 und Nr. 3 des niedersächsischen Manteltarifvertrages, ist die gleiche rechtliche Wertung geboten. Danach war die durch die Betriebsvereinbarung vom 25. Februar 1985 erfolgte Bestimmung der Arbeitszeit für die im Betrieb der Beklagten vollzeitbeschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer und Angestellten nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG verbindlich, wenn die Betriebsvereinbarung sich im Rahmen dessen hielt, was den Betriebsparteien durch den Tarifvertrag als Regelungsmöglichkeit eröffnet war, und sie im übrigen nicht gegen gesetzliche Bestimmungen, insbesondere die nach § 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG vorgeschriebene Beachtung billigen Ermessens, verstieß. In keiner der genannten Beziehungen begegnet die Betriebsvereinbarung rechtlichen Bedenken.
b) Der Manteltarifvertrag erlaubt die Festlegung der Arbeitszeit so, wie es durch die Betriebsvereinbarung vom 25. Februar 1985 geschehen ist. § 2 Nr. 1 Abs. 1 MTV besagt, die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen betrage 38 1/2 Stunden. Wie sich aus § 3 Nr. 1 Satz 1 MTV ergibt, ist damit jedoch nur tariflich angesprochen und geregelt das Volumen der für den Betrieb für die vollzeitbeschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer und Angestellten im Durchschnitt geltenden wöchentlichen Arbeitszeit. Welche Arbeitszeit für die einzelnen Arbeitnehmer oder für Teile des Betriebes oder für Gruppen von Arbeitnehmern gilt, ist nach § 3 Nr. 1 Satz 1 und 2 durch Betriebsvereinbarung festzulegen. Dabei ist ein Rahmen vorgegeben insofern, als die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für Vollzeitbeschäftigte zwischen 37 und 40 Stunden liegen muß (§ 2 Nr. 1 Abs. 2 MTV). § 3 Nr. 2 und Nr. 6 eröffnen verschiedene Möglichkeiten, wie die festgelegte individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf die einzelnen Werktage verteilt werden kann. Es ist vorgesehen, daß die Arbeitszeit gleichmäßig oder ungleichmäßig auf fünf Werktage verteilt wird. Dann muß die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit jedoch im Durchschnitt von zwei Monaten erreicht werden (§ 3 Nr. 2 Abs. 1 MTV).
Die vorliegend erfolgte Gestaltung, daß nämlich an fünf Tagen der Woche je acht Stunden gearbeitet wird und zum Ausgleich für das Überschreiten der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit Freischichten gewährt werden, wird durch § 3 Nr. 6 tariflich gestattet. Das kommt dadurch zum Ausdruck, daß der Tarifvertrag besagt, die Auslastung der betrieblichen Anlagen und Einrichtungen werde aus Anlaß der Neufestlegung der Arbeitszeit nicht vermindert. Diese tariflich eröffnete Möglichkeit, daß zu dem angesprochenen Zweck auch weiterhin eine Arbeitszeit von acht Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich festgelegt werden kann, war im Rahmen der Beilegung des Tarifkonflikts im Jahre 1984 ein wesentliches Element: Dadurch kann die im Betriebsdurchschnitt verkürzte Arbeitszeit differenziert und flexibel nach den betrieblichen Erfordernissen verteilt werden. Soweit die Betriebsnutzungszeit von acht Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich beibehalten wird, handelt es sich für die Arbeitnehmer, die in diesem Umfang tätig werden, um die von ihnen zu erbringende tägliche und wöchentliche Arbeitszeit. Dabei kann einmal nach § 3 Nr. 2 Abs. 1 MTV die festgelegte individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit gleichmäßig oder ungleichmäßig auf fünf Werktage verteilt werden. Hierzu schreibt der Tarifvertrag jedoch weiter vor, daß die wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt von zwei Monaten erreicht werden muß. Das ermöglicht es z.B., innerhalb von zwei Wochen an neun Tagen je acht Stunden und am zehnten Tag, um den Ausgleich zur Wahrung der individuellen Arbeitszeit herbeizuführen, fünf Stunden zu arbeiten. Die gewollte Auslastung der betrieblichen Anlagen und Einrichtungen kann aber auch in der Weise geschehen, daß generell die bis zum 1. April 1985 verbindlich gewesene Arbeitszeit beibehalten wird und der Zeitausgleich in Form von freien Tagen erfolgt. Dabei gilt beim sogenannten Freischichtenmodell nicht die in § 3 Nr. 2 Abs. 1 Satz 2 MTV vorgesehene Einschränkung, daß die individuelle wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt von zwei Monaten erreicht werden muß (vgl. dazu BAG Beschluß vom 18. August 1987 - 1 ABR 30/86 -, aaO, zu B IV 2 der Gründe). Das Freischichtenmodell eröffnet im betrieblichen Interesse eine über eine ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit hinausgehende weitere Möglichkeit, die betrieblichen Anlagen in dem bisherigen Umfang auszunutzen. Abgesehen davon, daß bei der Festlegung der freien Tage Wünsche der Arbeitnehmer zu berücksichtigen sind (§ 3 Nr. 6 Satz 4 MTV), geht es bei dieser Arbeitszeitverteilung wie bei der in § 3 Nr. 2 Abs. 1 MTV vorgesehenen Verteilung nur darum, die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit durch entsprechende Freischichten zu erreichen, damit das vom Tarifvertrag vorgegebene Volumen der wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden für vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer nicht überschritten wird.
c) Gesetzliche Vorschriften, insbesondere die Bestimmungen der Arbeitszeitordnung, werden durch die Regelung über die Arbeitszeit in der Betriebsvereinbarung nicht berührt. Es ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich, daß die getroffene Regelung nicht das Ermessen im Sinne von § 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG wahrt. Deshalb muß der Senat auch davon ausgehen, daß im Rahmen der durch den Tarifvertrag eröffneten Regelungsmöglichkeiten mit der Einführung des Freischichtenmodells die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind, selbst wenn wegen der an Feiertagen ausfallenden, aber zu vergütenden Arbeitszeit die beabsichtigte Auslastung der betrieblichen Anlagen und Einrichtungen die Beklagte verpflichtet, eine um 0,3 Stunden je Feiertag höhere Vergütung zu leisten als wenn die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden als betriebliche Arbeitszeit eingehalten worden wäre (vgl. zum Ausgleich gegenläufiger Interessen durch Einschaltung einer Einigungsstelle BAG Beschluß vom 13. Oktober 1987 - 1 ABR 10/86 - AP Nr. 24 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit, zu B II 3 c der Gründe, BB 1988, 270, 274, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt).
2. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, daß für den Kläger nach dem 1. April 1985 eine tägliche Arbeitszeit von acht Stunden und eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden verbindlich war. An den drei Feiertagen, um die es hier geht, hätte der Kläger ebenfalls eine Arbeitszeit von je acht Stunden ableisten müssen. An diesen Tagen hat der Kläger nur deshalb nicht gearbeitet, weil es sich um gesetzliche Feiertage handelte. Das ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Beklagte hat sich deshalb für verpflichtet angesehen, die Vergütung für diese Tage zu zahlen. Sie hat aber zu Unrecht den Lohn nur für je 7,7 Stunden gewährt. Der Kläger hätte an den Feiertagen eine Arbeitszeit von je acht Stunden gehabt. Diese Arbeitszeit ist durch den Feiertag ausgefallen und von der Beklagten zu entgelten.
III. Die Einwendungen, die die Beklagte dagegen vorgebracht hat, daß für die im Freischichtenmodell an einem Feiertag ausgefallene Arbeitszeit bei einer Betriebsnutzungszeit von acht Stunden täglich diese Arbeitszeit und nicht die auf den Tag entfallende individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 7,7 Stunden zu entschädigen ist, sind mit § 1 Abs. 1 Satz 1 Feiertagslohnzahlungsgesetz nicht zu vereinbaren. Das gilt ebenso für weitere Erwägungen, die in beim Senat anhängigen gleichliegenden Verfahren oder sonst in dem den arbeitgeberseitigen Standpunkt einnehmenden Schrifttum angestellt worden sind:
1.a) Vielfach wird die Ansicht vertreten, am Feiertag gelte und falle nur aus eine Arbeitszeit von 7,7 Stunden, selbst wenn im übrigen acht Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich gearbeitet wird. Gelegentlich bestimmen Betriebsvereinbarungen ausdrücklich, daß am Feiertag die Arbeitszeit sich nur auf 7,7 Stunden belaufe. Zum Teil wird eine solche Vorstellung der Betriebsparteien mittelbar erkennbar, wenn in Betriebsvereinbarungen gesagt wird, für ausgefallene Feiertagsarbeit entstehe kein Freizeitguthaben, oder wenn die Zahl der Freischichten so errechnet wird, daß ersichtlich für an Feiertagen (und in der Regel Urlaubstagen) ausgefallene Arbeitszeit keine Freizeit angesammelt wird.
b) Ob Gestaltungen der vorstehend genannten Art dahin ausgelegt werden können, daß die Arbeitszeit für die Feiertage (in der Regel auch die Urlaubstage) statt der im übrigen geltenden acht Stunden auf den Umfang der auf den Tag entfallenden individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit zurückgeführt werden sollte, kann schon fraglich sein. Jedenfalls wäre aber eine dahingehende Regelung, selbstverständlich ebenso eine solche, die dies ausdrücklich beinhaltet, nach § 134 BGB nichtig, weil sie § 1 Abs. 1 Satz 1 FeiertagslohnzahlungsG widerspräche. Die Feiertagslohnzahlung ist zwingend vorgeschrieben. Abreden, die dem Arbeitnehmer dem Grunde oder der Höhe nach die Bezahlung für die am Feiertag ausgefallene Arbeitszeit entziehen, sind unwirksam. Wenn für den Feiertag eine Arbeitszeit von acht Stunden gegolten hätte, dann kann der Anspruch auf Vergütung dieser Zeit nicht dadurch beeinträchtigt werden, daß die Arbeitszeit nur wegen des Feiertages auf 7,7 Stunden festgelegt wird.
c) In diesem Zusammenhang ergibt sich auch nichts anderes aus § 2 Nr. 4 MTV. Dort heißt es, die nach Nr. 1 und 2 festgesetzte Arbeitszeit vermindere sich um die Arbeitsstunden, die infolge eines gesetzlichen Wochenfeiertages ausfallen. Damit wird nur bezweckt, die wöchentliche Arbeitszeit zu vermindern, so daß vor- oder nachgeholte Arbeitszeit Mehrarbeit ist (vgl. Ziepke, Komm. zum TV vom 5. Mai 1987 zur zweiten Änderung des MTV vom 30. April 1980, § 2 Anm. 11). Die Vorschrift, die im übrigen sich nicht auf die nach § 3 Nr. 6 mögliche Arbeitszeit bezieht, regelt einen anderen Sachverhalt als den, welche Bezahlung für ausgefallene Feiertagsarbeit zu erfolgen hat. Selbst wenn man das anders sehen würde, könnte auch durch tarifvertragliche Regelung der Anspruch aus § 1 Abs. 1 Satz 1 FeiertagslohnzahlungsG nicht beeinträchtigt werden.
2. Im Zusammenhang mit diesen Erwägungen wird auch die Ansicht vertreten, bei der über die auf den Tag umgerechnete individuelle regelmäßige Arbeitszeit von 7,7 Stunden hinausgehenden Tätigkeit handele es sich um vorgeholte Arbeitszeit. An einem arbeitsfreien gesetzlichen Feiertag könne jedoch keine Arbeitszeit vorgearbeitet werden; deshalb falle am Feiertag nur die Arbeitszeit in Höhe der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit aus (so Klischan, DB 1987, 331, 332).
Diese Ansicht verkennt jedoch, daß das Feiertagslohnzahlungsgesetz die Vergütungspflicht allein davon abhängig macht, in welchem Umfange am Feiertag Arbeitszeit wegen des Feiertages ausgefallen ist. Insofern läßt sich nur darauf verweisen, daß ohne den Feiertag acht Stunden gearbeitet worden wäre. Deshalb steht dem Arbeitnehmer auch die Vergütung für die entsprechende Arbeitszeit zu. Daß, um den Rahmen der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit nicht zu überschreiten, wegen 0,3 Stunden ein nicht bezahlter Freizeitausgleich zu erfolgen hat, ist für die Berechnung der Feiertagsvergütung unerheblich.
3.a) Eine weitere Ansicht geht dahin, daß nur bei kalenderunabhängiger Verteilung der Arbeitszeit, d.h. dann, wenn Arbeits- oder Schichtpläne die Arbeit ohne Rücksicht auf Kalenderperioden allein nach Zeitabschnitten verteilen, für den Feiertag acht Stunden zu bezahlen seien. Dies gelte nicht bei einer kalenderabhängigen Verteilung, wenn die Arbeit gezielt auf bestimmte Kalendertage oder Kalenderperioden verteilt werde (Siebel, BB 1987, 2222, 2227). Dieser Betrachtungsweise kann sich der Senat nicht anschließen, weil sie die gesetzliche Regelung vernachlässigt. Dies räumt der Autor selbst ein, wenn er sagt, seine Ausführungen zielten mehr auf eine Darstellung mathematischer Zusammenhänge und plausibler Lösungsansätze als auf eine juristische Deduktion bestehender gesetzlicher oder tariflicher Regelungen (aaO, S. 2223).
b) Es kann dahingestellt bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen es zulässig wäre, Dienst- oder Schichtpläne so zu gestalten, daß nach dem Freischichtenmodell erforderliche freie Tage auf einen Feiertag gelegt werden (vgl. dazu BAGE 44, 160 = AP Nr. 41 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG). Vorliegend ist nicht geltend gemacht worden, daß die Arbeitszeit des Klägers an einem der Feiertage schon deshalb ausgefallen sei, weil er wegen einer Freischicht ohnehin von der Arbeit freigestellt gewesen sei. Soweit im übrigen von Arbeitgeberseite angeführt wird, man müsse aufgrund von Wahrscheinlichkeitserwägungen dazu gelangen, daß im Hinblick auf die Zahl der Feiertage ein bestimmter Anteil der Arbeitnehmer auch ohne den Feiertag von der Arbeit wegen anfallender Freischichten freigestellt wäre, kann dem nicht gefolgt werden. Es steht außer Frage, daß der Kläger an dem Feiertag gearbeitet hätte. Zweifel, wie sie in dem Fall der soeben genannten Entscheidung sowie in dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Februar 1984 (- 3 AZR 103/83 - AP Nr. 43 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG) abzuwägen waren, ergeben sich hier nicht.
4.a) Entgegen der verschiedentlich vertretenen Ansicht führt die Wahrung der sich aus dem Feiertagslohnzahlungsgesetz ergebenden gesetzlichen Regelung auch nicht zu einem dem Sinn des Gesetzes widersprechenden Ergebnis. Insofern wird darauf verwiesen, der Arbeitnehmer mit einer individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden, der bei einer der Betriebsnutzungszeit entsprechenden 40-stündigen wöchentlichen Arbeitszeit für die an einem Feiertag ausgefallene Arbeitszeit acht Stunden vergütet erhalte, stehe sich besser als derjenige Arbeitnehmer, dessen Arbeitszeit von 38,5 Stunden in der Woche gleichmäßig auf die fünf Werktage verteilt sei und der dementsprechend für den Feiertag nur 7,7 Stunden bezahlt bekomme. Dies laufe dem Gedanken zuwider, daß für beide Arbeitnehmer die gleiche individuelle Arbeitszeit gelte und deshalb beide im Ergebnis auf die gleiche Vergütung kommen müßten.
Bei dieser Betrachtung wird zweierlei außer acht gelassen: Zum einen richtet sich die Bezahlung für die an Feiertagen ausfallende Arbeitszeit danach, welche Arbeitszeit ohne den Feiertag zu leisten gewesen wäre. Das sind bei dem im Freischichtenmodell tätigen Arbeitnehmer acht Stunden, bei dem Arbeitnehmer, bei dem die Arbeitszeit gleichmäßig verteilt ist, nur 7,7 Stunden.
Des weiteren kann es auch zu einer Besserstellung des im Freischichtenmodell tätigen Arbeitnehmers gegenüber demjenigen, der durchgehend 38,5 Stunden wöchentlich arbeitet, nicht kommen, wenn die Betriebspartner die vergütungsrechtlichen Auswirkungen des Feiertagslohnzahlungsgesetzes für den Freizeitausgleich zutreffend berücksichtigen. Das Feiertagslohnzahlungsgesetz verlangt, den Arbeitnehmer so zu stellen, wie wenn er an dem Feiertag acht Stunden gearbeitet hätte. Für die Freischichten müßte die ausgefallene Arbeitszeit so berücksichtigt werden, als wäre sie erbracht worden, damit der Arbeitnehmer nicht vergütungsrechtlich dadurch bessergestellt wird, daß ihm zu wenig Freischichten gutgebracht oder - bei dieser Betrachtungsweise - auferlegt werden. Dies kann auch deshalb notwendig werden, um das tarifvertraglich vorgegebene Volumen der wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden einzuhalten. Die entsprechende Ausgestaltung der Arbeitszeit obliegt jedoch den Partnern der Betriebsvereinbarung, die bisher die Folgerungen aus dem Feiertagslohnzahlungsgesetz, jedenfalls in den dem Senat vorliegenden Fällen, nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt haben.
Diese Umstände werden auch von all denen verkannt, die eine vergleichende Betrachtung der Jahresarbeitszeit vornehmen und dabei von vornherein für Feiertage (auch Urlaubstage) als Arbeitszeit auch dann 7,7 Stunden ansetzen, wenn im Betrieb eine achtstündige Arbeitszeit mit Freizeitausgleich gilt (vgl. dazu Siebel, aaO, S. 2224; von Pappenheim, DB 1986, 2599).
b) Nicht zu verkennen ist, daß die Belastung der Arbeitgeber mit Feiertagslohn höher liegt, wenn die Betriebsnutzungszeit von 40 Stunden beibehalten wird und der Ausgleich zu einer geringeren individuellen Arbeitszeit durch Freischichten erfolgt, gegenüber einer Arbeitszeitregelung, bei der die verkürzte Arbeitszeit gleichmäßig auf fünf Tage der Woche verteilt ist. Diese Mehrbelastung ist eine Folge aus der in den Tarifverträgen zugestandenen Möglichkeit, zur Auslastung von Anlagen und Einrichtungen die 40-Stunden-Woche beizubehalten, wenngleich mit der Notwendigkeit, den Ausgleich zu einer darunterliegenden individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit durch Freischichten herbeizuführen. Der Vorteil für die Arbeitgeberseite, die Betriebsnutzungszeit trotz Verkürzung der Arbeitszeit weiter zur Verfügung zu haben, muß in Beziehung gesetzt werden zu den damit verbundenen Nachteilen, wie sie durch das Gebot des Feiertagslohnzahlungsgesetzes, für die ausgefallene Arbeitszeit den Lohn zu zahlen, bewirkt werden. Man wird ferner noch bedenken müssen, daß die am Feiertag ausfallende Arbeitszeit, sollen die arbeitszeitrechtlichen Anforderungen des Tarifvertrages erfüllt werden und die im Freischichtenmodell tätigen Arbeitnehmer keinen vergütungsrechtlichen Vorteil erlangen, auch zu einem Anteil unbezahlter Freischicht führen muß. Wird andererseits berücksichtigt, daß bei zehn Feiertagen im Jahr der Streit insgesamt die Bezahlung von drei Stunden umfaßt, so muß doch angenommen werden, daß die beim Freischichtenmodell in bezug auf die Feiertage sich ergebende Belastung aufgewogen wird durch den Vorteil, weiterhin die Betriebsnutzungszeit zur Verfügung zu haben. Letztlich hat sich die finanzielle Belastung gegenüber der Zeit vor der Arbeitszeitverkürzung hinsichtlich der an Feiertagen ausfallenden Arbeitszeit nicht erhöht. Deshalb besteht kein Anlaß, die gesetzlichen Bestimmungen einschränkend im Sinne des arbeitgeberseitigen Begehrens auszulegen.
Dr. Thomas Dr. Gehring Dr. Olderog
Schleinkofer Dr. Hirt
Fundstellen