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Dr. Dario Arconada Valbuena, LL.M., RA/FASt / Dipl.-Finw. (FH) Thomas Rennar
Der BFH hat im anhängigen Verfahren unter dem Az. IX R 28/21 vorwiegend zu klären, ob der Befreiungstatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG einer an die Kinder überlassenen Immobilie nicht (mehr) erfüllt ist, wenn zwei der dort lebenden Kinder weit vor der betreffenden Veräußerung aus der Kindergeldberechtigung herausgewachsen sind, das dritte dort lebende Kind aber unter die Kindergeldberechtigung fällt. Überdies ist höchstrichterlich zu entscheiden, ob die Unterhaltsverpflichtung der Eltern (Unterhalt für die zwei nicht mehr Kindergeldberechtigten in Form des kostenlosen Wohnens) zur tatbestandlichen Eigennutzung ausreicht. Der nachfolgende Beitrag untersucht insoweit die bisher höchstrichterlich unentschiedenen Aspekte unter Berücksichtigung der finanzgerichtlichen Vorinstanz.
1. Sachverhalt
Die verheirateten Kläger (Kl.) wandten sich gegen die nachträgliche Festsetzung von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG i.R. der Überlassung einer Wohnung an ihre drei erwachsenen Kinder am Studienort. Die entsprechende Wohnung wurde im streitgegenständlichen Veranlagungsjahr 2016 durch die Söhne der Kl. nachweislich bewohnt. Beide Kinder waren dort auch gemeldet. Zudem waren beide kindergeldberechtigt solange sie ihr Studium noch nicht abgeschlossen hatten.
Die Finanzverwaltung vertritt hierbei die Ansicht, dass die Söhne die Wohnung genutzt haben, welche nicht kindergeldberechtigt seien, weswegen sich die Kl. nicht auf § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG berufen können. Die Kläger wenden hingegen ein, dass derartige Befreiungsvorschrift auf den Veräußerungsvorgang der Wohnung Anwendung finden müsse. Nach dem Urteil der Vorinstanz (FG Niedersachsen v. 16.6.2021 – 9 K 16/20) war die zulässige Klage insgesamt unbegründet. Demnach seien die Tatbestandsvoraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG in beiden Alternativen im Streitfall nicht anzuwenden.
2. Aufgeworfene Rechtsfragen im BFH-Verfahren – IX R 28/21
Im Kern geht es bei dem anhängigen BFH-Verfahren um zwei Hauptfragestellungen, die i.E. weiter zu differenzieren sind.
Zum einen, ob überhaupt die Veräußerung der Immobilie eine Besteuerung nach sich zieht und nachgelagert, wenngleich auch nur hilfsweise, wenn dies der Fall sein sollte, inwiefern i.R. einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise bei der Berechnung eines Veräußerungsgewinns auch Werbungskosten in Abzug gebracht werden müssen. Dabei geht es somit auch um die Art und Weise der Berechnung eines Veräußerungsgewinns.
a) Fragen zur Auslegung des Befreiungstatbestands
Fraglich ist, ob sich die Ausschließlichkeit i.S.d. § 23 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG auch auf die Alt. 2 bezieht.
Der Begriff "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" kann der Rechtsprechung und den Verwaltungsanweisungen zu § 10e EStG grundlegend entnommen werden, obwohl angesichts der verschiedenen Regelungszwecke der Wohnungsbauförderung und des § 23 EStG i.E. zu prüfen ist, ob die Begriffe sich entsprechen (BFH v. 18.1.2006 – IX R 18/03, BFH/NV 2006, 936; BFH v. 25.5.2011 – IX R 48/10, BFH/NV 2011, 1945; Glenk/Ratschow in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 23 EStG Rz. 51). Ein Wirtschaftsgut dient Wohnzwecken, wenn es dazu bestimmt und geeignet ist, Menschen auf Dauer Aufenthalt und Unterkunft zu ermöglichen. Wirtschaftsgüter, die zur vorübergehenden Beherbergung von (fremden) Personen bestimmt sind, z.B. Ferienwohnungen, dienen nicht Wohnzwecken (BMF v. 5.10.2000 – IV C 3 - S 2256 - 263/00, BStBl. I 2000, 1383 Rz. 21 = EStB 2000, 388 [Rothenberger]; R 7.2 Abs. 1 Satz 3 EStR).
Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken setzt voraus, dass der Eigentümer die Wohnung tatsächlich selbst zu eigenen Wohnzwecken nutzt, wenn er das Wirtschaftsgut allein, mit seinen Familienangehörigen oder einem Dritten bewohnt und dabei einen selbstständigen Haushalt führt. Unschädlich ist dabei die unentgeltliche Überlassung einzelner Räume an Dritte, da es sich dabei um einen nicht steuerbaren Vorgang handelt. Dabei reicht es aus, dass die Wohnung zur jederzeitigen Nutzung zur Verfügung steht, auch wenn sie nur gelegentlich genutzt wird.
Der Sinn und Zweck der Vorschrift gebietet es nach Ansicht der untergerichtlichen Rechtsprechung, den Begriff der Ausschließlichkeit auch bei der zweiten Alternative anzuwenden. Die Verlängerung der Frist nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG von zwei auf zehn Jahre (durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 v. 24.3.1999, BGBl. I 1999, 402) sollte nach dem Willen des Gesetzgebers dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit dienen und dem Gebot der Steuergerechtigkeit entsprechen (vgl. dazu den Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNI...