Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung: Rohrnetzbauer. Eingruppierung eines Rohrnetzbauers, der in einem Versorgungsbetrieb einer Stadt in dem Bereich Instandhaltung der Gas- und Wasserrohrsysteme tätig ist. zusätzliche Spezialausbildung. komplizierte und vielseitige Arbeiten an Rohrnetzen mit unterschiedlichen Druckstufen oder -zonen. Eingruppierung öffentl. Dienst
Orientierungssatz
- Eine “zusätzliche Spezialausbildung” im Sinne des einschlägigen Tarifvertrages erfordert ein von einer verantwortlichen Instanz festgelegtes inhaltliches und organisatorisches Konzept; das Anlernen und die Wissensvermittlung durch erfahrene Kollegen während der Arbeitseinsätze reicht dafür nicht aus.
- Voraussetzung für eine “zusätzliche Spezialausbildung” im tariflichen Sinne ist auch, daß Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, die über die Inhalte der Berufsausbildung und der beruflichen Erfahrung hinausgehen; die Aktualisierung der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten bzw. die berufliche Weiterbildung im Hinblick auf neue technische Entwicklungen genügen nicht.
Normenkette
Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II); Bezirks-Zusatztarifvertrag für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände Nordrhein-Westfalen (BZT-G/NRW); Lohngruppenverzeichnis zum BZT-G/NRW Lohngr. 5 Abschn. a Nr. 1, Lohngr. 6 Abschn. a Nr. 43, Lohngr. 7 Abschn. a Nr. 14, Lohngr. 8 und Lohngr. 8a
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 25. Januar 2001 – 4 Sa 1270/00 – aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 16. Februar 1994 – 5 Ca 5725/92 – wird zurückgewiesen.
- Die Anschlußrevision des Klägers wird zurückgewiesen.
- Der Kläger hat die Kosten der Berufung, Revision und Anschlußrevision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende tarifliche Vergütung des Klägers.
Die in der Rechtsform der GmbH organisierte Beklagte hat mit Wirkung vom 1. Januar 1995 die in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft organisierten Versorgungsbetriebe der Stadt Dortmund übernommen. Der am 4. Mai 1938 geborene Kläger, der Mitglied der Gewerkschaft ÖTV (jetzt verdi) war, stand seit dem 1. April 1953 bis zum Eintritt in den Ruhestand am 1. März 2000 in den Diensten der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen. Er hat am 31. März 1956 die Facharbeiterprüfung als Rohrnetzbauer bestanden. Der Kläger gehörte zu dem Organisationsbereich Betrieb (GB), dessen Aufgabe die Instandhaltung der Gas- und Wasserrohrsysteme der Beklagten bzw. der Rechtsvorgängerinnen war. Dieser Organisationsbereich Betrieb bestand aus den Organisationseinheiten Inspektions- und Entstörungsdienst (GBBE), Arbeitsvorbereitung (GBBV), Sanierung und Anschlußerneuerung (GBBA), Baudurchführung Nord (GBBN) und Baudurchführung Süd (GBBS). Der Kläger war als Rohrnetzbauer in der Organisationseinheit Baudurchführung Süd (GBBS) beschäftigt. Diese bestand aus zwei Meistern und etwa 25 Handwerkern, die idR in Kolonnen von zwei Mitarbeitern für die Reparaturaufträge eingesetzt wurden.
Die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen wendeten seit dem Überleitungstarifvertrag vom 23. März 1976 den Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) in der jeweils gültigen Fassung sowie den Bezirks-Zusatztarifvertrag für den Bereich des kommunalen Arbeitgeberverbandes Nordrhein-Westfalen (BZT-G/NRW) an. Sie waren Mitglied des kommunalen Arbeitgeberverbandes Nordrhein-Westfalen (KAV NW). Nach Abschluß des Überleitungstarifvertrages wurde dem Kläger mit Schreiben vom 15. Juni 1977 mitgeteilt, daß er nach dem Lohngruppenverzeichnis (LGrVZ) zum BZT-G/NRW ab dem 1. Dezember 1975 ausgehend von der Grundeingruppierung in die Lohngr. VI Abschn. a Nr. 39 auf Grund des Bewährungsaufstiegs in die nächsthöhere Lohngruppe eingruppiert sei. Nach der Änderung des LGrVZ durch den 54. Änderungstarifvertrag zum BZT-G/NRW vom 7. Dezember 1990 erhielt der Kläger das Schreiben vom 18. Juni 1991, wonach er rückwirkend ab 1. Oktober 1990 ausgehend von der Grundeingruppierung in die Lohngr. 6 Abschn. a Nr. 43 LGrVZ auf Grund des Bewährungs- und Zeitaufstiegs in die Lohngr. 7a LGrVZ eingruppiert sei. Der Kläger machte mit Schreiben vom 24. Juli 1991 geltend, daß er in die Lohngr. 7 Abschn. a Nr. 14 LGrVZ grundeingruppiert sei. Die Beklagte lehnte das nach einem weiteren Schriftwechsel unter Einschaltung der ÖTV auf Seiten des Klägers endgültig mit Schreiben vom 6. August 1992 ab.
Am 1. Dezember 1993 rückte der Kläger als ordentliches Betriebsratsmitglied in den Betriebsrat nach. Später war er als Betriebsratsmitglied von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt. Im Hinblick darauf haben sich die Parteien als Grundlage für die tarifliche Bewertung der Tätigkeit des Klägers auf den Arbeitseinsatz der Kolonne B… aus der Organisationseinheit GBBS in der Zeit vom 20. bis 25. Januar 1997 als repräsentativen Zeitraum geeinigt.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihn ab dem 1. Oktober 1990 auf Grund des Bewährungs- und Zeitaufstiegs nach der Lohngr. 8a BZT-G/NRW zu vergüten. Er hat die Auffassung vertreten, daß er die Voraussetzungen für die Grundeingruppierung in die Lohngr. 7 Abschn. a Nr. 14 LGrVZ erfülle. Er besitze auf Grund von Schulungen und auf Grund der Aneignung von Kenntnissen durch die Unterweisung von erfahrenen Beschäftigten während der Arbeit die zusätzliche Spezialausbildung, die keinen weiteren formellen Ausbildungsgang erfordere. Er führe auf Grund dieser Spezialausbildung in dem Wasser- und Gasrohrnetz mit unstreitig unterschiedlichen Druckstufen und -zonen auch komplizierte und vielseitige Arbeiten aus. Dabei handele er auch iSd. tarifvertraglichen Regelung selbständig und verantwortlich, weil er bei der Auftragsvergabe nur allgemeine Arbeitshinweise erhalte. Am 1. Oktober 1990 seien sowohl die vierjährige Bewährungszeit für den Aufstieg nach Lohngr. 8 LGrVZ als auch die vierjährige Tätigkeit für den weiteren Aufstieg nach Lohngr. 8a LGrVZ erfüllt gewesen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm mit Wirkung vom 1. Oktober 1990 Lohn nach der Lohngr. 8a des LGrVZ zu § 4 Abs. 2 BZT-G/NRW vom 7. Dezember 1990 zu zahlen und die nachzuzahlenden Nettobeträge mit jeweils 4 ab Fälligkeit zu verzinsen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, daß der Kläger zutreffend in die Lohngr. 7a LGrVZ eingruppiert sei, und zwar auf Grund des Bewährungs- und Zeitaufstiegs aus der Lohngr. 6 Abschn. a Nr. 43 LGrVZ. Die von dem Kläger erworbenen Kenntnisse und die von ihm absolvierten Schulungen seien keine zusätzliche Spezialausbildung im tariflichen Sinne. Im übrigen führe er komplizierte und vielseitige Arbeiten jedenfalls nicht selbständig und verantwortlich durch, weil komplizierte Sperrungen von den Meistern geplant bzw. bereits von dem Entstörungsdienst vorgenommen würden und weil Umstellungen, die nur im Wasserrohrsystem und auch dort nur sehr selten vorkämen, von dem Meister geplant und überwacht würden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat durch Urteil vom 15. Januar 1998 (– 4 (18) Sa 682/94 –) der Klage mit Ausnahme des Zinsantrags stattgegeben. Der Senat hat durch Urteil vom 26. April 2000 das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit zurückverwiesen, weil das Urteil wegen der verspäteten Absetzung als nicht mit Gründen versehen anzusehen war und somit ein absoluter Revisionsgrund gem. § 551 Nr. 7 ZPO vorlag. Das Landesarbeitsgericht hat mit seinem Urteil vom 25. Januar 2001 der Klage erneut mit Ausnahme des Zinsantrags stattgegeben, und zwar beschränkt auf den Zeitraum bis zum 29. Februar 2000, dh. bis zum Eintritt des Klägers in den Ruhestand. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision und verfolgt im Wege der Anschlußrevision seinen Zinsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch, in der Zeit vom 1. Oktober 1990 bis zum 29. Februar 2000 nach der Lohngr. 8a LGrVZ zu § 4 Abs. 2 BZT-G/NRW vergütet zu werden. Somit ist auch der mit der Anschlußrevision vom Kläger weiterverfolgte Zinsanspruch nicht gegeben.
Unterschriften
Schliemann, Friedrich, Wolter, Fieberg, E. Wehner
Fundstellen
Haufe-Index 884283 |
ARST 2003, 191 |
NZA 2003, 519 |
ZTR 2003, 182 |
PersR 2003, 329 |
PersV 2003, 276 |
NJOZ 2003, 1474 |
Tarif aktuell 2003, 12 |