Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung im öffentlichen Dienst
Orientierungssatz
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung in öffentlichen Verwaltungen ohne weiteres gegeben, wenn ein Haushaltsplan bestimmte, nach sachlichen Merkmalen bezeichnete Stellen für Dienststellen oder Betriebe streicht.
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 23. März 1999 - 5 Sa
153/98 - aufgehoben.
Auf Arbeitsgerichts Erfurt vom 29. Oktober 1997 - 7 Ca 4729/96 -
abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Klägerin ist seit dem 1. August 1983 bei dem Beklagten bzw. seinem Rechtsvorgänger als wissenschaftliche Assistentin/Lehrkraft (VergGr. II a BAT-O) in der philologischen Fakultät der Pädagogischen Hochschule Erfurt (PHE) im Institut für Slawistik beschäftigt. Der Beklagte hat der Klägerin mit Schreiben vom 24. September 1996 mit der Begründung gekündigt, aufgrund des Haushaltsgesetzes für das Haushaltsjahr 1996 seien an der PHE insgesamt 98 Stellen abzubauen; zur Umsetzung dieser Vorgabe des Haushaltsgesetzgebers sei eine grundlegende Umstrukturierung der PHE durch Erlaß eines Personalbedarfsplans vorgenommen worden, wovon auch der Bereich betroffen sei, in dem die Klägerin bisher beschäftigt worden ist.
Grundlage der Kündigung des vom Thüringer Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK) am 15. Juli 1996 im Wege der Ersatzvornahme erlassenen Personalbedarfsplans der PHE für die Zeit ab 1. Januar 1997 war der Landeshaushaltsplan 1997, Einzelplan 15, der im Zuge der Neustrukturierung der PHE den Wegfall von 98 Stellen vorsah, darunter 71 Stellen für Angestellte. Der Erlaß dieses Personalbedarfsplans war nach Auffassung des Ministers nach § 112 Abs. 4 Ziff. 2 des Thüringischen Hochschulgesetzes (ThürHG) notwendig, nachdem es der Senat der PHE trotz ministerieller Androhung einer Ersatzvornahme mit Schreiben vom 24. Mai 1996 endgültig abgelehnt hatte, einen eigenen Personalbedarfsplan entsprechend den Haushaltsansätzen für das Jahr 1997 zu erstellen. Nach der für Slawisten an der PHE bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Personalstruktur waren 16 Stellen vorgesehen, nach dem ab dem 1. Januar 1997 für den akademischen Mittelbau geltenden Personalbedarfsplan waren es noch fünf ganze und zwei halbe Stellen.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die im Landeshaushaltsplan 1997 vorgenommenen allgemeinen Einsparungen könnten keine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen, vielmehr bedürfe es einer konkreten, organisatorischen Umsetzung des Haushaltsansatzes, die nicht vorliege. Der Personalbedarfsplan sei nicht nach den Vorschriften des Thüringischen Hochschulgesetzes aufgestellt worden; die Voraussetzungen einer ministeriellen Ersatzvornahme hätten nicht vorgelegen. Der Beklagte verwechselte bei seinen Berechnungen zum Personalbedarf die Begriffe von Lehrangebot und Lehrnachfrage. Das Heranziehen der Studienordnungen repräsentiere nicht den erforderlichen Bedarf an Lehrkapazität. Die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung auf Teilzeitbasis hätte allen Mitarbeitern des Slawistikinstituts angeboten werden müssen. Auch hätte für sie eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit an der TU Ilmenau bestanden; statt ihrer habe der Beklagte die Bewerbung des Personalratsmitglieds M. bevorzugt.
Die Sozialauswahl sei fehlerhaft durchgeführt worden, weil der Kreis der vergleichbaren Arbeitnehmer je nach den vormals betreuten Fachgebieten innerhalb der Slawistik hätte ermittelt werden müssen. Daß drei der weiterbeschäftigten Arbeitnehmer besonderen Kündigungsschutz genössen, werde mit Nichtwissen bestritten; so habe der Beklagte zu Unrecht eine Mitarbeiterin im Institut für Slawistik, Frau K., als unkündbar angesehen; sie bestreite, daß Frau K. als Ersatzmitglied des Hauptpersonalrats tätig geworden sei und damit Sonderkündigungsschutz genieße.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den
Parteien durch die Kündigung vom 24. September 1996 nicht
aufgelöst worden ist,
2. im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) den Beklagten
zu verurteilen, sie, die Klägerin, zu unveränderten
arbeitsvertraglichen Bedingungen weiterzubeschäftigen.
Der Beklagte hat zu seinem Klageabweisungsantrag vorgetragen, die Betriebsbedingtheit der Änderungskündigung ergebe sich aus den Festlegungen des Haushaltsgesetzes 1996, des Landeshaushaltsplans 1997 sowie der Konkretisierung durch den Personalbedarfsplan der PHE. Die Verteilung der haushaltsrechtlich vorgegebenen Einsparungsmöglichkeiten in der neuen Personalstruktur seien nach sachlichen Gesichtspunkten erfolgt, so sei insbesondere in einigen Fächern wie Technik, Slawistik und Germanistik ein erheblicher Nachfragerückgang entstanden, der im Bereich Slawistik dazu geführt habe, daß über alle Fachsemester hinweg nur noch insgesamt fünf Studenten immatrikuliert seien. Dies bedeute nichts anderes, als daß das gesamte Pflichtangebot im Bereich Slawistik mit einem Lehrdeputat von 27,5 Semesterwochenstunden (SWS) abgedeckt werden könne. Demgegenüber bestehe selbst nach dem reduzierten Personalbestand laut Personalbedarfsplan 1997 und ohne Berücksichtigung der Stelle im Sprachenzentrum noch eine Kapazität von 76 SWS und damit eine Überkapazität von nahezu 300 %; für fünf Studenten stünden (ebenfalls ohne Berücksichtigung der Stelle im Sprachenzentrum) noch immer vier Professoren und fünf Mitarbeiterstellen des akademischen Mittelbaus zur Verfügung. Dies habe eine durchgreifende Änderung der Personalstruktur und den Wegfall der Stellen erforderlich gemacht, die unter Berücksichtigung der einschlägigen Studienordnungen und der darin vorgesehenen Veranstaltungen erfolgt sei.
Eine Weiterbeschäftigung der Klägerin an der TU Ilmenau sei dort schon aufgrund ihrer fachlichen Ausrichtung (Russisch, Geschichte) nicht möglich gewesen, weil dort nur Stellen für Mathematiker, Physiker oder Chemiker frei gewesen seien.
Auch sei die Sozialauswahl korrekt erfolgt; angebliche Fehler in der Sozialauswahl habe die Klägerin nicht konkret vorgetragen, insbesondere habe Frau K. nicht einbezogen werden können, weil sie mehrfach als Ersatzmitglied an HPR-Sitzungen teilgenommen habe, so u.a. an der Sitzung vom 23. Mai 1996.
Das Arbeitsgericht hat nach den obigen Anträgen erkannt. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte nach wie vor die Klageabweisung.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist begründet, sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Klageabweisung. Die der Klägerin gegenüber erklärte Kündigung ist nicht sozial ungerechtfertigt, § 1 Abs. 2 KSchG.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die betriebsbedingte Kündigung der Klägerin sei weder aufgrund des Haushaltsgesetzes, noch des Landeshaushaltsplans 1997 oder des Personalbedarfsplans vom 15. Juli 1996 gerechtfertigt. Es sei davon auszugehen, daß sich das beklagte Land zur Rechtfertigung der Kündigung auf das Haushaltsgesetz 1996 gar nicht berufe, weil es für die Durchführung des gemäß Kabinettsbeschluß vom 19. September 1995 vorgesehenen Stellenabbaues stets auf das Haushaltsgesetz 1997 (Einzelplan 15) verwiesen habe, nicht aber auf das Haushaltsgesetz 1996. Ob der Personalbedarf am 15. Juli 1996 vom Minister für Wissenschaft, Forschung und Kultur zu Recht im Wege der Ersatzvornahme erlassen worden sei, könne dahinstehen, weil er die Kündigung der Klägerin nicht rechtfertige. Für ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung sei eine allgemeine Einsparungsanordnung des Haushaltsgesetzgebers nicht ausreichend, sondern erst deren konkrete organisatorische Umsetzung, die das beklagte Land nicht vorgetragen habe. Der Personalbedarfsplan stelle keine solche organisatorische Maßnahme dar.
Ob der Nachfragerückgang im Lehrfach Slawistik die Kündigung rechtfertige, könne dahinstehen, weil es insofern an einer ordnungsgemäßen Personalratsanhörung fehle.
II. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Revision rügt durchgreifend, das Berufungsgericht habe den unstreitigen Sachverhalt rechtlich unzutreffend gewürdigt, indem es in dem Erlaß des Personalbedarfsplans keine Umsetzung des durch den Haushaltsgesetzgeber vorgegebenen Stellenabbaus gesehen habe.
1. Bei der Beantwortung der Frage, ob eine ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt ist, weil dringende betriebliche Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entgegenstehen, geht es um die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, die vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden kann, ob das Landesarbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil die Rechtsbegriffe selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es bei der gebotenen Interessenabwägung, bei der dem Tatsachenrichter ein Beurteilungsspielraum zusteht, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob die Entscheidung in sich widerspruchsfrei ist (st. Senatsrechtsprechung, vgl. nur Senatsurteil vom 17. Juni 1999 - 2 AZR 522/98 - AP Nr. 102 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung m.w.N.). Danach hält das angegriffene Urteil des Landesarbeitsgerichts den Angriffen der Revision nicht stand.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung in öffentlichen Verwaltungen ohne weiteres gegeben, wenn ein Haushaltsplan bestimmte, nach sachlichen Merkmalen bezeichnete Stellen für Dienststellen oder Betriebe streicht (grundlegend: BAG Großer Senat Beschluß vom 28. November 1956 - GS 3/56 - BAGE 3, 245, 250 = AP Nr. 20 zu § 1 KSchG, zu III 1 der Gründe; sowie: BAG Urteil vom 21. Mai 1957 - 3 AZR 79/55 - AP Nr. 31 zu § 1 KSchG, zu I der Gründe; BAG Urteil vom 3. Mai 1978 - 4 AZR 698/76 - BAGE 30, 272 = AP Nr. 5 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II der Gründe; BAG Urteil vom 6. September 1978 - 4 AZR 84/77 - AP Nr. 4 zu § 1 KSchG 1969; BAG Urteil vom 21. Januar 1993 - 2 AZR 330/92 - AP Nr. 1 zu § 52 MitbestG Schleswig-Holstein, zu C II 1 a der Gründe; BAG Urteil vom 19. März 1998 - 8 AZR 626/96 - AP Nr. 76 zu Einigungsvertrag Anlage 1 Kap. XIX, zu II 2 b aa der Gründe).
Davon ist das Berufungsgericht nur im Ansatz zutreffend ausgegangen, hat jedoch nach Auffassung des Senats nicht ausreichend berücksichtigt, daß die Haushaltsvorgaben mit dem im Wege der Ersatzvornahme nach § 112 Abs. 4 Ziff. 2 ThürHG erlassenen Personalbedarfsplan für die PHE umgesetzt worden sind. Die Existenz dieses bestandskräftigen Verwaltungsaktes ist unstreitig; der Erlaß ist im übrigen als solcher vom 17. Juli 1996 im Amtsblatt des Thüringer Kultusministeriums und des MWFK Nr. 12/1996, S. 2 f. bekannt gemacht.
Insofern ist ein Beschäftigungsbedürfnis für die Klägerin aufgrund der Vorgaben im Haushaltsgesetz 1996 und des Thüringer Gesetzes über die Feststellung des Landeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Thüringer Haushaltsgesetz 1997) vom 16. Dezember 1996 (Gesetz- und Verordnungsblatt für den Freistaat Thüringen vom 23. Dezember 1996, S. 305 - im folgenden: Landeshaushaltsplan 1997), Einzelplan 15 (Stellenübersicht 42201 und 42501) in Verbindung mit dem Personalbedarfsplan der PHE entfallen, wobei der Wegfall von 27 Beamten- und 71 Angestelltenstellen, für die kw-Vermerke (bis 1996) ausgebracht waren (siehe Spalte 3 im Landeshaushaltsplan 1997), sich als Vollzug des Haushaltsgesetzes 1996 und des Landeshaushaltsplans 1997 nach dem zugrunde liegenden Kabinettsbeschluß vom 19. September 1995 darstellt. Mit der Anordnung des Stellenwegfalls zum Ende des Haushaltsjahres 1996 durch den Landeshaushaltsplan 1997 war der Personalbedarfsplan für 1997, wie er durch das Thüringische Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur für die PHE im Wege der Ersatzvornahme für die Zeit ab 1. Januar 1997 erlassen worden war, bereits gebunden. Damit hat der vom Minister erlassene Personalbedarfsplan die gesetzlich vorgesehene, aber von der PHE nicht durchgeführte Personaleinsatzplanung und Verteilung der personellen Haushaltsansätze auf die einzelnen Institute ersetzt.
b) Soweit die Klägerin im wesentlichen nur geltend macht, die Arbeitsgerichte seien an diesen staatlichen Hoheitsakt deshalb nicht gebunden, weil es sich nicht um eine der Fachaufsicht des Landes (§ 110 Abs. 2 ThürHG) unterliegende Maßnahme der Mittelbewirtschaftung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 105 Abs. 3 ThürHG, sondern um eine Maßnahme der Entwicklungsplanung im Sinne des § 103 Abs. 1 ThürHG, also eine Selbstverwaltungsangelegenheit, handele, ist dem nicht zu folgen. Jedenfalls insoweit, als der Personalbedarfsplan die Vorgaben des Landeshaushaltsplans 1997 hinsichtlich der wegfallenden Stellen übernimmt, stellt er sich als Maßnahme der Mittelbewirtschaftung dar. Daran ändert sich auch nichts dadurch, daß in den Vermerken des MWFK aus Anlaß der HPR-Mitbestimmung die Erstellung einer "neuen Personalstruktur" gefordert wird. Insofern war haushaltsrechtlich dafür Sorge zu tragen, daß das vorhandene Personal den im Haushaltsplan ausgewiesenen Planstellen zugeordnet wird und nicht mehr Personen beschäftigt werden, als Haushaltsstellen vorhanden sind (§ 7 Abs. 2 Nr. 1, § 105 Abs. 3 ThürHG). Dem hatte das MWFK durch die Ersatzvornahme Rechnung zu tragen, indem der Personalstand dem Haushaltsansatz für 1997 anzupassen war. Nach § 103 Abs. 2 ThürHG oblag der Hochschule nicht nur die Aufstellung des Hochschulentwicklungsplans, sondern auch dessen Fortschreibung, wobei u.a. die Landesplanung zu beachten ist. Im Rahmen des Hochschulentwicklungsplans hat die Hochschule Ausstattungspläne aufzustellen, die die Grundlage für die Verteilung der der Hochschule zugewiesenen Personalmittel sind, § 103 Abs. 3 ThürHG. Zumindest insoweit ist die Hochschule - entgegen der auch anläßlich der Anhörung vor dem Senat geäußerten Auffassung der Revision - ihrer Pflicht zur Fortschreibung der Verteilung der Personalmittel nicht nachgekommen, so daß Veranlassung zur Ersatzvornahme bestand.
Im übrigen sind die Arbeitsgerichte an die vorgenommene Ersatzvornahme als Hoheitsakt solange gebunden, als dieser nicht von der zuständigen Stelle oder vom Verwaltungsgericht auf eine Anfechtung hin - vom Falle der Nichtigkeit abgesehen, der ersichtlich nicht vorliegt - aufgehoben worden ist (vgl. BAG Urteile vom 23. Juni 1993 - 5 AZR 248/92 - AP Nr. 10 zu § 128 ZPO, zu II 3 der Gründe und vom 24. Oktober 1996 - 2 AZR 895/95 - BAGE 84, 267 = AP Nr. 8 zu § 17 KSchG).
c) Dieses Ergebnis entspricht der eingangs zitierten BAG-Rechtsprechung, wonach Stellenstreichungen in einem Haushaltsplan (BAG GS Beschluß vom 28. November 1956 - GS 3/56 - BAGE 3, 245, 250 f. = AP Nr. 20 zu § 1 KSchG, zu III 1 der Gründe; BAG Urteile vom 3. Mai 1978 - 4 AZR 696/76 - BAGE 30, 272, 276 = AP Nr. 5 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II der Gründe; vom 21. Januar 1993 - 2 AZR 330/92 - AP Nr. 1 zu § 52 MitbestG Schleswig-Holstein) ebenso wie das Anbringen eines kw-Vermerks an einer Personalstelle (BAG Urteil vom 6. September 1978 - 4 AZR 84/77 - AP Nr. 4 zu § 1 KSchG 1969) eine von den Gerichten nicht nachprüfbare Entscheidung darstellen, so daß die bezeichnete Stelle für die einzelne Dienststelle entbehrlich ist. Dies setzt allerdings stets eine nach sachlichen Merkmalen genau bestimmte Stelle voraus, weil andernfalls nicht festgestellt werden kann, ob im konkreten Fall der ausgesprochenen Kündigung ein dringendes betriebliches Erfordernis bzw. mangelnder Bedarf zugrundeliegt (BAG GS Beschluß vom 28. November 1956, AP aaO, zu III 2 der Gründe).
Richtig ist insoweit, daß weder das Haushaltsgesetz 1996 für sich genommen, noch der Landeshaushaltsplan 1997 isoliert betrachtet den Ausspruch der im Streit stehenden Änderungskündigung hätten gemäß § 2, § 1 Abs. 2 KSchG rechtfertigen können, wie das Bundesarbeitsgericht zu einer auf mangelnden Bedarf im Sinne des Abs. 4 Ziff. 2 Einigungsvertrag (Anlage 1 Kap. XIX) gestützten Kündigung entschieden hat (BAG Urteil vom 19. März 1998 - 8 AZR 626/96 - AP Nr. 76 zu Einigungsvertrag Anlage 1 Kap. XIX). Zu den ähnlichen gesetzlichen Voraussetzungen des Abs. 4 Ziff. 2 Einigungsvertrag hat das Bundesarbeitsgericht (AP aaO) entschieden, der im Haushaltsplan vorgesehene kw-Vermerk allein konkretisiere das Wegfallbedürfnis nicht auf bestimmte Stellen; vielmehr müsse ein auf den konkreten Stellenbedarf zugeschnittenes Konzept hinzukommen.
Genauso liegen die Dinge im Streitfall: Die im Haushaltsgesetz 1996 und im Landeshaushaltsplan 1997 enthaltenen Vorgaben wurden durch den im Wege der Ersatzvornahme auf die einzelnen Fakultäten der PHE zugeschnittenen Personalbedarfsplan 1997 realisiert, indem der Personalstand für den Bereich Slawistik der philologischen Fakultät bezüglich der wissenschaftlichen Mitarbeiter auf fünf volle und zwei halbe Stellen festgelegt worden ist. Damit hat der Beklagte ein zum Zeitpunkt der Änderungskündigung bestehendes Konzept dargestellt, wie das zukünftig zu erwartende Studentenaufkommen konkret stellenplanmäßig bedient werden soll, wobei gleichzeitig der kw-Vermerk aufgrund des Landeshaushaltsplans 1997 zeitlich im Sinne der Rechtsprechung (BAG Urteil vom 6. September 1978 - 4 AZR 84/77 - AP aaO), nämlich ab 1. Januar 1997, also noch vor Auslaufen der Kündigungsfrist fixiert wurde.
d) Der Beklagte hat das vorliegend außerdem noch dadurch verdeutlicht, daß er unwidersprochen vorgetragen hat, selbst nach dem reduzierten Personalbestand bestehe noch eine Überkapazität an Semesterwochenstunden und für fünf zu betreuende Studenten der Slawistik stünden immer noch vier Professorenstellen und fünf Stellen des akademischen Mittelbaus zur Verfügung. Angesichts dieser unstreitigen Zahlen liegt es nach Auffassung des Senats auf der Hand, daß ein dringendes betriebliches Erfordernis für die Stellenreduzierung ausreichend dargetan ist. Insofern besteht entgegen der Meinung des Landesarbeitsgerichts auch kein Verwertungsverbot. Falls der Personalrat mit dem ausführlichen Anhörungsschreiben vom 26. Juli 1996 nicht auch noch zu diesem Punkt Informationen erhalten haben sollte, handelt es sich jedenfalls insofern nur um eine Ergänzung und Erläuterung des der Kündigung zugrundeliegenden Sachverhalts, was der Senat für unbedenklich hält (ebenso Senatsurteile vom 18. Dezember 1980 - 2 AZR 1006/78 - BAGE 34, 309 = AP Nr. 22 zu § 102 BetrVG 1972; vom 11. April 1985 - 2 AZR 239/84 - BAGE 49, 39 = AP Nr. 39, aaO, und vom 27. Februar 1997 - 2 AZR 302/96 - AP Nr. 36 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung, zu II 5 a und b der Gründe); insofern gilt für § 78 Abs. 4 ThürPersVG sinngemäß das Gleiche wie für § 102 BetrVG.
Die Verteilung des Bedarfs innerhalb der einzelnen Sparten der Slawistik (Sprachwissenschaft, Literaturwissenschaft, Fachdidaktik, Sprachpraxis/Landeskunde sowie Sekretariat) ist Teil der unternehmerischen Entscheidung, die nur auf offenbare Unsachlichkeit oder Willkür zu überprüfen ist (vgl. dazu Senatsurteile vom 25. April 1996 - 2 AZR 609/95 - BAGE 83, 82 = AP Nr. 78 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II 2 der Gründe und vom 17. Juni 1999 - 2 AZR 522/98 - auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt, zu II 1 a der Gründe, m.w.N.), ohne daß die Klägerin in dieser Hinsicht etwas zu der neuen Personalstruktur aufgrund des gesetzlichen Auftrages vorgetragen hat. Die Entscheidung, nicht alle verbleibenden sechs Stellen in Halbtagsstellen umzuwandeln, sondern nur eine davon auf die sozial schutzwürdigeren Mitarbeiter S. und R. als Halbtagsstellen zu verteilen, ist von der Klägerin jedenfalls nicht als offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder gar willkürlich angegriffen worden.
e) Ist demnach der Beschäftigungsbedarf für zehn wissenschaftliche Mitarbeiter ab 1. Januar 1997 entfallen, so waren unter den vergleichbaren Mitarbeitern diejenigen betroffen, die es unter Berücksichtigung einer Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten (§ 1 Abs. 3 KSchG) traf. Der Haushaltsgesetzgeber muß sich nicht etwa in dem Sinne mit der konkreten Stelle befassen, daß er auch über die soziale Auswahl, also jede einzelne Planstelle, entscheidet, insoweit ist nicht die Unternehmerentscheidung betroffen; vielmehr bleibt die sich aus dem Gesetz ergebende soziale Auswahl innerhalb der Grenzen eines ausreichenden Beurteilungsermessens der dafür zuständigen Verwaltung überlassen (vgl. dazu BAG Urteile vom 15. Juni 1989 - 2 AZR 580/88 -BAGE 62, 116 = AP Nr. 18 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl, zu II 2 e der Gründe und vom 19. März 1998 - 8 AZR 626/96 - AP Nr. 76 Einigungsvertrag Anlage 1 Kap. XIX, zu II 2 b bb der Gründe).
2. Die Kündigung ist auch nicht deshalb unwirksam, weil der Beklagte etwa eine nicht ausreichende Sozialauswahl unter den vergleichbaren Arbeitnehmern vorgenommen hat, § 1 Abs. 3 KSchG. Nachdem der Beklagte mit Schriftsatz vom 30. April 1997 die Sozialauswahl im einzelnen unter Benennung der in Betracht gezogenen Arbeitnehmer begründet hat, wäre es gemäß § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG Sache der Klägerin gewesen, unter Angabe der vom Beklagten mitgeteilten Sozialdaten im einzelnen die Arbeitnehmer zu benennen, die sozial weniger schutzwürdiger seien, aber gleichwohl vom Beklagten weiterbeschäftigt würden. Die Klägerin hat insofern nicht zu der vom Beklagten im Prozeß überreichten Sozialdatenaufstellung der Mitarbeiter im Slawistik-Institut (mit Benennung der Betriebszugehörigkeit, des Lebensalters, der Unterhaltspflichten und Berufstätigkeit des Ehepartners - vgl. Bl. 76 VorA) Stellung genommen. Nicht zu beanstanden ist insofern, daß der Beklagte die Sozialauswahl auf alle verbleibenden, im Slawistik-Institut tätigen Mitarbeiter erstreckt hat (vgl. dazu u.a. Senatsurteil vom 5. Mai 1994 - 2 AZR 917/93 - AP Nr. 23 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl, zu II 3 a der Gründe). Soweit die Klägerin im übrigen auf die Mitarbeiterin M. verweist, ist diese nach eigenem Sachvortrag Personalratsmitglied und scheidet damit ebenso wie Frau K., die - wie aus dem Parallelprozeß - 2 AZR 77/99 - dem Gericht und denselben Prozeßbevollmächtigten bekannt ist - als Ersatzmitglied des Hauptpersonalrats aktiv geworden ist, von vornherein aus dem auswahlrelevanten Personenkreis aus (vgl. Senatsurteil vom 17. Juni 1999 - 2 AZR 456/98 - zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt, zu II 3 b der Gründe, m.w.N.). Aufgrund des Sonderkündigungsschutzes für Personalratsmitglieder war der Beklagte auch vordringlich gehalten, Frau M. eine freie Stelle zuzuweisen.
Der Hinweis der Klägerin auf Frau W. führt schon deshalb nicht weiter, weil diese nach der Sozialdatenaufstellung des Beklagten mit einer Betriebszugehörigkeit von 26 Jahren im Alter von 52 Jahren bei einer Unterhaltspflicht gegenüber zwei Kindern bei weitem schutzwürdiger ist als die Klägerin (Betriebszugehörigkeit: 13 Jahre, Alter: 36 Jahre, einem Kind unterhaltspflichtig, geschieden). Soweit die Klägerin schließlich noch Frau W. benennt, ist diese Auswahl des Beklagten jedenfalls noch als ausreichend (§ 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG) anzusehen, wenn er Frau We. bei einer Betriebszugehörigkeit von 7 Jahren im Alter von 35 Jahren und Unterhaltspflicht gegenüber zwei schulpflichtigen Kindern im Hinblick auf den Tod ihres Ehemannes bevorzugt hat (vgl. zu einer ähnlichen Sozialdatenkonstellation: BAG Urteil vom 17. Juni 1999 - 2 AZR 456/98 - zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt, zu III 3 der Gründe). Die Rüge angeblich fehlerhafter Sozialauswahl ist daher insgesamt unschlüssig.
Da andere Unwirksamkeitsgründe nicht ersichtlich und von der Klägerin - insbesondere mit einer Gegenrüge - nicht geltend gemacht worden sind, war die Klage abzuweisen.
Etzel
Bitter Bröhl
J. Walter
Dr. Roeckl
Fundstellen
Haufe-Index 610867 |
ZMV 2000, 31 |