Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilzeitbegehren. Ablehnung. Schriftform
Leitsatz (redaktionell)
Auch wenn ein Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit über ein digitales System für eigene Teilzeitmodelle des Arbeitgebers abgegeben wird, muss er zur Vermeidung der Genehmigungsfiktion in Schriftform abgelehnt werden, die Einhaltung der Textform ist nicht ausreichend.
Normenkette
TzBfG § 8; BGB §§ 126, 126b
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Anschlussrevision der Klägerin wird unter Zurückweisung der Revision der Beklagten das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 11. April 2016 – 17 Sa 814/15 – aufgehoben, soweit die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 26. Mai 2015 – 24 Ca 8821/14 – zurückgewiesen wurde.
2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 26. Mai 2015 – 24 Ca 8821/14 – insgesamt abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin gemäß ihrem Teilzeitantrag vom 22. Juni 2014 mit einer auf 50 % der regelmäßigen Vollarbeitszeit reduzierten Arbeitszeit durch blockweise Freistellung in den Monaten Februar, April, Juni, August, Oktober und Dezember eines jeden Jahres zu beschäftigen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin auf 50 % der regelmäßigen Vollarbeitszeit bei einer blockweisen Freistellung jeweils in den Monaten Februar, April, Juni, August, Oktober und Dezember eines jeden Jahres.
Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 17. Dezember 1989 aufgrund des Arbeitsvertrags vom 13. Dezember 1989 als Flugbegleiterin, zuletzt als Purserette mit Stationierungsort Frankfurt am Main, beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme die für das Kabinenpersonal der Beklagten geltenden Tarifverträge Anwendung. Zuletzt arbeitete die Klägerin aufgrund des Teilzeitarbeitsvertrags vom 22. August 2006 mit einer Arbeitszeit von 51,09 % der Vollarbeitszeit.
In der Protokollnotiz Ziff. 17 zum Manteltarifvertrag Nr. 2 für das Kabinenpersonal der DLH heißt es ua.:
”17. |
Teilzeit/Monatsplanung |
A. |
Die DLH kann den Mitarbeitern des Kabinenpersonals, die in Kalendermonaten geplant werden, Teilzeitbeschäftigung in folgenden Formen anbieten: |
(1) |
Monatsweise Freistellung vom fliegerischen Einsatz im monatlichen Wechsel (Modell 1), |
(2) |
Freistellung für zweimal drei zusammenhängende Monate im dreimonatlichen Wechsel, wobei die Freistellung mit dem ersten oder mit dem zweiten Quartal beginnen kann (Modell 2), |
(7) |
Tageweise Freistellung innerhalb jeden Monats, wobei sich der Anspruch auf freie Tage innerhalb des Monats auf 19 und innerhalb des Quartals auf 62 Kalendertage erhöht (Modell 7), |
…” |
|
Die Teilzeitmodelle und das sogenannte Requestverfahren der Beklagten zur Vergabe von Teilzeitmodellen sind in einem Merkblatt der Beklagten „Teilzeit 2015” dargestellt. Seit April 2009 hatte die Klägerin infolge Schwangerschaft, Beschäftigungsverbot nach der Entbindung, Elternzeit, sogenanntem „LufthansaFamilienjahr” und einem daran anknüpfenden Sonderurlaub keine Arbeitsleistungen mehr erbracht. Anlässlich ihrer Rückkehr an ihren Arbeitsplatz reichte sie am 22. Juni 2014 unter Nutzung eines elektronischen Systems der Beklagten unter „Teilzeit 2015” einen Antrag auf weitere Verringerung ihrer Arbeitszeit bei der Beklagten ein. In dem Antrag heißt es auszugsweise wie folgt:
„Bewerbungsmodelle in der Reihenfolge Ihrer Priorisierung
01. Priorität: H2 |
– Freistellungsmonate |
|
FEB/APR/JUN/AUG/OKT/DEZ |
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Urlaub 21 Tage, Arbeitszeit/Vergütung 50,00 % |
02. Priorität: H1 |
– Freistellungsmonate |
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JAN/M AR/MAI/JUL/S E P/NOV |
|
Urlaub 21 Tage, Arbeitszeit/Vergütung 50,00 % |
Optionen
Sie haben die Reduzierung der Jahresflugstunden zu einem Jahresmodell beantragt.
Sie haben im Falle der Nichtgewährung eines Wunschmodells die Reduzierung der Jahresflugstunden zu einem Jahresmodell auch für das aktuelle TZ-Modell beantragt.
Durch diese Eingabe haben Sie Ihre Teilzeitwünsche verbindlich gespeichert.”
Die Beklagte teilte der Klägerin mit einem maschinell erstellten und nicht unterzeichneten Schreiben vom 1. August 2014 unter dem Betreff „Ihr Antrag auf Teilzeitarbeit in 2015” ua. Folgendes mit:
„…
leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass Ihr Antrag auf Teilzeitarbeit für 2015 – wegen Ihrer eingeschränkten Angabe von alternativen Wunschmodellen – aus Senioritätsgründen nicht berücksichtigt werden konnte. …
Deutsche Lufthansa Aktiengesellschaft
Personalbetreuung & -entwicklung Cabin Crews
Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist auch ohne Unterschrift gültig.”
Die Klägerin ist der Auffassung, ihr Teilzeitverlangen sei nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen. Danach werde deutlich, dass sie auch einen Antrag nach § 8 TzBfG gestellt habe und nicht lediglich einen Antrag nach dem Requestverfahren der Beklagten. Dass sie sich hierbei innerhalb des von der Beklagten vorgehaltenen Organisationsmodells habe halten wollen, stehe dem nicht entgegen. Es sei für einen objektiven Empfänger nicht ersichtlich, dass sie ihren Antrag nur auf eine von zwei möglichen Anspruchsgrundlagen habe stützen wollen. Die Beklagte habe ihren Antrag nicht unter Einhaltung der Schriftform abgelehnt, sodass die Fiktion nach § 8 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3 TzBfG eingetreten sei. Das Ablehnungsschreiben der Beklagten vom 1. August 2014 verstoße gegen das Schriftformerfordernis des § 8 Abs. 5 TzBfG. Eine Ablehnung in Textform genüge nicht. Im Übrigen seien auch die Voraussetzungen des § 126b BGB nicht erfüllt, da die Person des Erklärenden nicht ersichtlich sei.
Das Teilzeitverlangen sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, weil sie nur eine weitere Verringerung ihrer Arbeitszeit um 1,09 % beantragt habe. Sie habe damit ihre familiären und beruflichen Belange miteinander vereinbaren wollen. Durch die regelmäßige Freistellung solle die Betreuung ihres Kindes gleichmäßig und planbar geregelt und mit ihrem Lebenspartner, welcher bei der Beklagten als Flugkapitän im Schichtdienst und ebenfalls in Teilzeit beschäftigt sei, aufgeteilt werden. Die Beklagte biete den Wechsel zwischen zwei Teilzeitmodellen ausdrücklich an.
Die Klägerin hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, sie gemäß Teilzeitantrag vom 22. Juni 2014 mit einer auf 50 % der regelmäßigen Vollarbeitszeit reduzierten Arbeitszeit durch blockweise Freistellung im Monat Februar, April, Juni, August, Oktober und Dezember eines jeden Jahres zu beschäftigen;
- hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1. festzustellen, dass sich ihre Arbeitszeit gemäß Teilzeitantrag vom 22. Juni 2014 auf 50 % der regelmäßigen Vollarbeitszeit reduziert hat durch blockweise Freistellung im Monat Februar, April, Juni, August, Oktober und Dezember eines jeden Jahres;
- hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen zu 1. und 2. die Beklagte zu verurteilen, einer Reduzierung der jährlichen Arbeitszeit der Klägerin um 50 % auf 50 % der regelmäßigen Vollarbeitszeit durch blockweise Freistellung im Monat Februar, April, Juni, August, Oktober und Dezember eines jeden Jahres ab dem 1. Januar 2015 zuzustimmen gemäß Teilzeitantrag vom 22. Juni 2014.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, bei dem Antrag der Klägerin vom 22. Juni 2014 habe es sich ausschließlich um einen Antrag im Rahmen des von ihr zur Verfügung gestellten Request-verfahrens gehandelt. Dies ergebe die Auslegung des Antrags. Für sie als Empfängerin der Erklärung sei nicht ersichtlich gewesen, dass es sich auch um einen Antrag nach § 8 TzBfG habe handeln sollen. Die Klägerin habe den Antrag über das für das Requestverfahren vorgesehene elektronische System gestellt und sich für bestimmte, mit den tarifvertraglichen Kürzeln bezeichnete Teilzeitmodelle beworben, die das TzBfG nicht kenne. Das Requestverfahren bestehe gesondert neben dem Anspruch nach § 8 TzBfG und beeinträchtige diesen nicht. Insoweit sei der Arbeitgeber frei, hierfür gesonderte Regeln aufzustellen. Zumindest sei das Teilzeitbegehren rechtsmissbräuchlich, da es der Klägerin allein um eine Neuverteilung der Arbeitszeit gehe. Sie habe eine Verringerung der Arbeitszeit um lediglich 1,09 % mit dem Ziel verlangt, eine Neuverteilung der Arbeitszeit zu erreichen. Ein erkennbares Interesse an einer weiteren Arbeitszeitreduzierung bestehe nicht. Schon deshalb habe eine Fiktion nach § 8 Abs. 5 TzBfG nicht eintreten können. Jedenfalls habe sie den Antrag formwirksam abgelehnt, da die Einhaltung der Textform hierfür ausreichend sei. Bei der Mitteilung nach § 8 Abs. 5 TzBfG stehe die Informations- und Dokumentationsfunktion im Vordergrund.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht dem ersten Hilfsantrag stattgegeben; den Hauptantrag hat es als unzulässig erachtet. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Klägerin erstrebt mit ihrer Anschlussrevision die Verurteilung der Beklagten nach dem Hauptantrag.
Entscheidungsgründe
A. Die Anschlussrevision der Klägerin ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf die aus dem Hauptantrag ersichtliche Beschäftigung.
Deshalb kann die Revision der Beklagten gegen die Verurteilung gemäß dem ersten Hilfsantrag keinen Erfolg haben. Dieser fällt nicht mehr zur Entscheidung an.
I. Die Anschlussrevision der Klägerin ist zulässig und begründet.
1. Die Anschlussrevision ist zulässig. Sie erfüllt insbesondere die Voraussetzungen des § 554 ZPO.
a) Die Anschlussrevision nach § 554 ZPO muss einen Lebenssachverhalt betreffen, der mit dem von der Revision erfassten Streitgegenstand in einem unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang steht (BAG 20. Mai 2009 – 5 AZR 312/08 – Rn. 25; vgl. auch BGH 22. November 2007 – I ZR 74/05 – Rn. 38 ff. mwN, BGHZ 174, 244).
b) Diesen Anforderungen wird die Anschlussrevision der Klägerin gerecht. Sie verfolgt damit ihren ursprünglichen, vom Landesarbeitsgericht abgewiesenen Hauptantrag, gerichtet auf Beschäftigung in dem von ihr geltend gemachten Umfang und mit der von ihr geltend gemachten Verteilung der Arbeitszeit, weiter. Über diesen Streitgegenstand hat das Landesarbeitsgericht entschieden. Dieser Anspruch steht auch mit dem in die Revisionsinstanz gelangten Anspruch in unmittelbarem rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang.
2. Die Anschlussrevision ist begründet.
a) Der Hauptantrag ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts zulässig. Er ist insbesondere hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
aa) Ein Antrag muss so bestimmt sein, dass die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann. Im Falle einer dem Antrag stattgebenden Entscheidung muss für den Schuldner eindeutig erkennbar sein, was von ihm verlangt wird. Die Prüfung, welche Maßnahmen der Schuldner vorzunehmen oder zu unterlassen hat, darf nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden (vgl. zum Beschlussverfahren BAG 27. Juli 2010 – 1 ABR 74/09 – Rn. 11).
bb) Diesen Anforderungen wird der Hauptantrag gerecht. Aus ihm geht mit hinreichender Deutlichkeit hervor, welche konkrete Handlung von der Beklagten verlangt wird. Die Beklagte soll verurteilt werden, die Klägerin bei einer gegenüber einem Vollzeitbeschäftigten auf 50 % verringerten Arbeitszeit nur außerhalb der im Antrag genannten Kalendermonate zu beschäftigen. Ein Mangel an Bestimmtheit ergibt sich nicht aus der fehlenden Angabe, auf welche Tage/Stunden die Arbeitszeit verteilt sein soll. Daraus wird lediglich deutlich, dass die Verteilung der Arbeitszeit im Übrigen dem Weisungsrecht der Beklagten unterliegen soll. Das schließt zwar nicht aus, dass die von der Beklagten nach billigem Ermessen zu bestimmende Lage der Arbeitszeit zwischen den Parteien künftig streitig werden kann. Diese Frage betrifft aber nicht den hier geltend gemachten Anspruch.
b) Der Hauptantrag ist begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten verlangen, in dem geltend gemachten Umfang und nicht in den im Antrag genannten Monaten beschäftigt zu werden. Die Arbeitszeit der Klägerin hat sich gemäß § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG in dem von ihr gewünschten Umfang verringert. Nach § 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG gilt die von ihr gewünschte Verteilung der Arbeitszeit als festgelegt.
aa) Die allgemeinen Voraussetzungen des § 8 TzBfG waren erfüllt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestand länger als sechs Monate (§ 8 Abs. 1 TzBfG). Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer (§ 8 Abs. 7 TzBfG).
bb) Die Klägerin hat entgegen der Auffassung der Beklagten die Verringerung ihrer Arbeitszeit auch spätestens drei Monate vor deren Beginn geltend gemacht und die gewünschte Verteilung gemäß § 8 Abs. 2 TzBfG angegeben.
(1) Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag der Klägerin vom 22. Juni 2014 ausgelegt und die Erklärung auch als Angebot nach § 8 TzBfG, die regelmäßige Arbeitszeit auf 50 % der regelmäßigen Vollarbeitszeit zu reduzieren bei einer blockweisen Freistellung in den Monaten Februar, April, Juni, August, Oktober und Dezember jeden Jahres, verstanden. Diese Auslegung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
(2) Das Verringerungsverlangen eines Arbeitnehmers nach § 8 Abs. 1 TzBfG ist eine auf die Änderung des Arbeitsvertrags gerichtete Willenserklärung. Das Änderungsangebot (§ 145 BGB), das dem Arbeitgeber spätestens drei Monate vor Beginn der begehrten Arbeitszeitverringerung zugehen muss (§ 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG), muss nach allgemeinem Vertragsrecht regelmäßig so konkret sein, dass der Adressat des Angebots dieses mit einem einfachen „Ja” annehmen kann. Der Inhalt eines zwischen den Parteien zustande kommenden Änderungsvertrags muss feststehen (vgl. BAG 16. Oktober 2007 – 9 AZR 239/07 – Rn. 20 mwN, BAGE 124, 219). Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer sein Änderungsangebot ausdrücklich als Teilzeitantrag bezeichnet (BAG 20. Januar 2015 – 9 AZR 860/13 – Rn. 19). Der Arbeitnehmer soll die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit bei der Geltendmachung der Verringerung seiner Arbeitszeit und des Umfangs der Verringerung angeben, ist dazu aber nicht verpflichtet (BAG 16. Oktober 2007 – 9 AZR 239/07 – Rn. 17, aaO).
(a) Die Klägerin hat für die Beklagte erkennbar eine rechtserhebliche und verbindliche Erklärung abgegeben. Dies wird schon an dem Zusatz in der Antragsmaske „Durch diese Eingabe haben Sie Ihre Teilzeitwünsche verbindlich gespeichert” deutlich. Hierüber besteht zwischen den Parteien kein Streit.
(b) Der Antrag der Klägerin ist auch hinreichend bestimmt. Das Ausmaß der Verringerung auf 50 % ist in dem Antrag ausdrücklich enthalten. Der Zeitpunkt der Verringerung ergibt sich zwar nicht ausdrücklich aus dem Antrag selbst. Er ist aber aus den Umständen eindeutig erkennbar. Die Klägerin hat im System der Beklagten unter „Teilzeit 2015” ein Teilzeitmodell beantragt, welches ein Jahresmodell darstellt. Die Beklagte hat den Antrag auch offensichtlich so verstanden, dass er eine Reduzierung der Arbeitszeit ab dem 1. Januar 2015 enthält. In ihrem Ablehnungsschreiben vom 1. August 2014 bezieht sich die Beklagte ausdrücklich auf die „Teilzeitarbeit in 2015”. Die Beklagte beruft sich auch nicht darauf, der Zeitpunkt der gewünschten Arbeitszeitverringerung sei aus dem Antrag nicht erkennbar gewesen.
(c) Die Klägerin hat außerdem – unter „01. Priorität” – die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit bei einer Freistellung in den Kalendermonaten Februar, April, Juni, August, Oktober und Dezember angegeben. Dass sie darüber hinaus alternativ – unter „02. Priorität” – eine Freistellung in den Kalendermonaten Januar, März, Mai, Juli, September und November angegeben hat, ist vorliegend unschädlich. Durch diese Vergabe von Prioritäten wird deutlich, dass die zweite Alternative nur zum Tragen kommen sollte, wenn die Beklagte die primär begehrte Verteilung der Arbeitszeit ablehnt.
(d) Es handelt sich auch um einen Antrag nach § 8 TzBfG. Eine Beschränkung des Antrags auf das von der Beklagten durchgeführte Requestverfahren ist ihm entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu entnehmen.
Unschädlich ist insoweit, dass die Klägerin § 8 TzBfG nicht ausdrücklich erwähnt hat. Gemäß § 8 Abs. 2 TzBfG muss der Arbeitnehmer die Verringerung seiner Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung geltend machen. Die Benennung einer Anspruchsgrundlage ist hierfür nicht erforderlich. Auch wenn die Klägerin das von der Beklagten zur Verfügung gestellte elektronische Verfahren nutzte und sich an die in diesem Rahmen angebotenen Teilzeitmodelle mit ihrer jeweiligen Bezeichnung hielt, lässt dies nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht darauf schließen, dass es das ausschließliche Ziel der Erklärung gewesen sein sollte, an dem Requestverfahren teilzunehmen. So heißt es in dem vorformulierten Text „Durch diese Eingabe haben Sie Ihre Teilzeitwünsche verbindlich gespeichert”. Die Beklagte bestätigte damit, dass die Teilzeitwünsche eingegangen sind. Dass damit Teilzeitwünsche nach § 8 TzBfG nicht gemeint sein sollen, wird im Text nicht deutlich.
cc) Eine Befristung des Teilzeitbegehrens, welche der Wirksamkeit eines Verringerungsverlangens nach § 8 TzBfG entgegenstehen würde (vgl. hierzu BAG 12. September 2006 – 9 AZR 686/05 – Rn. 20, BAGE 119, 254), enthält der Antrag der Klägerin nicht.
dd) Die Beklagte hat den Teilzeitantrag der Klägerin nicht rechtzeitig schriftlich abgelehnt, sodass sich die Arbeitszeit in dem von der Klägerin gewünschten Umfang verringerte (§ 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG) und die von ihr begehrte Verteilung der Arbeitszeit als festgelegt gilt (§ 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG). Die Ablehnung des Teilzeitwunschs durch die Beklagte mit Schreiben vom 1. August 2014 ist wegen Formmangels nichtig (§ 125 Satz 1 BGB). Sie entspricht nicht der vom Gesetz in § 8 Abs. 5 TzBfG angeordneten Schriftform (§ 126 Abs. 1 BGB).
(1) Die Ablehnung des Verringerungsverlangens der Klägerin hätte unter Einhaltung der Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB erfolgen müssen.
(a) Verwendet der Gesetzgeber den Begriff „schriftlich” im Zusammenhang mit einer Willenserklärung, meint er regelmäßig die Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB (vgl. BAG 10. Mai 2016 – 9 AZR 145/15 – Rn. 17). Fordert das Gesetz, dass etwas „schriftlich” mitzuteilen ist, ist die Schriftform jedenfalls dann einzuhalten, wenn es sich bei der Erklärung um ein Rechtsgeschäft, insbesondere um eine Willenserklärung, handelt (Lützen NJW 2012, 1627, 1630). Die Ablehnung des Arbeitgebers, der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen, ist eine empfangsbedürftige, an den Arbeitnehmer gerichtete Willenserklärung (vgl. BAG 20. Januar 2015 – 9 AZR 860/13 – Rn. 25 mwN).
(b) Selbst wenn darüber hinaus Sinn und Zweck des Schriftformerfordernisses zu berücksichtigen wären, ergibt sich hieraus nichts anderes. Die Wahrung der Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB bei der Ablehnung eines Verringerungsverlangens nach dem TzBfG bewirkt Rechtssicherheit für die Arbeitsvertragsparteien und eine Beweiserleichterung im Rechtsstreit, ob der hierzu Berechtigte den Antrag des Arbeitnehmers abgelehnt hat. Damit verbunden ist die Rechtssicherheit darüber, ob eine Fiktion gemäß § 8 Abs. 5 TzBfG eingetreten ist. Durch die Unterzeichnung und deren Verbindung mit dem Erklärungstext wird gewährleistet, dass die Erklärung inhaltlich vom Unterzeichner herrührt (vgl. zu § 16 BEEG aF: BAG 10. Mai 2016 – 9 AZR 145/15 – Rn. 26; vgl. auch BAG 17. Dezember 2015 – 6 AZR 709/14 – Rn. 27, BAGE 154, 40). Daraus wird deutlich, dass für eine wirksame Ablehnung die Einhaltung der Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB konstitutiv wirkt. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die Formvorschrift eingeführt hat, ohne diese iSv. § 125 Satz 1 BGB einzuordnen, fehlen.
(c) Für die Geltung des strengen Formerfordernisses des § 126 Abs. 1 BGB spricht darüber hinaus die Gesetzeshistorie. Insbesondere macht diese deutlich, dass entgegen der Auffassung der Beklagten eine Ablehnung in Textform (§ 126b BGB) nicht genügt. Zwar galt § 126b BGB bei Inkrafttreten des TzBfG zum 1. Januar 2001 noch nicht. Diese Vorschrift wurde erst mit Wirkung vom 1. August 2001 eingeführt (BGBl. I S. 1542). Jedoch hat der Gesetzgeber seitdem, trotz zwischenzeitlicher sonstiger Änderungen des TzBfG, davon abgesehen, das Wort „schriftlich” durch die Formulierung „in Textform” zu ersetzen. Dieser Wille des Gesetzgebers ist zu achten, zumal dieser Textform iSv. § 126b BGB vornehmlich nicht bei Willenserklärungen, sondern bei rechtsgeschäftsähnlichen Handlungen oder bei gesetzlichen Informationspflichten ausreichen lässt (vgl. MüKoBGB/Einsele 7. Aufl. § 126 Rn. 4). Insofern kann von einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers ausgegangen werden, über die sich die Gerichte auch dann nicht hinwegsetzen dürfen, wenn sie das Schriftformerfordernis nicht für angemessen erachten (vgl. zu § 16 BEEG aF: BAG 10. Mai 2016 – 9 AZR 145/15 – Rn. 24; aA ErfK/Preis 17. Aufl. § 8 TzBfG Rn. 17).
(2) Das Schreiben der Beklagten vom 1. August 2014 erfüllt die Anforderungen des § 126 Abs. 1 BGB nicht. Hiernach muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Dies ist hier nicht der Fall.
ee) Dem Eintritt der Fiktion auch hinsichtlich der Neuverteilung der Arbeitszeit steht nicht entgegen, dass die Klägerin in ihrem Antrag vom 22. Juni 2014 nicht ausschließlich die mit dem vorliegenden Verfahren verlangte Verteilung der Arbeitszeit – unter „01. Priorität” – angegeben hat, sondern darüber hinaus – unter „02. Priorität” – eine hiervon abweichende Verteilung. Denn der Antrag ist so auszulegen, dass die hier verlangte Verteilung der Arbeitszeit erkennbar vorrangig war. Zu einer Entscheidung der Beklagten über die mit „02. Priorität” gekennzeichnete Verteilung sollte es eindeutig nur dann kommen, wenn die Beklagte die mit „01. Priorität” gekennzeichnete Verteilung ablehnt. Die Annahme des Antrags der Klägerin mit „01. Priorität” war durch ein einfaches „Ja” der Beklagten möglich.
ff) Dem Eintritt der Fiktion kann der Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht entgegengehalten werden. Dabei kann dahinstehen, ob ein Rechtsmissbrauch hier darin liegen kann, dass die Klägerin nur eine geringe Reduzierung der Arbeitszeit von 51,09 % auf 50 % verlangt hat.
Gemäß § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG gilt die vom Arbeitnehmer beantragte Arbeitszeitverringerung als vereinbart, wenn der Arbeitgeber den fristgerecht gestellten Antrag des Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit nicht spätestens einen Monat vor dem geplanten Beginn der Vertragsänderung schriftlich ablehnt. Die Fiktion ersetzt die Annahme des Antrags des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber. Sie tritt deshalb mit dem Inhalt des Antrags ein, den der Arbeitgeber auch hätte annehmen können. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend annimmt, hätte die Beklagte auch einen rechtsmissbräuchlichen Antrag annehmen können. Ebenso kann der Arbeitgeber auch durch bloße Untätigkeit die Zustimmungsfiktion zu einem aus seiner Sicht rechtsmissbräuchlichen Antrag herbeiführen. Auch ein rechtsmissbräuchlicher Antrag stellt daher einen wirksamen Antrag dar, der vom Arbeitgeber angenommen werden kann und der im Fall der nicht frist- oder formgerechten Ablehnung die Fiktionen des § 8 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3 TzBfG auslösen kann.
II. Die Revision der Beklagten ist unbegründet, da schon dem Hauptantrag stattzugeben war.
B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Brühler, Suckow, Krasshöfer, Merte, Martin Lücke
Fundstellen
DStR 2017, 10 |
JR 2019, 482 |
AP 2018 |
AuA 2018, 54 |
ArbR 2017, 489 |
RdW 2018, 53 |
BiB 2018, 17 |