Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeitkonto. tarifliches Beschäftigungsverbot an Vorfesttagen
Leitsatz (amtlich)
Eine Tarifnorm, die dem Arbeitgeber untersagt, am 24. und am 31. Dezember Arbeitsleistung im Umfang von mehr als sechs Stunden zu fordern, setzt gleichzeitig die Arbeitnehmer außerstande, die Arbeitsleis- tung zu bewirken, § 297 BGB. Sie begründet deshalb – für sich genommen – hinsichtlich der ausfallenden Arbeitsstunden weder eine Vergütungspflicht des Arbeitgebers noch einen Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Arbeitszeitgutschrift.
Orientierungssatz
1. Die nachträgliche Gutschrift auf einem Arbeitszeitkonto setzt voraus, dass der Arbeitnehmer Arbeitsstunden erbrachte oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestands nicht erbringen musste und diese bisher weder vergütet noch in das Arbeitszeitkonto eingestellt wurden.
2. Hat der Arbeitnehmer Freizeitausgleich in Anspruch genommen, ist der Arbeitgeber berechtigt, das Arbeitszeitkonto mit der für diesen Zeitraum maßgeblichen Soll-Arbeitszeit zu belasten. Etwas anderes gilt nur, wenn eine normative oder einzelvertragliche Regelung besteht, die eine vom Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn” abweichende Vergütungspflicht des Arbeitgebers begründet.
3. Regelt ein betrieblich anwendbarer Tarifvertrag für den 24. und 31. Dezember den Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung und die vergütungsrechtliche Behandlung ausfallender Arbeitsstunden abschließend, verbleibt den Betriebsparteien kein auszufüllender Gestaltungsspielraum.
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 2, § 87 Abs. 1 Nr. 2; BGB § 611 Abs. 1, § 615 Sätze 1, 3, § 616 S. 1; EntgeltFG § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2; Manteltarifvertrag für die Beschäftigten der Metallindustrie in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern (MTV) § 3 Nr. 1.1 a., Nr. 4.1, Nr. 9 Abs. 1-2
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 10. September 2015 – 7 Sa 24/15 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt für den 24. und 31. Dezember 2013 Zeitgutschriften auf seinem Arbeitszeitkonto.
Der Kläger ist bei der Beklagten, einem Unternehmen der Flugzeugindustrie, seit 1988 als Konstruktionsingenieur im Betrieb Hamburg mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden beschäftigt. Er ist Mitglied der IG Metall. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Manteltarifvertrag für die Beschäftigten der Metallindustrie in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern Anwendung (MTV), der ua. regelt:
1. |
Regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit |
1.1 |
Die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen beträgt |
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a. |
für Hamburg und Umgebung sowie Schleswig-Holstein 35 Stunden |
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… |
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… |
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4. |
Verteilung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit |
4.1 |
Die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit kann gleichmäßig oder ungleichmäßig auf die fünf Werktage Montag bis Freitag durch Betriebsvereinbarung verteilt werden. |
… |
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5. |
Regelmäßige tägliche Arbeitszeit |
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Die Arbeitszeit an den einzelnen Werktagen sowie Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen werden gemäß § 87 BetrVG durch Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat nach Maßgabe der betrieblichen Erfordernisse unter Beachtung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften festgesetzt. |
… |
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9. |
Arbeitszeit am 24. und 31. Dezember |
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Am 24. und am 31. Dezember soll nicht länger als bis 13.00 Uhr und darf nicht länger als sechs Stunden gearbeitet werden. |
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Die an diesen Tagen über eine geleistete Arbeitszeit von sechs Stunden hinausgehende und dadurch ausfallende individuelle regelmäßige Arbeitszeit muss bezahlt werden. Es erfolgt kein Entgeltabzug. |
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Für Beschäftigte in Schichtarbeit gilt die gleiche Regelung.” |
Die Beklagte führt für den Kläger ein Arbeitszeitkonto auf Grundlage der Betriebsvereinbarung „Arbeitszeitregelungen am Standort Hamburg” vom 31. Mai 2000 (im Folgenden BV Arbeitszeit). Darin heißt es auszugsweise:
2.1 |
Die regelmäßige tägliche Sollarbeitszeit beträgt ein Fünftel der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit. |
2.2 |
Eine tägliche Kernarbeitszeit ist nicht festgelegt. Die Verfügbarkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Organisationseinheiten muss jedoch durch entsprechende Absprachen mit dem Vorgesetzten bzw. in der Gruppe gewährleistet sein. |
2.3 |
Beginn und Ende der Arbeitszeit, Pausenzeiten, Normalarbeitszeit sowie Rahmenarbeitszeit werden, sofern unter diesem Paragraphen dieser Betriebsvereinbarung nichts anderes geregelt ist, in den Anlagen (Arbeitszeit- bzw. Sonder-Arbeitszeitmodelle) als Bestandteil dieser Betriebsvereinbarung festgelegt. |
2.4 |
Zum Ausgleich unterschiedlicher betrieblicher Auslastungen und Anforderungen werden Arbeitszeitmodelle vereinbart. Die einzelnen Modelle sind in den Anlagen A1, … der Betriebsvereinbarung näher beschrieben. |
2.5 |
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit im Rahmen der Arbeitszeitmodelle und der Schichtmodelle unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange selbst bestimmen. In Einzelfällen kann zwischen Personalabteilung und Betriebsrat eine individuelle Arbeitszeit festgelegt werden. |
2.6 |
Es wird ein Zeitraum von plus 100 Stunden (Zeitguthaben) und minus 35 Stunden (Zeitschuld) festgelegt. Dieser Zeitrahmen kann zwischen den Betriebsparteien einvernehmlich in besonderen Fällen befristet erweitert werden. |
… |
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2.9 |
Die Zeitentnahme aus dem Zeitkonto ist stundenweise, in Einzeltagen oder in Blöcken von Tagen möglich. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Vorgesetzten und der Betriebsrat werden über die Kontenstände und die Kontenentwicklung monatlich informiert. |
2.10 |
Auf- und Abbau der Konten berücksichtigen neben den betrieblichen Erfordernissen auch individuelle Zeitwünsche der Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter/Gruppe. Es ist sicherzustellen, dass durch die Zeitentnahmen auf Wunsch der Mitarbeiterinnen/ Mitarbeiter/Gruppe die betrieblichen Abläufe nicht wesentlich eingeschränkt werden. |
… |
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2.17 |
Die in den Arbeitszeitmodellen festgelegte Normalarbeitszeit dient als Grundlage zur Ermittlung von bezahlten und unbezahlten Fehlzeiten. |
4. |
Vereinbart werden folgende Arbeitszeitmodelle |
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• Normalbetrieb |
Anlage A 1 |
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…” |
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Für den Kläger gilt das nachfolgende in der Anlage A1 zur BV Arbeitszeit geregelte Arbeitszeitmodell (im Folgenden Arbeitszeitmodell A1):
„Arbeitszeitmodell – A 1 – Normalbetrieb |
Arbeitszeitmodell – Normalbetrieb |
Betriebszeit |
Montag bis Freitag |
Kernzeit |
Dieses Arbeitszeitmodell hat keine Kernzeit. |
Normalarbeitszeit |
07.15 Uhr – 15.00 Uhr |
Rahmenarbeitszeit* |
06.30 Uhr – 19.45 Uhr |
Sollarbeitszeit |
7,0 Stunden pro Tag. |
Pausen |
45 Minuten unbezahlt |
Wird eine abweichende Rahmenarbeitszeit aus betrieblichen Gründen in einzelnen Bereichen benötigt, so muss diese entsprechend über die Personalabteilung beantragt und mit dem Betriebsrat vereinbart werden.
…”
Die zwischen der Beklagten und dem am Standort Hamburg gebildeten Betriebsrat geschlossene „Betriebsvereinbarung Betriebsruhe im Kalenderjahr 2012” regelte ua.:
„3. |
Betriebsruhe |
3.1 |
Betriebsruhetage, Zeitausgleich |
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Es wird vereinbart, dass der Betrieb an folgenden Tagen ruht: |
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Samstag1), |
07.04.2012 |
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Montag, |
30.04.2012 |
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Freitag, |
18.05.2012 bis Samstag1), 19.05.2012 |
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Montag, |
24.12.2012 bis Montag, 31.12.2012 |
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Die an den Betriebsruhetagen ausfallende Arbeitszeit ergibt sich aus der individuellen arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Am 24.12. (Heiligabend) und am 31.12. (Silvester) beträgt die Ausfallzeit jedoch nur 5,5 Stunden pro Arbeitstag, soweit im Arbeitsvertrag keine kürzere Arbeitszeit festgelegt ist. |
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Der Zeitausgleich für die oben genannten Tage der Betriebsruhe kann durch Tarifurlaub oder durch Entnahme von Zeitguthaben aus dem Arbeitszeitkonto erfolgen. |
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…” |
Entsprechende Betriebsvereinbarungen hatten die Betriebsparteien bereits für die Jahre 2001 bis 2011 geschlossen. Im Jahr 2013 kam es nicht zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Betriebsruhe für den 24. und 31. Dezember.
Der Kläger nahm am 24. und 31. Dezember 2013 bezahlten Freizeitausgleich in Anspruch. Die Beklagte brachte im Arbeitszeitkonto des Klägers für diese Tage eine Soll-Arbeitszeit von jeweils sechs Stunden in Ansatz, indem sie entsprechende Minusbeträge in der für den Kläger geführten Zeitnachweisliste Dezember 2013 auswies.
Mit der am 22. September 2014 eingereichten Klage verlangt der Kläger, nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung, die Gutschrift von jeweils 0,5 Zeitstunden für den 24. und den 31. Dezember 2013 auf seinem Arbeitszeitkonto. Er hat geltend gemacht, die Soll-Arbeitszeit habe an diesen Tagen lediglich 5,5 Stunden betragen. § 2 Nr. 2.17 BV Arbeitszeit verstoße gegen den Tarifvertrag, indem die Bestimmung zur Ermittlung der Soll-Arbeitszeit und Dauer seiner Fehlzeit am 24. und 31. Dezember 2013 auf die Normalarbeitszeit von 07:15 Uhr bis 15:00 Uhr abstelle. § 3 Nr. 9 MTV gebe am 24. und 31. Dezember zwingend als Arbeitszeitende 13:00 Uhr vor und begrenze den Gestaltungsspielraum der Betriebsparteien. Nach Abzug von 15 Minuten Pause ergebe sich eine Soll-Arbeitszeit von nur 5,5 Stunden.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, dem Arbeitszeitkonto des Klägers für Dezember 2013 1,0 Arbeitsstunde gutzuschreiben.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, der Kläger habe am 24. und 31. Dezember 2013 Arbeitsleistungen im Umfang von jeweils sechs Stunden geschuldet.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat seine Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet.
I. Die Klage ist zulässig, insbesondere streitgegenständlich hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
1. Der Antrag, einem Arbeitszeitkonto Stunden „gutzuschreiben”, ist hinreichend bestimmt, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ein Zeitkonto führt, auf dem zu erfassende Arbeitszeiten nicht aufgenommen wurden und noch gutgeschrieben werden können, und das Leistungsbegehren konkretisiert, an welcher Stelle des Arbeitszeitkontos die Gutschrift erfolgen soll (BAG 17. November 2011 – 5 AZR 681/09 – Rn. 12; 12. Dezember 2012 – 5 AZR 918/11 – Rn. 33; 19. März 2014 – 5 AZR 954/12 – Rn. 10; 21. Oktober 2015 – 5 AZR 843/14 – Rn. 14, 16).
2. Die Beklagte führt für den Kläger ein Zeitkonto, auf dem die begehrte Gutschrift noch erfolgen kann. An welcher Stelle des Arbeitszeitkontos die Gutschrift erfolgen soll, kommt zwar im Wortlaut des Antrags nicht zum Ausdruck, kann aber unter Berücksichtigung der vom Kläger vorgelegten Zeitnachweisliste durch Auslegung ermittelt werden. Danach begehrt der Kläger die Korrektur des im Arbeitszeitkonto ausgewiesenen Saldos durch Gutschrift einer Stunde.
II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger kann keine Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto verlangen.
1. Ein Arbeitszeitkonto hält fest, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht nach § 611 Abs. 1 BGB erbracht hat oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestands (zB § 615 Satz 1 und Satz 3, § 616 Satz 1 BGB, § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 EntgeltFG, § 37 Abs. 2 BetrVG) nicht erbringen musste und deshalb Vergütung beanspruchen kann bzw. in welchem Umfang er noch Arbeitsleistung für die vereinbarte und gezahlte Vergütung erbringen muss (BAG 23. September 2015 – 5 AZR 767/13 – Rn. 20). Die nachträgliche Gutschrift auf einem Arbeitszeitkonto setzt voraus, dass der Arbeitnehmer Arbeitsstunden erbrachte oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestands nicht erbringen musste und diese bisher nicht vergütet und nicht in das Arbeitszeitkonto eingestellt wurden (BAG 26. Juni 2013 – 5 AZR 428/12 – Rn. 22; 21. August 2013 – 5 AZR 872/12 – Rn. 9).
2. Der Kläger erhält ein verstetigtes Monatsentgelt, dessen Zahlung für Dezember 2013 zwischen den Parteien außer Streit steht. Er hat am 24. und 31. Dezember 2013 keine Arbeitsleistung erbracht. Die Beklagte hat für beide Tage zu Recht eine Soll-Arbeitszeit von jeweils sechs Stunden und nicht nur 5,5 Stunden in Ansatz gebracht. Es bestand keine normative oder einzelvertragliche Regelung, aufgrund derer die Arbeitspflicht des Klägers hinsichtlich der in Ansatz gebrachten sechs Soll-Arbeitsstunden als erfüllt galt. Infolgedessen war die Beklagte nicht verpflichtet, dem Arbeitszeitkonto des Klägers, wie von ihm beansprucht, ohne Arbeitsleistung jeweils 0,5 Stunden gutzuschreiben.
a) Der 24. und 31. Dezember sind keine gesetzlichen Feiertage. Sie fielen im Jahr 2013 auf Werktage.
b) Eine von dem im Arbeitsverhältnis geltenden Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn” (vgl. BAG GS 17. Dezember 1959 – GS 2/59 – zu B IV der Gründe, BAGE 8, 285; 18. April 2012 – 5 AZR 248/11 – Rn. 14, BAGE 141, 144) abweichende Vergütungspflicht des Arbeitgebers wird für den 24. und 31. Dezember ausschließlich durch § 3 Nr. 9 Abs. 2 MTV begründet. Danach sind nur die an diesen Tagen über eine geleistete Arbeitszeit von sechs Stunden hinausgehenden und deshalb – ausgehend von der individuellen regelmäßigen Arbeitszeit – ausfallenden Stunden zu vergüten. Ausschließlich für diese Stunden regelt § 3 Nr. 9 Abs. 2 MTV einen tariflichen Entgeltfortzahlungsanspruch.
c) Aus § 3 Nr. 9 Abs. 1 Satz 1 MTV folgt nicht, dass die Arbeitspflicht des Klägers hinsichtlich eines Teils der in Ansatz gebrachten sechs Soll-Arbeitsstunden iHv. 0,5 Arbeitsstunden als erfüllt gilt.
aa) § 3 Nr. 9 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 MTV begrenzt am 24. und am 31. Dezember den zeitlichen Umfang der geschuldeten Arbeitszeit, abweichend von der an anderen Werktagen geltenden Soll-Arbeitszeit von sieben Stunden (§ 3 Nr. 1.1 a., § 3 Nr. 4.1 MTV iVm. § 2 Nr. 2.1, Nr. 2.4, § 4 Nr. 4 BV Arbeitszeit), auf jeweils sechs Stunden. Die Tarifnorm untersagt dem Arbeitgeber am 24. und am 31. Dezember Arbeitsleistung im Umfang von mehr als sechs Stunden zu fordern. Sie begründet jedoch – für sich genommen – hinsichtlich der ausgefallenen Arbeitsstunden keine Vergütungspflicht des Arbeitgebers, denn die Tarifbestimmung setzt gleichzeitig die Arbeitnehmer außerstande, die Arbeitsleistung zu bewirken, § 297 BGB (vgl. BAG 25. Februar 2015 – 5 AZR 886/12 – Rn. 14, BAGE 151, 45 zu den nach § 4 ArbZG einzuhaltenden gesetzlichen Mindestpausen).
bb) Nicht entscheidungserheblich ist, ob § 3 Nr. 9 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 MTV für den 24. und 31. Dezember ein tarifliches Beschäftigungsverbot nach 13:00 Uhr regelt und insoweit den Gestaltungsspielraum der Betriebsparteien begrenzt (zu den Anforderungen an ein gesetzliches Beschäftigungsverbot vgl. BAG 18. März 2009 – 5 AZR 192/08 – Rn. 15, BAGE 130, 29; 21. Oktober 2015 – 5 AZR 843/14 – Rn. 31).
(1) Auch bei einem Verständnis in diesem Sinne begründete die tarifliche Regelung keinen Vergütungsanspruch für ausfallende Arbeitsstunden, sondern schlösse, wie § 3 Nr. 9 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 MTV, lediglich das Recht des Arbeitgebers, Arbeitsleistung zu verlangen, sowie die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers aus.
(2) Ebenso wenig ist es entscheidungserheblich, ob die BV Arbeitszeit – wie der Kläger meint – im Widerspruch zu § 3 Nr. 9 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 MTV auch für den 24. und 31. Dezember die Normalarbeitszeit von 07:15 Uhr bis 15:00 Uhr und/oder die „Rahmenarbeitszeit” zwischen 06:30 Uhr und 19:45 Uhr – iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG als Zeitraum festlegt, in dem der Arbeitnehmer die von ihm in einem bestimmten zeitlichen Umfang vertraglich geschuldete Arbeitsleistung tatsächlich erbringen kann und der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer die Erfüllung seiner vertraglichen Hauptleistungspflichten verlangen kann (vgl. BAG 17. November 2015 – 1 ABR 76/13 – Rn. 24). Selbst wenn die Betriebsparteien die Grenzen der ihnen in § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG eingeräumten Regelungsbefugnis überschritten hätten, ließe dies die vergütungsrechtliche Position des Klägers unberührt und begründete keinen Anspruch des Klägers auf die von ihm begehrte Zeitgutschrift.
3. Im Einklang mit § 3 Nr. 9 MTV dient nach § 2 Nr. 2.17 BV Arbeitszeit die in den Arbeitszeitmodellen festgelegte „Normalarbeitszeit” (§ 2 Nr. 2.4, § 4 BV Arbeitszeit) auch für den 24. und 31. Dezember als Grundlage zur Ermittlung von bezahlten und unbezahlten Fehlzeiten. Dabei regelt § 2 Nr. 2.17 BV Arbeitszeit nicht den Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung, sondern bezieht sich auf die Normalarbeitszeit lediglich als Rechengröße. Dies ergibt die Auslegung der BV Arbeitszeit. Hierfür spricht vor allem der Wortlaut, wonach die Normalarbeitszeit „zur Ermittlung” bezahlter und unbezahlter Fehlzeiten dient. Zudem verbietet die gebotene gesetzeskonforme Auslegung der BV Arbeitszeit (vgl. BAG 10. Dezember 2013 – 1 ABR 40/12 – Rn. 25) die Annahme, § 2 Nr. 2.17 BV Arbeitszeit betreffe die vergütungspflichtige Arbeitszeit und erweitere im Widerspruch zu § 3 Nr. 9 MTV den Umfang der am 24. und am 31. Dezember geschuldeten Arbeitsleistung. Der MTV regelt für den 24. und 31. Dezember in § 3 Nr. 9 Abs. 1 und Abs. 2 MTV den Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung und die vergütungsrechtliche Behandlung ausfallender Arbeitsstunden abschließend. Ein durch die Betriebsparteien auszufüllender Gestaltungsspielraum verbleibt nicht.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Müller-Glöge, Weber, Volk, Feldmeier, Reinders
Fundstellen
Haufe-Index 9691601 |
BAGE 2017, 310 |
BB 2016, 2164 |
DB 2016, 2243 |
DB 2016, 7 |
NJW 2016, 10 |
FA 2016, 358 |
NZA 2016, 1152 |
ZTR 2016, 571 |
AP 2017 |
EzA-SD 2016, 14 |
EzA 2016 |
AUR 2017, 358 |
ArbRB 2016, 360 |
ArbR 2016, 453 |