Fraglich ist, ob sich die Ausschließlichkeit i.S.d. § 23 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG auch auf die Alt. 2 bezieht.
Der Begriff "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" kann der Rechtsprechung und den Verwaltungsanweisungen zu § 10e EStG grundlegend entnommen werden, obwohl angesichts der verschiedenen Regelungszwecke der Wohnungsbauförderung und des § 23 EStG i.E. zu prüfen ist, ob die Begriffe sich entsprechen (BFH v. 18.1.2006 – IX R 18/03, BFH/NV 2006, 936; BFH v. 25.5.2011 – IX R 48/10, BFH/NV 2011, 1945; Glenk/Ratschow in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 23 EStG Rz. 51). Ein Wirtschaftsgut dient Wohnzwecken, wenn es dazu bestimmt und geeignet ist, Menschen auf Dauer Aufenthalt und Unterkunft zu ermöglichen. Wirtschaftsgüter, die zur vorübergehenden Beherbergung von (fremden) Personen bestimmt sind, z.B. Ferienwohnungen, dienen nicht Wohnzwecken (BMF v. 5.10.2000 – IV C 3 - S 2256 - 263/00, BStBl. I 2000, 1383 Rz. 21 = EStB 2000, 388 [Rothenberger]; R 7.2 Abs. 1 Satz 3 EStR).
Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken setzt voraus, dass der Eigentümer die Wohnung tatsächlich selbst zu eigenen Wohnzwecken nutzt, wenn er das Wirtschaftsgut allein, mit seinen Familienangehörigen oder einem Dritten bewohnt und dabei einen selbstständigen Haushalt führt. Unschädlich ist dabei die unentgeltliche Überlassung einzelner Räume an Dritte, da es sich dabei um einen nicht steuerbaren Vorgang handelt. Dabei reicht es aus, dass die Wohnung zur jederzeitigen Nutzung zur Verfügung steht, auch wenn sie nur gelegentlich genutzt wird.
Der Sinn und Zweck der Vorschrift gebietet es nach Ansicht der untergerichtlichen Rechtsprechung, den Begriff der Ausschließlichkeit auch bei der zweiten Alternative anzuwenden. Die Verlängerung der Frist nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG von zwei auf zehn Jahre (durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 v. 24.3.1999, BGBl. I 1999, 402) sollte nach dem Willen des Gesetzgebers dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit dienen und dem Gebot der Steuergerechtigkeit entsprechen (vgl. dazu den Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/Die Grünen v. 9.11.1998, BT-Drucks. 14/23, S. 179 f.).
Nach der hier vertretenen Ansicht erfordert § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 Alt. 2. EStG nach seinem klaren Wortlaut – anders als die Alt. 1 – keine Ausschließlichkeit der Eigennutzung (in diese Richtung auch FG Baden-Württemberg v. 7.12.2018 – 13 K 289/17, ErbStB 2019, 166 [Günther]). Es genügt vielmehr ein zusammenhängender Zeitraum der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, der sich über drei Kalenderjahre erstreckt, ohne sie – mit Ausnahme des mittleren Kalenderjahrs – voll auszufüllen (BFH v. 27.6.2017 – IX R 37/16, BStBl. II 2017, 1192 = ErbStB 2017, 362 [Günther]).
So liegt der Fall hier. Gemessen an diesen Grundsätzen handelt es sich im vorliegenden Fall um einen nicht steuerbaren Vorgang. Denn das Grundstück wurde über drei Jahre vollständig zu eigenen Wohnzwecken genutzt; tatsächlich sogar mehr als drei Jahre. Auch die aufgeworfene Fragestellung ist nicht unter Verweis auf die BFH-Entscheidung v. 1.3.2021 (BFH v. 1.3.2021 – IX R 27/19, EStB 2021, 331 [Günther]) geklärt. Denn bei der Entscheidung ging es vielmehr um die Erzielung von Überschusseinkünften und ein beruflich genutztes Arbeitszimmer. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. In dem vorliegenden Fall ist vielmehr über eine unentgeltliche Gebrauchsüberlassung der Kl. an ihre Söhne zu entscheiden. Insoweit liegt der Fall anders und ist nicht im Ansatz übertragbar. Mithin ist die aufgeworfene Rechtsfrage auch nicht geklärt.