Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung einer Vorstandssekretärin
Orientierungssatz
Zur Frage der Anwendung der vom Senat aufgestellten neuen Grundsätze für das Verhältnis zwischen der Beendigung- und der Änderungskündigung im Bereich der ordentlichen Kündigung.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2 Fassung 1969-08-25
Verfahrensgang
LAG Köln (Entscheidung vom 12.01.1984; Aktenzeichen 10 Sa 991/83) |
ArbG Siegburg (Entscheidung vom 11.05.1983; Aktenzeichen 2 Ca 2359/82) |
Tatbestand
Die Klägerin war seit dem 1. Februar 1955 Angestellte bei der Beklagten und seit 1965 ununterbrochen als Sekretärin des jeweiligen Vorstandsvorsitzenden der Beklagten tätig. Ihre außertariflich vereinbarte Vergütung betrug zuletzt ca. 62.000,-- DM brutto im Jahr.
Nach dem Ablauf der Amtszeit des letzten Vorstandsvorsitzenden und dem Eintritt eines weiteren Vorstandsmitglieds in den Ruhestand verringerte sich die Anzahl der Vorstandsmitglieder wegen organisatorischer Veränderungen ab 1. Juni 1982 von sieben auf fünf. Die Vorstandssekretärin eines zu diesem Zeitpunkt aufgelösten Vorstandsressorts erklärte sich gegen Abfindung mit einer tariflich vergüteten Tätigkeit als Sachbearbeiterin (Gehaltsgruppe K 6) einverstanden. Die Bemühungen der Beklagten um eine einvernehmliche Änderung des Aufgabenbereiches und der Vergütung der Klägerin gemäß dem Schreiben der Beklagten vom 9. Juni 1982 führten zunächst lediglich zur Vereinbarung der Parteien vom 30. Juni 1982, wonach das Arbeitsverhältnis der Klägerin einmalig unter Abänderung der vertraglichen Kündigungsfrist am 30. September 1982 zum 31. März 1983 gekündigt werden durfte. Nachdem es nicht zu einer Einigung über das von der Beklagten gewünschte Entgegenkommen der Klägerin in der Frage der Änderung ihres Status als AT-Angestellte gekommen war, teilte die Beklagte am 28. oder 29. September 1982 die Absicht einer Kündigung zum 31. März 1983 dem Betriebsrat mit und bat diesen ohne Fristsetzung um dessen Stellungnahme. Der Betriebsratsvorsitzende vermerkte mit seiner Unterschrift unter dem Datum vom 30. September 1982 auf der Rückseite des Anhörungsformulars: "Zur Kenntnis genommen". Weitere Einzelheiten zur Anhörung des Betriebsrats sind streitig. Die Beklagte händigte der Klägerin noch am 30. September 1982 eine schriftliche Kündigung zum 31. März 1983 aus.
Dagegen hat sich die Klägerin mit der vorliegenden Feststellungsklage zur Wehr gesetzt. Sie hat geltend gemacht, die Kündigung sei wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats und wegen Sozialwidrigkeit gemäß § 1 KSchG rechtsunwirksam.
Sie hat u.a. vorgetragen, ihr Arbeitsplatz sei nicht weggefallen, da nach der Ernennung des bisherigen Spartenleiters "Sprengstoffe", Dr. G, zum Vorstandsvorsitzenden von vornherein geplant gewesen sei, für die Abteilung "Sprengstoffe" wieder ein Vorstandsmitglied zu ernennen. Dr. G habe ihr im März oder April 1982 gesagt, sein Nachfolger werde Dr. H sein, der Gesamtbetriebsratsvorsitzende, der Wechsel werde Mitte 1983 erfolgen, der Personalleiter Dr. N habe ihr am 26. Oktober 1982 gesagt, sie werde zusammen mit drei weiteren Bewerberinnen als dessen Sekretärin vorgeschlagen. Mit Schriftsatz vom 28. Dezember 1983 hat sie dargelegt, Dr. H werde zum 1. Januar 1984 als Vorstandsmitglied ernannt und von diesem Zeitpunkt an übe Dr. G nur noch die Funktionen des Vorstandsvorsitzenden aus.
Die Klägerin hat beantragt
1. festzustellen, daß die Kündigung der Beklagten
vom 30. September 1982 unwirksam ist und hier-
durch das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst
wird,
2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin auch
über den 31. März 1983 hinaus zu unveränderten
Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat zur Begründung vorgetragen, der Betriebsrat sei zur Kündigung ordnungsgemäß gehört worden. Unmittelbar nach Erhalt der Stellungnahme des Betriebsrats mit dem Vermerk: "Zur Kenntnis genommen" habe der für Personalangelegenheiten zuständige Mitarbeiter nach einem Telefongespräch mit ihrem jetzigen Prozeßbevollmächtigten den Betriebsratsvorsitzenden angerufen und nach der Bedeutung des Vermerkes sowie danach gefragt, ob von Seiten des Betriebsrats noch eine weitere Stellungnahme zu erwarten sei. Dies sei eindeutig verneint worden.
Die Kündigung sei aus dringenden betrieblichen Erfordernissen notwendig geworden, da der Arbeitsplatz der Klägerin infolge der Umstrukturierung des Vorstandes weggefallen sei. Die jetzige Sekretärin des Vorstandsvorsitzenden und zugleich Leiters der Sparte "Sprengmittel" sei schon lange dessen Sekretärin und sozial nicht weniger schutzwürdig als die Klägerin. An eine Trennung beider Ämter werde bei der Beklagten auch gegenwärtig noch nicht nachgedacht. Die Sekretärin könne ohne Schwierigkeiten die von der Klägerin früher wahrgenommenen Aufgaben miterledigen, der Aufgabenbereich habe sich schon deshalb nicht verdoppelt, weil der neue Vorstandsvorsitzende einen völlig anderen Arbeitsstil habe als sein Vorgänger. Eine Trennung der Aufgaben des Vorstandsvorsitzenden und der des Leiters der Sparte "Sprengmittel" sei zum Zeitpunkt der Kündigung nicht geplant gewesen.
Das Arbeitsgericht hat nach einer Beweisaufnahme über die Frage der Anhörung des Betriebsrats dem Feststellungsantrag der Klägerin stattgegeben und den Weiterbeschäftigungsanspruch abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, ob die Beklagte vor Ablauf der Wochenfrist des § 102 Abs. 2 Satz 2 BetrVG habe kündigen dürfen, sei nach dem Beweisergebnis möglicherweise zu verneinen, könne aber offenbleiben, weil die Kündigung selbst dann sozial ungerechtfertigt sei, wenn das Vorbringen der Beklagten als zutreffend unterstellt werde: Die Beklagte habe allenfalls eine Änderungskündigung und nicht die ausgesprochene Beendigungskündigung mit dringenden betrieblichen Erfordernissen rechtfertigen können. Die Änderungskündigung sei nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die bei Abwägung der beiderseitigen Interessen angemessene Maßnahme und somit vorrangig auszusprechen gewesen, um der langjährig beschäftigten Klägerin die Chance zu geben, mit einem Vorbehalt gemäß § 2 KSchG die geänderten Arbeitsbedingungen ohne Beendigungsrisiko auf ihre soziale Rechtfertigung überprüfen zu lassen.
Die Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt.
Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Bedenken des Arbeitsgerichts gegen die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats seien unter anderem deshalb unbegründet, weil der Betriebsrat entsprechend der Zeugenaussage des Personalleiters Dr. N nach Beratung mit dem vorgesehenen Ausschuß noch am 30. September 1982 den Anhörungsbogen zurückgegeben, und weil eine telefonische Rückfrage beim Betriebsratsvorsitzenden für den Zeugen ergeben habe, es sei mit einer weiteren Stellungnahme des Betriebsrates nicht zu rechnen. Richtig sei, daß Anfang November 1983 der Aufsichtsrat beschlossen habe, ab 1. Januar 1984 Herrn Dr. H zum Vorstandsmitglied zu bestellen, also 13 Monate nach Ausspruch der Kündigung. Dr. H werde nicht nur Leiter der Sparte "Sprengmittel", sondern behalte auch seine bisherigen Aufgaben als Leiter des Geschäftsbereiches Wehrtechnik.
Das Arbeitsgericht habe darüber hinaus den Sach- und Streitstand falsch eingeschätzt und sei ohne überzeugenden Grund von einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung abgewichen. Danach genüge es nicht, daß überhaupt irgendein ein anderer freier Arbeitsplatz Weiterbeschäftigungsmöglichkeit böte, es müsse vielmehr diese anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für beide Parteien zumutbar sein. Dies sei auf Seiten des Arbeitgebers nur dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer mit der Weiterbeschäftigung auf dem anderweitigen Arbeitsplatz auch einverstanden sei. Nur ein vor der Kündigung erklärtes Einverständnis des Arbeitnehmers könne gegen die soziale Rechtfertigung der Kündigung sprechen, nicht dagegen ein nachträgliches. Dies entspreche auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Beklagte habe von der Klägerin keineswegs einen unbedingten Verzicht auf den AT-Status etwa als Vorleistung für das Angebot anderer Arbeitsplätze verlangt, sondern nur dann geringer bewertete Arbeitsplätze anbieten wollen, wenn die Klägerin wenigstens grundsätzlich die Bereitschaft signalisierte, solche Tätigkeiten auch anzunehmen. Ohne eine solche Bereitschaft hätten entsprechende Angebote keinen Sinn gehabt. Im übrigen habe es Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten wegen der diesbezüglichen Weigerungen der Klägerin im Zeitpunkt der Kündigung auch tatsächlich nicht mehr gegeben. Die entsprechenden Arbeitsplätze seien inzwischen mit anderen Mitarbeitern besetzt gewesen oder im Rahmen weiterer Rationalisierungsüberlegungen weggefallen. Es sei rechtlich nicht haltbar, wenn das Arbeitsgericht fordere, der Arbeitgeber müsse einem Arbeitnehmer, der eine geringer bewertete Tätigkeit nicht übernehmen wolle, nochmals vor die Alternative zwischen Beendigungskündigung und Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen stellen.
Die Beklagte und Berufungsklägerin hat beantragt, das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klägerin mit der Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Auch das Landesarbeitsgericht hat offengelassen, ob die Betriebsratsanhörung ordnungsgemäß gewesen ist und hat die Berufung der Beklagten mit der Begründung zurückgewiesen, die Kündigung sei sozialwidrig, weil die Beklagte der Klägerin nicht rechtzeitig vor der Kündigung ein konkretes Vertragsangebot über die Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen unterbreitet habe. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und die Abweisung des Feststellungsantrags der Klägerin. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.
A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kündigung der Klägerin sei sozialwidrig. Es ist davon ausgegangen, daß die Anzahl der Vorstandssekretärinnen sich verringert hat. Es hat aber die Auffassung vertreten, der Beklagten sei es weder unmöglich noch unzumutbar gewesen, der Klägerin rechtzeitig vor der Kündigung ein konkretes Vertragsangebot über die Bedingungen einer Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen zu unterbreiten und damit ihre bereits mit dem Schreiben vom 9. Juni 1982 bekundete Absicht zu verwirklichen, den Bestand des Arbeitsverhältnisses der Klägerin nach Möglichkeit nicht durch eine Beendigungskündigung zu gefährden. Die Klägerin habe auch zum Zeitpunkt der Kündigung von der Beklagten noch erwarten können, daß diese ihre Bemühungen um eine Vertragsfortsetzung durch Abschluß eines Änderungsvertrages fortsetze. Dies ergebe sich aus der Bitte der Beklagten in dem Schreiben vom 9. Juni 1982 um kooperatives Verhalten. Die Beklagte habe sich mit ihren eigenen Ankündigungen in Widerspruch gesetzt, wenn sie der Klägerin keine konkreten Angebote zu einer Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen gemacht habe, nachdem diese sich nicht im Voraus und ohne Kenntnis aller weiteren Bedingungen freiwillig darauf eingelassen habe, ihren außertariflichen Status aufzugeben. Die Beklagte habe nämlich von der Klägerin einseitige Zugeständnisse verlangt, die diese auch im Rahmen einer gerichtlichen Nachprüfung nicht mehr hätte revidieren können. Dabei habe die Klägerin ihre Bereitschaft zu kooperativem Verhalten bereits dadurch bewiesen, daß sie eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet habe, die auch nach dem Schreiben der Beklagten vom 30. Juni 1982 zumindest teilweise einer ernsthaften Prüfung bedurft hätten. Das Arbeitsgericht sei auch zutreffend davon ausgegangen, daß die Beklagte einen zumutbaren Arbeitsplatz der Klägerin habe anbieten können.
B. Den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts kann weder in allen Teilen der Begründung, noch im Ergebnis gefolgt werden.
I. Bei der Frage der Sozialwidrigkeit einer Kündigung (§ 1 Abs. 2 KSchG) handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffes, die vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden kann, ob das angefochtene Urteil den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es bei der gebotenen Interessenabwägung, bei der dem Tatsachenrichter ein Beurteilungsspielraum zusteht, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob es in sich widerspruchsfrei ist (ständige Rechtsprechung: vgl. BAG Urteil vom 24. März 1983, BAG 42, 151, 157 = AP Nr. 12 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung).
Auch bei Anwendung dieses eingeschränkten Überprüfungsmaßstabs kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben.
1. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, die weitere Beschäftigung der Klägerin als Vorstandssekretärin sei nicht möglich gewesen. Diese Feststellung ist von der Klägerin nicht mit einer Prozeßrüge angegriffen worden, so daß der Senat nach § 561 Abs. 2 ZPO an diese Feststellung des Berufungsgerichts gebunden ist.
2. Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht weiter davon ausgegangen, die Möglichkeit, den Arbeitnehmer, der in seinem bisherigen Arbeitsgebiet entbehrlich geworden ist, nach einer Änderung der Arbeitsbedingungen auf einen anderen freien Arbeitsplatz zu versetzen, gehöre grundsätzlich zu den Tatbeständen, die auch dann, wenn der Betriebsrat der Kündigung aus diesem Grund nicht widersprochen hat, ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Beendigungskündigung ausschließen könne (Senatsurteil vom 13. September 1973 - 2 AZR 601/72 - BAG 25, 278, 282 = AP Nr. 2 zu § 1 KSchG 1969).
a) Der erkennende Senat hat in diesem Urteil jedoch für die Weiterbeschäftigung zu für den Arbeitnehmer verschlechterten Arbeitsbedingungen den Vorbehalt gemacht, der Arbeitgeber sei dazu "zumindest dann" verpflichtet, wenn der Arbeitnehmer vor oder unmittelbar nach Ausspruch der Kündigung zu erkennen gebe, daß er bereit sei, einen anderen Arbeitsplatz auch zu schlechteren Bedingungen zu übernehmen. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, diese Begründung schließe es nicht aus, auch in anderen Fällen die mögliche Weiterbeschäftigung zu schlechteren Bedingungen als besonderen Grund für die Sozialwidrigkeit einer Kündigung anzuerkennen. Das gilt auch deswegen, weil der Senat in dieser Entscheidung nicht geklärt hat, in welchem Verhältnis die erörterte Versetzungsmöglichkeit zu dem grundsätzlichen "Vorrang" der Änderungs- vor der Beendigungskündigung steht und unter welchen Voraussetzungen (Initiative durch Arbeitgeber oder Arbeitnehmer) es auf die Bereitschaft des Arbeitnehmers ankommt, eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen hinzunehmen.
Das Landesarbeitsgericht hat jedoch übersehen, daß in der weiteren Rechtsprechung des erkennenden Senats und auch des Siebten Senats die Möglichkeit, den Arbeitnehmer zu geänderten Bedingungen einzusetzen, nur dann berücksichtigt worden ist, wenn der Arbeitnehmer eine entsprechende Bereitschaft vor oder in unmittelbarem Anschluß an die Kündigung verlautbart hatte. Diese Einschränkung liegt bereits dem Urteil des erkennenden Senats vom 3. Februar 1977 (- 2 AZR 476/75 - AP Nr. 4 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung) zugrunde. An diesem Verständnis der Ausgangsentscheidung vom 13. September 1973 (aaO) haben die Kündigungssenate auch später in ständiger Rechtsprechung festgehalten und die vor oder unmittelbar nach der Kündigung erklärte Bereitschaft des Arbeitnehmers zur Voraussetzung für die Weiterbeschäftigung zu "ungünstigeren Bedingungen" erhoben (Urteil vom 18. Juli 1978 - 2 AZR 748/76 - nicht veröffentlicht; Urteil vom 19. April 1979 - 2 AZR 425/77 - EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 11 und weitere Hinweise im zur Veröffentlichung bestimmten Urteil vom 27. September 1984 - 2 AZR 62/83 -, unter B II 1 b der Gründe).
b) Diese Rechtsprechung hat der Senat erst im Urteil vom 27. September 1984 (aaO) aufgegeben. Seitdem muß der Arbeitgeber nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch vor jeder ordentlichen Beendigungskündigung von sich aus dem Arbeitnehmer eine beiden Parteien zumutbare Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz auch zu geänderten Bedingungen anbieten. Der Arbeitgeber hat bei den Verhandlungen mit dem Arbeitnehmer klarzustellen, daß bei Ablehnung des Änderungsangebots eine Kündigung beabsichtigt ist und ihm eine Überlegungsfrist von einer Woche einzuräumen. Dieses Angebot kann der Arbeitnehmer unter einem dem § 2 KSchG entsprechenden Vorbehalt annehmen. Daraufhin muß dann der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen. Lehnt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot vorbehaltslos und endgültig ab, kann der Arbeitgeber eine Beendigungskündigung aussprechen. Unterläßt es der Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer vor Ausspruch einer Beendigungskündigung ein mögliches und zumutbares Änderungsangebot zu unterbreiten, dann ist die Kündigung nach der neuen Rechtsprechung sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer einem vor der Kündigung gemachten entsprechenden Vorschlag zumindest unter Vorbehalt zugestimmt hätte. Dies muß der Arbeitnehmer im Kündigungsprozeß vortragen. Hat er nach Ausspruch der Kündigung ein Änderungsangebot des Arbeitgebers abgelehnt, so bedarf es der tatrichterlichen Würdigung, ob angenommen werden kann, daß er trotzdem ein entsprechendes Angebot vor Ausspruch der Kündigung unter Vorbehalt angenommen hätte.
c) Wären diese vom Senat aufgestellten neuen Grundsätze für das Verhältnis zwischen der Beendigungs- und der Änderungskündigung im Bereich der ordentlichen Kündigung bereits auf den vorliegenden Fall anzuwenden, könnte das Urteil des Berufungsgerichts möglicherweise bestätigt werden.
Ebenso wie schon im Teilurteil des Senats vom 29. März 1984 (- 2 AZR 429/83 (A) - AP Nr. 31 zu § 102 BetrVG 1972 = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 55 mit zustimmender Anm. von Moll, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen) hat der Senat jedoch auch im Urteil vom 27. September 1984 (aaO) ausgesprochen, das Argument des Vertrauensschutzes wiege so schwer, daß es auch bei einer notwendigen Rechtsprechungsänderung zu berücksichtigen sei. Danach darf eine Partei, die sich, wie vorliegend die Beklagte, auf eine bestimmte Rechtsprechung eingestellt und deshalb der Klägerin von sich aus kein Änderungsangebot unterbreitet, sondern abgewartet hat, ob diese von sich aus erklären werde, daß sie bereit sei, zu geänderten Bedingungen weiterzuarbeiten, keinen Nachteil erleiden. Es muß vielmehr der Praxis des Arbeitslebens Gelegenheit gegeben werden, sich auf die neuen Grundsätze einzustellen, die die Rechtslage erheblich verändern, indem sie die Initiative zum Änderungsangebot vom Arbeitnehmer auf den Arbeitgeber verlagern.
d) Unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung des Senats kann das Urteil des Berufungsgerichts aber keinen Bestand haben: Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigung für sozialwidrig gehalten, weil der Klägerin zugemutet worden sei, auf die Bedingungen ihres AT-Vertrages zu verzichten und von der Beklagten kein konkretes Änderungsangebot unterbreitet worden sei. Daß die Klägerin selbst vor Ausspruch oder unmittelbar nach Ausspruch der Kündigung sich zu einer anderen Tätigkeit auf Dauer bereiterklärt habe - und sei es auch nur unter Vorbehalt - wird von ihr selbst nicht behauptet und vom Berufungsgericht auch nicht zugrundegelegt.
II. Kann die Sozialwidrigkeit vorliegend - noch - nicht mit der Begründung angenommen werden, es bestehe eine zumutbare Beschäftigungsmöglichkeit zu geänderten Bedingungen, die Beklagte habe aber nicht ein Änderungsangebot unterbreitet, so wäre die Kündigung nur dann nicht sozial gerechtfertigt, wenn in Wirklichkeit die Beschäftigungsmöglichkeit der Klägerin als Vorstandssekretärin nicht entfallen wäre. Dies wäre dann der Fall, wenn bereits zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung festgestanden hätte, daß in absehbarer Zeit die Aufgaben des Vorstandsvorsitzenden und die des Leiters der Sparte "Sprengmittel" wieder getrennt würden. Das Landesarbeitsgericht ist aber von der entgegenstehenden Feststellung ausgegangen und hiergegen ist eine Verfahrensrüge nicht erhoben worden.
III. War also dem Berufungsgericht nicht darin zu folgen, die Kündigung sei bereits deshalb sozialwidrig, weil die Beklagte verpflichtet war, von sich aus ein Änderungsangebot zu unterbreiten, kann dahinstehen, ob die von der Beklagten erhobenen Verfahrensrügen zulässig und begründet sind.
IV. Nicht entschieden haben Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht, ob die Kündigung bereits wegen nicht ordnungsgemäßer Betriebsratsanhörung rechtsunwirksam ist. Hierauf kommt es aber vorliegend an.
1. Nach § 102 Abs. 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 4. August 1975 - 2 AZR 266/74 - BAG 27, 209 = AP Nr. 4 zu § 102 BetrVG 1972) wirken sich auf die Ordnungsmäßigkeit der Anhörung in aller Regel nur solche Mängel aus, die in den Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich des Arbeitgebers fallen, nicht aber diejenigen, die in den Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich des Betriebsrats fallen, auch wenn der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung weiß oder vermuten kann, daß die Behandlung der Angelegenheit durch den Betriebsrat nicht fehlerfrei gewesen ist.
2. Vorliegend kommt eine Verletzung der Anhörung des Betriebsrats deshalb in Betracht, weil die Beklagte bereits am 30. September 1982 die Kündigung ausgesprochen hat, obwohl sie erst am 28. oder 29. September das Anhörungsverfahren eingeleitet hatte und der Betriebsratsvorsitzende den Anhörungsbogen am 30. September kurz vor Ausspruch der Kündigung mit dem Vermerk zurückgesandt hatte "Zur Kenntnis genommen". Aus § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG ist zu entnehmen, daß der Arbeitgeber dem Betriebsrat zu seiner Stellungnahme eine Woche Zeit lassen muß (vgl. Dietz/-Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 102 Rz 45). Der Arbeitgeber muß die Wochenfrist aber nicht einhalten, wenn der Betriebsrat vor Ablauf einer Woche eine Stellungnahme abgegeben hat und sich aus der Mitteilung ergibt, daß es sich um eine abschließende Stellungnahme handelt (BAG 27, 209, 215 = AP Nr. 4 zu § 102 BetrVG 1972). Vorliegend ergibt sich aus der Stellungnahme nicht, ob sie als endgültig gemeint war. Hat deshalb die Beklagte beim Betriebsrat nachgefragt und vom Betriebsratsvorsitzenden die Auskunft erhalten, die Mitteilung "Zur Kenntnis genommen" sei als endgültige und abschließende Stellungnahme gemeint, so hat sie die Wochenfrist des § 102 Abs. 2 BetrVG nicht einhalten müssen.
3. Zu der bestrittenen Behauptung der Beklagten, ihr Personalleiter habe sofort nach Erhalt der Stellungnahme des Betriebsrats den Betriebsratsvorsitzenden angerufen und gefragt, ob dies die endgültige Stellungnahme des Betriebsrats sei oder ob noch eine Stellungnahme zu erwarten sei, dies habe der Betriebsratsvorsitzende verneint, ist vom Arbeitsgericht Beweis erhoben worden durch Vernehmung des Betriebsratsvorsitzenden Gl, seines Stellvertreters W und des Personalleiters Dr. N. Das Arbeitsgericht hat mit ausführlicher Begründung dazu geneigt, bereits aufgrund der Zeugenaussagen anzunehmen, die Kündigung sei wegen nicht ordnungsgemäßer Betriebsratsanhörung unwirksam, hat jedoch diese Frage nicht abschließend entschieden. Das Landesarbeitsgericht hat zu dieser Frage überhaupt nicht Stellung genommen. Da das Berufungsgericht die Aussagen der Zeugen noch nicht gewürdigt hat, war die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, um die Beweiswürdigung nachzuholen und daraufhin zu entscheiden, ob die Kündigung wegen nicht ordnungsgemäßer Betriebsratsanhörung unwirksam ist.
Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Rechtssache an eine andere Kammer des Berufungsgerichts zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
Hillebrecht Triebfürst Weller
Jansen Dr. Bächle
Fundstellen