Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung: Diplompädagoge in Erziehungsberatungsstelle
Leitsatz (amtlich)
Ein Dipompädagoge mit der „pädagogischen Diplomprüfung in der Studienrichtung Sozialpädagogik und Sozialarbeit” und mit dem erfolgreichen Abschluß der Ausbildung in Familientherapie, dem in einer Erziehungsberatungsstelle eines Landkreises einzelfallbezogene Klientenarbeit obliegt, hat keine seiner Hochschulbildung entsprechende Tätigkeiten auszuüben und fällt daher nicht unter die Fallgr. 1 a der VergGr. II der Vergütungsgruppen für den „allgemeinen” Verwaltungsdienst, sondern ist in die Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst der Anlage 1 a zum BAT/VKA eingruppiert.
Normenkette
BAT 1975 §§ 22-23; Anlage 1a Allgemeiner Teil VergGr. II Fallgr. 1 a; Anlage 1a Teil II Tarifvertrag vom 16. Juni 1970 i.d.F. vom 24. April 1991 (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) zum BAT/VKA
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision des beklagten Landkreises wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 27. Mai 1997 - 9 Sa 1406/96 - aufgehoben.
2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach vom 6. Februar 1996 - 4 Ca 537/94 - wird zurückgewiesen.
3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der beklagte Landkreis verpflichtet ist, dem auf die nach VergGr. IV a BAT/VKA bewertete Stelle eines „Sozial- oder Heil- oder Diplompädagogen” eingestellten Kläger ab 1. Juni 1992 Vergütung nach VergGr. II BAT/VKA zu zahlen.
Der am 18. August 1953 geborene Kläger ist „Diplompädagoge” mit der „pädagogischen Diplomprüfung in der Studienrichtung Sozialpädagogik und Sozialarbeit”. Außerdem verfügt er über eine erfolgreich abgeschlossene Zusatzausbildung in Familientherapie gemäß den Richtlinien der Gesellschaft für Familientherapie und Familiendynamik e.V. Er ist Mitglied der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr. Der Beklagte gehört dem Hessischen Arbeitgeberverband der Gemeinden und Kommunalverbände an, der seinerseits Mitglied der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) ist. Nachdem der Kläger zunächst als sog. Honorarkraft ab 1980 bis 30. Juni 1981 befristet bei dem beklagten Landkreis in dessen Erziehungsberatungsstelle in H beschäftigt gewesen war und sich im Klagewege gegen die Befristung gewandt hatte, schlossen die Parteien den außergerichtlichen Vergleich vom 23. Februar 1982. Nach dessen Ziff. 2 wird der Kläger seit dem 1. März 1982 als Angestellter in der Erziehungsberatungsstelle H in Teilzeitbeschäftigung mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden mit der Vergütung nach VergGr. IV a BAT für die am 5./6. Dezember 1981 ausgeschriebene Stelle eines „Sozial- oder Heil- oder Diplompädagogen” eingestellt. Mit dieser Stellenausschreibung waren „Sozial- oder Heilpädagogen/innen oder Diplompädagogen/innen” für die psychologischen Beratungsstellen des beklagten Landkreises gesucht worden. „Der/die zukünftige Mitarbeiter/in soll Berufserfahrung mitbringen, psychoanalytisch orientiert sein und über eine Zusatzausbildung in Familientherapie oder Kindertherapie (Psychagogik) verfügen bzw. kurz vor dem Abschluß einer derartigen Zusatzausbildung stehen … Die Vergütung der Tätigkeit erfolgt bis zur VergGr. IV a des Bundes-Angestelltentarifvertrages.” Der Kläger erhält seitdem Vergütung nach VergGr. IV a BAT/VKA. Aufgrund der Vereinbarung der Parteien vom 21. März/26. Mai 1988 arbeitet der Kläger seit dem 1. Juni 1988 30 Stunden in der Woche. Aufgrund der Änderung des Tarifvertrages vom 19. Juni 1970 – Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst – am 24. April 1991 mit Wirkung vom 1. Januar 1991 teilte der beklagte Landkreis dem Kläger mit, der Kläger sei in VergGr. IV b eingruppiert, dem Kläger bleibe aber „die Vergütung nach VergGr. … IV a … BAT … im Wege der Besitzstandswahrung erhalten …”. Dagegen wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 18. November 1991 und verlangte am 30. November 1991 und am 16. August 1992 erfolglos rückwirkend ab 1. Januar 1991 Vergütung nach VergGr. III BAT/VKA unter Hinweis auf die VergGr. III Fallgr. 6 der Vergütungsgruppen für den Sozial- und Erziehungsdienst. Am 28. November 1992 machte er erfolglos Vergütung nach VergGr. II a BAT rückwirkend ab 1. Juni 1992 geltend.
Auf Veranlassung des Hauptamtes „Personalabteilung” des beklagten Landkreises erstellte der Kläger die „Stellenbeschreibung” vom 28. April 1992. In dieser „Stellenbeschreibung”, die der Beklagte als vom Kläger selbst gefertigt nicht anerkennt – Inhalt und die zeitlichen Anteile sind bestritten –, heißt es u.a.:
„Aufgaben/Funktionen
Beratung und Therapie von Familien, Eltern, Kindern und Jugendlichen, Krisenintervention, Familienbildung, Prävention und Öffentlichkeitsarbeit, Anleitung von Praktikanten, Mitarbeit in Facharbeitsgruppen, Vernetzung sozialer Dienste, Organisationsarbeiten, Mitwirkung an den Aufgaben der Stellenleitung im Rahmen der Teamarbeit bzw. durch Delegation, Mitwirkung …”
Im Teil „Arbeitsplatzbeschreibung” heißt es unter A „Grundlagen für die derzeitige Tätigkeit” u.a.:
„Der Diplom-Pädagoge arbeitet als gleichberechtigtes und eigenständiges Mitglied im multidisziplinären Team der Erziehungsberatungsstelle (H ). Gleichberechtigt ist zu verstehen im Sinne von spezifischer Fachkompetenz bei selbständiger Aufgabenerfüllung innerhalb des Behandlungs- und Aufgabenspektrums der Beratungsstelle.
Der spezifische Beitrag des Diplompädagogen ergibt sich aus dem Studium der Erziehungswissenschaft und der Sozialpädagogik:
- Konzeptions- und Planungskompetenz:
Fähigkeit, Problemstellungen der sozialpädagogischen Praxis auf wissenschaftlicher Grundlage zu analysieren und Lösungsstrategien zu entwickeln
- interdisziplinärer Blickwinkel:
Integration der pädagogischen, der psychologischen und soziologisch-sozialen Dimension aufgrund des interdisziplinär angelegten Studiums
- Fachlichkeit für Erziehung, für deren Voraussetzungen, Formen und Problemstellungen in Familie und Schule
Als Fachmann für Erziehungsfragen (zentraler Gegenstand von Erziehungsberatung) genuine Kompetenz für Aufklärung und Beratung von Eltern und Erziehern (Prophylaxe) und für die Neuorientierung von „entgleisten” Erziehungsprozessen zwischen Eltern und Kindern (Therapie)”
Unter B „Arbeitsgebiete” heißt es u.a.:
„1. |
einzelfallbezogene Klientenarbeit |
55 % |
1.1. |
Beratung/Therapie mit Familien, Eltern, Jugendlichen und Kindern |
1.2. |
Zusammenarbeit mit und Einbeziehung von außerfamiliären Personen und Institutionen |
1.3. |
Krisenintervention |
1.4. |
Diagnostik |
1.5. |
Überweisung und Weiterverweisung an andere Fachdienste |
1.6. |
Hausbesuche |
1.7. |
Aufnahme von Anmeldungen (pers./tel.), Klärung der Zuständigkeit |
1.8. |
telefonische Kurzberatung |
1.9. |
fachliche Vor- und Nachbereitung der Kliententermine, ggfs. unter Verwendung von audiovisueller Hilfsmittel |
2. |
Multiplikatorenarbeit |
6 % |
… |
|
3. |
Öffentlichkeitsarbeit und Prävention |
10 % |
… |
|
4. |
Praxisanleitung bzw. Mitbetreuung von Berufspraktikanten der Sozialarbeit/Sozialpädagogik sowie Anleitung Kurzpraktikanten |
3 % |
5. |
Eigen-Fortbildung und Supervision |
7 % |
… |
|
6. |
innerbetriebliche Organisations- und Konzeptionsarbeit |
19 % |
…” |
|
Nach der „Arbeitsrichtlinie für die Beratungsstellen des Kreises” vom 29. Mai 1991 besteht die Aufgabe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beratungsstelle neben der Durchführung von Beratung und Therapie mit den Klienten/Klientinnen gemäß der Arbeitskonzeption der Einrichtung unter entsprechender Anwendung der professionellen Standards auch darin, die eigene Arbeit zu reflektieren und die Qualifikation fortzuentwickeln. Für die Bearbeitung der einzelnen Fälle ist der/die einzelne Mitarbeiter/in primär selbst verantwortlich. Er/sie hat das Recht und die Pflicht, im Rahmen der Fallbesprechung sowie der Supervision Fälle vorzustellen.
Mit der beim Arbeitsgericht am 14. Oktober 1994 eingegangen Klage verfolgt der Kläger das Ziel, ab 1. Juni 1992 nach VergGr. II BAT/VKA vergütet zu werden.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, es handele sich jedenfalls bei der einzelfallbezogenen Klientenarbeit, die aus Beratung und Durchführung von Therapie mit Familien, Eltern, Jugendlichen und Kindern bestehe, um einen einzigen großen Arbeitsvorgang, der 55 % seiner Gesamtarbeitszeit ausmache, und um eine Tätigkeit, die seine im Studium erworbenen Fachkenntnisse zur ordnungsgemäßen Erfüllung voraussetze. Vor dem Hintergrund der allgemeinen Tätigkeits- und beruflichen Ausübungsformen für Diplompädagogen stelle die Tätigkeit als pädagogischer Berater in Stätten der Erziehungsberatung eine typische, für einen Diplompädagogen berufsadäquate Tätigkeit dar. Von daher spreche bereits viel dafür, daß die erworbene Ausbildung als Diplompädagoge das angemessene zur Ausübung der konkreten Tätigkeit als Erziehungsberater befähigende Mittel sei; das erworbene Wissen und Können sei Voraussetzung für die vom Kläger auszuübende Tätigkeit.
Im Rahmen der einzelfallbezogenen Klientenarbeit werde der Kläger in der Beratungsstelle mit einer Vielzahl sozialer Defekte und entsprechenden Fehlverhaltensweisen der Ratsuchenden konfrontiert. Gekennzeichnet sei die Situation dadurch, daß die Ratsuchenden häufig erst bei zugespitzter Problemlage und Krisen die Beratungsstelle aufsuchten und diese in Anspruch nähmen. Gerade die Arbeit mit psychisch gestörten und verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen, mit dissozialen Kindern und Jugendlichen und problembelasteten Familien, die sich oftmals in existentiellen Krisensituationen befänden (Suizidgefahr, sexueller Mißbrauch, Ehekrisen, Trennungs- und Scheidungsverfahren, Kindesmißhandlungen, Verwahrlosung), erforderten von dem Kläger ein hohes Maß an fachlichem Können und speziellem Wissen, das er nur in seiner Hochschulausbildung zusammen mit seiner Ausbildung als Familientherapeut erworben habe. Der Kläger müsse im Rahmen seiner Tätigkeit aufgrund unterschiedlicher zutage getretener Auffälligkeiten die entsprechenden Problemgrundlagen feststellen. Dabei sei er nicht nur mit dem einzelnen Ratsuchenden oder Eltern konfrontiert, sondern müsse dessen gesamtes soziales und persönliches Umfeld in seine Beratungstätigkeit oder seine Diagnose einbeziehen. Er werde nicht mit immer wiederkehrenden Grundsituationen konfrontiert, sondern müsse sich mit wechselnden Problemfeldern auseinandersetzen. Schließlich gehöre es zu seinen Tätigkeiten in der Beratungsstelle, nicht nur die bei den Ratsuchenden vorhandenen Probleme festzustellen oder zu diagnostizieren, sondern er müsse auch entsprechende Vorgehensweisen oder Therapiepläne erstellen und durchführen. Der Kläger müsse zwischen dem Bedürfnis nach Stabilität und Kontinuität und der Notwendigkeit von Veränderung und Anpassung an Entwicklungen innerhalb und außerhalb der Familie ein Gleichgewicht herstellen. Gelinge dies nicht, träten bei einem oder mehreren Familienmitgliedern Störungen auf. Diese Störungen seien Ausdruck eines mißlungenen Versuchs, ein funktionierendes Gleichgewicht herzustellen. Für diese Tätigkeit, die sich je nach Einzelfall zusammenfassend umschreiben lasse mit Diagnostik, Beratung und Therapie für und mit Familien, Eltern, Jugendlichen und Kindern, benötige der Kläger das Können und Wissen, das er in seiner Hochschulausbildung und in seiner Zusatzausbildung zum Familientherapeuten erworben habe. Die vom Kläger absolvierte Hochschulausbildung sei somit das adäquate und zur Ausübung der konkreten Tätigkeit befähigende Mittel im rechtlichen Sinne. Der spezifische Beitrag des Diplompädagogen und Klägers ergebe sich aus seinem Studium der Erziehungswissenschaft und der Sozialpädagogik. In der Erziehungsberatung seien stets Erziehungsfragen unterschiedlichster Art thematisiert, sei es als Beratung und Aufklärung für Eltern und Erzieher (Prophylaxe) oder als Therapie von „entgleisten” Erziehungsprozessen zwischen Eltern und Kindern. Hier bringe der Kläger als Diplompädagoge und Fachmann für Erziehung seinen interdisziplinären Blickwinkel ein, der neben der psychologischen und sozialen die pädagogische Dimension beinhalte.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
- festzustellen, daß der beklagte Landkreis verpflichtet ist, an den Kläger seit 1. Juni 1992 Vergütung nach VergGr. II BAT zu zahlen,
- festzustellen, daß der beklagte Kreis verpflichtet ist, die monatliche Nettodifferenzvergütung zwischen einer Vergütung nach VergGr. IV a BAT und VergGr. II BAT mit 4 % zu verzinsen, und zwar seit Rechtshängigkeit sowie dann ab dem 16. des Fälligkeitsmonats.
Der beklagte Landkreis hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, auf die von dem Kläger auszuübende Tätigkeit sei der Tarifvertrag für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst anzuwenden. Nach der Vorbemerkung Nr. 3 zu allen Vergütungsgruppen gölten für Angestellte, deren Tätigkeit in der Anlage 1 a außerhalb der Tätigkeitsmerkmale der jeweiligen Fallgr. 1 des Tarifvertrages zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1 a zum BAT aufgeführt sei, die Tätigkeitsmerkmale der jeweiligen Fallgr. 1 des Tarifvertrages vom 24. Juni 1975 weder in der Vergütungsgruppe, in der sie aufgeführt seien, noch in einer höheren Vergütungsgruppe. Der Kläger sei in einer Erziehungsberatungsstelle mit entsprechenden Aufgaben tätig. Die Tarifvertragsparteien hätten für im Sozial- und Erziehungsdienst tätige Personen in dem Tarifvertrag für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst vom 19. Juni 1970 in der Fassung vom 24. April 1991 spezielle Tätigkeitsmerkmale vereinbart, die die Anwendung der allgemeinen Fallgruppe 1 ausschlössen. Der Kläger sei zwar Diplompädagoge und verfüge insofern über eine wissenschaftliche Hochschulbildung, sei jedoch nicht entsprechend tätig. Die Aufgaben in einer Erziehungsberatungsstelle würden sowohl von Sozialarbeitern als auch von Sozialpädagogen wahrgenommen. Diese seien tarifgerecht im Tarifvertrag für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst eingruppiert. Die Eingruppierung des Klägers sei übertariflich. Der Kläger sei als sonstiger Angestellter wie ein Diplomsozialpädagoge mit staatlicher Anerkennung und mit erfolgreich abgeschlossener berufsbegleitender Weiterbildung zum Familientherapeuten in VergGr. IV b der Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst eingruppiert.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Die Revision gegen sein Urteil hat es nicht zugelassen. Mit der vom Senat auf die Beschwerde des beklagten Landkreises gegen die Nichtzulassung der Revision mit Beschluß vom 22. Juli 1998 - 4 AZN 956/97 - zugelassenen Revision verfolgt der beklagte Landkreis seinen Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und zur Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. II BAT/VKA.
I. Die Klage hat nur Erfolg, wenn die die Gesamtarbeitszeit des Klägers ausfüllenden Arbeitsvorgänge im tariflich geforderten Umfang die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale der von ihm für sich in Anspruch genommenen VergGr. II erfüllen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 1, Unterabs. 4 BAT). Das ist nicht der Fall.
1. Die Parteien sind tarifgebunden. Maßgebend ist die für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände geltende Fassung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT/VKA).
a) Die Tarifvertragsparteien haben keine speziellen Tätigkeitsmerkmale für Diplompädagogen in psychologischen Beratungsstellen oder in Erziehungsberatungsstellen vorgesehen.
b) In Betracht kommen zunächst die Tätigkeitsmerkmale für Angestellte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung. Vergütungsgruppe II Fallgruppe 1 a der Anlage 1 a zum BAT/VKA lautet:
„Angestellte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit …
(hierzu Protokollerklärung Nr. 2).”
Nach der Bemerkung Nr. 3 Satz 1 zu allen Vergütungsgruppen können Angestellte in bestimmten besonderen Berufen, für die außerhalb der jeweiligen Fallgr. 1 Tätigkeitsmerkmale festgelegt sind, wie z.B. für Sozialpädagogen/Sozialarbeiter in dem Tarifvertrag vom 24. April 1991, allenfalls in die höchste Vergütungsgruppe eingruppiert sein, die für ihre Aufgaben vorgesehen ist, nicht aber unter Berufung auf die Fallgr. 1 in eine höhere Vergütungsgruppe der allgemeinen Vergütungsgruppen (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, VergO VKA, Stand April 1999, Anm. 135 S. 107).
c) Der Kläger ist nicht Diplom-Sozialpädagoge, sondern Diplompädagoge. Er fällt unter die „allgemeinen” Vergütungsgruppen für Angestellte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung, wenn er „mit entsprechender Tätigkeit” betraut ist, oder als „sonstiger Angestellter” unter die Vergütungsgruppen für Sozialpädagogen/Sozialarbeiter der Vergütungsgruppen für den Sozial- und Erziehungsdienst des genannten Tarifvertrages, wenn er dem Berufsbild eines Sozialpädagogen entsprechende Aufgaben auszuüben hat.
2. Der Kläger verfügt über eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung. Er ist Diplompädagoge.
3. Er hat jedoch eine seiner Hochschulbildung entsprechende Tätigkeit weder auszuüben noch übt er sie aus. Das hat das Landesarbeitsgericht verkannt.
a) Ausgehend von den Grundsätzen des Senats zur Definition des Arbeitsvorgangs (z.B. Senatsurteil vom 26. März 1997 - 4 AZR 489/95 - AP Nr. 223 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.) hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, die Erziehungsberatung, die der Kläger auszuüben habe, sei ein einziger großer Arbeitsvorgang. Die vom Kläger unter Nr. 2 bis Nr. 6 in der „Arbeitsbeschreibung” aufgeführten Teiltätigkeiten seien Zusammenhangstätigkeiten, die der Organisation, der Verbesserung, der Vor- und Nachbereitung seiner Beratungs- und Therapiearbeit dienten.
Ob dem zu folgen ist, kann dahinstehen. Denn jedenfalls die „einzelfallbezogene Klientenarbeit”, die nach Vortrag des Klägers 55 % seiner Arbeitszeit belegt, ist ein einziger großer Arbeitsvorgang. Zu der einzelfallbezogenen Klientenarbeit gehören alle Tätigkeiten, bei denen ein direkter Kontakt mit den Klienten besteht oder für diese Tätigkeiten entfaltet werden, was unter Ziff. 1 der Arbeitsgebiete im einzelnen aufgeführt ist. Der Kläger ist überwiegend mit und für die zu beratenden/ zu therapierenden Personen tätig. Arbeitsergebnis ist die Erziehungsberatung und Therapie bei ratsuchenden Kindern, Jugendlichen und Eltern durch den Kläger in Zusammenarbeit mit anderen Fachkräften, wie z.B. Psychologen, zur Klärung und Bewältigung individueller und familienbezogener Probleme und der zugrunde liegenden Faktoren zur Lösung von Erziehungsfragen, also die Betreuung des ihm zugewiesenen Personenkreises im Rahmen der Erziehungsberatung. Das entspricht der Rechtsprechung des Senats. Der Senat hat bei Betreuungstätigkeiten regelmäßig einen einheitlichen Arbeitsvorgang angenommen (vgl. z.B. BAG Urteile vom 5. März 1997 - 4 AZR 482/95 -, vom 5. November 1997 - 4 AZR 185/96 - AP Nr. 34, 44 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter; BAG Urteil vom 12. August 1981 - 4 AZR 15/79 - AP Nr. 47 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vgl. auch LAG Hamm Urteil vom 23. November 1994 - 18 Sa 222/93 - ZTR 1995, 316).
b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muß die Tätigkeit der konkreten wissenschaftlichen Hochschulbildung des betreffenden Angestellten entsprechen. Sie muß schlechthin die Fähigkeit erfordern, als einschlägig ausgebildeter Akademiker auf dem entsprechenden akademischen Fachgebiet Zusammenhänge zu überschauen und selbständig Ergebnisse zu entwickeln. Sie muß einen sog. akademischen Zuschnitt haben. Nicht ausreichend ist es, wenn die entsprechenden Kenntnisse des Angestellten für seinen Aufgabenkreis lediglich nützlich oder erwünscht sind; sie müssen vielmehr im zuvor erläuterten Rechtssinne zur Ausübung der Tätigkeit erforderlich, d.h. notwendig sein (vgl. z.B. Urteile des Senats vom 21. Oktober 1998 - 4 AZR 629/97 - zur Veröffentlichung vorgesehen, zu 5 a der Gründe; vom 20. September 1995 - 4 AZR 413/94 - AP Nr. 205 zu §§ 22, 23 BAT 1975, zu II 3 b der Gründe und vom 23. Mai 1979 - 4 AZR 576/77 - AP Nr. 24 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
c) Die vom Landesarbeitsgericht gegebene Begründung trägt nicht die Annahme, der Kläger übe eine seiner Hochschulbildung entsprechende Tätigkeit aus.
Selbst wenn das Landesarbeitsgericht zutreffend von der Rechtsprechung zu dem Begriff der „entsprechenden Tätigkeit” i.S.d. VergGr. II Fallgr. 1 a der allgemeinen Vergütungsgruppen ausgegangen sein sollte, hat es diesen bei der Subsumtion wieder verlassen. Das rügt die Revision der Sache nach zutreffend.
aa) Das Landesarbeitsgericht führt aus, der beklagte Landkreis habe es selbst so gesehen, daß der Kläger eine seiner Hochschulbildung entsprechende Tätigkeit ausübe, weil er in der Stellenanzeige vom 5. Dezember 1981 Diplompädagogen nicht nur mit Fachhochschulstudium für die vom Kläger seit 1982 ausgeübte Tätigkeit gesucht habe. Dabei hat es nicht gesehen, daß der beklagte Landkreis auch Sozial- oder Heilpädagogen/innen angesprochen hat und betont hat, daß die Vergütung der Tätigkeit bis zur VergGr. IV a BAT erfolgt. Er hat also für ein- und dieselbe Tätigkeit Adressaten unterschiedlicher Berufsausbildung angesprochen und nicht zwischen Fachhochschul- und Hochschulabsolventen differenziert. Das durfte er auch. Der potentielle Arbeitgeber darf für die Stellenbesetzung Personen mit einem Ausbildungsstand ansprechen, der nicht unbedingt mit der Tätigkeit korrespondieren muß, die ausgeübt werden soll und die nach seiner Meinung tariflich niedriger bewertet wird als eine der Berufsausbildung entsprechende Tätigkeit. Läßt sich der Arbeitnehmer derart einstellen, kann er vom Arbeitgeber nicht mit Erfolg die an sich seiner Berufsausbildung entsprechende Vergütung verlangen.
bb) Das Landesarbeitsgericht führt weiter aus, es möge zwar sein, daß Erziehungsberatung auch von Diplom-Sozialpädagogen oder, wenn es das gäbe, von Diplompädagogen (Fachhochschule) wahrgenommen werde. Es handele sich aber jedenfalls um eine typische Tätigkeit von Diplompädagogen mit abgeschlossener Hochschulbildung, wie sich aus den von der Bundesanstalt für Arbeit herausgegebenen Blättern zur Berufskunde „Diplom-Pädagoge/Diplom-Pädagogin” ergebe. Wenn ein Diplompädagoge wie der Kläger diese Tätigkeit ausübe, müsse ohne entsprechendes substantiiertes Bestreiten des beklagten Landkreises davon ausgegangen werden, daß er das nicht unter teilweiser Außerachtlassung seiner erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten „nur” auf Fachhochschulniveau tue, sondern es sei selbstverständlich, daß er Erziehungsberatung mit Hochschulzuschnitt betreibe.
Auch das trägt die Annahme einer entsprechenden Tätigkeit im Tarifsinne nicht.
(1) Richtig ist, daß die Grenzen zu den Sozialpädagogen und Sozialarbeitern mit Fachhochschulabschluß teilweise fließend sind (Blätter zur Berufskunde, „Diplom-Pädagoge/Diplom-Pädagogin und Magister der Erziehungswissenschaft” 3 - III E 05, 7. Aufl. 1994, S. 31). Das gilt insbesondere für den vorliegenden Bereich der Erziehungsberatung, in dem Sozialpädagogen/Sozialarbeiter mit der Zusatzausbildung in Familientherapie tätig sind, welche auch der Kläger aufweist. Deswegen war es um so mehr an dem Kläger, diejenigen Tatsachen vorzutragen, die für eine Schlußfolgerung auf das Vorliegen des beanspruchten Merkmals „mit entsprechender Tätigkeit” erforderlich sind. Ob ein Angestellter eine seiner Ausbildung entsprechende Tätigkeit ausübt, ist nur feststellbar, wenn er im einzelnen darlegt, welche Kenntnisse und Fähigkeiten ihm die Ausbildung vermittelt hat und aus welchen Gründen er seine Aufgabe – einzelfallbezogene Klientenarbeit – ohne diese Kenntnisse und Fähigkeiten nicht ordnungsgemäß erledigen könnte. Es muß erkennbar sein, daß die Ausbildung nicht nur nützlich und erwartet, sondern für die Tätigkeit – trotz der zusätzlichen Ausbildung in Familientherapie, die die Sozialpädagogen in der Regel aufweisen, die in diesem Bereich arbeiten – erforderlich ist. Das ist in der Regel nur durch einen wertenden Vergleich möglich, mit dem aufgezeigt wird, welche Kenntnisse über die eines Sozialpädagogen – mit Zusatzausbildung in Familientherapie – hinaus für die Erfüllung der Aufgaben des Klägers im Rahmen seiner einzelfallbezogenen Klientenarbeit erforderlich sind. Denn die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen der begehrten Vergütungsgruppe liegt beim Kläger der Eingruppierungsfeststellungsklage (vgl. z.B. Urteil des Senats vom 20. Oktober 1993 - 4 AZR 47/93 - AP Nr. 173 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Das gilt auch für das Merkmal „mit entsprechender Tätigkeit” (vgl. Urteil des Senats vom 21. Oktober 1998 - 4 AZR 629/97 - zur Veröffentlichung vorgesehen, zu 6 a der Gründe).
(2) Daran fehlt es. Ausführungen, die den Blättern zur Berufskunde entnommen sind, belegen nicht, daß auch der Kläger mit Aufgaben betraut ist, die der Ausbildung als Diplompädagoge i.S.d. VergGr. II Fallgr. 1 a entsprechen. Aus der „Stellenbeschreibung” einschließlich der „Arbeitsplatzbeschreibung” und der Darstellung der „Arbeitsaufgaben” und aus dem insoweit einzigen Schriftsatz des Klägers vom 14. Dezember 1995 (Bl. 15 ff.) ergibt sich das nicht. Tatsachen, die einen wertenden Vergleich zum Sozialpädagogen mit Zusatzausbildung in Familientherapie ermöglichen, sind weder vom Landesarbeitsgericht festgestellt noch vom Kläger vorgetragen worden. Darauf hat der beklagte Landkreis zutreffend hingewiesen. Deswegen war die Klage wegen fehlender Schlüssigkeit des Sachvortrages des Klägers abzuweisen. Der beklagte Landkreis brauchte daher entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch nicht „substantiiert zu bestreiten”.
Auch die Revisionsbeantwortung verharrt im allgemeinen. Sie verweist zwar auf die „Arbeitsplatzbeschreibung”, wo unter „Grundlagen für die derzeitige Tätigkeit” der spezifische Beitrag des Diplompädagogen, der sich aus dem Studium der Erziehungswissenschaft und der Sozialpädagogik ergeben soll, festgehalten ist, sagt aber nicht, daß und warum für den Kläger was im Vergleich zu einem Sozialpädagogen mit Zusatzausbildung für seine Tätigkeit – einzelfallbezogene Klientenarbeit – erforderlich ist.
4. Auf der Grundlage der Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst des Tarifvertrages vom 19. Juni 1970 in der Fassung vom 24. April 1991 ist die Klage gleichermaßen unbegründet. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen der Tätigkeitsmerkmale der VergGr. II dieses Tarifvertrages nicht. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt. Die Revision greift das nicht auf. Der Senat braucht deshalb darauf nicht näher einzugehen.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Schliemann, Bott, Friedrich, Gotsche, Pflügner-Wax
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 08.09.1999 durch Freitag, Regierungssekretärin z. A. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 436420 |
BB 2000, 520 |
FA 2000, 104 |
NZA 2000, 478 |
ZTR 2000, 173 |
AP, 0 |
PersR 2000, 89 |
AUR 2000, 116 |
KomVerw 2000, 293 |
FuBW 2000, 565 |
FuHe 2000, 738 |