Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung einer Bauleiterin. Vergütungsordnung durch Gesamtbetriebsvereinbarung. Tarifvorbehalt. Weitergeltung einer Gesamtbetriebsvereinbarung nach Betriebsübergang. Verhältnis von Tätigkeitsmerkmalen und Tätigkeitsbeispielen. Entgeltbestimmung aufgrund von Gehaltsbändern. einseitiges Leistungsbestimmungsrecht. billiges Ermessen. Darlegungs- und Beweislast. Verzugszinsen bei gerichtlicher Leistungsbestimmung
Orientierungssatz
1. Die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals nach der Gesamtbetriebsvereinbarung „Gehaltsstruktur und Entlohnungsgrundsätze” der E-Plus Mobilfunk GmbH, die eine Eingruppierung nach „Funktionen und deren Tätigkeitsmerkmalen sowie Tätigkeitsbeispielen” vorsieht, sind regelmäßig bereits dann erfüllt, wenn der Arbeitnehmer eine Tätigkeit ausübt, die einem in einer Gehaltsgruppe genannten Tätigkeitsbeispiel entspricht.
2. Die tatsächlichen Grundlagen für eine Entscheidung über die zutreffende Eingruppierung sind von den Gerichten für Arbeitssachen zu ermitteln und festzustellen. Der bloße Verweis auf ein vom Arbeitgeber verfasstes früheres Zwischenzeugnis und die dort genannten, schlagwortartig umschriebenen Tätigkeiten ersetzt die erforderlichen Feststellungen nicht.
3. Erfolgt die Bestimmung des Entgelts aufgrund eines dem Arbeitgeber in zulässiger Weise eingeräumten einseitigen Leistungsbestimmungsrechts, entsteht der Anspruch auf Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 ZPO grundsätzlich erst mit Rechtskraft des Gestaltungsurteils.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Einleitungshalbs., Abs. 1 Nr. 10; BGB §§ 291, 315 Abs. 1, 3, § 613a Abs. 1; Gesamtbetriebsvereinbarung „Gehaltsstruktur und Entlohnungsgrundsätze” der E-Plus Mobilfunk GmbH vom 30. Juni 2000 Nr. 3; Funktionsbereich Technik/DV Anlage 2.4
Verfahrensgang
LAG Niedersachsen (Urteil vom 20.09.2013; Aktenzeichen 12 Sa 159/13) |
ArbG Hannover (Urteil vom 14.01.2013; Aktenzeichen 13 Ca 700/11) |
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 20. September 2013 – 12 Sa 159/13 – aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin und in diesem Zusammenhang über daraus resultierende Differenzvergütungsansprüche für den Zeitraum von Januar 2008 bis einschließlich September 2011.
Die Beklagte erbringt Dienstleistungen im Bereich des Mobilfunks. Die Klägerin ist bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerinnen seit dem 1. Januar 2001 tätig und war zunächst als „Sekretärin/Sachbearbeiterin” beschäftigt.
Die E-Plus Mobilfunk GmbH, eine der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten, schloss mit dem bei ihr bestehenden Gesamtbetriebsrat eine „Gesamtbetriebsvereinbarung ‚Gehaltsstruktur und Entlohnungsgrundsätze’;” vom 30. Juni 2000 (nachfolgend GBV). Diese enthält ua. Regelungen zur Eingruppierung nach Gehaltsgruppen und Gehaltsbändern. Die verschiedenen Tätigkeiten werden in der GBV als „Funktionen” erfasst und dann Funktionscodes, Funktionsbezeichnungen und Gehaltsgruppen zugeordnet. In der Anlage 2.4 „Gehaltsgruppenzuordnung/Funktionsgruppenmerkmale” werden im Funktionscode 429 der Funktionsbezeichnung „Bauleiter” die Gehaltsgruppen D bis F zugeordnet. Die konkrete Entgelthöhe innerhalb der jeweiligen Gehaltsgruppe wird bei der Beklagten nach sog. Gehaltsbändern bestimmt, die neben einem unteren und oberen Wert auch einen sog. Mittelwert aufweisen.
Mit Schreiben vom 23. Juni 2003 teilte die E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG der Klägerin mit, dass sie „mit Wirkung vom 01.07.2003 … als Bauleiterin, FC 429, im Teilbereich Technische Realisierung, Geschäftsstelle Nord, Standort H” tätig wird. Seither wird sie nach der Gehaltsgruppe D der Anlage 2.4 GBV (nachfolgend Gehaltsgruppe D GBV) vergütet. Im Jahr 2005 hat die Klägerin ihre Diplomprüfung im Studiengang Bauingenieurwesen an der Universität Hannover erfolgreich abgeschlossen. Seit dem 1. Januar 2006 ist die Klägerin im Bereich „Regional Network North” tätig und als Bauleiterin im Bereich „Neubau” eingesetzt. Dort ist sie zuständig für die Baumaßnahmen im Bereich VUM, MFR und MMFR. Nach dem der Klägerin am 28. Februar 2007 erteilten Zwischenzeugnis umfasst ihre Tätigkeit folgende „Hauptaufgabengebiete”:
- • „Koordination der Korrekturmassnahmen und Mängelbeseitigung an sämtlichen Netzelementen
- • Programm-Management für die externe Bauleitung in Bezug auf Korrekturmassnahmen
- • Koordination Abbau und Wiederaufbau von Netzelementen
- • Koordination Umbau von Netzelementen
- • Qualitätssicherung in Bezug auf Planung und Realisierung”
Zum 1. März 2007 übernahm die Beklagte, vormals unter A-L firmierend, von der E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG deren Mobilfunknetz. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ging zum gleichen Datum aufgrund der rechtsgeschäftlichen Übernahme von Betrieben, Betriebsteilen und Nebenbetrieben durch die Beklagte auf diese über. Die Klägerin erhielt bis zum Ende des Monats Juni 2010 ein monatliches Entgelt iHv. 3.287,16 Euro brutto und seit dem 1. Juli 2010 iHv. 3.352,90 Euro brutto.
Mit ihrer am 30. Dezember 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin ein Entgelt nach der Gehaltsgruppe E GBV in Höhe des Mittelwerts des Gehaltsbands von monatlich 4.017,00 Euro brutto ab Beginn des Jahres 2008 bis zum 30. Juni 2010 und danach iHv. 4.098,00 Euro brutto verlangt. Sie hat ausgeführt, sie erstelle Neubauten, Umbauten, Aufrüstungen, Erweiterungen, Techniktausch und Nachrüstungen. Hauptaufgabe der Bauleitung sei die Vorbereitung und Koordination der Konstruktion und der Infrastrukturerstellung, deren Kontrolle sowie die entsprechende Dokumentation. Sie überprüfe, ob an vorgeschlagenen Standorten sich ein Gewerk aus bautechnischer Sicht realisieren lasse. Sie habe die Prüfung der Ausführungsplanung zu koordinieren. Im Falle der Auftragserteilung kontrolliere sie das erstellte Angebot in technischer Hinsicht, erteile eigenverantwortlich die Baufreigabe an die Baufirma und begleite die Fertigstellung während der Bauphase.
Die Klägerin hat zuletzt in der Sache beantragt:
- die Beklagte zu verurteilen, an sie 35.276,48 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in näher bestimmter Höhe und zeitlicher Staffelung zu zahlen.
- festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr ab dem 1. Oktober 2011 bis zum 30. Juni 2012 Vergütung nach der Gehaltsgruppe E Mittelwert der Gesamtbetriebsvereinbarung Gehaltsstruktur und Entlohnungsgrundsätze vom 30. Juni 2000 zu zahlen und etwaige monatliche Bruttonachzahlungsbeträge jeweils seit dem 1. des Folgemonats mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, die Klägerin werde zutreffend nach der Gehaltsgruppe D GBV vergütet. Aufgrund umfassender Vorgaben für die Planung, Realisierung und Wartung von Bauvorhaben sei sie in ihrer Selbständigkeit eingeschränkt. Ihr Vortrag lasse nicht erkennen, warum sich ihre Tätigkeiten aus denen der Ausgangsgehaltsgruppe herausheben. Im Übrigen könne die Klägerin nur den unteren Wert des Gehaltsbands beanspruchen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Das führt zur Aufhebung der Berufungsentscheidung (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO).
I. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts konnte die auch hinsichtlich des Antrags zu 2. als sog. Eingruppierungsfeststellungsklage (sh. nur BAG 18. März 2015 – 4 AZR 59/13 – Rn. 10 mwN) sowie in Bezug auf die begehrten Zinsen (vgl. BAG 23. September 2009 – 4 AZR 308/08 – Rn. 10 mwN) insgesamt zulässige Klage nicht stattgegeben werden.
Nach dessen Feststellungen ist bereits weder ersichtlich, auf welcher Grundlage die GBV für das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis maßgebend sein soll, noch kann beurteilt werden, ob die von der Klägerin vorgelegten Gehaltsbänder für den streitgegenständlichen Zeitraum Anwendung finden.
1. Nach dem Vorbringen der Parteien – die beide offensichtlich von der Geltung der GBV ausgehen – ist nicht geklärt, ob die GBV überhaupt die maßgebende kollektivrechtliche Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin darstellen kann. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, insbesondere bei der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und damit auch der Schaffung von Eingruppierungsregelungen mithilfe einer Gesamtbetriebsvereinbarung (zum Umfang des Mitbestimmungsrechts vgl. etwa BAG 17. Mai 2011 – 1 AZR 797/09 – Rn. 17; 28. April 2009 – 1 ABR 97/07 – Rn. 19, BAGE 131, 1), wäre nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ggf. dann ausgeschlossen, wenn eine zwingende tarifliche Regelung bestand (BAG 8. Juli 2015 – 4 AZR 111/14 – Rn. 26 f. mwN). Dass eine solche nicht vorliegt, hat das Landesarbeitsgericht weder für die E-Plus Mobilfunk GmbH, die die GBV im Jahr 2000 mit abgeschlossen hat, noch für deren Rechtsnachfolgerin, die E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG, festgestellt.
2. Eine kollektivrechtliche Weitergeltung der vormals von der E-Plus Mobilfunk GmbH geschlossenen GBV bei der jetzigen Beklagten käme überdies nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Fortgeltung von Gesamtbetriebsvereinbarungen nach einem Betriebsübergang iSd. § 613a Abs. 1 BGB nur in Betracht, wenn die Identität des Betriebs gewahrt geblieben ist oder ein übernommener Betriebsteil als selbständiger Betrieb weitergeführt wurde (BAG 8. Juli 2015 – 4 AZR 111/14 – Rn. 29 mwN). Andernfalls wäre vorbehaltlich des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB von einer Transformation der Regelungen der GBV in das Arbeitsverhältnis der Klägerin nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB auszugehen (BAG 8. Juli 2015 – 4 AZR 111/14 – Rn. 29 mwN). Hierzu fehlt es an den erforderlichen Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht.
3. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen ist auch nicht ersichtlich, aufgrund welcher Umstände die beiden von der Klägerin eingereichten Seiten, die – insoweit unstreitig – eine Gehaltsstruktur der „A-L” ab dem 1. Juli 2007 und dem 1. Juli 2010 abbilden, nach dem Betriebsübergang Bestandteil einer zunächst mit der E-Plus Mobilfunk GmbH geschlossenen und ggf. kollektivrechtlich weitergeltenden GBV geworden sind oder – namentlich im Falle einer Transformation der betriebsverfassungsrechtlichen Regelungen nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB – aus welchem anderen Grund sie für die Entgeltansprüche der Klägerin maßgebend sein sollen. Die Gehaltsstruktur der „A-L” ab dem I. Juli 2007 bzw. 1. Juli 2010 kann schon aufgrund des zeitlichen Ablaufs nicht ohne Weiteres rechtlicher Bestandteil der bereits im Jahr 2000 abgeschlossenen GBV sein.
II. Der Senat kann die Sache auch nicht abschließend zu Lasten der Klägerin entscheiden, weil deren Tätigkeit in keinem Fall die Anforderungen des von ihr in der Revisionsinstanz allein noch in Anspruch genommenen Tätigkeitsbeispiels der Gehaltsgruppe E GBV – „Baubegehung, -vorbereitung, -begleitung und Abnahme sowie Koordinierung von Umbauten und Wartungsmaßnahmen mit fachlicher Verantwortung” – erfüllt.
1. Die von der E-Plus Mobilfunk GmbH mit dem bei ihr bestehenden Gesamtbetriebsrat vereinbarte GBV lautet auszugsweise wie folgt:
„3. Eingruppierung
Die Eingruppierung von MA wird anhand dieser Vereinbarung sowie der Funktionen und deren
- Tätigkeitsmerkmalen
- sowie Tätigkeitsbeispielen durchgeführt (s. Anlagen 2 – 2.5).
…
Die Gehaltsfindung wird innerhalb der Gehaltsgruppen und deren Gehaltsbandbreiten unter Beachtung von
- Qualifikation
- Persönlicher Berufserfahrung
- Leistungsniveau
- Marktbedingungen
vorgenommen.
…
Gehaltsgruppenzuordnung/Funktionsgruppenmerkmale |
Anlage 2.4 |
zur |
Gesamtbetriebsvereinbarung |
Gehaltsstruktur und Entlohnungsgrundsätze |
…
Funktionsbereich Technik/DV |
…
Funktionscode |
Funktionsbezeichnung |
Gehaltsgruppen |
… |
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429 |
Bauleiter |
D – F |
… |
|
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D
- •Bearbeitet selbständigmehr als ein spezielles Segment eines Systems /Netzes / Kundenkreises / Verwaltungsteilbereiches hinaus, d.h.: administriert, analysiert, plant, berät
- • Tätigkeiten qualifizierter Art, für die eine IHK-Ausbildung und einschlägige, nachweisbare Berufserfahrung oder eine erweiterte Ausbildung (z.B. Technikerabschluß) oder Studium erforderlich ist
- • Einarbeitung als Studienabsolvent
FC |
Funktionsbezeichnung |
Tätigkeitsbeispiele für Funktionen |
… |
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429 |
Bauleiter |
Baubegehung, Bauvorbereitung, Baubegleitung und Abnahme sowie Koordinierung von Umbauten und Wartungsmaßnahmen |
… |
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E
- •Bearbeitet selbständigmehr als ein spezielles Segment eines Systems / Netzes / Kundenkreis / Verwaltungsteilbereiches mit Entscheidungsverantwortung, d.h.: administriert, analysiert, plant, berät
- •Tätigkeiten erhöht qualifizierter Art, für die zusätzlich besondere Fachkenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen notwendig sind sowie Entscheidungsverantwortung
FC |
Funktionsbezeichnung |
Tätigkeitsbeispiele für Funktionen |
… |
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429 |
Bauleiter |
Baubegehung, -vorbereitung, -begleitung und Abnahme sowie Koordinierung von Umbauten und Wartungsmaßnahmen mit fachlicher Verantwortung |
… |
|
|
…
Protokollnotiz zu den Tätigkeitsmerkmalen für Funktionen:
Die Eingruppierung in eine Gehaltsgruppe verlangt die Erfüllung der Kriterien der vorhergehenden Gehaltsgruppe als Mindestbedingungen.”
2. Das Landesarbeitsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, für einen Anspruch nach der Gehaltsgruppe E GBV sei es ausreichend, wenn lediglich die Anforderungen eines Tätigkeitsbeispiels verwirklicht sind. Das hat der Senat für die vorliegende GBV bereits mehrfach entschieden (ausf. BAG 18. Februar 2015 – 4 AZR 778/13 – Rn. 40 ff. mwN; 8. Juli 2015 – 4 AZR 111/14 – Rn. 19). Soweit die Beklagte meint, den Tätigkeitsbeispielen könne keine eigenständige Bedeutung zukommen, weil identische Beispiele in mehreren Gehaltsgruppen zu finden seien, ist dies unzutreffend. Identisch sind lediglich die Funktionsbezeichnungen. Demgegenüber sind die Tätigkeitsbeispiele, worauf das Landesarbeitsgericht bereits zutreffend hingewiesen hat, bei den gleichen Funktionsbezeichnungen stets unterschiedlich ausgestaltet.
3. Die weitere Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Tätigkeit der Klägerin erfülle die Anforderungen des Tätigkeitsbeispiels der Gehaltsgruppe E – FC 429 – GBV, ist jedoch nicht frei von Rechtsfehlern. Die Sache ist allerdings vor dem Hintergrund der bisherigen Erörterungen des Rechtsstreits in den Tatsacheninstanzen nicht entscheidungsreif (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Im Hinblick auf Art. 103 Abs. 1 GG wird das Landesarbeitsgericht den Parteien Gelegenheit zu weiterem tatsächlichen Vortrag geben müssen.
a) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Klägerin ihrer Darlegungslast nachgekommen, „wann und in welcher Form der Arbeitgeber” ihr die „höherwertigen Aufgaben übertragen hat” bzw. „wann und in welcher Form ihr diese qualifizierte Tätigkeit übertragen” wurde.
aa) Die Eingruppierung einer Arbeitnehmerin richtet sich grundsätzlich nach der durch den Arbeitsvertrag geschuldeten Tätigkeit. Die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit kann zwar für die Auslegung des Arbeitsvertrags, insbesondere hinsichtlich der genauen Bestimmung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit dann von Bedeutung sein, wenn der schriftliche Arbeitsvertrag hierzu keine oder unzureichende Angaben enthält. Entscheidend ist letztlich jedoch die – wie auch immer bestimmte – vertraglich vereinbarte und geschuldete Tätigkeit (BAG 22. September 2010 – 4 AZR 166/09 – Rn. 17; 25. Oktober 1995 – 4 AZR 479/94 –).
bb) Danach ist die mit Schreiben vom 23. Juni 2003 vorgenommene Arbeitsvertragsänderung maßgebend. Mit dieser hat sich der Inhalt der vertraglich geschuldeten Tätigkeit der Klägerin geändert; sie ist ab dem 1. Juli 2003 „als Bauleiterin, FC 429, im Teilbereich Technische Realisierung” tätig. Eine ausdrückliche Vereinbarung, geschuldet sei lediglich eine Tätigkeit, die der einer Bauleiterin der Gehaltsgruppe D GBV entspreche, nicht aber der Gehaltsgruppe E GBV, haben die damaligen Arbeitsvertragsparteien nicht vereinbart. Das ergibt sich auch nicht aus der Formulierung im Schreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Klägerin sei „entsprechend den Regelungen unserer Betriebsvereinbarung ‚Gehaltsstruktur und Entlohnungsgrundsätze’ … in der Gehaltsgruppe D eingruppiert”. Der Nennung der Gehaltsgruppe kommt nach den Auslegungsgrundsätzen des Senats (21. August 2013 – 4 AZR656/11 – Rn. 12 ff. mwN, BAGE 146, 29) jedenfalls im vorliegenden Rechtsstreit nur die Wirkung einer deklaratorischen Angabe der von Seiten der Arbeitgeberin für maßgebend gehaltenen Gehaltsgruppe in Form einer sog. Wissenserklärung zu.
cc) In der Folge bestimmt sich die Eingruppierung der Klägerin nach der ihr von der Beklagten in Umsetzung der im Jahre 2003 geschlossenen Abrede übertragenen Tätigkeit. Eines ausdrücklichen formellen „Übertragungsakts” einer „fachlichen Verantwortung” bedarf es nicht (vgl. BAG 10. Dezember 2014 – 4 AZR 261/13 – Rn. 35 ff. mwN). Dass die Klägerin eine andere als den vertraglichen Vereinbarungen entsprechende zugewiesene Tätigkeit ausübt, behauptet auch die Beklagte nicht.
b) Es fehlt allerdings an Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu der von der Klägerin tatsächlich ausgeübten Tätigkeit.
aa) Die tatsächlichen Grundlagen für eine Entscheidung über die zutreffende Eingruppierung sind von den Gerichten für Arbeitssachen zu ermitteln und festzustellen. Die bloße ausschnittweise Wiedergabe eines vom Arbeitgeber verfassten Zwischenzeugnisses und die dort schlagwortartig umschriebenen „Hauptaufgabengebiete” ersetzen die erforderlichen Feststellungen nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, die auf die Eingruppierung nach einer Gesamtbetriebsvereinbarung übertragen werden kann, auch dann nicht, wenn die Angaben von den Parteien im Verlauf des Rechtsstreits nicht in Frage gestellt werden. Ebenso wie eine Stellenbeschreibung dient ein Zwischenzeugnis lediglich der Dokumentation der Tätigkeit der Stelleninhaberin. Als Grundlage für eine Tätigkeitsbeschreibung kommt sie allenfalls dann in Betracht, wenn sie die tatsächlich auszuübende Tätigkeit sowie die Gesamt- oder Teiltätigkeiten ausreichend wiedergibt (für Stellenbeschreibungen grdl. BAG 13. November 2013 – 4 AZR 53/12 – Rn. 18 mwN), was aber ggf. ausdrücklich festzustellen ist.
bb) Danach mangelt es im Entscheidungsfall an den notwendigen Feststellungen. Das Landesarbeitsgericht hat im Tatbestand ausschließlich die Beschreibung der „Hauptaufgabengebiete” im Zwischenzeugnis vom 28. Februar 2007 wiedergegeben. Überdies ist unklar, ob in diesem Zeugnis Tätigkeiten wiedergegeben werden, die die Klägerin im Streitzeitraum ab Januar 2008 durchgehend ausgeübt hat. Zudem erschließt sich nicht, welche Tätigkeiten in welchem zeitlichen Umfang durch „die Baumaßnahmen im Bereich VUM, MFR und MMFR” erfasst sein sollen. Auch die weiteren schlagwortartigen Umschreibungen der Tätigkeit der Klägerin in den Entscheidungsgründen, die gleichfalls dem Zwischenzeugnis aus dem Jahr 2007 entnommen sind, lassen weder erkennen, welchen näheren Inhalt die Tätigkeit der Klägerin hat, noch ist ersichtlich, ob und wie einzelne Arbeitsschritte aufeinander bezogen sind.
III. Das führt zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung. Dabei wird das Landesarbeitsgericht neben der Geltung oder Anwendbarkeit der GBV und der vorgelegten Gehaltsstruktur der „A-L” ab dem 1. Juli 2007 und dem 1. Juli 2010, bei der ggf. § 77 Abs. 3 BetrVG zu prüfen sein wird (vgl. BAG 18. Februar 2015 – 4 AZR 778/13 – Rn. 24 ff.), insbesondere Folgendes zu beachten haben:
1. Das Landesarbeitsgericht wird zunächst festzustellen haben, ob es sich bei der Tätigkeit der Klägerin um eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit oder mehrere Teiltätigkeiten handelt (zur Prüfung BAG 18. Februar 2015– 4 AZR 778/13 – Rn. 44). Soweit es offenbar davon ausgegangen ist, aufgrund der Funktion als „Bauleiterin” sei von einer einheitlich zu bewertenden Gesamttätigkeit auszugehen, weil diese „im Rahmen der Eingruppierung nicht in Teiltätigkeiten unterschiedlicher Wertigkeit aufgeteilt” werden kann, übersieht es, dass es sich bei der Funktionsbezeichnung „Bauleiter” weder um ein Tätigkeitsmerkmal noch um ein Tätigkeitsbeispiel handelt. Ein anderes Ergebnis folgt nicht aus dem Umstand, dass die Parteien wohl von einer einheitlich zu bewertenden Gesamttätigkeit ausgegangen sind. Die Bestimmung und Abgrenzung der konkreten Tätigkeiten als eine Gesamttätigkeit oder mehrere Teiltätigkeiten im Sinne der vorliegenden GBV ist eine rechtliche Bewertung, über die die Beteiligten nicht einvernehmlich verfügen können (st. Rspr., BAG 28. Januar 2009– 4 AZR 13/08 – Rn. 45 mwN, BAGE 129, 208).
2. Anschließend wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob die Klägerin in allen im Tätigkeitsbeispiel der Gehaltsgruppe D – FC 429 – GBV genannten Bereichen tätig ist.
a) Derzeit erschließt sich anhand der Ausführungen des Landesarbeitsgerichts nicht, ob mit den angenommenen „Aufgabenschwerpunkten” „der Erstellung von Neubauten, Umbauten, Aufrüstungen, Erweiterungen und Nachrüstungen” tatsächlich alle genannten Tätigkeitsfelder erfasst sind. Ausweislich des Tatbestands der angegriffenen Entscheidung hat die Beklagte ausgeführt, die Klägerin führe keine Wartungsmaßnahmen aus. Das ist allerdings auch nicht zwingend erforderlich. Das Tätigkeitsbeispiel nennt lediglich die Koordination von Wartungsarbeiten, fordert aber nicht die Durchführung durch den betreffenden Mitarbeiter. Aber auch insoweit fehlt es an Feststellungen.
b) Für den Fall, dass die Klägerin nicht mit der „Koordinierung von Umbauten und Wartungsmaßnahmen” als vertraglich geschuldeter Tätigkeit betraut sein sollte, wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob die genannte Koordinierungstätigkeit kumulativ zu den anderen Tätigkeiten „Baubegehung, -vorbereitung, -begleitung und Abnahme” vorliegen muss oder ob durch die Konjunktion „sowie” (zu deren möglicher Bedeutung etwa BGH 5. April 1990 – IX ZR 111/89 – zu II 2 der Gründe) zum Ausdruck gebracht werden sollte, es reiche für die Erfüllung des Tätigkeitsbeispiels aus, wenn – alternativ – einer der beiden Bereiche von der Tätigkeit umfasst wird. Für ein solches Verständnis könnte sprechen, dass die gesonderte Erwähnung der Koordinierung von Umbauten anderenfalls überflüssig wäre, weil sie regelmäßig schon durch die „Baubegehung, -vorbereitung, -begleitung und Abnahme” mit erfasst sein dürfte. Schließlich geht auch die Beklagte, obwohl sie der Auffassung ist, die Klägerin erfülle nicht die von ihr für notwendig erachtete Durchführung von Wartungsarbeiten, davon aus, diese sei jedenfalls nach der Gehaltsgruppe D GBV zu vergüten.
3. Bei den hier einschlägigen Tätigkeitsbeispielen der Gehaltsgruppen D und E – jeweils FC 429 – GBV handelt es sich entgegen der Auffassung der Revision nicht um Aufbaufallgruppen iSd. ständigen Senatsrechtsprechung. Solche liegen immer nur dann vor, wenn das Tätigkeitsmerkmal ein „Herausheben” aus dem in Bezug genommenen Tätigkeitsmerkmal der niedrigeren Gehaltsgruppe durch eine zusätzliche Anforderung ausdrücklich vorsieht, nicht aber schon dann, wenn ein Tätigkeitsmerkmal im Vergleich zu einem anderen lediglich höhere Anforderungen stellt (BAG 6. Juni 2007 – 4 AZR 505/06 – Rn. 20 mwN). Gleichwohl bedarf es, wenn die Tätigkeitsbeispiele der Gehaltsgruppe D – FC 429 – GBV und der Gehaltsgruppe E – FC 429 – GBV aufeinander aufbauen, für die nach der ständigen Rechtsprechung des Senats erforderliche Wertung, ob sich die Tätigkeit entsprechend dem Qualifizierungsmerkmal aus der niedrigeren Gehaltsgruppe „heraushebt”, eines Vergleichs mit den Tätigkeiten dieser Gehaltsgruppe (zu Tätigkeitsbeispielen BAG 13. November 2013 – 4 ABR 16/12 – Rn. 35 mwN; zu Richtbeispielen 4. Juli 2012 – 4 AZR 694/10 – Rn. 24 mwN).
a) Das Landesarbeitsgericht wird bei seiner Entscheidung den erforderlichen wertenden Vergleich vorzunehmen haben. Feststellungen dazu, welche Anforderungen an das Tätigkeitsbeispiel der Gehaltsgruppe D GBV zu stellen sind und weshalb die Tätigkeit der Klägerin sich durch das Qualifizierungsmerkmal des maßgebenden Tätigkeitsbeispiels der Gehaltsgruppe E GBV heraushebt, hat es bisher nicht getroffen.
b) Weiterhin wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, dass die tatsächlichen Aufgaben oder Anforderungen, die zur Erfüllung der Merkmale einer bestimmten (niedrigeren) Gehaltsgruppe herangezogen werden, nicht nochmals bei der Prüfung eines Qualifizierungsmerkmals der höheren Gehaltsgruppe verwendet werden können (BAG 19. Februar 2003 – 4 AZR 265/02 – zu II 5 a der Gründe; 5. März 1989 – 4 AZR 631/88 –). Es hat in der angefochtenen Entscheidung jedoch die Tätigkeiten der Klägerin hinsichtlich der Koordination von Korrekturmaßnahmen und Mängelbeseitigung sowohl für die Beurteilung herangezogen, ob ihre Tätigkeit die Anforderungen der Gehaltsgruppe D GBV als auch die der Gehaltsgruppe E GBV erfüllt.
4. Für den Fall einer Zuordnung der Tätigkeit der Klägerin zur Gehaltsgruppe E GBV weist der Senat noch auf Folgendes hin:
a) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass dem Arbeitgeber durch Nr. 3 Satz 5 GBV in zulässiger Weise ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSd. § 315 Abs. 1 Halbs. 1 BGB nach Maßgabe der dort genannten Kriterien eingeräumt wird (BAG 8. Juli 2015 – 4 AZR 111/14 – Rn. 36 mwN) und ein Arbeitnehmer regelmäßig ohne weitere Darlegung den „Mittelwert” beanspruchen kann (dazu im Einzelnen BAG 18. Februar 2015 – 4 AZR 778/13 – Rn. 51 mwN).
b) In Bezug auf die beanspruchten Zinsen wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, dass diese möglicherweise erst ab dem Folgetag der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung verlangt werden können.
aa) Der Anspruch auf Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 BGB entsteht – da Verzug erst ab Fälligkeit eintreten kann – frühestens ab der Fälligkeit der Forderung. Gleiches gilt für Prozesszinsen nach § 291 (§ 291 Satz 1 Halbs. 2 BGB, vgl. BAG 18. März 2014 – 3 AZR 249/12 – Rn. 35; zur Frage, ob Prozesszinsen im Falle der Leistungsbestimmung durch Gestaltungsurteil zugesprochen werden können vgl. BGH 4. April 2006 – X ZR 122/05 – Rn. 23, BGHZ 167, 139). Die Fälligkeit von Entgeltforderungen tritt bei gerichtlicher Bestimmung aufgrund eines Gestaltungsurteils nach § 315 Abs. 3 BGB erst mit Rechtskraft ein (BAG 18. März 2014 – 3 AZR 249/12 – Rn. 34 mwN; BGH 4. April 2006 – X ZR 122/05 – Rn. 22, aaO). Dem Gläubiger verbleibt dann lediglich die Möglichkeit, im Falle einer pflichtwidrig verzögerten Leistungsbestimmung etwaige Zinsschäden unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB zu verlangen (vgl. BGH 4. Juli 2013 – III ZR 52/12 – Rn. 37). Solche sind derzeit nicht dargelegt.
bb) Das Landesarbeitsgericht wird allerdings zu prüfen haben, ob sich nach Sinn und Zweck der Regelung in Nr. 3 Satz 5 GBV über die Gehaltsfindung, die zugleich Teil der Eingruppierung iSd. Nr. 3 GBV ist, eine Rückwirkung der gerichtlichen Leistungsbestimmung vorgesehen ist (zu dieser Möglichkeit BGH 30. Mai 2003 – V ZR 216/02 – zu II 5 der Gründe; sh. auch 1. März 1996 – V ZR 327/94 –), die auch konkludent erfolgen kann (BGH 30. Mai 2003 – V ZR 216/02 – aaO). Eine solche Möglichkeit kommt im Hinblick auf eine Gegenleistung insbesondere in Betracht, wenn der Schuldner wie hier bereits früher in den Genuss der Leistung gelangt ist (Soergel/Wolf BGB 12. Aufl. Bd. 2 § 315 Rn. 44). Das liegt bei Dauerschuldverhältnissen nahe (Staudinger/Rieble 2015 § 315 BGB Rn. 409).
Unterschriften
Eylert, Rinck, Treber, Klotz, Lippok
Fundstellen
Haufe-Index 9369839 |
BB 2016, 1267 |
FA 2016, 221 |
AP 2016 |
NZA-RR 2016, 366 |
AUR 2016, 298 |
ArbR 2016, 276 |