Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Mitgliedschaft in einer von der Bundesarbeitsgemeinschaft von Selbsthilfeeinrichtungen. Solidargemeinschaften im Gesundheitswesen zertifizierten Solidargemeinschaft. anderweitige Absicherung im Krankheitsfall im Sinne von § 175 Abs 4 S 4 SGB 5

 

Leitsatz (amtlich)

Die Mitgliedschaft in einer Solidargemeinschaft stellt keine andere Absicherung iS § 175 Abs 4 SGB V dar, sofern kein Rechtsanspruch auf vergleichbare Leistungen im Krankheitsfall besteht.

 

Normenkette

SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 13, Abs. 4 S. 2, Abs. 8a, 11 S. 3, § 175 Abs. 4 Sätze 2, 4, § 1 Sätze 1-2, § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 3a, §§ 89, 191 Nr. 3, § 264; ZPO §§ 1030, 1035 Abs. 5, § 1036 Abs. 1 S. 1; SGB I § 1 Abs. 1; SGB VIII § 40; AsylbLG § 4; StVollzG § 56; VVG § 193 Abs. 3; BGB § 194 Abs. 1

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 18.04.2017; Aktenzeichen B 12 KR 18/15 R)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 04. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist das Weiterbestehen der freiwilligen Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten über den 31.07.2009 hinaus bzw. das Vorliegen einer "anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall" als Mitglied der "S. Solidargemeinschaft e. V." streitig.

Die 1958 geborene Klägerin ist seit 01.01.2009 als hauptberuflich selbstständige Erwerbstätige freiwillig bei der Beklagten versichert. Mit Schreiben vom 24.04.2009 erklärte sie die Kündigung der Mitgliedschaft zum 31.07.2009 vorbehaltlich der Aufnahme zum 01.08.2009 in die "S. Solidargemeinschaft e. V.". Zu ihrem Beitritt zur "S. Solidargemeinschaft e. V." bewege sie nicht die Unzufriedenheit mit der Beklagten, sondern das auf Selbstverantwortung und Solidarität setzende Modell der Solidargemeinschaft. Vorgelegt wurde die Bescheinigung der "S. Solidargemeinschaft e. V." vom 29.05.2009, wonach die Klägerin ab 01.08.2009 einen vergleichbaren Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall habe.

Laut Zertifikat der Bundesarbeitsgemeinschaft von Selbsthilfeeinrichtungen - Solidargemeinschaften im Gesundheitswesen - erfolgte die Zertifizierung am 25.02.2008. Die Mitgliedseinrichtungen der Bundesarbeitsgemeinschaft von Selbsthilfeeinrichtungen - Solidargemeinschaften im Gesundheitswesen - stellten den Solidargedanken bewusst in den Mittelpunkt: Im Gegensatz zu einer privaten oder gesetzlichen Kassenzugehörigkeit gebe es für die einzelnen Mitglieder keinen Rechtsanspruch auf bestimmte vertraglich vereinbarte Leistungen, jedoch würden die Einrichtungen tatsächlich vergleichbare Leistungen wie eine gesetzliche oder private Krankenversicherung im ambulanten und stationären Bereich erbringen.

Mit streitigem Bescheid vom 17.06.2009 entschied die Beklagte über das Weiterbestehen der freiwilligen Versicherung über den 31.01.2007 hinaus mangels Nachweises einer "anderweitigen Versicherung im Krankheitsfall". Denn der Arbeitskreis der Ersatzkassen habe sich im Zusammenhang mit der Versicherungspflicht von Personen ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V auch mit der "S. Solidargemeinschaft" befasst. Danach handle es sich bei dieser um eine bundesweite Versorgungsgemeinschaft, und zwar konkret um einen Zusammenschluss von Personen, die über eine monatliche Prämienzahlung Rücklagen bilden, um das Risiko "Krankheit" abzudecken. Grundlage für die Prämienhöhe seien die laufenden monatlichen Einnahmen. Die eingezahlten Prämien würden dreigeteilt: ca. 1/3 laufe in ein monatliches Kapitalkonto, über das das Mitglied freiwillig verfügen könne. Das weitere Drittel laufe in einen von allen Mitgliedern getragenen Solidarfonds. Der verbleibende Teil werde für eine spezielle Versicherung bei konventionellen Anbietern verwendet. Die Leistungsansprüche des einzelnen Mitglieds seien nicht verbrieft oder garantiert. Die Absicherung in dieser Gemeinschaft stelle keine "anderweitige Absicherung im Krankheitsfall" dar. Deshalb könne der Beendigung der Mitgliedschaft zum 31.07.2009 nicht zugestimmt werden.

Zur Begründung des dagegen erhobenen Widerspruchs führte die Klägerin im Wesentlichen aus, gegenüber der Beklagten habe sie ordnungsgemäß ihre Mitgliedschaft gekündigt und ihr eine entsprechende Bescheinigung über eine "anderweitige Absicherung" im Sinne des § 175 Abs. 4 Satz 4 SGB V übersandt. Damit sei ihre Kündigung wirksam geworden. Sie weise darauf hin, dass sie nicht der S. GbR, sondern der S. Solidargemeinschaft e. V. beigetreten sei. Hiermit widerrufe sie ihre Einzugsermächtigung ab 31.07.2009 und fordere die Beklagte auf, ihr nun bald eine Kündigungsbestätigung zu übersenden.

Vorgelegt wurden von der Klägerin die Zuwendungsordnung, der Zuwendungsrahmen und die Satzung der "S. Solidargemeinschaft e. V.".

Nach § 2 der Satzung ist die S. eine aufsichtsfreie Personenvereinigung gemäß § 1 Abs. 3 Ziff. 1 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) ...

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